-US
866
-
-
daß ich rot war. Ich hatte mich nie öffentlich hervorgetan, gleichen hat. Von Lord Byron hat er noch das meiste, doch diefer war bloß in unseren Versammlungen. Daß fie wußten, welche ist ihm an Welt überlegen. Ich hätte gern gesehen, daß Schiller Gesinnung ich hatte, merkte ich an meiner Behandlung, und den Lord Byron erlebt hätte, und da hätt es mich wundern sollen, den Drill ließ ich über mich ergehen. Denn mehr wie um- was er zu einem so verwandten Geiste würde gesagt haben. Durch alle Werke Schillers geht die Idee der Freiheit, und fallen kann man doch nicht, dachte ich mir. Aber die flein - diese Idee nahm eine andere Gestalt an, sowie Schiller in seiner lichen Schifanen und giftigen Sticheleien konnte ich kaum Kultur weiter ging und selbst ein anderer wurde. In seiner ertragen. Da heißt es eben die Zähne zusammenbeißen, nichts Jugend war es die physische Freiheit, die ihm zu schaffen machte merken lassen, durch! Mit einem Male war ich im Loch! und die in seine Dichtungen überging, in seinem späteren Leben Wie ich hineingekommen, ist mir jetzt noch schleierhaft. Ein die ideelle. Er war so wie alle Menschen, die zu sehr von der Idee Unteroffizier hatte mich wegen einer Kleinigkeit gemeldet. ausgehen. Auch hatte er keine Ruhe und konnte nie fertig werden, Natürlich blühten mir sofort drei Tage Mittel. Und nun wie man an den Briefen über den„ Wilhelm Meister " sieht, den er fam meine traurigste Zeit! Alle Kameraden zogen sich von bald so, bald anders haben will. Ich hatte immer zu tun, daß ich mir zurück, feiner wollte mit mir in Verbindung gebracht feststand und seine wie meine Sachen von solchen Einflüssen freihielt und schüßte. werden. Ich wurde abgebrüht, leichtsinnig, mußte mich Schillers Talent war recht fürs Theater geschaffen. Mit jedem öfter mit der Holzpritsche im Arresthause begnügen. Es war Stücke schritt er vor und ward er vollendeter, doch war es wundermir schon alles egal. Keine Kameraden, keine Freude am lich, daß ihm noch von den Räubern" her ein gewiffer Sinn für Dienst, Placereien, Quälereien! Alles trostlos rings um das Grausame anklebte, der selbst in seiner schönsten Zeit ihn nie mich. W.e das so kommt, kannst Du Dir denken. Mein ganz berlaffen wollte. Er war ein wunderlicher, großer Mensch. Korporalschaftsführer war die größte Giftbeule, die ich im Alle acyt Tage war er ein anderer und ein vollendeterer, jedesmal, Leben kennen gelernt habe. Was der mir alles getan hat! wenn ich ihn wiedersah, erschien er mir vorgeschritten in Belesenheit, Schinderei meiner Person genügte ihm nicht. Er mußte es Gelehrsamkeit und Urteil. Schiller mochte sich stellen wie er wollte, er konnte gar nichts machen, was nicht immer bei weitem größer auf die Spitze treiben, bis auch bei mir die Geduld zu Ende herauskam als das Beste der Neueren, ja, wenn Schiller fich die war. Er hetzte meine Stubenkameraden auf mich! Nicht Nägel abschnitt, war er größer als diese Herren. etwa mit Worten! Er machte es schlauer. Wenn er mich Meine Korrespndenz mit Schiller von 1794 bis 1805 wird eine drillen wollte, kujonierte er die anderen auch mit. Da diese große Gabe sein, die den Deutschen , ja, ich darf sagen, den Mens nun auch dauernd zu leiden hatten, hielten fie mich für die schen geboten wird, zwei Freunde der Art, daß sie sich immer Ursache, und ihre Abneigung verwandelte sich in Haß und wechselseitig steigern, indem fie fich augenblicklich erpektorieren. Mir Wut. Das wollte ja nur der Korporalschaftsführer. Er selbst ist dabei wunderlich zumute, denn ich erfahre, was ich einmal war. fonnte mich nun melden bei jeder Kleinigkeit. Handgreiflich Doch ist eigentlich das Lehrreichste der Zustand, in welchem zwei wagte er nicht zu werden, dafür erwartete er es von der Menschen, die ihre Zwecke gleichsam parforce hezen, durch innere Korporalschaft. Einzeln wagten die sich auch nicht an mich lebertätigkeit, durch äußere Anregung und Störung ihre Zeit zerheran, denn fie fürchteten meine Muskeln. Kannst Du Dir splittern, so daß doch im Grunde nichts der Kräfte, der Anlagen, der Absichten völlig Wertes herauskommt. Höchst erbaulich wird eine Vorstellung von meinem Leben machen?" es sein, denn jeder tüchtige Kerl wird sich selbst daran zu trösten haben.
