Jen hellen Sinicrt, die im Spelirttm sichtbar wurden, daß die Pro- tuberanzen glühende selbstleuchtende Gase sind, die Jansien als zur Sonne gehörend ansah und von denen er vermutete, daß man sie auch zu jeder anderen Zeit sehen müßte. Der Leipziger Astro- physiker Zöllner und der Astronom Huggins haben bald Methoden ausgebildet, die gestatteten, zu jeder beliebigen Zeit die Protube- ranzen der Sonne zu beobachten, wann nur die Sonne überhaupt sichtbar ist. Amaftounsky geht von der Annahme aus, daß die Sonne ein glühender Gasball sei, in welchem die Temperatur so hoch sei, daß alle Stoffe in ihre Elementarbestandteile zerfallen. Diese Gase stehen unter dem Einfluß der Schwerkraft, und da dies an der Oberfläche der Sonne schon beinahe LZmal so groß ist wie auf der Erde, so stehen die tieferen Scknchtcn des Gasballes unter einem ganz gewaltigen Drucke, einem Drucke, der die Gasmasien so stark zusammenpreßt, daß wir sie uns als ganz dick- und zähflüssige Massen vorstellen können. An der Oberfläche der Sonne unter- scheiden wir im wesentlichen drei Hauptschichten: zu äußerst die Sonnenkorona, eine wahrscheinlich aus ganz kleinen festen Körperchen bestehende Schicht, die durch den sogenannten Strah- lungsdruck von der Sonne fortgestoßen wirdz weiter die Chromo- sphäre, eine unter der Korona liegende dünne Gasschicht von röt- licher Farbe, und schließlich die Photosphäre, die wir als die Ober- fläche der Sonne ansprechen. Die letztere ist von weißlicher Farbe und die eigentliche leuchtende Schicht, welche uns das Sonnenlicht zusendet.— Zur Erläuterung sei hier bemerkt, daß der Strahlungs- druck eine abstoßende Kraft ist, wie sie jede Art von Strahlung auf Körperchen gewisser Größe ausübt. Der berühmte schottische Physiker Maxwell hatte schon 1873 ihr Vorhandensein für das Licht, den sogenannten Lichtdruck, aus theoretischen Untersuchungen gefolgert, und Bartoli zeigte einige Jahre später, daß der strahlungs» druck für jede Art vra Strahlung, also auch für die Wärmestrah- lung, die elektrische Strahlung usw. gelten müsse. Aber erst im Jahre 1300 vermochte der Russe Lebedeff durch Versuche nachzu- weisen, daß Maxwell recht gehabt habe. Lebedeffs Versuche wurden von den Amerikanern Nichols und Hull bestätigt. Die Lehre vom Strahlungsdruck ist kurz vor der experimentellen Bestätigung durch Lebedeff vm dem schwedischen Chemikophysiker Arrhenius auf himmlische Erscheinungen mit glänzendem Erfolge angewandt worden. Amaftounsky meint nun, daß die Photosphäre, die lichtaus- sendende Schicht der Sonnenoberfläche, auch feste und flüssige Teile enthalten müsse, weil sie sonst nicht so viel Licht aussenden könne, wie sie tut, und die Photosphäre sei die Grenze, an der sich die weiter hinaufgelangenden Sonncngase teilweise zu Tröpfchen ver- dichteten und eine Art Wolkendecke bildeten. Jedenfalls aber ziehen sich die Außenschichten durch die stets starke Abkühlung zu- sammen und drücken deshalb stark auk die darunter liegenden Schichten, welche dadurch desto stärker erhitzt werden und ihrerseits sich nunmehr ausdehnen oder es wenigstens versuchen müssen. Die Ausdehnung kann aber nur nach der Oberfläche zu stattfinden, und daher kommt es, daß fortwährend Gas- und Dampfaasbrüche aus der Photosphäre erfolgen. Die ausbrechenden Gasmaffen sind aber viel heißer als die durchbrochenen Photosphäremvolken, so daß sie die letzteren ebenfalls erhitzen und die vorhandenen festen oder flüssigen Teilchen verflüchtigen. Die vergasten Massen aber sollen nach Amaftounsky bei weitem nicht so viel Licht auszusenden ver- mögen, wie die festen und flüssigen Partikelchen der Photosphären- Wolken, so daß die vorher helleuchtenden Durchbruchstellen, die jetzt 'lon glühenden Gasen erfüllt sind, lange nicht mehr so stark leuchten wie zuvor und eine dunklere Stelle erzeugen, die wir den