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Diphtherie erkranken, desto höher der Prozentsaß der Sterbefälle. Es läßt sich diese Tatsache wohl so erklären, daß die krankmachenbe Wirkung der Diphtherie- Bazillen inter gewiffen äußeren Umständen, die wir noch nicht fennen, geringer und größer sein kann, und daß es zu einem epidemischen Ausbruch der Diphtherie überhaupt nur dann kommt, wenn die Diphtheriebazillen gerade genug ,, birulent",„ fraftvoll" find; es werden dann natürlich auch Prozentual mehr Patienten ihrer Erkrankung erliegen, als in gewöhnlichen Zeiten, wo nur vereinzelte Erkrankungsfälle vor fommen.")
Auf Grund dieser Tatsache, daß die Sterblichkeit auch vor Einführung des Diphtherieheilferums nicht immer gleich war, wird von manchen der Einwand gemacht, daß die großen Erfolge, die man dem Heilserum zuichreibt, gar nicht ihm zu danken feien. Weil die Zahl der Erkrankungen an Diphtherie nach 1894, wo das Heiljerum zur Anwendung gekommen ist, bedeutend zurückgegangen ist, was uns als Ausdrud der Abschwächung der Diphtheriebazillen dienen mag, habe auch die Sterblichkeit abgenommen. Das Heilferum sei hier gar nicht im Spiele, es sei muzlos und verdiene nicht die große Anerkennung, die es bei den Aerzten und beim Publikum gefunden habe.
Bei der diesjährigen Epidemie in Hamburg hatte nun das Behringsche Heilserum seine Prüfung zu bestehen. Oberarzt F. Reiche bom Allgemeinen Krankenhauſe Hamburg- Eppendorf teilt die Resultate feiner Beobachtungen an den Diphtheriepatienten mit.( Bergleiche Medizinische Minit", Nr. 49, 5. August 1909.) Es zeigt sich, daß die Anwendung des Heilferums während des epidemischen Anstiegs der Diphtherie von großem Erfolge begleitet war, und daß feine fchon früher beobachteten günstigen Wirkungen feinesfalls auf der Abnahme der Stärke der Erkrankung beruht haben.
2ährend in den früheren Epidemien vor 1894 bie Sterblich teitsgiffer im Hamburger Krankenhause 26,1 betrug, betrug sie diesmal( 1907-1909) 18,4 bis 16,6 Proz. Und dabei waren die Hälfte aller Patienten schwer an Diphtherie erkrankt. Wenn auch diese Zahlen höher find als in der Epidemie voraufgegangener Jahre, fo find sie doch bedeutend niedriger als bei den Epidemien vor der Einführung des Diphtherie- Heilferums.
Die große Bedeutung des Diphtherie- Heilserums fällt in die Augen, namentlich wenn man die Angaben von Dr. Neiche ansieht, in denen auch die geit berücksichtigt ist, zu der das Heilserum eingesprigt worden ist:
Es wurde das Heilserum eingesprigt am
1. Strankheitstage
2.
13
3.
"
"
4. u. 5. 6. 1. 7.
"
denen an diesem Krankheitstage Es starben von den Patienten, das Heilserum eingesprigt wurde 8,8 Proz.
8,5
13
13,7
19,1
35,6
" "
Diese Tabelle zeigt uns mit der größten Deutlichkeit, daß je früher das Heilferum gegen die Giftwirkung der Diphtheriebazillen im Körper des Patienten in Wirkung treten kann, desto größer die Chancen zur Genesung sind. Die Bedeutung des Heil. serums ist nach diesen Beobachtungen über allem 8 weifel erhaben.
Genau das gleiche zeigen uns Bahlen, die vor fünf Jahren aus bem Krankenhaus Moabit mitgeteilt wurden:
Bon den Batienten, die das Heilserum
am 1. Krankheitstage bekommen hatten, starben 1,3 Broz.
"
2.
"
"
"
n
3.
D
D
"
B
4.
