Tibet eingetroffen, am 24. Oktober»varen davon noch 38 übrig. bei der Uebersteigung dcS Transhimalaja noch 10. Zu dieser Zeit schrieb Hedin in sein Tagebuch:„Mir war zumute, als sei ich an der Spitze siegreicher Legionen erobernd in dieses Land eingezogen. Welch glänzende Legionen! 25 zerlumpte Kerle aus Ladak , 13 magere Gäule und etwa 23 abgetriebene Aaksl" Die Daks(Tibet » büfsrl) hatte er noch gerade zu rechter Zeit von den zuerst an- getroffenen Nomaden kaufen können. Ter zweite Abschnitt ist der Aufenthalt in Sckigaffe und dem unmittelbar benachbarten Tasckilunpo, dem Sitz des Taschi Lama; hier war Hedin mitten im Herzen des verbotenen Landes, ganz auf der Höhe, und die Freundschaft des Taschi Lama hat ihm auch später noch überall die wichtigsten Dienste geleistet, da die Kunde davon sicb über ganz Tibet verbreitet hatte. Die Schilderungen der religiösen und Volksfeste während der tibetischen Neujahrsfeier, zu der— wieder eine groge Gunst des Glücks— Hedin gerade hingekommen war, find Glanzpunkte des BuchS. In diese Zeit fallen dann auch die wesentlichsten und interessantesten Verbandlungen Hedins mit der Regierung in Lhassa . Der folgende Abschnitt der Reise ist in erster Linie hydrographischen Aufklärungen gewidmet, nämlich der Auf. fuchung der Quellen der drei genannten grasten Ströme und der Erforschung des Doppelsees Manasarowar und Rakastal. Diese Er- kundigungen aber waren verbunden mit der Entschleierung neuer Gebirgsteile. sowohl im nördlichsten Gebiet des Himalaja , als auch im Bereich des Transhimalaja. Nun beginnt schon der Plan für die nochmalige Bereisung des westlichen Tibet zu reifen. Wer in diesem Buch die Entstehung und Begründung des weiteren Planes verfolgt, must zugeben, dast Hedin niemals ein grösteres Unrecht geschehen ist als dadurch, dast einmal vorübergehend gesagt worden ist. er hätte sich durch sein langes Verfchwindcn. durch sein Ueber- fälligsein noch einen besonders glänzenden Abschluß um des Ruhmes willen zu verschaffen gesucht. Tie Erforschung der im System des Transhimalaja von ihm aus Not und Zwang übrig gelassenen Lücke von 533 Kilometer, also ein rein geographischer Ehrgeiz, war es. der ihn dazu bewog, noch einmal unter den größten Gefahren und diesmal auck unter Zuhilfenahme aller nur möglichen Listen, da- runter auch der einer Verkleidung, den Eintritt bis ins Innere von Tibet allein zu erzwingen. Diesmal waren die Gefahren noch gröster. Aber auch diesmal bleibt ihm sein Stern hold. Er kam unerkannt bis auf die Südseite des Transhimalaja und konnte sich, nachdem er entdeckt war. wieder in güt- licher Weise mit den Tibetern abrinden und auch auf seinem weiteren Marsch noch unbekannte Pfade verfolgen.— Dem Werk find drei Karten beigegeben, außer einer Uebersichtskarte noch zwei in größerem Maststabe, von denen die eine besonders beachtenswerte das System des Transhimalaja, die andere das Quellgebiet der großen Ströme nebst seinen Seen darstellt. lNaltdnick verboten.) vieler Sprotten. Von C. Schenkling. Obschon die Bedeutung der Sprotte für den menschlichen Haus- halt weit geringer ist als die des Herings, gehört sie doch zu den wichtigsten Fischen der Ost- und Nordsee , deren Küsten sie in zahl- reicher Menge bevölkert. Aehnlich dem Hering und mit ihm ver- gesellschaftet vorkommend, wird die Sprotte vielfach nur für einen jungen Hering gehalten, mit diesem gefangen und gehangen, näm- llich in den Rauchfang, um als„Kieler Sprotte' in den Handel zu kommen. Nicht nur zur Laichzeit, die in den Juni fällt, sondern auch in anderen Monaten vereinigen sich die Sprotten zu ungeheuren Schwärmen