i' ES ist leine Frage, daß die Anschauungen AmaftounskhS. die pch übrigens denen von Arrhenius in vielen Punkten stark nähern, in anderen sich ganz an sie anlehnen, an sich ein ganz schönes und beachtenswertes Gebäude darstellen. An vielen Stellen wird aller- dings noch ein Ausbau nötig sein, um Amaftounskys Theorie zu stützen. Der kann aber nur eintreten durch weitere rastlose Er- forschung der Erscheinungen. Der beobachtenden Tätigkeit der Astronomen sind jedoch durch die neueren Theorien, namentlich durch die von Arrhenius , soviel« Aufgaben gestellt, daß sie ihnen Har nicht schnell genug nachkommen kann. Das ist sehr bedauerlich, >um so mehr, als gerade hierzulande die Möglichkeit solcher For- schungen durch den Mangel an Instituten und Mitteln sehr er- schwert ist. Heben der schönen Anstalt zu Potsdam ist in astro- physikalischer Beziehung im wesentlichen noch das Institut auf dem Königsstuhl bei Heidelberg unter Wolfs Leitung wirksam. Aber damit ist die Reihe so ziemlich erschöpft, während Amerika eine ganze Anzahl gut ausgestatteter Institute besitzt. Hier aber gilt es mehr als irgendwo anders, Mittel herbeizuschaffen, weil neben den laufenden Kosten für die Institute, Einrichtungen und das Personal auch solche für Materialverbrauch eintreten. Wir könnten in Deutschland noch ganz' gut ein paar Observatorien brauchen wie das Potsdamer; ja, wollen wir nicht nachhinken im Wettbewerb der Völker, so m üs s e n wir sie haben. Leute sind schon da, die dhe Arbeit leisten, nur die Mittel fehlen! Felix Linke. kleines Feuilleton. Geographisches. Ein deutsches geographisches Urteil über Cook und P e a r y. PetermannS Mitteilungen nehmen in der periodischen geographischen Liteiatur, nicht nur Deutschlands , eine eigenartige Stellung ein. Da nun autzerdem ihr Begründer August Petermann an der Nordpolarforschung insbesondere einen großen geistigen An- teil genommen und sich erhebliche Verdienste um ihre Förderung er- worden hat, so kommt einer Auslassung über Cook und Peary in dieser Zeitschrift eine hervorragende Bedeutung zu. Sie ist im neuesten Heft gegeben worden durch H. Wichmann, dessen Aufsatz begleitet ist von einer wertvollen Karte:„Die Erreichung des Nordpols". Diese Karte faßt sowohl zeichnerisch wie in den am Rande ge- machten Angaben die gesamte Geschichte der Nordpolrei>en zusammen. Für jeden Teil des Polargebietes sind die höchsten bisher erreickten Breiten aufgeführt worden. Auch die neuen Routen von Cook und Peary sind selbstverständlich zur Eintragung gelangt. Besonders nützlich ist die Uebersicht über den Fortschritt' der Polarforschung durch verschiedenartige Bezeichnung der Küsienliuien für mehrere Epochen der letzten Zeit. Der von Wichmann verfaßte Aufsatz gibt nach einer kurzen Schilderung von Petermanns Anteil au der Nordpolarforschung eine gedrängte Zu- fammenstellung des Verlaufes der Expedition von Cook und Peary . Die darin genannten Tatsachen sind heute allgemein bekannt, treten ober in dieser schmucklosen und von jeder breitere» Schilderung be- freiten Fassung erst in richtigem Verhältnis heraus. Die Ausführungen über die Ergebnisse nehmen nicht mehr als zwei Spalten in An- spruch, was nach der Lage der Dinge niemand überraschen kann. ES lvird denn auch gleich in dem ersten Satz gesagt:„Das Er- gebnis an wissenschaftlichen Nntersuchungen scheint bei beiden Expeditionen gering zu sein." Dan» wird auf den Unterschied zu- gunsten Pearys aufmerksam gemacht, daß dieser Reisende einen Stab von Gelehrten zur Verfügung hatte, auch sonst weit besser ausgerüstet war. Eine Reihe wertvoller Untersuchungen an der Küste von Grantland und von Grönland , unter denen die Veob- achtungen von Ebbe und Flut die wichtigsten gewesen sind, zeigen Pearys