11,1 16,5 24,7
"
"
"
1
"
später( oder ungewiß, an welchem Tage)
B
•
22,7
43
1. Krankheitstage Heilferum belannnen
0 Broz
3,1
2.
3.
6,1
10,6
12,8
10,9
4.
5.
6.
89
.over fpäter,
Es unterliegt also nunmehr feinem Zweifel, daß nicht nur das Seilferum von der größten Bedeutung für die Behandlung der Diphtherie ist, sondern daß es auch möglichst schnell eingeimpft werden muß.
Das Diphtherie- Seilferum hat auch vorbeugenden Wert. Es fann prophylaktisch in Anwendung kommen, wenn bloß der Ver da ct vorliegt, daß der Patient an Diphtherie frank ist oder sich eine solche durch den Umgang mit Diphtheriefranfen zuziehen kann. ie prompt hier die vorbeugende, schützende Wirkung des Heils ferums ist, zeigt folgende Beobachtung im Hamburger Krankenhause. 286 Personen wurden innerhalb 29 Monaten der Diphtheries abteilung überwiesen, weil sie äußerlich die Krankheitserscheinungen der Diphtherie zeigten; sie hatten aber feine Diphtheriebazillen in Nasen und Nachen. Alle diese Patienten wurden auch mit dem Diphtherieheilserum behandelt. Niemand von ihnen erkrankte an Diphtherie , niemand von ihnen hatte Diphtheriebazillen am Tage der Entlassung, obgleich fie tage- und vereinzelt wochenlang mit Diphtherievatienten zusammen waren. Dagegen erkrankten während besselben Zeitraums von dem nicht mit dem Heilserum geimpften Aerzte- und Pflegepersonal 4 Assistenten und 18 Schwestern und Pflegerinnen an Diphtherie!
Zum Schluß noch eine andere Seite der Frage. Bon sämt lichen wegen Diphtherie ins Eppendorfer Krankenhaus aufgenommenen 1008 Patienten, die hin und wieder schon mehrere Tage schtver frank zu Hause gelegen, hatten nur 44 draußen Heilferum bekommen eine verschwindend Kleine Zahl und eine niederdrückende für den, der in dem Heilferum eine wirksame Waffe gegen die mörderische Krankheit anerkennt. Schuld daran ist. vor allem die Bestimmung vieler Krankentafen, daß den Angehörigen ihrer männlichen Mitglieder nur ärztliche Behandlung frei gewährt wird, nicht aber die erforderlichen Medikamente. Es ist zu wünschen und anzustreben, daß dieser Bann gebrochen wird oder private(?) oder staats liche Hilfe hier wirksam einspringt."( Dr. Reiche.) Dr. A. Lipfius.
Esperanto- Schriften.
Wohl über 1500 berfchiedene Sprachen werden auf der Erde gesprochen. Dazu kommen noch die Dialekte, die nicht nur in einem Reiche von der Größe Chinas so weit von einander abweichen, daß die Leute sich nicht verstehen, sondern schon im fleinen Deutschland derartig ausgeprägte Gegensätze bilden, daß ein Urbayer und ein friesischer Dorfbewohner des Dolmetschers bedürfen. Die höchste Verbreitungsziffer weist das Englische auf, das von rund 125 Millionen Menschen gesprochen wird. Demgegenüber gibt es Südseeinseln, auf denen etwa 2000 Menfchen sich einer eigenen Sprache bedienen. Da aber selbst das Englische nur einem Bruch teil der Menschheit geläufig ist( man schäzt die Bevölkerung der Erde auf beinahe 1500 Millionen, also zwölfmal fo viel, als englisch reden, so legen die gesteigerten Bedürfnisse des Weltverkehrs den Wunsch nach einer allgemeinen Welt sprache nahe. Bereits hat sich eine große Literatur über diese Frage herausgehildet, die teils theoretisch- kritisch, teils praktisch das Problem behandelt. Ein paar Broschüren") neuesten Datums ermöglichen dem Laien eine Uebersicht über den Stand der Bewegung.
