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Stein verwandelt. Besser wär' es, Ihr träft den Bafilisten als Jacquet Coquedouille. Wißt Jhr, was Ihr tun müßt, wenn Ihr, flug und verständig, wie Ihr sichtbarlich seid, noch lange leben und Euer Seelenheil erlangen wollt? Hört mich an. Ich bin Baccalau­ reus  . Heute trägt man die heiligen Reliquien durch die Gassen und Kreuzwege. Das Herz wird Euch leicht werden, so Ihr die heiligen Schreine anrührt, darin der Karneolbecher, woraus Christus als Kind trant, in Mischkrug von der Hochzeit zu Kana, das Tisch tuch vom heiligen Abendmahl und die heilige Vorhaut beschlossen find. Wenn Ihr mir vertraut, so erwarten wir sie in einer warmen Garfüche, die ich kenne und vor der sie unfehlbar borbeikommen." Und mit freundlichem Zureden, ohne den Zipfel des Gewandes Toszulassen, sprach er, auf die Spitzenklöpplerin weisend: Messire, gebt dieser braven Frau sechs Sous, daß sie ein Laufen gehe. Denn sie weiß, wo es guten gibt." Der Edelmann aus Limoges  , der von harmloser Gemütsart war, ließ fich überreden, und Florent Guillaume verspeiste eine biertel Gans und nahm ihre Knochen mit, um sie Isabeau darzu bieten, welche mit ihm in dem Glockenstuhl haufte. Das war die Krähe von Jean Magne, dem Glödner.

Er fand sie nachts auf dem Balfen, darauf sie zu schlafen pflegte, neben dem Mauerloch, das ihr zum Speicher diente, allwo fie Nüsse und Haselnüsse, Mandeln und Buchedern aufhob. Da fie bei seinem Kommer erwachte und mit den Flügeln schlug, grüßte er sie sehr freundlich und hielt ihr diese erbauliche Ansprache: " Fromme Elster, Klausnerin, geschwäßiges Rönnlein, Kirchen­bogel, als Klarissin gekleidet, Abel"

Und indem er ihr die Knöchlein darbot, die er fein säuberlich in ein Kohlblatt eingeschlagen hatte, fuhr er fort:

" Frau Elster, i hringe Euch die Refte einer guten Mahlzeit, die mir ein Edelmann aus Limoges   gab. Die von Limoges   sind Nübenesser, doch ich belehrte diesen, den Rüben die altbewährte Gans vorzuziehen."

Am folgenden Tag und bis ans Ende der Woche fastete Florent Guillaume, dieweil er seinen Edelmann aus Limoges   nicht wieder fand, noch einen anderen braven Reisenden auftrieb, der Weg­zehrung mitführte. Er faftete a solis ortu usque ad occasum, bon Sonnenaufgang bis Untergang, und Margarete, die Spizen­flöpplerin, tat desgleichen. So gehört es sich in der Karwoche,

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100

( Schluß folgt.)

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daß es möglichst ben Beleuchtungsverhältniffen entsprach, unter denen die alten Meister im Buzenscheibenlicht ihrer Werkstätten au arbeiten pflegten. Und konnte diese Farbenanschauung der alten Meister so ohne weiteres auf die neuen Dinge einer neuen Zeit übertragen werden? So lange man den alten Meistern auch in der Stoffwahl folgte, war es ganz natürlich und logisch, wenn man die Bilder auch in den Farben hielt, die ihnen die alten Meister ge­geben haben würden. Nun war aber die Landschaftsmalerei zu einer größeren Bedeutung als je gelangt. Auch das im Freien spielende Arbeiterbild war wichtig geworden. Mußte fich da nicht not wendig eine Diffonanz ergeben zwischen den modernen Themen, die man behandelte, und der alten Farbenanschauumg, in der man es 1at? Ribots Marinen find Wunderwerke der Malerei. Doch nicht über die blauen Fluten des Ozeans, sondern durch ein braunes Delmeer scheinen die Schiffe zu gleiten. Courbets Steinflopfer arbeiten am Chanffeegraben in der Mittagsglut. Doch nicht in glühende Mittagshize, sondern in einen dunkeln Keller glaubt man zu bliden, da er das Werk in den Tönen der spanischen 58 fam Heiligenmaler des 17. Jahrhunderts hielt. Bewußtsein, daß die farbige Haltung der Bilder im Wider mit dem, was und spruch stand das Auge fieht, begann das Streben, für die neuen Dinge auch eine neue Farben anidbauung zu finden. An die Stelle der braunen Sauce" sollte die frische Helligkeit des Natureindrucks treten.