( Fortieyung folgt.)
Schiller im Urteil Goethes.
Zum bevorstehenden Schiller - Jubiläum willkommen erscheint eine Schrift, in der Goethes Urteile über seinen Freund und Mitstreiter gesammelt find.( Schiller im Urteile Goethes" von Profeffor P. Uhle; Verlag von B. G. Teubner in Leipzig .) Aus dem weitverzweigten Material ist im folgenden eine Auslese getroffen, die Goethes Stellung zu Schiller und Goethe felber nicht minder charakterisiert.
Mein Verhältnis zu Schiller gründete sich auf die entschiedene Richtung beider auf einen Zweck, unsere gemeinsame Tätigkeit auf die Verschiedenheit der Mittel, wodurch wir jenen zu erreichen strebten. Bei einer zarten Differenz, die einft zwischen uns zur Sprache kam und woran ich durch eine Stelle seines Briefes wieder erinnert werde, machte ich folgende Betrachtungen: Es ist ein großer Unterschied, ob der Dichter zum Allgemeinen das Besondere sucht oder im Besonderen das Allgemeine schaut. Aus jener Art entsteht Allegorie, wo das Besondere uns als Beispiel, als Erempel des Allgemeinen gilt, die lettere ist eigentlich die Natur der Poesie, fie spricht ein Besonderes aus, ohne ans Allgemeine zu denken oder darauf hinzuweisen. Wer nun dieses Besondere lebendig faßt, erhält sogleich das Allgemeine mit, ohne es gewahr zu werden oder erst spät.
Je höher ein Mensch, desto mehr steht er unter dem Einfluß der Dämonen, und er muß nur immer aufpassen, daß sein leitender Wille nicht auf Abwege gerate. So waltete bei meiner Bekanntfchaft mit Schiller durchaus etivas Dämonisches ob, wir konnten früher, wir konnten später zusammengeführt werden, aber daß wir es gerade in der Epoche wurden, wo ich die italienische Reise hinter mir hatte und Schiller der philosophischen Spekulationen müde zu werden anfing, war von Bedeutung und für beide von größtem Erfolg. Ich besaß die entwickelnde, entfaltende Methode, feinesvegs die zusammenstellende, ordnende, mit den Erscheinungen weiß ich nichts zu machen, hingegen mit ihrer Filiation mich eher zu benehmen. Nun aber ist zu bedenken, daß ich so wenig als Schiller einer vollendeten Reife genoß, wie sie der Mann wohl wünschen sollte, deshalb denn zu der Differenz der Individualitäten die Gärung sich gefellte, die ein jeder mit sich selbst zu verarbeiten hatte, weswegen große Liebe und Zutrauen, Bedürfnis und Treue im hohen Grad gefordert wurden, um ein freundschaft liches Berhältnis ohne Störung immerfort zusammenwirken zu Jassen.
