„Das muß ein Wiedersehen gewesen fein! Ich kannMir's vorstellen," sagte Bornemann vor sich hin.„Was ich dabei empfunden habe, kannst Du Dir garNicht ausmalen."„Ich möchte keinen Freund von mir auf diese Artsterben sehen. Aber daß Du Dich dabei so aufopferst, istsinnlos. Du machst Dich noch kaputt. Siehst schon jetzt ganzkrank aus. Es hat doch keinen Zweck! Erkennen tut er jakeinen Menschen mehr. Ob der oder jener bei ihm wacht, istdoch ganz einerlei! Ich würde mich an Dwner Stelle etwasschonen."„Iclj kann nicht. Du weißt nicht, wie wir zusammenstanden."Ganz plötzlich füllten sich seine Augen mit Tränen.Bornemann, der es bemerkte, ließ ihn allein und ging nach-denklich zu den andern Schülern, die unruhig ihren Anzugübersahen, da die Aerzte bereits gekommen waren.lFortsetzung folgt.)(Nachdni« eerBotex.)Hus der Gefdnchte unseres ftous-8} geNügels.Von C. Schen kling.Ein Landsmann des Huhnes ist der Pfau, cristatus.„Er stammte aus dem fernen Wunderlande Indien und gehörte wiedaS blanke Gold, die blitzenden Edelsteine, das weihe Elfenbein unddas schwarze Ebenholz zu dessen angestaunten und begehrten Herr-lichkeiten," sagt Viktor v. Hahn in seinen„Kulturpflanzen und Haus-tieren". Schon Salomo ließ sich Pfauen aus Ophir, einer Landschaftwabrscheinlich an der Küste von Madabor, senden. Allgemeine Ver-breitung fand der prächtig gefiederte Bogel im Abendlande abererst seit den Eroberungszügen Alexanders des Großen nach Indien.Der König fand dort Mengen von Pfauen„in einem Waldevon unbekannten Bäumen" und war von ihrer Schönheit sobetroffen, daß er seinen Kriegern schwere Strafe androhte, sobaldsie einen dieser Vögel töteten. Schon frühzeitig gelangte der Pfaunach Griechenland, blieb aber eine große Seltenheit, weil nur wenigeder eingeführten Vögel die Gefangenschast in dem weniger warnienLande zu ertragen vermochten. Zu PerikleS Zeiten beiatz ein reicherAthener Pfauen, die er in jedem Monat einmal, am Tage des Reu-mondes, dem von weit und breit herbeigeströmten Volke zeigte.„Und das", setzt Antiphon dieser seiner Mitteilung hinzu,„geht nunmehr alS dreißig Jahre so fort". Bei dem hohen Preise derPfauen— ein Paar kostete 10 000 Drachmen— blieben sie langefür Griechenland avss rarae(seltene Vögel). Erst vom fünften Jahrhundert an dehnte sich ihr Verbreitungsgebiet allmählich westwänsaus. und sie gelangten nun auch nach Rom, dessen Luxus undReichtum den attischen ja weit hinter sich ließ. Hier wurde diePfauenzucht ein Gegenstand der Landwirtschaft, und diekleinen Jnselchen, die sich am Küstengestade erheben, wurdenzu Pfauenzuchtstätten. Zu AtheuäuS' Zeit(Ende des zweitenJahrhunderts) gab es in Rom so diel Pfauen, daßsie nach des AntiphoneS prophetischem Ausspruch wirklich häufigerwaren alS Wachteln, die auf keiner Tafel fehlen durften. Bei denGastmählern der römischen Schlemmer spielten Pfauenbraten einehervorragende Rolle. Die Kaiser Bitellius und HeliogabaluS be-wirteten ihre Gäste mit Pfauenzungen und Pfauenhirn. Karl derGroße hatte in seinen„Capitularien" befohlen, daß neben Fasanenauch Pfauen auf seinen Gütern gehalten wurden, welcher Brauchauch auf den Sitzen des normannischen Adels in England gepflegtwurde. Immerhin blieb- der Pfau bis ins 15. Jahrhundert hineinfür Deutschland und England ein seltener Vogel. Dessenungeachtetwar