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Bon mehreren Seiten her wurden die Maler in diefen Bes ftrebungen bestärkt. Zunächst wurde es folgenreich, daß damals Velasquez   entdeckt wurde, von dem man bisher außerhalb Spaniens   wenig wußte. 1860 war aus Anlaß der 200. Wiederkehr femes Todestages in Paris   eine Ausstellung feiner im Privatbefiz befindlichen Werte veranstaltet worden. Und während man bisher nur schwarze, ältere Meister gefannt hatte, machte man hier die Be tanntschaft eines bellen. Denn die Bilder des Velasquez, der für die Säle heller Schlösser arbeitete, find ja nicht auf Braun, sondern auf fübles Berigrau gestimmt. So, wie man selbst die Natur zu sehen glaubte, hatte sie also ichon ein alter Meister gemalt. Und es ist für neue Babrheiten immer wertvoll, wenn sich flassische Beleg­ftellen dafür finden.

Der Impreffionismus.hod weihe Gebetbücher haben fie in der Hand. Ein Stild modernes

Won Richard Muther  

War hiermit aber

Man verfolgt also, wie eine ganze Gruppe von Malern in die foloristischen Bahnen des Velasquez einlenfte. Ein Bild des Alphonso Legro& von 1861 zeigt eine tiefgrüne Landschaft mit bubo la bilen grauen Baumitämmen und einen ins Bläuliche spielenden grauen Himmel. Vor einem ichwarz- goldenen Kruzifig fniet eine Frauengruppe: born ein junges Mädchen in Weiß, dahinter alte Bäuerinnen in schwarzen Mantillen und weißen Hauben. Weiße Kerzen und Boltsleben ist wunderbar in den Belasquez- Ton eingestimmt. Das Bild mit dem jungen in der Frühlingslandichaft figenden Mädchen von Frédéric Bazille   ift ähnlich. Weiß und Schwarz, Grün und Die Geschichte der modernen Malerei war ein großer Be Brau find, wie bei Velasquez  , fast die einzigen Farben. Bei frelungstampf. Anfangs war man derart im Banne der Ber- Fantin- Latour zeigt fich der Zufammenbang noch deutlicher, da er fich mit Velasquez   auf deffen eigenstem Gebiete be­gangenheit gewesen, daß man den alten Meistern sogar in der In den Tagen der Historienmalerei glaubte man Stoffwahl folgte. Nicht Szenen aus der Gegenwart, sondern, Gegegnet. moderne Kleidung wegen ihres Schwarz vermeiden schebnisse aus den früheren Jahrhunderten wurden in den Bildern die Jezt sucht man das Schwarz einem alten dargestellt. Dann änderte fich allmählich das Stoffgebiet. 3 müffen. Eine perlgraue Wand, darauf in schmalem Courbet und Ribot traten mit ihren großen Bildern aus dem Meister zuliebe. modernen Bollsleben auf. Die Gegenwart begann ihre Rechte Nahmen eine von weißem Bassepartout umgebene Lithographie und geltend zu machen, sich als gleichwertig neben die Bergangenheit zu barmonte, auf die Fantin- Latour   in den 60er Jahren alle feine davor Figuren in fchwara das ist die sehr diftinguierte Farben stellen. die neue Kunst einer neuen Beit geboren? War man in den Stoffen felbständig, micht Bildnisse stimmte. Eine verwandte Stala hatten die Erzeugnisse des bis dahin doch in der Farbenanschauung noc abhängig von den Alten? Auch diese Farbenanichauung der alten Meister war ja nichte Fest- verfemten Rofoto. Und so begannen andere Maler auch diesem fich stehendes, ewig Gültiges. Sie hatte sich aus den Beleuchtungs- uzuwenden. Bonvin siedelte sich in dem Reiche Chardins, dem berhältnissen von einst ergeben. Sie entsprach den balbdunklen, Reich der weißen Häubchen und der weißen Schürzen an, malte am Waschtrog alte durch Bußenscheiben erhellten Ateliers, in denen die Maler arbeiteten, Köchininen, Rübenfchälerinnen, Mädchen