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erging durch einen Beamten meines Vaters die telegraphische Ant- I was tatsächlich bortam. Kein Bögling z. B. darf das( Schlaf-) Zimmer wort, die Familie sei verreist." Im übrigen ist das Bild, das seines Lehrers betreten die vielen Fälle von sittlichen Ver Hoensbroech von seinen damaligen Standesgenossen entwirft, nicht gehungen seitens der Beichtväter an Kindern haben zu diesem gerade schmeichelhaft. Unter dem rheinischen Adel herrschte eine Verbot geführt. H. selber hat derartiges nur einmal bei seinem große Unbildung. Sehr selten kam es vor, daß junge Adelige im- geistlichen Hauslehrer erlebt. Aber er berichtet von einer wei­stande waren, ihr Abiturienteneramen zu machen. Ich besize bischen Zärtlichkeit, von Backenstreicheln und Berührungen des Ge­Wettern," schreibt der Verfasser, die nicht den aller fichts, deren Charakter aus dem strengen Verbot erschlossen gewöhnlichsten Brief orthographisch schreiben werden kann, das der Provinzial Mathias Tanner erließ: Mit fönnen." Ob es jetzt mertlich besser geworden ist, wie der Veröffentlicher Geißelung soll bestraft werden, wer sich nicht scheut, faffer hofft?

Auch das Standesverhältnis zwischen Adel und Priesterschaft, wie Hoensbroech   es darstellt, entbehrt nicht des Interessanten. Der Priesterdünkel der Knechte Christi ist ja allbekannt. Er geht so weit, daß simple Hauslehrer in adeligen Häusern zuerst bei Tisch bedient zu werden beanspruchen und auch bedient werden." Be harrlich lehnten meine Eltern die geforderte Tischordnung ab, was bei den Hausgeistlichen häufig Mißstimmung und Zorn erregte. Einmal war ich bei meinem Onkel, dem Grafen von Loe, zur Jagd. Nach dem letzten Triebe fuhren wir im offenen Wagen nach Hause. Unterwegs begegneten uns zwei Geistliche eines Nachbardorfes. Reiner von ihnen grüßte. Mein Onkel wandte sich zu mir:" Diese dummstolzen Menschen. Ich bin ihr größter Wohltäter; vielen bezahle ich aus meiner Tasche das vom Staate gesperrte Gehalt, und doch grüßen die geistlichen Flegel nicht einmal; ihr Priesterhochmut läßt das nicht zu."

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Die Jesuitenschule, auf der Hoensbroech   acht Jahre erzogen worden ist, war die bekannte im österreichischen   Feldkirch  ( Vorarl­ berg  ). Es ist dies die beliebteste Erziehungsanstalt für den deutschen  katholischen Adel. Die Stolberg  , Loe, Wolff- Metternich, Galen, Droste- Vischernig, Habfeld, Praschma, Ballestrem, Fürstenberg, Solms  , Spee, Hompesch alle bekannteren. Zentrumsgrafen sind in diesem ultramontanen Institut für ihren fünftigen Beruf vor­bereitet worden. Geldkirch ist ein ausgeprägt internationales Unternehmen international die Lehrer, international die Schüler. Was jesuitische Internationalität ist, weiß man: Kein auf weitem Wissen und gesunder Volksbildung beruhendes echtes Menschheitsgefühl, sondern ein blutleeres, von den späthuma­nistischen Gelehrten des 17. Jahrhunderts erborgtes, fünstliches Weltbürgertum, vielmehr ein Rombürgertum, das sich zu Hause national" und" patriotisch" gibt, in Wirklichkeit aber eine Ber­engung und Verhungung alles Geifteslebens erstrebt, die schlimmer und ebenso schlimm ist wie die von seinen nationalistischen Bart­nern gewünschte. Es ist zwar nicht, wie H. meint, eine Schande, wohl aber doch eine beachtenswerte Tatsache, daß Blätter, die zu gegebener Zeit mit den größten Chauvinisten konkurrieren und Die baterlandslosen Gesellen" mit Schmuß und Spott bewerfen, alljährlich ganze Spalten im Anzeigenteil bringen, gefüllt mit An zeigen belgischer, französischer, englischer, holländischer, ja ita­lienischer und spanischer Erziehungsanstalten, und daß alljähr lich hunderte dieser wohlhabenden Jünglinge und Jungfrauen­denn nur um Reiche fann es sich natürlich handeln in Institute geschickt werden, in denen z. B. derjenige, der etwas in der Muttersprache gesagt hat, ein Abzeichen der Schande tragen soll, außer es gelänge ihm, diese Last noch am gleichen Tage auf einen anderen abzuwälzen, den er in der Schule oder auf der Straße beim gleichen Fehler ertappt hätte und mindestens mit einem Zeugen zu überführen imstande wäre." ( Bibliothek der katholischen Pädagogik. 9. Band, Seite 420.)

