- 932- im Alter von fünf Jahren kereitS, zei�t, und ihre Bildung voll- zieht sich ebenso wie bei dem Menschen, indem sie emweder als Tonsur in der Mitte des Scheitels beginnt oder indem die ho.nrlose Stirn nach hinten zu wachsen scheint. Von einer allgemeinen Rückbildung des menschlichen HaartleideS kann nicht die Rede sein. Wir müssen da zwei zeitlich und ursächlich streng von einander getrennte Bildungen unterscheiden, das gewöhnliche Haarkleid, das der Mensch bereits in das Leben mitbringt und das nachträglich nur neben deni Wachstum einige ModifikatiouSerscheinnngen zeigt, und die Behaarung von aus- gesprochenein Serualcharakter. wie sie in der Achsel- und Scham- gegend, beim Mann auch av Bart anslritt. Die letztere scheint sogar, wenigsten? kann daS für den Barr als sicher an- genommen werden, im Zustand der Forlentwtckelung sich zu be­finden. Worauf die Sexualbehaarung zurückzuführen ist, bleibt noch eine offene Frage. Darwin   wies dafür den Gedanken einer natürliche» Zuchtwahl zurück und nahm eine geschlechtliche an. Neuerdings in man auch davon abgekommen und führt die seknn- dären Geschlechtscharaktere aus sogenannte Korrelation(Wechsel- Wirkung) zurück: wie jede kurzschnäbelige Taube auch kurzbeinig ist. wie alle dreifarbigen Katzen weiblich, alle blauäugigen, albmosen Katzen taub sind, wie die Erhaltung des Lanugo mit einer Re- duktion des Gehirns verbunden ist, so vollzieht sich mit der Ans- bildung der reisen, normalen Keimdrüsen beim Menschen auch die Sexualbehaarung. Auch der Schwund des allgemeinen menschlichen Haarkleids er- folgt in Korrelation-, je mehr das Nervensystem, besonders d�s Gehirn sich entwickelte, desto mehr reduzierte sich die Behaarung. Wahr- sckeinlich hängt damit die Tatsache zusammen, dag gewisse G e- Hirn- und Nervenkrankheiten einen allgemeinen Haarschwund z urFolge haben und dag geistige Arbeit meist mit der Ausbildung einer Glatze verbunden istz jedenfalls ist die Menge der Glatzen bei den Vertretern gelehrter Berufe im Gegen- satz zu der Haarfülle bei den Naturvölkern und Bauern eine auf- fallende Erscheinung. Allerdings ist wohl eine völlige Haarlosigkeit ausgeschlossen; denn die feinste» Härchen haben nach neueren Unier- suchungcn bestimmte physiologische Aufgaben, für die keine anderen Organe vorhanden sind. eg. Kleines f eirilleton» Der Winter in den Alpen. Ganz anders, als man gemeinhin denkt, ist der Winter im Hockgebirge. Alle, die im Winter in die Berge eilen, wissen es, welch südlich blauer Himmel dort lacht, wenn die Städte des stachelt Landes im Nebel seufzen; wie warni die Sonne im Januar scheint, so daß man sich ungescheut in den Schnee strecken und in dem scharfen Lichte baden kann. Bis jetzt haben von dieser neuen Wunderwelt nur Hochionristen und Schneeschuh- läufer zu berichten gewuht. Da ist es ansierordentlich wertvoll, daß nun auch ein Mann der Wissenschaft zum Teil mit statistischen Belegen für die Winlcrpracht im Hochgebirge eintritt. In seinem neuesten WerkDie Natur in den Alpen  " singt N. H. Franyö dem Alpenwinter ein hohes Lied. Er schreibt: Im winterlichen Hochgebirge ist eine Pracht aufgerichtet, wenn in Millionen Kristallen die Schneediamanien funkeln und in weis; und violett und zariklein die Berge ins tiefe dunkle Blau ihr schönstes> kostbare Fund geborgen wurde. Bild eingraben, wenn man aus dem Tal nach oben strebend Plötz- lich dem Nebel entrinnt und nun über dem Wolkenmecre eine neue reinere Welt vor sich erblickt ein Glänzen und Funkeln, ein heiteres Schimmern und Prangen, wie es kein Sommersonnentag freudiger in die entzückten Sinne zu prägen