daß die Flügel jener imsieren Genien seinen Pfad nochlange, lange beschatten werden'. So schreibt der Herausgeberin seiner fein abgetönten Einleitung zu diesem AuSivahlSdonde,der literarisch wie technisch bewachtet als ein Musterbeispiel modernerStileinfachheit und-Schönheit gelten kann und bei alle dem Ge-diegenen gebunden doch für 2 M. zu haben ist.UebrigenS steht heute der Jnselvcrlog in dieser Hinsicht nichtmehr allein. Der Tinfluh des von Msisterkünstlern befruchtetenmodernen Kunstgewerbes auch auf das Buchgewerbe ist unverkennbar,selbst im Lelterntatz. Hier wird, vornehmlich auS Rückstcht aufsAuge, klarer Druck angestrebt. Zwar herrscht die gotische Schriftnoch vor, wohl mehr auS Gewohnheit, nicht leiten auS einersentimentalen Anwandlung von Deutschtümelei, eS sei denn, da st dievon allen fremden Nationen als unüberwindliches Hindernis ge-fürchteten grasten Schristzeichen dem ganzen Stil des Buches ent-sprechen sollen. Sonst aber wählt man schon häufig Antiqua.Da find nun gerade die Ausgaben des Hyperion-BerlageS vonHans von Weber-München doppelt bemerkenswert. Jüngst hat erzwei posthume Werke erzählender Gattung herausgebracht, derenerstereS auch bei uns vollen Anspruch aus Klassizität erhebt. ES ist ClaudeTillierS, deS einstmaligen französischen.LehramtSgebilsen, Sol-baten, angestellten Schulmeisters und Zeitungsschreibers" humoristischerRoman:.Mein Onkel Benjamin". Sein Entdecker undmeisterhafter Uebenetzer war bekanntlich Ludwig PsauZ währendseiner zwischen 1843 bis 1864 in Paris verbrachten FlüchtlingSjabre.Diesmal wird der Roman vollständig in einer gleichfalls vorzüg-lichen Uebenragung von Otto Wolfskehl dargeboten. DasPorträt TillierS nach einem alten Steindruck ist ibm vorangestellt.Die Merkwürdigkeit dieser Ausgabe besteht aber vor allem imillustrativen Teil. Emil PreetoriuS heistt der Schöpfer dieserköstlichen Schattenbilder, in denen der ganz« Humor de« Dichtersund seiner Gestalten wundervoll zum Ausdruck kommt.In ähnlicher Aufmachung präsentiert sich das verschollen gewesene Werk eineö mannhafien vornmrzlichen Poeten. Es ist dersatirische Roman.Kontraste und Paradoxen" von Friedrichvon Sollet. Der Autor war ein origineller Lyriker und schlag-fertiger Evigrammiker. Als Romanschriststeller steckte er vollständigin romantischen Anschminngen und Empfindungen und zeigte einegewisse geistige verwandtschast mit T. Th A. Hoffmann. Der-selbe sprudelnde Wiy, dieselbe verschnörkelte Wunderlichkeit.oder ihr wenigsten« zum Greifen ähnlich. UebrigenS teilten auchnoch andere Schriftsteller der seligen, damals bissig verspotteten.gegenivärtig wieder modisch werdenden Biedermeierepoche— ich«rmnere an Hennann Marggraf, Karl Herlostsohn— mit Sollet dieVorliebe für literarästhetiiche und pädagogische Themen und Ein-schlüge in ihren Romanen. Wenn auch nur mehr eine Kuriofiiät,birgt die? Werk doch eine Reihe feingeprägter Sentenzen für Leute.die gern abieitS vom breiten Wege geben. Und damit ihr Interessenicht vorzeitig erlahme, hat Alfons Woelfle, ein MünchenerKünstler, den Roman mit höchst originellen Zeichnungen im para-doxen Geiste jene« Zeitalter« geschmückt. JedeS dieser beiden Werkekostet stilvoll gebunden 6 M.Wie dies zuletzt genannte Buch de« deutschen Schriftstellers, soist auch der Roman:„Contarini Fleming" von LordVeaconSfield eine literarische Ausgrabung. Im allgemeinenkommt bei dergleichen Dingen, die meistens von angehendenKathederliteraten' zutage gefördert werden, nicht viel mehr herausal« ein paar philosophische Belteli'uppen für gelehrte Zeitschristen.Und so hat denn auch dieser Roman zunächst nur einige?literarhistorische» Interesse. Sein Verfasier ist der späterzum Earl of BearonSfield erhobene britische StaatsmannBenjamin DiSraeli lgcboren am 2t. Dezember 1804 zu London.gestorben am IS. April 1851). DiSraeli war entschieden einer derallerbedentendsten englischen Romanschriftsteller seiner Zeit, ver-schieden« Umstände, teils politischer und gesellschaftlicher, teil» per-sönlicher und konfessioneller Natur standen seinem Ruhm im Wege.oder waS richtiger: der Staatsmann war für den Dichter und dieserwieder für jenen da» grostle Hindernis. Dann noch etwa« anderes.DiSraeli war jüdischer Abstammung, wenn auch gelaust. Hierausergab sich die