«volle. Die anderen aber sollten bleiben.... Niemand verlieh den Raum. Die Besonnenen suchten Ruhe zu schassen, und ich konnte sprechen. Nie hatte ich so von Herzen, nie so mit Begeisterung gesprochen Ivie hier vor den Schutzleuten. Ich schleuderte ihnen ihre ganze Kleinlichkeit, den Mangel jeglichen MenschtumS entgegen. Wer sie denn eigenllich seien? Unglückliche Bauern aus litouichen Dörfern, die von räuberischen Gutsherren in den Staub getreren würden. Unglückliche Bauern, die, der Not gehorchend, aus dem Elend des Dorfes sich in die unumschränkte Gewalt deS PolizeioffizierS ge­flüchtet haben. Schinrpf und Schande treffe sie von den Bor - gesetzten, aber auch Schimpf und Schande von den Arbeitern. Und wenn man ihnen dazu verhelfen wolle, sich auf- zuraffen, das Kleid der Schande abzustreifen und in die Gemeinschaft der Massen zu treten, in die sie ihrer Klassenlage nach hinein- gehörten, da erwachte wieder in ihnen die sklavische Furcht des geknebelten Bauern vor der Allgewalt des Polizeioffiziers.... Ich weih nicht mehr, waS ich ihnen noch gesagt habe. Ms ich zu Ende war, jubelten mir die Schutzleute zu, drückten mir die Hand, und ich sah eS ihnen an, dah sie mir aufrichtig dankbar waren.... Sie wollten mit mir zusammen aus die Straße. So ging ich denn, von den vielen Dutzend Schutzleuten eskortiert, ins Freie hinaus, in den herrlichen trockenen Frost eines Dezembernachmitrags, Wie ihn der Ostseestrand kennt. Plötzlich, auf offener Straße, in Gegenwart aller anderen Schutz- leute, trat an inich ein junger Schntzmanu heran, aus dessen tadellos neuer Uniform ich schloß, daß er eben angeworben war. Er ergriff meine Hand und stammelte in gebrochenem Russisch :.Richtig, so ist eS, richtig hast Du gesagt, ich verstehe...", stammelte noch was und quälte sich fichtlich, um ivaS recht UeberzeugendeS herauszu- presseir. Er kam aber nicht weiter und brach in Tränen aus. Und ehe ich mich wehren konnte, hatte er sich gebückt und mir die Hand geküßt. Meine Hand wurde naß von den Tränen deS Polizisten... Auf einem Platze, in dem einige Straßen mündeten, spielten ein paar Dutzend Buben.Revolution". Sie hatten hierzu die obligate rote Fahne enifaltet, schrien und lärmten, daß es weit hörbar war. Da erblickten fie den herannahenden Trupp der Schutz- leute. Mit Windeseile verstummten die Stiminen, die Fahne vcr- schwand und die Jungenö stoben auseinander. Mein Nebenmann, ein hochaufgeschossener Schutzmann, der gesenkten Hauptes nach- denklich einherschritt, winkte den Knaben mit der Hand, sie möchten zurückkommen, und sagte zu mir:.So, sie fürchten uns. Warum, warum..." Die JungcnS hatten mich unter den Schutzleuten erkannt und begriffen nun die Situation. Sie schrien den streikenden Schutz- leuten.Hurra" zu und spielten nun Revolution mit doppeltem Eiser. Wir waren über den Platz noch nicht hinweg, als zwei reitende Dragoner angesprengt kamen. ES war natürlich Kriegszustand in der Stadt und Dragoner bildeten die Patrouillen. Sie hatten eS auf die JungenS abgesehen. Die waren nun aber wieder so flink mir ihrer Revolution zu Ende, daß niemand etwaS von den Dragonern abbekam. Der hochgewachsene Schutz«, ann, der noch immer neben mir her- schritt, bemerkte traurig:.Warum denn, Kinder. Was wollen die Dragoner?.. * Später erzählten mir Arbeiter in der Stadt, daß eZ nun auch unter den Schutzleutenunsere" gäbe, sie hätten nun auch einen Zirkel. Als ich nach einiger Zeit in einer stillen Straße aus einem Schlitten vorbeifuhr, hörte ich, wie ein Schutzmannsposten zu einem