der auS dem grauen Altertum stammende Brauch. beiEchmaufereien einen gebratenen und mit dem abgestreiften Feder-Neid bedeckten Pfau auf die Tafel zu bringen, nicht erloschen. Zu-meist trug ihn die Schloßherrin unter Drommetenschall auf silberneroder goldener Platte selbst auf, und der Schloßherr zerlegteihn. Das Flersch junger Pfauen soll einen feinen Wild-geschmack besitzen, während daS älterer Vögel lediglich zu Suppenund Frikassee Verwendung finden kann. Wie schon im Altertumdie Schwanzfedern des Pfau als Schmuck dienten, so noch im Mittel-alter: sie zierten den Helm des Ritters wie in Gestalt einesKranzes den Hals des Edelfräuleins. Heute ist der Pfau nichtnur von der Tafel verschwunden, sondern auch sein Federschmuckweit zurückgedrängt worden zu Orientalen, Tataren, russischenKutschern, Chinesen, die sie zur Auszeichnung der höchsten Rang-stufe benutzen, und stehen nur noch einem rot und blau tätowiertenHäuptling gut, wenn er sie als Schurz um d'e Lenden trägt.Nach der Mythologie ist der Pfau der Himmelsgöttin heilig;der mit den Spiegeln geschmückt« Schwanz ist das Sinnbild desgesternten Himmels. Nach Obid übertrug die Göttin die AugendeS von Hermes getöteten hundertäugigen Argus auf den Schweifunseres Vogels. Auch das Christentum nahm den Vogel in feineSymbolik auf, teils als Sinnbild der Auferstehung, weil«ach dermärchenhaften Naturgeschichte frühester Zeit sein Fleisch unverwes«lich sein sollte, teils als Symbol himmlicher Herrlichkeit.Nächst dem Huhn ist der häufigste Vogel des Geflügelhofes dieTaube. Die Tauben sind Weltbürger im weitesten Sinne deSWortes. Sie leben in allen Erdteilen und in allen Zonen, in derHöhe wie in der Tiefe, immer aber vorzugsweise im Walde, denndie wenigen Arten, die sich auf pflanzenloscn Felsen ansiedeln, ge-hören zu den Ausnahmen. Die für uns wichtigste Taubenart istdie Felsentaube, Columba Hvia, weil sie die Stammform allerTaubenrassen ist. Ihr Verbreitungsgebiet beschränkt sich in Europaauf einige nordische Inseln und die Küsten des Mittelmeeres, um-faßt aber außerdem ganz Nordafrika, Palästina, Syrien, Klein-asien, Persien und verschiedene Gebiete des Himalaya. Sonst istsie über die ganze Erde verbreitet, und es dürfte kein FleckchenFestland, kein Jnselchen im weiten Weltmeer� geben, das nicht zuZeiten wenigstens gewisse Taubenartcn als Brut- oder Wandervögelbeherbergt hätte. Dementsprechend wird die Taube schon in denältesten Schriften wie in vielen Sagen erwähnt. Homer vergleichtdie Flucht Hektars bor Achill mit der einer Taube vor dem Habichtund spricht auch sonst vielfach von den Tauben als scheuen, fluch-tigen Vögeln. Im Gipfel der heiligen Eiche zu Dodona nistetenScharen von Ringeltauben, aus deren Fluge die Priester weis-sagten. Noah ließ aus feiner Arche zwei Tauben fliegen u. a. m.Trotz dieser alten Urkunden finden wir erst verhältnismäßig spätsichere Nachrichten über Zähmung und Züchtung von Tauben; ohneZweifel wirkten auch hier religiöse Gebräuche und Anschauungenanregend und fördernd, denn gleich dem Haushuhn gilt auch dieTaube(besonders die weiße) bei den meisten alten Völkern alsheiliger Vogel. In Syrien war sie der Göttin Derkato, in Phöniziender Astarte heilig und erfreute sich in beiden Ländern des größtenSchutzes. Arme Juden brachten Tauben als