münzt aus seinen Tränen, auS seinen ScSmerzen, auS dem Leben seines Weibes und seiner beiden Kinder. Und Du hast daS für mich getan. Du hast die Schuld auf mein junges Leben geladen, eine Schuld, die ich durch die Welt tragen muh, bis daß ich sterbe/ Austin(sich zu ihr neigendj:.Helene!" Helene:„Rein, rühre mich nicht an. Sprich mit ihm. Mit ihm hast Du zu tun. Was hast Du ihm zu sagen? Denke nicht «n mich!" Austin:.Meine Liebe, nimm Vernunft an/ Helene:.Was hast Du ihm zu sagen? Das ist es, was ich wissen will. Harvey! Begreifst Du mcht, eS ist Dem Charatter, der jetzt gerichtet werden soll?" Austin:.Es kann so schlimm nicht sein, wie Du sagst/ Helene:.Warum nicht? Finde einen Ausweg I' A u st i n(nach einer langen Pause zu Jim gewendet):.Taraday l" Jim:.Nun?" A u st i n:.Ist eS wahr, was meine Frau sagt?" Jim:.Es ist wahr!" A u st i n:.Haben Sie keinen Schadenersatz von der Gesellschaft erhallen?" Jim:.Haben Sie das nicht auf diese Art selbst besorgt? Wostir wurden Sie denn bezahlt?" Austin:.Und hatten Sie kein Geld gespart?" Jim:.Meine Familie muhte davon leben." Austin:»Und konnten Sie nicht zu Ihrer Arbeit zurück- kehren?" �■ Jim:.Bis die Fabrik geschlosien wurde, ja." Lustin:.Oh,»as ist es, das vergah ich." Jim:.Hm!" Austin:.DaS ist sehr schlimm, damr muh ich etwas für Sie tun." Jim:.Werden Sie mir Frau und Kinder wieder ins Leben zurückrufen?" Austin:.Oh, Jbre Familie starb. Mein Gott, das ist schrecklich."(Pause.).Taradey, ich kanns nicbt ändern, was soll ich tun? Hören Sie mich an. Mann. Sie sehen, wie unglücklich meine Frau ist. Sie wollen mir die Sache doch nicht umnöglich machen, nicht wahr?" Jim:.Ich tue doch nichts dazu." A u st i n:.Seien Sie vernünftig und lassen Sie mich den Fehler gut machen. Wir sagen nichts über dies hier, über heute Nacht. Wir beginnen von neuem, und ich will versuchen, Ihnen gute Arbeit zu verschaffen." Jim:.Hm I" Austin:.Wollen Sie das? Ich bin wirklich traurig darüber. Und vielleicht kann ich Ihnen für den Anfang etwas Geld geben." (Nimmt die Börse heraus.) Jim:«Tun Sie Ihr Geld weg. Sie haben da kaum so viel, als ich von der Gesellschaft zu bekommen hätte." A u st i n:„Oh, das ist's; nun mag sein, das ist gerecht. Auf dieser Basis will ich es mit Ihnen ordnen." Jim:.Und wie steht es mit den anderen, he?" Austin:„Den anderen?" Jim:„Mit denen Sie daS gleiche Spiel getrieben haben. Wie steht's mit Daniel Kearney, der sein Leben am nächsten Tage ver- lor, und Sie und die übrigen Haifische der Gesellschaft drehten die Sache so, dah seine Witwe nicht beweisen konnte, wie eS kam, dah er sein Leben lassen muhte I" Helene:.Harvey 1" Jim:„Ja. Madame. daS haben sie getan, und eS war nicht daS erste Mal und auck nicht das letzte. Und sie haben sich Richter gekauft und Geschworene, ja wobl I Ich glaube, es gibt kaum eine schmutzige Arbeil. an der sich nicht die Empire Stahl Gesellschaft in dieser Stadt schon versucht hätte l Und Sie können daraus wetten. dah ihre schlauen, jungen Rechtsanwälte jedesmal das Spiel kennen. Sie tun mir leid, Madam, Sie meinen es gut, und ich würde Ihnen gern einen Gefallen tun. Aber ich habe zu viel erfahren von dieser Gesellschaft, und kenne ihre Art. Ich will mich nicht ducken