Ich habe die Natur bis in die fleinsten Details nach und nach auswendig gelernt, dergestalt, daß, wenn ich als Boet etwas brauche. es mir zu Gebote steht und ich nicht leicht gegen die Wahrheit fehle. In Schiller lag dieses Naturbetrachten nicht. Was in seinem Tell" von Schweizer Lokalität ist, habe ich ihm alles erzählt, aber er war ein so bewunderungswürdiger Geist, daß er selbst nach solchen Erzählungen etwas machen konnte, das Realität hatte. Schillers eigentliche Produktivität lag im Jdealen und es läßt fich sagen, daß er so wenig in der deutschen als einer anderen Literatur feines
Wenn man Schillers und meinen Briefwechsel lieft, da findet man wohl, daß diese Kerls es sich ganz anders sauer werden, ganz höllisch ernst sein ließen. Und man wundert sich, daß sie sich so biel Mühe geben mochten. Die albernen Burschen dachten nach, suchten fich alles flarzumachen, Theorien von dem, was sie geschaffen hatten, zu ergrübeln; hätten es sich leichter machen können und lieber was Frisches schaffen. Unser beiderseitiges munteres Leben und redliches Streben stimmt zu freudiger Heiterkeit, die freilich leider auch durch Leiden und Quengeleien des Tages dem Beschauer oft berfümmert wird, doch dadurch wird es ja ein wahres Bild des be= schatteten buntgrauen Erdenlebens. Die ersten Jahre höchst reich und prägnant, weil wir uns erst begreifen mußten und, an vera schiedenen Orten lebend, briefliche Unterhaltung ernstlich zu pflegen genötigt wurden. Späterhin hat sich die Gesinnung schon ausge glichen, wir wohnten an einem Ort und so ist wenig Schriftliches übriggeblieben.
Schiller fonnte, was ich gar nicht tann, etwas unmittelbares in seine Arbeiten hineinnehmen, wie der den Tell" schrieb, schweizerische Gedichte lesen, Topographien in seinem Zimmer aufhängen u. dergl. Er hatte ein furchtbares Fortschreiten: wenn man ihn nach acht Tagen wiederfah, so fand man ihn anders und staunte und wußte nicht, wo man ihn anfassen könnte. So gings immer borwärts bis sechsundvierzig Jahre, da war es denn weit genug. Er hätte zwei Trauerspiele jährlich liefern können, aber mehr nicht, nur noch außerdem Uebersehungen, Musenalmanach u. dergl. Denn 100 Carolin, das klingt gut und er brauchte es für sich und seine Frau, denn er hatte deswegen vom Herzog ein mäßiges Geyalt verlangt, aber ausgemacht, es müßte verdoppelt werden, sobald er untüchtig zum Arbeiten wäre. Das gab ihm der Herzog gerne, weil er überhaupt eine Art Geiz auf große Männer hatte und darin in Weimar mehr tat als ein König.
Als Schiller sich noch in Weimar befand, verschloß er sich oft acht Tage lang und ließ sich von feiner Seele sprechen. Abends um acht stand noch sein Mittagessen vor seinem Studierpult. Ich behauptete immer, der Dichter dürfe nicht eher ans Werk gehen, als bis er einen unwiderstehlichen Drang zum Dichten fühle. Und diesen Grundfah befolge ich auch, ihm verdanke ich mein heiteres Alter. Schiller dagegen wollte das nicht gelten lassen. Er be= hauptete, der Mensch müsse tönnen, was er wolle, und nach dieser Manier verfuhr er auch. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Schiller stellte sich die Aufgabe, den Tell" zu schreiben. Er fing damit an, alle Wände seines Zimmers mit so viel Spezialfarten der Schweiz zu bekleben, als er auftreiben konnte. Nun las er Schweizer Reisebeschreibungen, bis er mit Weg und Stegen des Schauplates des Schweizer Aufstandes auf das genaueste bekannt war. Dabei studierte er die Geschichte der Schweiz , und nachdem er alles Material zusammengebracht hatte, setzte er sich über die Arbeit, und buchstäblich genommen stand er nicht cher vom Platze auf, bis der" Tell" fertig war. Ueberfiel ihn die Müdigkeit, so legte er den Kopf auf den Arm und schlief. Sobald er wieder erwachte, ließ er fich nicht, wie ihm fälschlich nachgesagt worden Champagner, sondern starken schwarzen Kaffee bringen, um sich
-