zweiten sagte:«Da fährt der U n s r i g e". So mancher Schutzmann begrüßte mich noch lange Zeit nachher. Und Abends. tvenn ich über eine stille Straße schritt, drückte mir manchmal ein Schutzmann die Hand. Und als die.Freiheit" zu Ende und ich Libau verlassen hatte, erzählten mir die Genossen, daß der Schutzmann, der vor meinem Hause Posten stand, in meine Wohnung gekommen sei, um mich vor einer bevorstehenden Haussuchung zu warnen. Datteln und feigen. Von E. Schenkling(Berlin ). Nur wenig später als das letzte tzartobst erscheinen die Datteln und Feigen auf den, deutschen Markte. Obwohl bei uns nur Leckereien, ist es doch wohl nicht unangebracht, einiges auS der Naturgeschichte dieser fremdländischen Obstartcn zu er- fahren. Die Dattel ist die Frucht einer Palmenart, die das CharaktcrgcwächS deS breiten Wüstcngürtcls NordafrikaS und Arabiens mit dem JnduS-Delta als östlicher und den Kanarischen Inseln als westlicher Grenze bildet. Ihr Hauptgebict ist aber die arabische Halbinsel, woselbst fie allen."andschaftcn ihre Physio- gnomie verleiht und ihre Frucht allen Bewohnern die Haupt- nahrung ist. Von diesem Heimatlande verbreitet sie sich strahlen- förmig nach Osten, Westen und Norden, soweit das arabisch- afrikanische Trockcnklima reicht. Schon frühzeitig war man bc- müht, diesen wichtigen Baum auch anderwärts einzubürgern. Die Phönizier, Griechen und Römer, später die Araber und christlichen tLölkcr verpflanzten sie nach den Fusel» und Küstenländern des MittekmeereS, und so findet sie sich jetzt tn Gegenden, ßo bi» mittlere Temperatur kaum 1b 16 Grad Celsius beträgt, wie auß der Hyeres an der Südküste Frankreichs , bei San Remo , Nizza und Genua , zumal aber bei Vordighicra, einem jetzt vielgenannten Winterkurorl an oer ligurischen Küste, wo ein Dattelioald von mehr als 4606 Stämmen steht, in Dalmatien und Spalato. Da der Baum aber zu seiner vollen Ausbildung und zur Zeirigung seiner Früchte 24 25 Grad Celsius verlangt, trägt an allen diesen Orten die Dattelpalme keine Frucht mehr und ist hier überall nur Zugabe zum reizenden Schmuck der Landschaft. Die Dattelpalme erreicht eine Durchschnitishöhe von 25 Metern. Ihre Krone nird gebildet von etwa 56 Blättern, die 2 bis 3 Meter lang iverden. Erst im achten Jahre beginnt der Baum zu blühen, und zwar entwickelt das eine Individuum nur männliche, das andere nur weibliche Blüten. Da die Zahl jener sehr gering ist(es kommen 56 solcher Exemplare auf 1666 weibliche Stämme) und nicht selten in großen Entfernungen von diesen stehen, ist es, um eine sichere Ernte zu erzielen, nötig, künstliche Befruchtung an-»wenden. Geschickte Kletterer er- steigen eine Dattelpalme zur Zeit, wenn der Blütenfiaub voll- kommen entwickelt ist und holen die Blütenkolben herunter. Mit diesen ersteigen sie die weiblichen Bäume, schütteln die mann- ticken Kolben über die weibliche» und befestigen kleine Teile der elfteren zwischen den Rispen dieser. Die Dattelfrüchte sinS länglich-oval, unseren Pflaunien ähnlich, und meist 4 bis 5 Zenti- meter lang. Bei völliger Reife nehmen sie eine durchsichtige Farbe an, die zwischen dem Gelben und Purpurroten schwankt, und sind von würzigem Geruch und Geschmack. Auch in Größe und Form sind die Früchte sehr verschieden, welche Veränderlich- keit der langjährigen Kultur zuzuschreiben ist, die zahlreiche Sorten erzeugte. So zählte der Reisende Richardson in einer einzigen Oase der Sabara nicht weniger als 46 Spielarten, in der Umgebung von Murzuk kommen nicht weniger als 37«orten vor und in der Nachbarschaft