weih. In der Sprache der Meteorologie drückt man diese Schönheit so aus:Das Gebirge hat im Winter durchschnittlich jeden ziveiten Tag um Mitlag vollen Sonnenschein, im Sommer dagegen nicht einmal jeden dritten Tag." Da kann es denn nicht wundernehmen, wenn dort in der angeb- lich eisigen Höhe an den Stellen, wo der Steilabfall der Wände dem Schnee die Niederlaffung nicht erlaubt oder der Wind den Boden rein fegt, mitten im Winter die Blumen üppig blühen. Botaniker versichern uns, daß sie zwischen Weihnachten   und Neujahr in der Schweiz   in 2200 Meter Höhe blühende Anemonen, den schönen blauen Früblingsenzian, ja sogar blühenden Wundklee beobachtet haben und viele andere Blumen mit grünen Blättern. Freilich haben wir bis jetzt nur die sonnigste Seite des Alpen  - winters hervorgehoben. Es bleiben aber auch der Bergeshöhe die Schrecken des Winters nickt erspart. Zwar fällt auf ihr weit weniger Schnee als man gemeinhin denkt, lieber 2000 Meter nehmen die Schneefälle rai'ch ab und iver die Alpen   kennt. findet es nicht wunderlich, wenn ihm Reisende berichten, dafc in dem mächtigsten Gebirgsstock der Erde die Hirten im Winter durch tiefen Schnee ihre Heerdcn auf die Berge treiben, denn dort oben in oen Hochebenen Zentralasiens   sind in 24003700 Meter Höhe ganz schneefrei liebliche Hügellandschaften mit üppigen Winterwiesen. Unter 2000 Merer freilich ist der Alpen  - Winter allerdings sehr schneercick. In DavoS  (1560) fällt im Durch- schnitt jährlich über fünf Meter Scknee, am Golthardbospiz(2100 Meter) über 13�/z Meter; am Grimselpas  ;(1874), wo im Totenfee Ei? liegen, fällt 17 Meter Schnee im Jahr, dagegen am 8333 Meter hohen Theodnlpah kaum mehr 2'/g Meterl Und unser klimatisches Bild der Alpen wäre fchliestlich noch ganz falsch, wenn wir des Sturmes vergessen würden, der über die Berge und Täler braust. Nicht nur der eckte Bergwind, der Föhn, der die Schneeschmelze bringt und in vielen Alpentätern durch «eine warme Lust sogar das Reifen des Getreides besorgt, sondern auch die Herbst- und Winlerstünne, die Steine mit sich führen, auf ihren Fittigen handgrotze Platten emporwirbeln und ganze Wälder niedermähen. Statistik prägt auch hierüber mehr ein als eine noch so schwungvolle Schilderimg. In Kremsnrünster im üppig reichen österreichischen Alpenvorlande ist das Jahresmittel der Wind- ge'chwindigkeit 3Vz Meter, gar nickt weit davon, auf dem 3110 Meter hohen Sonnblick aber S.3 Meter. Das entspricht auch der Skala der Windstärken, die mit 0 die völlige Windstille. mit 12 aber den alles verwüstenden Orkan bezeichnet, der Stufe 0, dem frücken Wind, der dem Gefühl bereits unangenehm ist. Vo» diesem Mittel ober steigt der Bergwind vom Dezember bis März zur Kraft eines Zyklons auf. der auf den ausgesetzten Graten und Gipfeln aber auch jedes Sandkorn Erde   hinwegzufegen versteht, und dorr, wo er in einer Mulde sich inS Tal stürzen kann, bis tief hinunter dem Wald die Lebensluft nimmt und leinen Baum mehr duldet. Aus alledem ergibt sich ein ganz anderes Raturbild, als wir Flachländer es gewohnt sind. Eine Welt mit anderen Jahres- zeiteu, hoch nördlich und tief südlich zugleich, mit dem kurzen Sommer der Polnrgcgendcn und dem scharfen Licht der Tropen, mit einer Trockenheit der Luft, die an die Wüsten gemahnt, und einem unerhörten Reichtum der Niederschläge. Eine Nawr, die mit allen Kontrasten spielt, raub und mild zugleich, arm und reich, an- ziehend und abstoßend. Dicht neben dem Schreckhaften das Lieb­liche, neben dem Grosiartigen das Idyllische, alles in allem der merkwürdigste Rahmen für den Kampf ums Leben, den man sich auch