Der Gedanke, eine Weltsprache zu schaffen, die allen Bölfern bienen lönnte, ist von den Verfechtern des Esperanto, der gegen
,, neue nationale
Gegen diefe Zahlen fann nun der Einwand gemacht werden, wärtig verbreitetsten und aussichtsreichsten Weltsprache, verworfen daß es allein der Krankenhausbehandlung mit ihrer guten Pflege und worden. Ebensowenig wollen die Esperantisten ihre Sprache an die guten hygienischen Umständen zu danken sei, daß die Patienten, die Stelle der Nationalsprachen setzen und die letzteren verdrängen. Das früher ins Krankenhaus tamen, mehr Chancen haben aufzu- peranto soll nur die Rolle einer internationalen Hilfs. sprache" spielen. In dieser Selbstbeschränkung gehen feine Ano tommen. Daß sie dabei auch gleich mit dem Heilferum behandelt hänger so weit, daß zum Beispiel A. Seidel in seiner Broschüre Weg werden, sei gleichgültig. Es ist aber schon von vornherein nicht anzu frei für das Esperanto!" die Unmöglichkeit einer Einheitssprache nehmen, daß die zweifellos in Betracht kommende wohltuende damit begründet, daß immer wieder eine Wirkung der Pflege im Strantenhause sich so von Tag zu Tag ver Differenzierung"" beginnen würde. Diefelben Momente, die dazu schlechtern sollte. Dr. Reich hat nun zur Prüfung dieser Frage die Differenzierung" beginnen würde. Zahlen der Sterblichkeit für die Batienten zusammengestellt, die mit geführt haben, daß zum Beispiel die indogermanische Ursprache fich einer anderen Krankheit( Lungenentzündung) an den verschiedenen im Laufe der Zeit in zahlreiche Sondersprachen geipalten hat, dieTagen der Erkrankung ins Krankenhaus gekommen find. Hier zeigte sich, felben Momente würden ihre Wirkung mit derfelben zwingenden Gewalt auch auf eine neue Weltsprache ausüben daß der Tag der Erkrankung, an dem der Patient ins Krankenhaus fie über furg oder lang wieder in Nationalsprachen tommt, allein kaum von Bedeutung ist. Jedenfalls war nicht das gesetzmäßige Verhalten zu beobachten, das wir bei der Diphtherie noch vorhanden wären! Aber der Umstand, daß eine Weltsprachen fallen lassen."( S. 16.) Ja, wenn dieselben Momente" wirklich gesehen haben. bewegung möglich und notwendig geworden ist, beweist doch, daß jene Momente, daß die Möglichkeit und die Notwendigkeit nationaler
In diesem Zusammenhange verdienen besonderes Intereffe die Angaben aus englischen Krankenhäusern, die Dr. Reich zitiert. Bon den Patienten des Jahres 1894, die am ersten Krankheitstage ins Krantenhaus tamen, aber nicht mit Heilserum behandelt wurden, starben 22,5 bis 30 Proz. In denselben Hospitälern starben nach Einführung des Diphtherie- Heilserums von den Patienten,
die am
*) Eine andere Erklärung wäre, daß die Empfänglichkeit des Menschen für den Diphtheriebazillus mit der Zeit wechselt.
und
gera
"), Die Weltsprache". Eine Studie zur Frage ihrer Re form. Von Professor Dr. L. faundler.( Stuttgart , Franchiche Verlagshandlung.)- Weg frei für das Esperanto" Das Beltiprachenproblem vor dem Forum der Sprachwissenschaft. Von A. Seidel( Berlin 1908. Hermann Walther , Verlagsbuchhandlung 6. m. 6.§.) Reform Eiperanto". Abriß der Grammatit, Sprachproben und Wörterverzeichnis. Von A. Seidel. ( Steglitz - Berlin 1900. Berlag von Otto Kunze.)
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