Ueberlegenheit. Beim Vordringen zum Nordpol selbst glichen sich dann die Verhältnisse beider Expeditionen mehr auS. Weder geodätische Messungen noch genügende meteorologische Beobachtungen sind ausgeführt worden. Die besonders bedeutsame Frage, ob die Annahme von Professor Suppan. daß der Nordpol ein Scheidepunkt für die Windverhältnisse sein müsse, zu Recht besteht, ist infolgedessen nicht zur Entscheidung gelangt. Nur der Umstand, daß Peary von feiner Windstille in der Nachbarschaft des Pols berichtet, scheint dafür zu sprechen. Ueber die Verteilung von Wasser und Land bringen die beiden Expeditionen gleichfalls wenig neuen Aufschluß. Daß am Pol selbst kein Land vorhanden ist, konnte man schon als eine ziem- lich sichere Tatsache betrachten. Dennoch ist als das vielleicht wertvollste Ergebnis der Pearyschen Expedition hervorzuheben, daß in unmittelbarer Nähe des Pols das Meer eine größere Tiefe als 2760 Meter erreicht. Die Feststellung großer eisfreier Wasserlinien schon im April(durch Peary ) deutet die Möglichkeit an, auch mit einem Schiff nach dem Vorbild von Nansen dem Pol zum mindesten recht nahe kommen zu können. Ueber die Angriffe von Peary gegen Cook äußert sich Wichmann dahin, daß der Bericht von Cook sowie sein Vortrag in Kopenhagen unglaubwürdige Angaben nicht enthalten habe. Wenn Cook das von Peary 1903 entdeckte Crocker-Land weder auf seiner Hinreise noch auf seiner Rückreise gesehen hat, so wäre dieser Umstand durch starken Nebel und durch die überhaupt große Schwierigkeit einer sicheren Sichtung von Land im Polar- gebiet zu erklären. Das angeblich von Cook in einer Breite von Kerautw. Redakteur: Emil Ungcr, Grunewald.— Druck u. Verlag: fast 85 Grad gesehene Land würde übrigens genau tn der nördlichen Fortsetzung des Crocker-Landes liegen. Was den Mangel an Be- gleitung betrifft, so wird in gerechter Weise darauf hingewiesen, daß Cook einen Europäer überhaupt nicht zur Verfügung hatte, während Peary seine weißen Begleiter zurückgeschickt hat. ohne einen not- wendigen Grund dafür anzugeben. Die Schlußsätze des Aufsatzes lauten so: „Der einzige positive Beweis. den beide Forscher für die Erreichung ihres Zieles liefern können, liegt in den Beob- achtungen, die sie über den Stand der Sonne haben machen können, und deshalb werden die Astronomen, denen dieses Material vorzulegen ist. das letzte Wort zu sprechen haben. Ob durch die Leistungen Cooks und Pearys die Nordpolarforschung in andere Bahnen ge- leitet werden wird, ist abzuwarten. Die größere Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß das kühne Vorgehen der Ansporn für ähnliche Taten sein wird; eine waghalsige Kletterei und Gipfelbesteigung ist stets der Vorgänger einer noch waghalsigeren gewesen. Durch Er- reichung des Pols sind jedenfalls weitere Polarforschungen nicht über« flüssig geworden. Medizinisches. Organverpflanzungen zu Heilzwecken. Der be- kannte Bonner Chirurg, Professor C. Garrü, berichtet in der „Deutschen Medizinischen Wochenschrist' über die großen Fort- schritte, welche die Chirurgie auf dem Gebiete der Gefäß- und Organverpflanzungen am Lebenden gemacht hat. Es ist bewnnderns- wert, welche technischen Erfolge hier erzielt worden sind. Man ist heute imstande, nicht nur Haut und Sehnen durch Näht« zu ver- einigen, sondern auch zerrisiene Blutgefäße zu nähen und dem Blutkreislaufe zu erhalten. Namentlich der Amerikaner C a r r e t hat um die chirurgische Feinkunst die allergrößten Ver- dienste. Er hat die zirkuläre Gefäßnaht in die chirurgische Technik eingeführt und es dadurch ermöglicht, Gefäße mit dauerndem Erfolg zusammenzunähen und defekt gewordene Gefäßstücke durch gesunde Stücke aus anderen Gefäßen zu ersetzen. Nicht nur Arterienstücke konnten in