und ihre Hand lecken, nicht für irgend eine Bezahlung. Ich bin herunter- gekommen, zum Bummler geworden, gewih, aber so tief bin ich noch nicht gesunken, dah ich den Wert meines WeideS und meiner beiden Kleinen ausgerechnet Härte und die Rechnung einreichen könnte. Ich glaube, ich bleibe auf der Landstrahe liegen und lasse eS darauf an- kommen. Ich werde wohl schliehlich im Gefängnis landen, aber manchem Mann, der bester als ich war, ist eö ebenso ergangen. Na. ich denke, ich gehe, und wir begraben die Sache."(Macht sich auf, um zu gehen.) Helen«:.Harvey!" A u st i n:.Meine Lieb«—" Helene:.Ist da« alles, was Du ihm zn sagen hast? Willst Du ihn gehen lasten?"(Zu Jim gewendet):„Hören Sie mich an. Sie haben recht. Wir können nickit mehr ungescvehen machen, was wir getan haben. Wir können Ihnen keinen Ersatz leisten. Aber wir müffen wenigsten? tun. was wir vermögen. Wir dürfen dem Bösen nicht seinen Lauf lassen. Sie selbst haben nicht das Recht so zu handeln, Sie haben kein Recht. Ihr Leben auszugeben." Jim:.Ich verstehe, was Sie meinen, Madam, und Sie tun mir leid; ich würde Ihnen gern helfen, wenn ich könnte. Aber es ist zu spät— ich weih das. Da ist keiner, der mich retten könnte. Ich bin verfault, verkommen. Ich kann nicht mehr anders, wenn ich auch wollte. Und ich sehe gar keinen Grund, anders zu wollen. Mit mir ist'S vorbei." Helene(ihre Arme erhebend):»Aber was kann ich tun?" Jim:„Sie können auf die achten, die noch nicht herunter ge- kommen find. Passen Sie auf jene auf, die Ihr Mann und die anderen Haifische der Gesellschaft morgen betrügen werden." Helene:.Nein I"— Jim:«Oh, die machen daS I Ich weih, was Sie sagen wollen. Sie werden ihn veranlasien, da« aufzugeben, aber die haben bald einen anderen Mann an seiner Stelle. DaS ist wie eine Maschine, 'S geht immer weiter. Ja, und Sie selbst werden auch nicht alles tun, was Sie sich jetzt vornehmen. Sie überlegen fich's noch und werden dann nicht 10 weit gehen wollen." Helene:.Rein I Nein l" Jim:.Ach, daS können Sie nicht ändern. Sie stecken nun mal in dem Getriebe drin. Es ist Ihre Klaste, zu der Sie gehören. Ihr könnt reden und bedauern, aber Ihr könnt nichts ausrichten. Ihr niüht Eure Häuser haben und Eure feinen Kleider, und könnt ohne diese nicht leben. Es nutzt nichts, wenn Ihr es auch, �:rs versucht. Und das bedeutet, dah Ihr auf Kosten meiner �'zste leben müht I Auf unseren Rücken reitet Ihr! Uv.. so weit ich sehen kann, ist es ganz gleichgültig, wie Ihr uns reitet. Sie werden vielleicht Ihren Mann veranlasten, fich eine andere Stellung zu suchen, aber er wird dasselbe auf eine andere Art machen. Sie finden es nur nicht gleich raus. Aber auf welche Art er auch sein Geld verdienen mag, es kommt von mir und meinesgleichen. Sehen Sie, ich we die Arbeit,— ich bin der Mann da unten—, ich mache alle die guten Sachen und Ihr bekommt sie."(Pause.).Wünsch' Euch viel Glück I" Helene:„Sie sind grausam!" Jim:.Nichts dergleichen I Ich habe Ihnen bloh die Taffachen aufgezählt. Sie tun mir leid. Ich würde für Sie alles tun." (Sireckt keine Hände aus.).Sehen Sie, was ich getan habe. Ich habe Ihnen das Leben Ihres Manne? geschenkt." Helene:.Ob I" Jim:„Ja wohl, grade das! Sie wissen nicht, wie oft ich ge- schworen habe, ihn umzubringen, sobald ich ihn sehe, das Leben aus ihm herauszuwürgen, wenn ich ihn jemals wieder finden sollte. Halb betrunken sah ich oftmals da, und brütete darüber. Mein Gott, ich schwor es sogar beim Andenken meines lieben kleinen Jungen.