die einen irdenen Krug, eine bledherne Schüssel den halbdunklen Kirchenkapellen und schummrigen, braun getäfelten Frauen, Bürgerstuben, für die die Bilder beſtimmt waren. Im 19. Jahr auf den Ofen setzten. Wenn auf den Bildern der Name nicht stünde, die Tischtücher, hundert war nun das ganze Leben heller geworden. Nicht mehr würde man Chardin   sagen. Denn er hat alles burch fleine bleigeränderte Scheiben, sondern durch große Glas- die tupfernen Steffel, das blaugrüne Gemüse, die weißen Schürzen mit demselben feinen Sinn für fühle Touwerte tafeln strömt das Licht in unsere Zimmer berein. Weiter hatten und Hauben die großen phyfitalischen Eroberungen des 19. Jahrhunderts Licht wiedergegeben. Fragonard  , in den Stil der Napoleon- geit überfest, wunder gebracht, bor denen ein alter Meister sprachlos gestanden bedeutet Chaplin. Seit Fragonard   waren junge Mädchen, die, hätte. Als die alten Meister, noch als unsere Großeltern lebten, von rofa Schleiern umwogt, fich auf Betten wälzen, war wollüftiges gab es nur Kerzen und Dellampen. Heute gibt es Gas und Schmachten und intereffante Müdigkeit, weiche in Träumen zer­elektrisches Licht. Bauberisch muß es in den 60er Jahren geweien fließende Sinnlichkeit nicht so fein gemalt worden. Auch in seiner sein, als zum erstenmal die Gaslaternen ihre flimmernden Strablen farbigen Delikatesse, in der aparten Art, wie er ganz belle Tonwerte burch die bläuliche Dämmerung warfen. Bauberiid muß es später auſammenſtimmt, mutet er wie ein Sohn jener graziösen Epoche an. gewesen sein, als zum erstenmal das Licht der elektrischen Glühlampen die Salons durchflutete. Bon all diesen Lichtwundern einer neuen Beit hatten die Maler bisher sich ängstlich ferngehalten. Ja, fie gingen nicht einmal auf die Dinge, die sich ganz natürlich aus den veränderten Beleuchtungsverbältniffen der Ateliers ergaben. Sie arbeiteten im gleichmäßigen Nordlicht ihrer Werkstatt und dämpften dieses gleichmäßige Licht durch Gardinen und Vorhänge noch so ab, *) Wir entnehmen mit Genehmigung des Verlegers diefen charate teristischen Abschnitt Richard Muthers Geschichte der Malerei", die von ihm selber noch vor seinem Tode in allem wesentlichen vollendet wurde. Das umfassende Wert, das alle Vor­züge Mutherscher Darstellungsgabe noch einmal entfaltet, ist in drei Bänden mit etwa 2800 Abbildungen in Konrad Grethleins Verlag in Leipzig   erschienen.( Preis in Leinwand geb. 36 M.)

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Man war also aus dem Braun herausgetreten. Man hatte alte Meister kennen gelernt, deren Farbenanschauung weit besser als die der Tenebrofi( Dunklen) auf Dinge des modernen Lebens projiziert Doch das Abhängigkeitsverhältnis von den Alten werden konnte. bestand immer noch fort. Man war noch immer gezwungen, unter den Dingen, die man malte, die Auswahl in dem Sinne zu treffen, daß es möglich war, fie in eine von den älteren Meistern festgestellte Stala einzustimmen. Und da erbob sich denn die Frage: Haben die alten Meister selbst so gehandelt? Sind sie nicht im Gegenteil ihrem eigenen Empfinden, ihrem eigenen Auge gefolgt? Watteau   ist von Rembrandt  , Rembrandt von Raffael, Raffael von Eyd durch eine Kluft, groß wie die Welt, getrennt. Und nur daraus, daß sie sich nicht fopierten, sondern daß jeder auf seine Art die Natur betrachtete, er­lärt sich die Fülle ganz verschiedenartiger Schönheit, wie sie jebe alte Epoche aufweift. Ganz ebenso haben wir selbst zu verfahren.