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Die oft gerühmte Unentgeltlichkeit des Jesuitenunterrichts ist nach H. nichts als ein Märchen. Wenn die Eltern nichts bezahlen fönnen, muß der Staat zuschießen. Feldkirch   z. B. erhielt vom Staat zuerst 16 000, später 19 000 m. jährlichen Zuschusses. In Stonyhurst, einem englischen Jesuitenkolleg, das H. später auch besucht hat, betrug der Pensionspreis 2400 M., ungerechnet die vielen Nebenausgaben. Immerhin ein nettes Sümmchen.

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Gesicht oder Hände von Jünglingen oder Knaben zu berühren. Dabei muß beachtet werden, daß ein anderer Erlaß die Publi­zierung solcher Standale direkt berbietet: Wenn jemand un­züchtige Handlungen mit einem anderen verübt hat und die Sache geheim und ohne Skandal geblieben ist, so behandle man die Sache nur als geheime."

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Von Feldkirch   zog Hoensbroech   nach dem schon oben genannten Stonyhurst in England. Er wollte dort Philosophie treiben. Aber sehr bald wurde er von der unter seinen Mitphilosophen" grassierenden Faulheit ergriffen. Den meisten von ihnen, Söhnen sehr gut fituierter, teilweise sehr reicher Familien, war ein eputu eisch gutes Leben alles, Studium und Arbeit nichts. Es war offenes Geheimnis, daß nicht wenige Philosophen" leicht zu er­langenden Urlaub benutzten, um Bordelle in London  , Liverpool  , Manchester   zu besuchen; einige ließen sogar ihre Verhältnisse" in fleine Ortschaften in der Nähe des Kollegs kommen. Fünf Mann hoch fuhren wir im März 1873 in einer Mail Coach" nach Liverpool   zur Grand national Steeplechase", dem größten Hindernisrennen Englands; den Abend wollten meine Gefährten in einem Liverpooler   Bordell verbringen."

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Was wir über die Universitätsjahre in Bonn   und Göttingen  hören, interessiert weniger. Nur dies, daß die Klassenunterschiede auch im katholischen Studententum ihre ausgemachte Rolle spielen. Studentenverbindungen gelten von vornherein für plebejisch. Man muß sie grundfäßlich billigen und offiziell unterstüben, aber mit diesen Raubeinen zu verkehren, ist nicht möglich." Hoensbroech wurde von einem Jesuiten   so lange bearbeitet, Lis er einsprang". Er stieß bei seinen Standesgenossen überall auf Widerspruch. Graf Droste- Bischering- Erbbroste, der jetige General. kommissar für die Generalversammlungen der deutschen Katholiten", wurde einst von H. gebeten, doch an einem Kneipabende seiner Verbindung teilzunehmen. Er lehnte sehr energisch ab: in solcher Gesellschaft sei ihm nicht wohl." Wie die adelige Clique, aus der Hoensbroech   stammt, sich souverän über die Gefeße hinwegjekt, bezeugt die Erzählung mit der wir schließen wollen auf was für gewichtige Gründe hin der junge Graf vom Militärdienst befreit wurde. Seine Mutter war in großer Sorge um seine Gesundheit( wie sehr viele Mütter). Sie fürchtete für das Leben ihres Sohnes. Sie hatte in Berlin  eine Menge von Verwandten in den höchsten Stellen.( Dies haben nur sehr wenig Mütter.) Frau v. Hoensbreech schrieb also an General v. Loe, diefer an Generalarzt Boyer, Boyer an einen Oberst und der Oberst an den Regimentsarzt. Ueberall, wohin er tommt, wird Hoensbroech   lächelnd empfangen: Nee, Paul, Dich fönnen wir nicht brauchen." Die Untersuchung dauerte lang:" Ich merkte, wie es dem guten Manne schwer wurde. Erst später fam es mir zum Bewußtsein, wie Unrecht das doch alles war." A. K.