Sühneopfer dar und.da wilde Tiere nicht geopfert werden durften, mag Taubenzucht inPalästina schon seit alters zu rituellen Zwecken getrieben wordensein. In Griechenland war die weiße Taube der Aphrodite heilig,und die sizilianifchen Griechen pflegten sie auf dem Berge Eryx,von wo aus die Taube jedenfalls nach dem Festlande Italien kam.Obwohl das alte Rom diesem Fremdling zunächst kühl gegenüber-stand, wurde er später doch Gegenstand eines oft übertriebenenSports und Luxus. Nach römischen Schriftstellern kannte man mRom zwei Taubenrassen, die halbzahme schieferblaue Felsentaube,die die Türmchen und Zinnen des Landhauses bewohnte, ab undzu flog und ihre Nahrung auf den Feldern suchte, und die zahmeHaustaube von weißer Farbe, der innerhalb des Hauses Futtergereicht wurde und die jedenfalls aus Babylon stammte. Baldschritt man zu Kreuzungen beider Arten und hielt in Tauben-Häusern oft bis 5000 Stück. Mit der Ausbreitung der römischenWeltherrschast verbreitete sich die Taubenzucht fast über ganzEuropa. Von der römischen Landwirtschast her und der betriebe-nen Haustaubenzucht, wie sie die agronomischen altrömischenSchriftsteller Barro und Columella näher beschreiben, wird zunächstin den südlichen und westlichen Teilen Teutschlands die Haustaubegezähmt worden sein, einerseits auf Klostcrhüfen, wo die biblischenund geistlichen Bezüge des Vogels zu seiner Pflege antrieben.andererseits auf Edelhöfen, wo altrömisches Vorbild nachwirkteund die Taube zunächst als Ziervogel neben anderem Luxusgeflüg lgehalten wurde. Später aber wird die Taube Nutzvogel und ver-breitet fich in Teutschland überall, nicht nur ihres zarten Fleisches,sondern auch ihres Mistes wegen, dem nicht nur Dungkraft, sondernauch medizinischer Nutzen zugeschrieben wird.Eine hervorragende mystische Bedeutung erlangten die Tauben,besonders die weißen, in der alten Kirche als Symbol der Unschuldund Reinheit. Man nahm an, daß in ihrer Gestalt der heiligeGeist herniederfahre und beim Tode eines Gläubigen fich die Seeleals Taube gen Himmel schwinge. Bei der Taufe des FrankenkönigsChlodwig brachte eine Taube dem heiligen Remigius das Fläschchenmit Salböl vom Himmel herab. In der farbigen Taube aber sahendie europäischen Naturvölker einen Leichen- und Trauervogel. Auchdie Moscheen hatten ihre heiligen Tauben: eine Taube war es,die dem Propheten alles ins Ohr flüsterte, was sie hörte Und er-spähte.Heute haben sich die Arten und Varietäten der eigentlichenHaustaube, der sogenannten Rassen- oder Farbentaube, infolge derZüchtung wie des ausgedehnten Weltverkehr? ins Unübersehbarevermehrt, wie jeder zoologische Garten und jede Tauben- und Ge-flügel-Ausstellung zur Genüge beweisen.(Schluß folgt.)I>Iommsens Denkmal.Am Montag ist mit den üblichen Feierlichkeiten daS Mommsen-Denkmal im Vorgarten der Universität enthüllt worden. Wir sehenda den berühmten Historiker alS alten Mann vor uns. Man darfsich wohl ftagen. ob es nicht angebracht gewesen wäre, ihn injüngeren Jahren darzustellen oder wenigstens dielen oder jenen Hin»weis anzubringen auf die Tatsache, daß nicht der GreiS, sondernder dreißiger Mommsen jenes Werk geschaffen bat, um dessentwilleader verstorbene Gelehrte fortlebt. Gewiß hat Mommsen als Heraus.geber antiker Schriften, als Darsteller des römischen Staatsrechts,