EZ verstehe fich von selbst, imst er, der SScrfrcter der Anllage, nnch dem Verlauf der Verhandlung selber die Freisprechung der An- geklagten beantrage. ... Die Richter begaben fich mit gut gespielter Würde... kalt, zurück! Wieso darf ich behaupten, ihre Würde sei gespielt ? gewesen? Vielleicht weil ich glaube, die Herren hätten zuerst ge- chwankt, ob fie vor Neid gegen den talentvollen Kollegen Platzen oder aus Respekt vor seiner Leistung das Gesätz lüpfen sollten? Wieso konnte ich aus ihrer Rückenlinie, als fie hinausgingen, erkennen, ob fie schauspielerten? Nichts als Vermutungen, vage Hypothesen, doppelt leichtfenig an Gerichtsstelle, unter den Augen des Staatsanwalts... Staatsanwalt Abendrot zeigte keinerlei Empfindimg, als der Vorsitzende schließlich das Urteil verkündete, das fich vollkommen den Ausführungen des Anklagevertreters anschloß. Keine Miene verriet, was in ihm vorging. Es schien nur, daß er wirklich an seine eigenen Worte... Infame Manier wieder! Es schien nur I Was hatte nur wohl zu scheinen? Selbstverständlich glaubte er daran. Seit jenem VerhandlungStag ist mein Respekt vor Staatsanwalt Abendrot ein Gefühl von religiöser Macht. Ich sitze abends stunden- lang in einer fernen Ecke des.Hessischen Hofs", um von weitem den Stammlisch der Gerichtsherren zu sehen. Selbst Oberlehrer Beckmann, der mir früher ein gewifies Jnterefie einflößte, weil er so ulkige Brillengläser trug, hat jede Anziehungskrast für mich ver- loren. Und ich gehe oft viermal in einer Stunde auf die Toilette, um bei Staatsanwalt Abendrot vorbeizukommen. Er zieht mich magisch an, wie einen siamesische Zwillinge oder ähnliche Avnormi- täten der Natur trotz allem Schauder unwiderstehlich zum Hinsehen zwingen._ l Nachdruck vervoten? Gebclmbündc in der SUdfee* Geheime Gesellschaften kennt die Geschichte aller Zeiten und Völker. Auch wo kein sozialer oder Gewissenszwang die Menschen zu heimlicher Gemeinschaft nötigte, hat der Reiz des Verborgenen immer seine Anziehungskrast geübt. Das Ahnen unerklärter und dielleicht unerklärlicher Zusammenhänge des Weltganzen begünstigt die Vorstellung von einem größeren Wifien und folglich einer größeren Macht, die den Mitgliedern der Geheimbünde zur Ver- fügung stehen müffe. Wir haben das in den Kulturländern mit Den Freimaurerorden erlebt, denen nicht nur von bloßen Phantasten mehr als Teufelskünste zugeschrieben worden sind. Viel eindring- licher noch ist der schreckhaste Einfluß der mysteriösen Verbände bei den Naturvölkern, die noch nicht dazu gelangt find, nach unsrcr Art logisch zu denken, geschweige denn den Erscheinungen mit wissenschaftlichen Experimenten auf den Leib zu rücken. Das allgemeinste Kennzeichen eines Geheimbundes ist jeden- falls dies, daß der eintretende Neuling überrascht ist, hinter dem gelüfteten Schleier nichts sonderlich Wunderbares entdecken zu können. Es gibt eben keine geheimnisvollen Kenntnifie, die eine abgesonderte und privilegierte Kaste imstande wäre, andauernd für sich zu reservieren. Daher geht das unwillkürliche Streben oller einmal eingeführten Mitglieder dahin, den Mangel an tat- fächlichem Mehnvifien mit mehr oder minder bedeutungslosen Zeremonien, mit Hokuspokus, Firlefanz und Abracadabra zu über- tuschen. Außerdem(sicher ist sicher) werden die Mitglieder stets verpflichtet, strengstes Stillschweigen über die Angelegenheiten des Bundes zu bewahren; höchstens daß sie das Vorhandensein schauer- durchzitterter Geheimnisse ganz von fern durchblicken lassen dürfen. Die Naturvölker sind bekanntlich der Probierstein der modernen Wissenschaft vom Menschen. Man sucht vor allem, soweit die Zeit dafür nicht schon verpaßt ist, ihr Seelenleben zu erkunden und