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Tier und Pflanze.

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Die naturwissenschaftliche Forschung hat in den lekten 50 Jahren Vor den nationalen Unterschieden macht der Jesuitenorden, wie wir sehen, feinen Halt. Aber die sozialen respektiert er aufs ganz gewaltige Fortschritte gemacht. Sie hat eine Umwälzung er­schönste! Die Bevorzugung des Adels ist bei ihm offiziell befohlen: fahren, die geeignet ist, einen tiefen Einfluß auch auf die ganze Lebensanschauung zu üben. So begreift sich leicht das große " Den Adeligen gebe man bequemere Bänke und Tasse ohne Wissen des Präfetten hierin teine bedeutende Intereffe, das gerade heutzutage den biologischen Fragen entgegen Und es ist zu begrüßen, daß der deutsche Veränderung eintreten." Auch durften nach der alten gebracht wird. Studienordnung die Adeligen nur bei schwerwiegendster Urfache oni stenbund durch eine Reihe populärer Vorträge Fach Rutenstreichen unterworfen werden. In Feldkirch  , wie S. es gelehrte zu Worte kommen läßt, die jeder für fein Gebiet die Resultate der Forschung, soweit sie allgemeines Interesse Tennen lernte, nahmen die Adeligen überall die bordersten Bänke Diese Vore eia. Bei Ordensverteilungen waren die Abzeichen, die die Ade- haben, einem größeren Publikum übermittelt. guten Sinne populär, und es ist un­ligen betamen, eleganter und kostbarer als die der anderen. Eng träge find zusammen hiermit hängt, was wir über die bei allen astetischen berechtigt, wenn man annimmt, fie feien nur für die Gebildeten" Instituten bekannte Freßluft in Feldkirch   hören. Wir Böglinge beſtimmt. Hat doch der Schreiber dieser Zeilen nirgends größeres durften ohne Rüge, ohne Strafe einer unerhörten-, ja reß- Intereffe und auch Verständnis für diese Fragen gefunden als bei gier frönen. Welche Quantitäten von Motta und Brot, von den Arbeitern, die er in mehrjähriger Tätigkeit bei den akademischen Apfelmus und Pfannetuchen hinuntergeschlungen wurden, ist nicht Arbeiterunterrichtsfurien als Hörer kennen lernte. So war auch der zu sagen. Wetten um Schokoladentafeln wurden eingegangen, wer Vortrag, den Profeffor Potonié am Donnerstag im Oberlicht­größere Mengen der genannten Speisen bewältigen fönne. Und saate der Philharmonie hielt, durchaus allgemein verständlich. diese Kraftübungen vollzogen sich mit Wissen und vor den Augen Botonié fnüpfte an das Wort Monismus   an. Monismus Ea zielt ab auf eine Vereinheitlichung der die Aufsicht führenden Präfekten. Es wurden Leistungen ver- bedeutet Einheitslehre. der Betrachtung der Weli. Der Einheitslehre fteht zeichnet bis zu 18 großen Pfannkuchen mit der entsprechenden Masse Das Streben nach Apfelmus; einige Moffa"-Trinker brachten es auf 9 große gegenüber die Zweiheitslehre oder Dualismus. Taffen." Sein Sinn ist die An­Vereinheitlichung ist ein ganz allgemeines. bahnung eines leichteren Verständnisses der Bielgestaltigkeit der Er­scheinungen. Wir streben nach Zusammenfassung, nach Vereinfachung. Diefer Aber auch eine Neigung zum Trennen liegt im Menschen. Zwiespalt ist es, der zu der Frage des Abends führte: Pflanze und

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Daß die Sittlichkeit der Jesuiten   bei einer solchen Böllerei, die sie, die Lehrer natürlich in verstärktem Maße, trieben, nicht une gefährdet bleiben kann, ist physisch selbstverständlich. H. teilt eine ganze Anzahl Verbote mit, die einen Rückschluß erlauben auf das,

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