Die Barrikade.)
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gar nicht gebe und daß die Arbeiterbewegung nur ein Produkt der Bosheit, des Neides und der Habsucht, eine im großen Stil organi fierte Straßenräuberei sei.
Clemenceau hat einmal während seiner Ministerschaft in einer Unterredung mit Gewerkschaftsführern den die Rolle bürgerlicher immer noch eine Komödie im Raritaturstil eines Aristophanes mög Mochte, tünstlerisch genommen, bei einer solchen Parteilichkeit Regierungen im Klaffenkampf treffend bezeichnenden Saz geprägt: lich sein, so hat allerdings die Furcht oder die Unfähigkeit des VerWir stehen nicht auf derselben Seite der Barrikade". Er ist zum faffers, auf die konventionellen Elemente theatralischer Wirkung zu geflügelten Wort geworden und hat jetzt auch Paul Bourget den Titel feines neuen Dramas bargeboten. Die Jbee des Stüdes aber berzichten, sein Werk auch im literarischen Sinne getöpft. Bourget hat Bourget dem Schriftsteller entnommen, der als der Philosoph entwickelt den Konflikt des Stückes aus Liebes- und Eifersuchtsdes französischen Syndikalismus gelten darf. In seinen„ Reflexionen wird aus einem träumerischen Utopisten ein Anarchosyndikalist, weil motiven. Langouet, der Werkführer einer großen Kunsttischlerei, über die Gewalt"( Réflexions sur la violeuce", Paris , Verlag des Pages libres" 1908) fagt Georges Sorel : Am Tage, wo die Am Tage, wo die er das, in derselben Fabrik beschäftigte Mädchen liebt, das sein Unternehmer erkennen werden, daß fie durch die Einrichtungen des Arbeitgeber Breschard zur Geliebten hat und biedermännisch als sozialen Friedens oder durch die Demokratie nichts zu gewinnen Arbeiter zur Sabotage( Zerstörung) wertvoller Möbel an, treibt fie legitime Gattin heimführen will. Aus Eiferiucht leitet er bie haben, werden fie begreifen, daß fie von den Leuten schlecht beraten in einen unmotivierten Ausstand und will schließlich das Lager der waren, die ihnen zuredeten, ihren Beruf als Schöpfer von Produktivträften für die vornehme Profession zum Erziehen des Proletariats bon Streitbrechern hergestellten Arbeiten in Brand stecken. Das aufzugeben. Die Gewalttätigkeit des Proletariats tann nicht mädchen aber, das während des Streits auf die Seite der Arbeiter nur die fünftige Revolution sichern, sondern sie scheint auch tritt, handelt gar nicht, wie sie deklamiert, weil fie ihrer das einzige Mittel zu sein, das den durch den Humanitarismus laffenzugehörigkeit bewußt wird, sondern weil sie den Werkführer berblödeten Nationen zur Verfügung steht, um ihre einstige Energie im Herzen trägt. wieberzugewinnen. Diese Gewalttätigkeit zwingt den Kapitalismus, fich einzig mit seiner materiellen Rolle zu beschäftigen und hat die Tendenz, ihm die kriegerische Eigenschaft wiederzugeben, die er ehedem besaß. Eine wachsende und fest organisierte Arbeiterklasse tann die Kapitalistenflaffe zwingen, ihre Leidenschaft im industriellen Kampf zu bewahren. Wenn sich gegenüber einer nach Eroberungen gierigen reichen Bourgeoisie ein einiges revolutionäres Proletariat erhebt, wird die tapitalistische Gesellschaft ihre geschichtliche Vollendung er reichen." Sorel hält diese Anschauungen für den wahren, von allem Untraut des historischen Bufalls und wissenschaftlichen Mißverständnissen gereinigten Margismus. In Wirklichkeit hat sich darin eine nicht unverständliche Mißstimmung über demokratische Trivialitäten, breder; nach dem Streit. Und in jedem werben Beschimpfungen von denen sich die sozialistische Bewegung Frankreichs noch nicht ganz befreit hat, mit einer schrullenhaften pedantischen Literatenchwärmerei vereinigt. Weltfremde Stubengelehrtheit, die das stille Heldentum des proletarischen Werktags nicht fennt, ruft die große Gefahr herbei, um der Arbeiterklasse den Heroismus einzupeitschen und formt politische Theorien aus dem Zarathustra- Wort:" Ihr sollt nur Feinde haben, die zu hassen sind, aber nicht Feinde zum Verachten. Ihr müßt stolz auf euren Feind sein!"