fest- zuhalten, immer in der Voraussetzung, daß auch wir Kulturmenschen einmal in vergangenen Perioden, von denen keine Geschichte meldet, auf der gleichen Stufe der Entwicklung gestanden haben, und daß wir also unsere Vorfahren gleichsam in einem gegenwärti- gen, lebendigen Spiegel schauen können. Inwieweit diese Vor- aussetzung in allen Punkten zutrifft, mag dahin gestellt bleiben; genug, die Methodik der neuen Forschung arbeitet damit und er- zielt wertvolle Ergebnisse. So hat man auch versucht, in die Einzel- heiten der Geheimbundszeremonien besondere Bedeutungen hinein- zulegen, Ueberbleibsel von Urreligionen und Urrechten, die dem Gedächtnis der jetzt lebenden Naturvölker bereits gänzlich ent- schwunden sein sollen. Demgegenüber ist es angebracht, auf die Stimme eines For- schers zu hören, der nicht bloße Spritzfahrten oder Expeditionen ,n den betreffenden Weltwinkcl seiner Studienobjekte gemacht hat, sondern der seit einem Menschenalter an Ort und Stelle lebt und geneigt ist, die Dinge bedeutend nüchterner anzusehen. P a r k i n- son, den wir hier meinen, ist in der Südsee zu Hause und hat ein kolossales Material über den Bismarckarchipel und die deut- scheu Salomo -Jnseln gesammelt. Er ist im Laufe der Jahre all- mählich zu der Anficht gelangt, daß den Geheimbünden im Grunde jede tiefere Bedeutung fehlt, und daß sie einfach den ganz mate- rieben Zweck verfolgen, ihren Mitgliedern höheres Ansehen, bessere Ernährung, Gelegenheit zum Faulenzen, reichere Geschlechtsfreuden, sowie Eigentumserwerb auf Kosten der NichtMitglieder zu ver- schaffen. Den Uneingeweihten werden fast immer Schauermärchen vom Umgang mit Geistern aufgetischt, zu deren Bestätigung man allerhand sonderbare Geräusche hervorbringt. Das Erscheinen des weißen ManneS, der Kenig Ehrfurcht Lok Gespenstern mit« bringt, hat die Eingeborenen veranlaßt, ihr mysteriöses Treiben ein wenig aus der Oeffentlichkeit zurückzuziehen, auf Befragen alles abzuleugnen und ganz verkehrte Ausknünfte zu geben. Aber der Betrieb besteht nach wie vor. Der bekannteste Geheimbund ist der Duk-Duk. Ihm ge« hören ausschließlich Männer an; doch wird zuweilen einzelnen alten Weibern erlaubt, außerhalb des Feftplatzes die Tänze mitzu» machen. Alle Stammesgenoffen wissen, wo sich der Festplatz be- findet; doch hüten sich die Uneingeweihten, selbst wenn sie Ange- hörige eines Mitglieds sind, den Platz zu betreten, weil schwere Buße darauf steht. Parkinson erlebte sogar zwei Fälle, daß Weiber deswegen getötet wurden. Der Platz liegt stets im Walde unter hohen Bäumen und ist mit dichtbelaubten Sträuchern und Büschen umhegt, wenn nötig, sogar mit Kokosmatten verhängt. Zwei Hütten stehen auf dem Platz, als Unterschlupf für die Mit- glieder und zur Aufbewahrung für die wunderlichen und zum Teil riesenhaften Tanzmasken. Der Platz wird stets sauber gehalten, und auch wenn keine Festlichkeiten stattfinden, versammeln sich hier die alten Männer, um ungestört ein Schläfchen zu machen oder die Tagesereignisse zu besprechen. Hier werden auch die Vor- bereitungen getroffen, namentlich die Anfertigung der Masken« anzüge. Diese bestehen aus einer Blätterumhüllung für den Ober» körper und aus einem kegelförmigen Hut, der den Kopf ganz ver- deckt, folglich auf den Schultern ruht. Die Masken selber sind verschieden, je nachdem sie einen Tubuan oder Duk-Duk darstellen sollen. Beim Tubuan bildet die Kopfmaske einen kurzen Kegel. der mit einem großen Busch aus Kakadufedern gekrönt wird; beim Duk-Duk läuft die Maske lang und spitz aus, manchmal bis zu zwei Meter Länge, und ist mit bunten Holzschnitzereien. Feder- kränzen und Pflanzenfasern verziert. Der Maskenträger kann natürlich von außen nicht erkannt