Sonnen- fleck nennen. Wenn man einen Sonnenfleck beobachtet, so bemerkt man an ihm zwei deutlich unterscheidbare Teile, den Kernfleck und die Penumbra. Der Kernfleck erscheint schwarz, obwohl er in Wirklich. keit noch ganz gehörig hell ist. Das Licht der umgebenden Sonnen- teile ist aber so stark, daß der Fleck dagegen ganz dunkel erscheint. Dieser Kern ist umgeben von einem streifigen Halbschatten, der Penumbra, die ganz erheblich heller erscheint als der Kernfleck. Tritt an einer Stelle unter der Sonnenoberfläche das Bestreben zutage, daß Gase durchbrechen, so wird die Photosphärenschicht gehoben und kommt in eine Region, die etwas niedrigere Tempe- ratur hat. Daher erscheint der gehobene Teil der Photosphären- Wolken heller, als wenn ihr Licht durch eine dickere schwächer leuchtende Schicht hindurchdringen mutz. Der gehobene Teil wird also heller aussehen als seine Umgebung und ericheint uns als „Sonnenfackel". Ist die Pressung unter der Photosphärendecke so stark, daß der Durchbruch erfolgt, so geht die Fackel in eine Pro- tuberanz über und erscheint in der Aufsicht als werdender Fleck. Ist der Durchbruch eingetreten, so entsteht an der Durchbruchstelle eine Gegend entlasteten Druckes, so daß die Photosphärenwolken dorthin stürzen und die Grenzteile des dunkleren Kernes lichten. Mit nachlassender Ausbruchstätigkeit dringen die Photosphären- Wolken nach und schieben sich in Form von feurigen Zungen und leuchtenden Brücken über den Kern, den sie mehr und mehr über- ziehen und so allmählich zum Erblassen bringen. Man kennt nun auf der Sonne zwei verschiedene Arten von Protuberanzen, metallische, die meist strahlenförmig oder spring- brunnenartig aussehen, und ruhige, die wie Rauchwolken eines Schornsteins über der Sonne schweben. Die ruhigen Protuberanzen kommen überall auf der Sonne vor, auch an den Polen , die mctalli- schen fedoch hauptsächlich in Lee Zone der Fackeln und Flecketk, also zwischen 30 und 4S Grad Breite auf dem Sonnenballe. Das deutet schon an, daß sie ganz verschiedenen Charakter haben. In der Toi ist auch ihr Ursprung ganz verschieden. Die ruhigen Protuberanzen entstanimen der farbigen Chromosphärenschicht, während die metalli- schen aus dem Sonneninnern heraufkommen, infolgedessen eine viel höhere Temperatur haben und die Photosphärenschicht durchbrechen können, bei deren Verdampfung sie die Sonnenfleckenerscheinungen bilden. Nun ist bekannt, daß die Sonnenflecken in ihrer Häufigkeit und Größe periodisch abwechseln. Man kann seit fast zwei Jahr» Hunderten verfolgen, wie die Sonnenflecken in besonders großen Zahlen und Massen fast genau eine 11jährige Periode innehalten- Im Jahre 1300 verzeichneten wir ein sogenanntes Minimumjahr, 1305/1306 dagegen ein Maximum, und seitdem ist die Sonnen- tätigkeit wieder im Abnehmen begriffen. Diese Erscheinung zn erklären, ist bislang noch nicht gelungen. Amaftounsky versucht auch hierfür eine Erklärung, die er sich etwa folgendermaßen denkt: Die schwereren Gase der Sonne sind der durch die schnelle Umdrehung der Sonne bestehenden Schleuderkraft am meisten aus- gesetzt. Diese Schleuderkraft ist an den Polen der Sonne, durch weiche die Drehungsachse hindurchgeht, am geringsten, am größten dagegen am Sonnenäquator. Diese Gase werden also so sehr wie möglich nach dem Sonnenäquator streben und die leichteren Gase von dort weg- und nach den höheren Breiten(also nach den Polen zu) drängen. Die Sonne wird mithin aus einem ellipsoidischen Kerne schwerer Gase bestehen, dem zwei Kappen aus den leichteren Gasen aufgesetzt sind, die an den Polen am dicksten, am Aequator am dünnsten sind. Das Ganze bildet dann die Sonnenkugel, die so völlig rund ist, daß wir an ihr keine Abplattung bemerken. Dieses System wird im Gleichgewicht gehalten durch das Bestreben der gepreßten Gasschichten, nach außen sich