Aus der Sphäre der Jdeologie in die der politischen Bragis herabgezogen, bieten die Soretschen Gedanken der Reaktion eine Rechtfertigung des brutalsten Scharfmachertums und die vulgärste Deutung der Klassenidee dar. Die demagogische Verdächtigung von Sozialisten, die wissenschaftliche Erkenntnis und fittlicher Jdealismus zum Proletariat geführt hat, vermag fich ihrer zu bedienen, und die wildeste Ueberspannung des tapitalistischen Herrschaftsfanatismus fann als Erfüllung eines historisch- fittlichen Imperative ausgeboten werden. Die Unverföhnlichkeit der Klassengegenfäße wird zum Argument für die Bestialität der bedrohten Machthaber.
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Wie fann aber die in einer erzeptionellen Verfettung privater Schicksale auftretende Eifersucht eines Werkführers die organisierte bürgerliche Gewaltpolitit rechtfertigen? Dem Verfasser bleibt nichts übrig, als die Begründung durch eine zügellose Verunglimpfung der Arbeiter zu erfeßen. Aus dem tragischen Zusammenstoß der Klaffen wird ein verlogenes Melodrama mit eingelegten Rüpelszenen, worin die verhaßten Gestalten der proletarischen Aktion, mit allen Zeichen der Gemeinheit und der Vertrottelung gestempelt, dem bürgerlichen Bublifo vorgeführt werden. Das Melodrama verkündigt sich schon in der Aufmachung des Theaterzettels. Jeder Aft hat seinen be fonderen Titel: Die Sabotage; der Streit; die Jagd auf Streifder Arbeiterorganisationen, Beispiele von Unternehmerhochmut, Aufforderungen zum Niederknüppeln des Proletariats um den Beifall der Profitgenießer. Nicht ohne tückisches Raffinement spekuliert Bourget auf die Wut, die das sensationssüchtige Treiben der Anarchosyndikalisten in der Bourgeoisie und vielleicht noch mehr im Mittelstand" erweckt hat. Die prahlerisch ausgegebene Parole der Sabotage, die, würde sie in merklichem Maße befolgt, bald die fampftüchtigsten Elemente der Arbeiterschaft mit den entartetsten zufammenwerfen würde, wird als wohlorganisierte Praxis vor die Augen gebracht, eine Karikatur des bekannten Syndikalisten Pataud geht, mit groben Merkmalen der Lächerlichkeit und Verächtlichkeit ausgestattet, über die Szene und wird vom Unternehmer mit überlegenem Hohn hinauskomplimentiert, auf der Bühne wird mit demonstrativer Umständlichkeit eine Nummer der" Humanité" ausgebreitet und daraus eine dort wirklich erschienene wenig ge fchmackvoll stilisierte Anweisung zur Behandlung von Streifbrechern borgelejen, das Programm eines Unternehmerverhandes wird proflamiert, der Streitführer ohne Gnade dem Hungertode preisBaul Bourget hat den Klassenkampf in diesem Sinne schildern gibt, und der entlassene Werfführer torfelt betrunken herein, und verfünden wollen. Seine Barrikade" ist ein leidenschaftliches um das Schicksal zu zeigen, Das der Beruf der Ge Tendenzstück, zunächst gegen den Syndikalismus und weiter gegen werkschaftsbeamten verspricht. Dazu eine maßlos heftige den revolutionären Sozialismus überhaupt gerichtet, als deffen e- Sprache, die mit Behagen im Stehrichtkasten der Ordinäre präfentant der Syndikalismus gelten soll, weil er feine verwundbare heit wühlt:" Der Syndikalismus ist sehr schön auf Erscheinungsform ist. Sicher ist es auch einem von Wahrheitsdrang Papier . Die Solidarität der Arbeiter, das ist wunderbar in der getriebenen Dichter unmöglich, den modernen sozialen Stampf unvorein- Theorie. Die Wirklichkeit ist anders. Eine Herde von Schwach genommen darzustellen. Die dramatische Analyie sozialer Formen und töpfen, von gehässigen Burschen und schamlosen Genüßlingen geCharattere wird immer nur eine verdeckte Ausbreitung deduktiver führt." Dber an anderer Stelle: Die Apachen des Urteile sein, und der Autor zieht teine Nummer aus dem Sad Syndikalismus Sie widern mich an, diese Gewerk theatralischer Beweise, die er nicht selbst hineingeworfen hat. Seine schaftler, und es amüsiert mich, ihnen eine Nase zu drehen wiffenschaftliche Objektivität ist also bestenfalls Selbsttäuschung. Paul frepiert vor Hunger für den Baboeuf.