werden, wohl aber vermag er selber durch die Lücken des Gestells hindurch genügend zu sehen. Der vollständige Anzug ist schwer und unbequem und wird von den Trägern von Zeit zu Zeit im Gebüsch gewechselt; nicht selten erzeugt der Druck des Gestells arge Abschürfungen an Schultern und Hüften. Der Tubuan gilt als Geist weiblichen Geschlechts. hat immer einen eigenen weiblichen Namen und ist der höchste Würdenträger in der Verbindung. Nur bestimmte Familien be- sitzen das ererbte oder erkaufte Recht, einen Tubuan erscheinen zu lassen; er muß durchaus standesgemäß auftreten, verursacht also beträchtliche Ausgaben an Muschelgeld und bedeutet daher an Auf» wand und Einfluß etwa so viel, als wenn man bei uns einen studierenden Sohn bei den Bonner Borussen alimentiert. Natür- lich will der wohlhabende Tubuan-Jnstallateur, genau wie bei uns. sein Geld mit Zinsen wieder hereinkriegen. Dazu verhilft ihm be- sonders das Recht des Tubuan, Strafen aufzuerlegen und gleich einzukassieren. Aeußert sich jemand ungebührlich über den p. t. Tubuan, gleich heißt es: gieb Tabu(Muschelgeld) I Niemand wagt es, sich zu widersetzen; denn hinter dem Fordernden steht geschlossen der ganze Bund, der die öffentliche Meinung in der Hand hat. Macht ist Recht: heißt der gewissenhafte Grundsatz der vom Tubuan befolgten Judikatur. Nach echter Bravo-Manier beschützt er auch das Eigentum; gegen Zahlung einer entsprechenden Summe markiert er Palmen-, Taro- oder Bananenpflanzungen mit seinem gefürchteten Spezial-Tabuzeichen, etwa einem Grasbündel, einem geflochtenen Kokosblatt, einigen buntbemalten Kokosschalen oder dergleichen. Jeder weiß, was das sagen will. Die Einführungszeremonicn gestalten sich folgendermaßen: Von Zeit zu Zeit wird von den Eigentümern eines Tubuan ange- kündigt, daß dieser demnächst erscheinen werde. So haben die Ver- einsmitglieder Zeit, für die Einführung eines Novizen die nötigen Vorbereitungen zu treffen. Ist der Tag gekommen, so hört man vom Festplatz lautes Rufen; die Novizen strömen herzu und lagern sich im Kreist. In der Mitte tanzt der Tubuan mit einem Stock und teilt Schläge an die Sitzenden aus; das gleiche tun die außen herumstehenden Mitglieder. Daß sich bald ein Schmerzgeheul er- hebt, ist nicht verwunderlich; es findet ein Echo von feiten der Mütter, die daheim in ihren Hütten sitzen. Hierauf verteilt der einführende Vater oder Onkel an jeden Anwesenden Muschelgeld. den Löwenanteil natürlich an den Tubuan. Daran schließt sich ein kleines Essen. Dann tritt der Tubuan wieder in den Kreis und beginnt sich seines Kostüms stückwcis zu entledigen. Er hat zuvor die Tragbander entfernt und streift nun einen Laubring nach dem anderen vom Körper, bis er ganz entblößt dasteht. Er will hierdurch den Eindruck erwecken, als wären die Laubringe von Geisterhand festgehalten gewesen. Hiernach tanzen die Männer und lehren die Novizen die eigentümlichen Sprünge und Schritte des Duk-Duk. Dann wird ihnen eingeschärft, nichts zu verraten, unter Hinweis auf das drohende Strafregister. Zum Schluß kommt ein reichliches Festessen, mit dem die Verwandten der Ein. geführten alle Anwesenden regaliercn. Zur Verleihung des Duk-Duk ist es nötöig, daß dieser erst vom Tubuangeboren" wird. Lautes Schreien vom Festplatz und das Getöse der Holztrommeln verkünden die Nacht hindurch das Er- eignis. Am Morgen erscheint der Tubuan mit den neugeborenen Kindern(die betreffenden Duk-Duk-Maskenanzüge werden in aller Heimlichkeit vorher angefertigt) und besteigt am Strande festlich geschmückte Kanoes, die von den unmaskierten Mitgliedern mit Gesang und Trommelschlag an der Küste entlang gerudert werden. Ein malerisches, farbenfreudiges Bild: das weite, spiegelglatte