und erscheinen in der Nähe der Küste oder in seichterem Wasser, so im September in der Danziger und im November in der Kieler Bucht . In diese Zeit fällt dann auch der Fang dieser heringsartigen Fische, d. h. wenn sie erscheinen, denn wie die Sardinenzüge an der Küste der Bretagne , waren, wie noch er» innerlich sein dürfte, vor einigen Wintern die reichen Sprotten- schwärme an der deutschen Nordsceküstc einmal fast gänzlich und im nächsten Jahre überhaupt ausgeblieben, wodurch unter den Fischern der prosten von Kuxhaven aus fahrenden Hochseeflotte der Nordsee viel Not und Elend entstand. Im Spätherbst, wenn eine leichte Briese über das Wasser dahingeht, so daß die ganze See mit kurzen, krausen Wellen be- deckt ist, haben die Ellcrbeckcr die meiste Aussicht auf einen guten Sprottenfang, denn bei solchem Wetter pflegen die Sprotten in großen Scharen einherzuziehen, zu„lopen"(laufen), wie die Fischer sagen, und lassen sich leichter fangen. Ein ganzes Ge- schtoader von Booten begibt sich sodann in die Kieler Bucht . Je zwei und drei der Fahrzeuge bergen daS große, aus feinem. starkem Hanfgarne gestrickte und dunkel geteerte oder gebeizte Fangnetz, das aus dem sogenannten Sack und zwei Flügeln be- steht. Die Maschen, deren Weite und Anzahl sich nach der Größe der zu fangenden Fische richtet, sind am äußersten Ende der Flügel am weitesten, werden dann immer enger und schließlich im(Sacke, der beide Flügel verbindet, so dickt, daß selbst die kleinsten Fische nicht durchschlüpfen können. Auf allen vier Seiten ist das Netz durch eine dickere Schnur begrenzt, die gewissermaßen einen Rahmen um dasselbe bildet. Die ganze obere Seite ist mit Korkstücken, die untere mit Steinen versehen. Jene,„Flotthölzer' genannt, haben den Zweck, das Netz aufrecht zu erhalten, zu tragen; diese sollen das Netz straff spannen und ihm die erfvrder« licke Lage geben. Am Ende jedes Flügels ist ein starkes Quer» holz befestigt und an diesem ein langes, dickes Tau, das um eine Walze läuft, die in der Mitte des BooteS mittels Handspeichea gedreht wird. Nachdem dieses wertvolle Handwerkszeug(es kostet über 1333 Mark) in regelmäßigen Lagen am Vordersteven deS Bootes nieder» gelegt worden ist und der am Steuer befindliche Kasten sein Deputat an Brot, Speck und Branntwein bekommen hat, stößt die aus zwei kräftigen Männern bestehende Besatzung jedes BooteS vom Lande. Die Ruder werden eingelegt und in gleichmäßigem Takte geht es vorwärts in die offene<Bce, deren kräuselnde Wellen unter dem klaren wolkenlosen Sternenhimmel glitzern und blitzen. Ist die zum„Aussetzen" des Netzes bestimmte Stelle erreicht, so werden die Ruder eingezogen und die Böte liegen jetzt dicht beieinander. Nachdem jedes einen Flügel des Netzes aufgenommen hat und der mit einem Stück Blei beschwerte Sack langsam ins Wasser gelassen ist, fahren sie in entgegengesetzter Richtung auseinander und entfernen sich soweit voneinander, daß auck» die Querhölzer der nun auch ausgeworfenen Flügel unter Wasser sind. Dann ändern sie die Richtung und fahren parallel nebeneinander her. Die Walzen beginnen sich zu drehen und das ablaufende Tau sinkt ins Wasser. Endlich ist jede Walze abgelaufen und reichlich hundert Schritte von den Böten entfernt liegt das Netz auSgc- spannt am Grunde deS Meeres. Nunmehr beginnt das„Ziehen", indem die Handspeichen der Walzen in entgegengesetzter Richtung gedreht werden. Allmählich nähert sich so daS fortwährend aus- gespannte Netz den Böten, und sobald jede? von ihnen das Quer» holz seines Flügels erreicht hat. legen sie sich wieder dicht neben- einander, um das Einziehen des