der Stadt Medina in Arabien sollen gar über hundert verschiedene Sorten wachsen. Wenn auch die Dattelpalme erst mit 36 Jahren ihre größte Fruchtbarkeit erreicht, so liefert sie doch bis zum hundertsten Lebensjahre volle Ernten, nämlich in, Durchschnitt 156 bis 366 Kilo Früchte, die in Trauben stehen. In Rubren haben einzelne Bäume 15 Datteltrauben, von denen jede 36 Kilo wiegt, und bei Medina kommen Trauben bis 46 Kilo an Gewicht vor. Die Datteln liefern den Arabern den nahrhaftesten Teil ihrer Pflanzenkost, gleich eßbar, ob frisch oder getrocknet, gekocht oder ungekocht. Sie können 2 bis 3 Monate lang frisch genossen und zu allerlei Gerichten benutzt werden, da die Reife nicht bei allen Sorten gleichzeitig ist. Eine gute Hausfrau, behauptcn die Araber, muß ihrem Manne einen ganzen Monat lang täglich ein anders zubereitetes Dattclgericht vorsetzen können. Getrocknet und in Körbe gepreßt können die Datteln mehrere Jahre auf- bewahrt werden; sie verderben selbst in der brennendsten Hitze nicht, darum sind sie die echte Wüsten- und Karawaneunahrung. Mit einer Handvoll Datteln und einem Schluck Wasser hält der Beduine sein Mittagsmahl. Am besten uiid zuträglichsten find sie mit Gerstenmchl zu einem Teige geknetet und zu Brot(Dattel- brot) gebacken. Bei uns kennt man die Datteln im Handel nur in zer- auetschter, schrumpflicher Backbirnforni und nur als Luxusartikel. Die zur Ausfuhr bestimmten Früchte werden ausgelcfen und sorgfältig verpackt. Die edleren Sorten kommen überhaupt nicht zum Versand, sondern gehen nach Konstaniinopek. wo sie von der wohlhabenden Bevölkerung konsumiert werden; es sind dies ver- schiedene Sorten aus dem Bagdader Gebiet. Für die Aussuhr eignet sich am besten die sehr häufige und stark zuckerhaltige Qualität Zehdi. Die besten afrikanischen Datteln gedeihen im Distrikt Jsli und heißen Bu-Skoi und Bu-Kfus. Die sie tragenden Bäume sind so wertvoll, daß man sie mit hohen Mauern umgeben hat. Algeriens feinste Art ist die durchsichtige Deglat-nour. Me größten Datteln erhalten wir von Jbrien am oberen Nil, und die besten, die alexandrinischen oder Königödatteln, komme» von Tunis aus in den Handel. Gute Datteln müssen braunrot auS- sehen, eine dünne Haut haben und um den Kern weißlich sein. Bei uns sind die glasierten Datteln als Näscherei bekannt und werden pro Kiste im Gewicht von 5 Kilo mit 5,56 bis 7 M. bezahlt. Die Dattel ist eine Beerenfrucht und besteht aus 16 Teilen Kcrnsubstanz, 5 Teilen Schalen und 35 Teilen hornigem, aber wohlschmeckendem, süßem und erfrischendem Fruchtfleisch, das wiederum 36 Proz. Wasser, 36 Proz. Zucker. 23 Pro,. Eiweiß »nd Extraktivstoffe. 8 Proz. P-ktinstoffe, 1 Proz. Zellulose, 1 Proz. Zitronensäure, einige Mineralbeftandteile und etwas Kumarin enthält, das der Frucht den Wohlgeschmack verleiht, Ivie es den Waldmeister so angenehm duftend macht. Der Feigenbaum, kmus caria, mit seinen herzförmigen Blättern, ist ursprünglich im südlichen Asien heimisch. Bon da nach Shricn, Nordafrika und Südcuropa gebracht, wo er an Mauern, Felsen und sonnigen Plätzen wild wächst, wird er seit Jahrtausende», und zwar jetzt in allen Weltteilen in zahlreichen Spielarten kultiviert. Schon in den äliesten Zeiten hatten sich in den Organen seiner Blüte(Staubgefäße und Stempel) der- artige Umwandlungen vollzogen, daß ein natürliche Befruchtung ausgeschlossen war und der Mensch sich gezwungen sah. helfend einzugreifen, falls er die kostbaren Früchte nicht missen wollte. Bereits im Altertum half man M«»durch, daß man die Le-