— Und da habe ich einen Revolver, und Sie haben ihm den seinen genommen. Und ich erschiehe ihn nicht!(Pause.) Ich überlasse ihn Ihnen.(Grimmig.) Bestrafen Sie ihn!" (Geht rechts hinaus.) Austin(Streckt seine Arme nach seinem Weibe aus): Sie sinkt am Tische nieder, das Gesicht mit den Händen bedeckend. Der Vorhang fällt. Oper irncl Oratorium. (Nach einem im Berliner Volkschor gehaltenen Vortrag von Dr. Alfred Guttman n.) Die neuzeitliche Musik ist rund 300 Jahr alt. UmS Jahr 1600 hatte die alte Musik ihren Höhepunkt erreicht; Palestrina verkörperte die höchste Vollendung jener Formen, die in der bezauberndsten Klangschönheit den Ruhm Gottes besangen. Nun aber wendeten sich neue Künstler, die erkannt hatten, daß eine weitere Steigerung der Musik in dieser Richtung nicht zu erwarten sei, einem völlig neuen Stoffgebiet zu. An Stelle frommer Psalmen vertonten sie nun die Götter- und Heldensagen des klassischen(heidnischen) Altertums. Und die notwendige Folge dieser Umwälzung war eine völlig neue Form der musikalischen Ausdrucksweise. Die alte jtzunst hatte sich komplizierter Form bedient, und erst durch den gleichzeitigen Zusammenklang vieler einzelner menschlicher Stimmen, deren jede eine besondere Melodie sang, die vom Kom- ponisten beabsichtigte Wirkung erzielt. Die neuen Pfadsucher wollten die Person des einzelnen ausübenden Sängers in den Vordergrund treten lasten, indem sie ihn die Verkörperung des Helden oder Gottes nickst nur gesanglich, sondern auch darstellerisch ausführen liehen. Kam es in der alten Musik nicht sonderlich viel darauf au, dah die Worte der Sänger verstanden wurden(ja, war dies zum Teil sogar unmöglich, weil in mehrstimmigen Ge- fangen die Einzelnen zur selben Zeit oft verschiedene Worte zu ingen hatten), so muhte nunmehr auf die gröhte Deutlichkeit ge- achtet werden, wo ein einzelner Sänger den Zuhörern(die jetzt auch zugleich Zuschauer geworden waren), Dinge übermitteln sollte, deren Kenntnis für das Verständnis der Entwickclung der drama- tischen Handlung durchaus notwendig war. Daher muhten die neuen Opernkomponisten auf alle jene alten Kunstformen zugunsten der Deutlichkeit und Eindringlichkeit verzichten. Sollte die Oper also die Konkurrenz mit der alten, von der Kirche protegierten Kunstform aushalten können, so muhte sie auf neue Ausdrucksmittel sinnen. Und sie fand diese in folgendem: einmal trat die neue, «instimmige Melodie aus den scharfumgrenzten Formen der alten Kirchentonarten als Rezitativ(Sprechgesang) heraus und wurde so frei von jener Einengung. Sie konnte sich nun in kühnen, neuartigen Ausdrucksmitteln bewegen; sie wurde.chromatisch", wie der Fachmann sagt. Sodann ersann man Abwechselungsreich- tum; man lieh die Sänger im Zwicgesang(Duett), im Wechsel- gcsang(Dialog), im Eiuzelgesang(Monolog, Arie) ihre Künste
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26 (17.11.1909) 224
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