( So heißt der GewerkschaftsBourget aber hat fich teinerlei Mühe gegeben, an fie glauben zu führer.) Ich habe sie im Magen, die Schweinehunde." machen. Aus der Art allein, wie er die bürgerliche und die proDiese legten Säße sind einem Arbeiter in den Mund geletarische Schlachreihe, Licht und Schatten verteilend, darstellt, geht legt, dem Streitbrecher Gaucheron, über den der Autor den feine Absicht hervor, die Kapitalistentlaffe ganz ins Recht, die revo- Lichtglanz innigen Wohlwollens ausgießt. In der Gewißheit, für lutionäre Arbeiterflaffe ganz ins Unrecht zu feßen. Damit hat er den nedischen Humor dieses Braven, der nicht aus Sorge um Frau jedoch seinem Beweise selbst das Genid gebrochen. Die Logik der und Kind, sondern aus Knechtsium und Bosheit seinen Kameraden von Sorel entwickelten Idee verlangte von ihm, die Kapitalisten in den Rücken fällt und Luft hat, lieber ein paar von ihnen tie die Arbeiter, von einem unüberwindlichen sozialen Gesetz ge- niederzuschießen, als die von ihm behüteten Möbel zerstören zu trieben, als Vertreter geschichtlich gegebener Rechtsansprüche einander laffen, verständnisvolle Sympathie bei den Zuhörern zu erweden, gegenüberzustellen. Aber dem fleritalen Monarchisten Bourget sigt übersieht Bourget ganz, daß er dabei der Grundidee des Stückes, eben der Spießer im Nacken, und so fängt er an zu moralisieren daß jeder zu seiner Klaffe halten soll, ins Gesicht schlägt. und zu fälschen. Die Getvertschaftler find erhigte Egoisten, zum Schluß auch, damit sein Fabrikant nur ja im Heiligenschein Dummlöpfe oder Lumpen, die die Unternehmer mit unberechtigten aller Tugenden erstrable, diesen den nötigen Fonds für eine Forderungen heimsuchen, die Bourgois heldenhafte Verteidiger des Kooperative spenden läßt, in der die von der auf seinen Antrieb im Naturrecht gegründeten Profits, wadere Gefühlsmenschen gegründeten Unternehmerliga Ausgesperrten beschäftigt werden sollen. und selbstlose Bohltäter. Das Stüd tönnte glauben machen, Die„ Barrikade" hat vor dem geladenen Publikum der Generaldaß es eine soziale Frage, Massenelend, Arbeitslosigkeit, Neberarbeit probe, der Gesellschaftsgrößen und Zeitungsleute mit der Schmarogeraristokratie der Theaterhalbwelt bereinigt, einen demonstrativen *) Baul Bourget, der im Laufe der Zeit ganz zum banalen Beifall errungen. Der Verfasser dieser Kritik, der der folgenden realtionären Tendenzschriftsteller geworden ist, ließ im Pariser Baudeville- offiziellen Premiere beiwohnte, nahm eine inmerhin von Enthusiasmus Theater ein Drama aufführen, das eine, dichterische" Verherrlichung der ziemlich entfernte Aufnahme wahr. Vermutlich war es die literarische Scharfmacherei fein will. Es heißt, Die Barrita de" und der Ver- Erziehung und die gesellschaftliche Zurückhaltung eines gebildeten faffer befennt offen, daß seine Absicht ist, die Bourgeoisie zur ge- und etwas blasierten großbürgerlichen Bublifums, die sich der walttätigen Offensive im Klassenkampf aufzufordern. In einem rückhaltslosen Anerkennung eines so durchaus gewöhnlichen, Briefe an das" Journal des Débats " schreibt er, daß er sein Stück, mit Anhäufung bon Zufällen und unwählerischen Attacken wenn die Untertitel nicht aus der Mode gekommen wären, genannt auf die Tränendrüsen arbeitenden, hätte:„ Die Barrikade oder die Erziehung durch die Geweiligen Stücks widersetzte. Wohl walt". ihren persönlichen Interessen ergriffene
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stellenweise auch langspendeten offenbar in Zuschauer und Zuschaue