NetzeS zu beginnen, eine Arbeit, die noch mühsamer ist als das Ziehen selbst. Wegen des daran hastenden Wassers, Seetangs und der Steine kann daS große Netz nur stückchenweise ins Boot gezogen werden: es dauert also eine geraume Zeit bis der verhängnisvolle Sack sichtbar wird. Zuerst kommen einzelne Fische zum Vorschein, die sich mit ihren zackigen Rücken- und Bauchflossen in den Maschen festgelaufen und verwickelt haben. Sie werden ausgelöst und ins Boot geworfen. je mehr ihrer sind, desw größer ist die Hoffnung auf eine reiche Beute, wie starke Tirailleurketten gewöhnlich ein ent- sprechendes Gros hinter sich haben. Und nun das Endresultat! Bon Mellenragger Fischern wurden vor zwei Jahren mit einem einzigen Strandgarnzuge sechs Bootsladungen gefangen, jede zu 133 bis 120 Scheffel I An der britischen Küste sind einmal soviel Sprotten gefangen worden, daß London nur den geringsten Teil bewältigen konnte und Taufende und Hunderttausend« von Sckeffeln auf die Aecker geworfen werden mußten. Auch an unseren Küsten� insbesondere an denen der Oftsee, werden alljährlich viele, be» Eckernförde allein durchschnittlich etwa 18 Millionen Sprotten gefangen. Statt der glitzernden und zappelnden Fische enthält manch. mal daS Netz auch nur eine verworrene Masse grünen und ver- wesenden Seegrases, das nur unnütze Stecklinge, Seesterne, Muscheln, Polypen und Quallen in seinem Schöße birgt. Während nach dem Fange die Männer ihre Aufmerksamkeit lediglich dem Netze zuwenden. eS durch fleißiges Spülen von Fisch- leim, Kies, Seegras und anderem Unrat sorgfältig reinigen und an einem lustigen, schattigen Orte zum Trocknen aufhängen, be- mächtigen sich die Frauen der Beute. Auf rußiger Tenne find viele Kinder beschäftigt, feine glattgeschälte Weidenstäbe durch die Kiemen der Fische zu stecken. Sobald an dem Stocke etwa 53 Fische hängen, wird er in den Rauchfang des Herdes gebracht, deren gewöhnlich zwei nebeneinander stehen und jeder drei Schickten dieser Stöcke aufnimmt. Auf den Herden brennt ein niedriges Feuer, dessen Brennmaterial. Eicken- und Erlcnspähne, stets feucht ge- halten wird, um einen gehörigen Rauch zu entwickeln. Die natürliche Farbe der Sprotte ist silberweiß. Wenn der Fisch eine Zeitlang im Rauche gehangen hat, geht sie ins Grün- liche über und wird schließlich— nack Verlauf von zwei bis drei Stunden— goldgelb. Frisch aus dem Rauche gekommen sind Sprotten eine Delikatesse, die von den Kennern mit„Haut und Haar' aufgegessen werden; allenfalls bleibt der tüchtig ausgesogene Kopf auf dem Teller zurück. Aber schon nach wenig Tagen ver- liercn sie ihren Geschmack, werden trocken und hart und die Haut. die ihren goldenen Glanz eingebüßt hat, läßt sich nickt mehr mit Leichtigkeit abziehen. Man kann Hering und Sprotte leickt an der Bauchseite erkennen, bei der Sportte ist sie rauh und scharf, beim Hering glatt. Außer der Ostsee bewohnt der gleich dem Hering in zahl. reichen Unterarten austretende Fisch die Nordsee bis zu den Lofotcn und dem Kanal. Auch südlich von Australien ist er gefunden worden und wird dort wie bei uns geräuckcrt. wogegen man den- selben Fisch in Norwegen einmacht und unter dem Namen „Anckovis" in den Handel bringt, der wohl zu unterscheiden ist von dem eckten Anchovis(Elnxraulis eucrasicholus, der wissenschaftliche Name der Sprotte ist Clupea sprattus), der einen dunklen Rückenstrich hat. Verantw. Redakteur: Richard Barth , Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwäri« Buchdruckerei u.Berlagsansmlt Paul Singer Scio.. Berlin SV
Ausgabe
26 (19.11.1909) 225
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