Arterien eingenäht und dadurch der Zusammenhang er» halten werden, sondern auch Venen in Arterien. Dies hat einen großen praktischen Wert. Ein Stück einer Arterie(Schlagader), eines frisches Blut führenden Gefäßes, kann nicht leicht entbehrt werden, hingegen hat unser Organismus einen solchen lleberfluß an Venen, den Gefäßen, die das verbrauchte Blut zum Herzen zurück n»d zur Reinigung in die Lunge führen, daß von ihnen mit Leichtig- keit ein Stück entbehrt werden kann. So ist es also eit� großer Erfolg der modernsten Chirurgie, daß es gelungen ist, defekt gewordene oder zu werden drohende Gefäßstücke in beträchtlicher Ausdehnung durch andere desselben Individuums zu ersetzen. Auch artftemde Gefäße wurden imTierexperiment mit Erfolg überpflanzt, also z. B. Gesäße von Katzen bei Hunden eingeheilt. Carret ist es sogar geglückt, Gefäß- stücke zu überflanzen und glücklich zur EinHeilung zu bringen, die wochenlang in einer besonderen Flüssigkeit konserviert worden waren. Professor Garrö schlägt nun vor, um praktischen Gebrauch von diesen Ergebnissen zu machen, in Zukunft brauchbares Material von amputierten Gliedern in den Kliniken aufzubewahren und geeigneten- falles für entsprechende Operationen zu verwenden. So werden wir bald vielleicht neben Instrumenten und Verbandsstoffen auch einen Vor- rat von Arterien und Venen zum Bestand einer chirurgischen Klinik rechnen dürfen. Mit der weiteren Vervollkommnung der chirurgischen Technik ist es nun auch gelungen, ganze Organe von einem Individuum auf ein anderes mit Erfolg zu verpflanzen. Namentlich die Schild- d r ü f e, die ihren Sitz vor dem Kehlkopf im mittleren Teile des Halses hat, ist der Gegenstand zahlreicher Versuche geworden. Seitdem man erkannt hat, daß durch das Fehlen oder die mangelhafte Funktion der Schilddrüse sehr erhebliche Störungen in geistiger und körperlicher Beziehung hervorgerufen werden, hat die Transplanration dieses Organs ein sehr hohes praktisches Interesse gewonnen. Bisher sind am Menschen nicht nur Schilddriisenstücke verpflanzt worden, die in Milz , Knochenmark oder andere blutreiche Organe eingefügt wurden. Die ganze Schilddrüse mit ihren zu- und abführenden Blutgesäßen wurde mit Erfolg des öfteren bei Hunden überpflanzt und wird zur Heilung des durch Schilddrüsendefekt hervorgerufenen Kretinismus demnächst gewiß auch von Mensch zu Mensch ver- pflanzt werden können. Diese Operation ist eine der großartigsten Leistungen chirurgischer Technik, da die Schilddrüse allein vier zu- führende Gefäße(Arterien) und mindestens ebenso viele abführende (Venen) besitzt, die an entlprechender Stelle eingenäht werden müssen. Auch die N i e r e, das Entgiftungsorgan des Körpers, hat man zu verpflanzen gesucht, bisher nicht mit dem Erfolge, daß eine dauernde Heilung erzielt werden konnte. Immerhin werden die an Tieren voll- führten Operationen dazu führen können, wichtige Resultate für den Menschen zu zeitigen. Dadurch eröffnen sich der praklischeu Chirurgie ganz neue Perspektiven, wenn man berücksichtigt, wie ungeheuer häufig Nierenerkranknngen sind, die bei gewiffer Intensität meist zum Tode führen. Freilich bedarf eS nach Professor GarreS Ausführungen noch einer Unsumme von Arbeit zur Vervollkommnung der noch wenig entwickelten Technik und zur Verhütung sekundärer Prozesse; man wird aber nicht zweifeln können, daß die nimmer- müde Forschertätigkeit auch hier noch zu guten Resultaten kommen wird, nachdem die Borarbeiten bereits geliefert sind, nachdem ein- fache Eefäßverpflanzungen bereits mit bestem Erfolge gelungen sind. Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagSanjtalt Paul Singer LcCo.. Berlin S W.
Ausgabe
26 (19.10.1909) 203
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