auszudehnen, und anderer- seits durch die Schwerkraft, durch den Druck der überliegenden Gasschichten und die Schleuderkraft. Das Zusammenwirken dieser Faktoren unter den verschiedenen Umständen, die sich an den ver- schiedenen Breiten der Sonne vorfinden, bewirken, daß es auf jeder Halbkugel der Sonne eine Zone gibt, in der es den schwereren Gasen möglich ist, nach oben zu entweichen. Am Aequator selbst und in seiner Nähe reicht die schwere Gasschicht bis fast an die Oberfläche, so daß dort gewöhnlich keine Ausbrüche stattfinden können. An den Polen und den Polargegenden ist hier wieder der Druck der überlagernden Gasschichten infolge der Mächtigkeit ihrer Schichten zu groß. Die Umstände, die also Eruptionen ermöglichen, sind auf eine Mittelzone auf jeder Halbkugel beschränkt, und das ist die Zone, in der wir die Sonnenflecken auf jeder Seite des Sonnenäquators auftauchen sehen. Auch die Sonnenkorona bmgt Amaftounsky mit den Protube- ranzen in Zusammenhang. Er meint, oaß die Protuberanzen, die nach Beobachtungen von Deslandres neben den Gasen auch feste und flüssige Stoffe enthalten können, die kleinen Partikelchen hoch hinaufführen in so große Höhen, daß der Strahlungsdruck, der von der Sonne ausgeht, sie fortzustoßen imstande ist. Der Strahlungs- druck kann nur kleine Körperchen von ganz begrenzter Größe von der Sonne fortführen, deren Durchmesser etwas größer ist als die halbe Wellenlänge des ausgesandten Sonnenlichtes, aber anderer- leits nicht größer ist als 1—2 Tausendstel Millimeter. Innerhalb dieser Größengrenzcn liegende Körperchen oder Tröpfchen werden von der Sonne fortgestoßen, kleinere und größere fallen auf die Sonne zurück. Die Körperchen, die an den Größengrenzen stehen. werden in der Schwebe gehalten und tragen zu der Erscheinung der Korona erheblich bei. Die Erörterung der Umstände, warum kleinere und größere Körperchen vom Strahlungsdrucke nicht fort- getragen werden können, würde hier zu weit führen. Es mag nur bemerkt werden, daß die obere Grenze jedenfalls dadurch gegeben ist, daß die Schwerkraft größere Körperchen stärker anzieht, als der Strahlungsdruck sie wegzustoßen imstande ist. Wo beide Kräfte im Gleichgewicht sind, da schweben die Körperchen.— Der Zusammenhang zwischen Protuberanzen, Sonnenflecken und Korona erscheint zweifelsohne sehr plausibel; in der Tat ändert sich mit den genannten Erscheinungen auch das Koronabild. Der Ausbruch schwerer Gase in der Zone der Protuberanzen und der Sonnenflecken wird die Atmosphäre über ihr zuerst und später auch die anderen Teile der Sonnenatmosphäre mit schweren Gasen immer mehr anreichern, so daß die Ausbrüche immer mehr erschwert und seltener werden. Es tritt mit der Zeit eine Periode minderer Protuberanzen- und Fleckentätigkeit ein. Während dieser Zeit aber pflegt die Korona stark zu wachsen. Amaftounsky erklärt das durch den Umstand, daß dann der Strahlungsdruck mehr Stoff aus der Sonnennähe wegführe und die Korona weiter ausbilde, da die weggestoßenen Teilchen ja dann auch mehr Wasserstoff, Helium und Koronium mitreißen könnten, die die Umgebung der Sonne erfüllten und lichter machten. Wenn durch die Arbeit des Strah- lungsdruckes und durch das allmähliche Niedersinken der schwereren Teile, die die Eruptionen in die Höhe ge'chleudert haben, der über- lagernde Druck wieder nachzulassen beginnt, fängt auch die Sonnen» tätigkeit wieder an, sich mehr zu beleben. Die Ausbrüche werden mit ibnehmendem Drucke der sich mindernden überlagernden Gas- schichten wieder häufiger und heftiger, bis wieder das Maximum erreicht ist. Dieses Auf und Ab geschieht in der erwähnten Periode von ungefähr 11 Jahren. Gegenwärtig werden wir also bald da8 Minimum erreicht haben,
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26 (19.10.1909) 203
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