mit ausschweifendster Phantasie nicht so reich und bunt er- sinnen konnte. Aus der Vorzeit. Die Auffindung d e ß ältesten Menschenskeletts. Der erste ausführliche Bericht über die bedeutsame Entdeckung in der Umgebung des an prähistorischen Alkerlümern so reichen Eyzies in der Dordogne  (Frankreich  ), die im September dieses Jahres zur Auf- findung des ältesten Menschenskeletls der Welt führte, wird jetzt auf Grund von Mitteilungen der erfolgreichen Archäologen in der Illustration" veröffentlicht. Die Stätte, wo Peyrony und Dr. Capitan den Fund nach jahrelangem Forschen machten, ist ein steil abfallendes Gelände bei La Ferraffie. das in den Urzeiten zahl- reiche Grotten enthielt, die allem Anschein nach von den damaligen Menschen als Wohn- und Grabstätten benutzt wurden. Im Tallauf trat später eine Veränderung ein, der die Wasier ableitete, ein Erdrutsch bedeckte die Bodenschicht aus der Zeit des Moustürien, und in dieser Isolierung hat sich die Schicht, von geologischen Veränderungen unberührt, bis heute erhalten. Das auf­gefundene Skelett stammt aus der gleichen Periode wie der im Februar entdeckte Schädel de  ? Menschen von Chapelle-aux-SaintS. und sein Alier wird von den Fachleuten auf 20 000 Jahre geschätzt. Prof. Capitan schildert die umständlichen Arbeiten, durch die der Peyrony halte den Abhang von der Seite angeschnitten und war dabei in der geologischen Schicht des Moustörien auf die Gebeinereste gestosten. Das Skelett lag auf dem Rücken, den Rumpf leicht nach links gewendet, die Beine geschloffen, die Oberschenkel über das Becken zurückgekrümmt. Der linke Arm lag längs des Körpers, die Hand etwa in Höhe der Hüfte; der rechte Arm war aufwärts gekrümmt, die rechte Hand annähernd auf der Höhe der Schulter, während der Kopf nach links gedreht war. Sowohl Prof. Capitan wie die Fachgenossen, die Gelegenheit gehabt haben, das Skelett am Fundorte zu sehen, weisen die An- nähme zurück, dast es sich hier um einen Leichnam handelt, der nach einem plötzlichen Tode einfach liegen geblieben ist. Nach ihrer Anficht ist der Körper dieses Urmenschen noch gewissen Totenbräuchen regelrecht bestattet worden. Er wurde vielleicht nur leicht mit Erde und Schutt bedeckt, sicherlich aber nicht in eine Grube in die Erde gebetter, wie es offenbar bei dem Menschen vo» Chapelle-aux-SaintS der Fall gewesen ist. Die Stätte. wo das Skelett gefunden wurde, mutz in jener Zeit des Moustörien, in der das Land von Steppen und Wäldern bedeckt war. in denen sich Büffel, Pferde und Hirsche tummelten, sowohl durch seine Fruchtbarkeit und durch seinen Wildreichrum wie durch seine günstigen natürlichen SiedelungSbedingungen von den derzeitigen Menschen bevorzugt gewesen sein. Die Anwesenheit von Menschen mag die Hyänen, die damals in jener Gegend Frankreichs   lebten. von dem Leichnam abgehalten haben, während die Genoffen des Gestorbenen durch die Nähe eines in der Zersetzung stehenden Leich- nanis sich nicht stören lietzen. Nach und nach verdichtete sich die Schullichicht über dem Toten und erreichte schließlich eine Höhe von 3,40 Meter, die Dicke der Schicht, die sich bis zum heutigen Tage erhalten hat. Das Skelett wird voraussichtlich bereits in kurzer Zeit im Museum der Forschung zugänglich sein und gleich dem von Boulle   untersuchten Schädel von Chapelle-aux-SaintS wertvolle neue die Gebeine der zahllosen� darin Begrabenen neun Monate unter I Aufschlüsse über das Wesen des prähistorischen Menschen schenken. Lerantw. Redakteur Richard Barth  , Berlin. Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.VerI«g»anstalt Paul Singer ScEo.. Berlin   2W.