Feindseligkeit bei Juden und Christen. Beide Parteien— schreibt der Ueberieyer deS RomanS— hoben beständig femeAufrichtigkeit in Frage gezogen. Bei den Engländern al» Judeverschrien, bei den Inden al» Christ— bei den Politikern alsDichter verhöhnt und bei den Dichtern als politischer Streber—bei den Revolutionären al» Aristokrat gebrandmarkl und beiden Aristokraten als Revolutionär— bei den Schwärmernund Ideologen als Materialist abgelehnt und bei denMaterialisten als Phantast und Mystiker—— also istBenjamin DiSraeli den seit Urzeiten bekannten, für alle Zu-kunst feststehenden Lebensweg eine« grotzen Manne« gegangen:unverstanden und beschimpft, einiam und brav l" Im TodesjahrLord BearonSfield« find leine Romane in 11 Bänden gesammelterschienen..Endynnion", sein letzte» bedeutendes Werk— ein drei-bündiger polittscher Roman— ist wobl bisher der einzige geblieben,der durch einen deutschen Uebersetzer sC. Böttger) auch bei u»S Eingang gefunden hat.„Contarini Fleming" nun erscheint zuin ersten«mal in deuischer Sprache(bei Oesterheld u. Co.. Berlin, Preis 4 M.)— 80 Jahre nach seiner Entstehung und seinem Erscheinen in Eng-land. Goethe bat ihn noch kurz vor seinem Tode gelesen. AuchHeinrich Heine hat ihn hernach gelesen und als e«ne bedeutendeDichtung begrübt. Es wird darin die Bildung und der Entwickelungs-gang eines Poeten bebandelt; mir in ungleich anderer Weise wieGoethe in.Wilhelm Meister" getan hat. Es ist ein klassisches Werkohne Frage. Ob es jedoch in unserem Zeitalter noch viel Leserfinden wird, ist nicht sehr wahrscheinlich.Dagegen dürften des Russen Iwan Gontscharow.Gesammelte Werke", die zum erstenmal in ungekürzterdeutscher Ueberttagung(im Verlag von Bruno Cassirer, Berlin)dargeboten werden, wegen ihres sozialethischen SchwergehaltS auf«in besonderes Jnteresie rechnen. Wir haben bereits an dieser Stellevor mehreren Monaten daraus hingewiesen, llnterdefien ist nun derzweite Band der auf vier Bände bezifferten Gesamtausgabe heraus-gekommen. Er enthält— übersetzt von Klara Brmmer— auf 789Druckseiten den berühmten Roman.Oblomow", über den wiruns bereit« damals geäußert haben. Die vorzügliche Darbietungmacht dem Berlage zweifellos Ehre. Wir befürchten aber, daß derPreis von 26 M. für die broschierte, von 82 M. für die gebundeneAusgabe— an sich in Amebung der bedeutenden Herstellungskostengewiß nicht hoch— der Anschaffung in Arbeiterleserkreisen als un-Übersleigbare« Hindernis im Wege steht. Und das ist sehr zu bedauern.£. K.Soll man Ruinen restaurieren?Die Frage, ob das Heidelberger Schloß restauriertwerden soll oder darf, nimmt CorneliusGurlittim zweitenJanuarheft des.Kunstwart»" zum Ausgangspunkt einerUntersuchung, die von allgemeinem Interesse ist. Ter gründlicheKenner unserer alten Architektur schreibt:.Ter Streit um den Ott-HeinrichS-Bau des HeidelbergerSchlosse« setzt wieder von neuem ein! Zwar das Wiederaufbauenist der badischen Regierung verleidet worden, seit beide Kammerndie Mittel hierzu verweigerten: sie folgten den Wünschen der Mehr-heit aller Gebildeten und den lauten Protesten der Tenkmalpfleger.Nun will man wenigstens die Ruine restaurieren, das heißt, diesesoll Stein für Stein abgetragen werden, die morschen Steine sollendurch neue ersetzt und dann das Ganze wieder aufgebaut werden— als Ruine.Wenn sich jemand in seinem Garten eine künstliche Ruinebaut, wie dies das endende 18. Jahrhundert tat, so ist das seineSache. Man wird wohl heutzutage über den romantischen Schwär-mer lächeln, der fich Kosten macht, um ein innerlich univahres undvöllig zweckloses Ding hinzustellen, daß vielleicht einen malerischenReiz gewinnen kann, aber an sich einen künstlerischen Wert nichtbeansprucht. Denn ein Kunstwerk ist wohl immer ais der Ausdruckeines lebendigen Gedanken« angesehen worden. Noch nie hat einverständiger Mensch ein zerstörtes Bild oder eine besckmndene Statueberftellen lassen— es sei denn einer, der die Abstcht hätte, eineFälschung zu begehen. Ter Zweck lief dann darauf hinaus, dieBeschädigungen wieder zu beseitigen und da«.alt" gemachte Kunst-werk nun als„eckt" in den Handel zu bringen. Ich wüßte daherauch nicht, daß seit den Tagen der Einrickitung der Parke vonSanssouci und Schönbrunn künstliche Ruinen größeren Etil« ge-schaffen worden seien, so wenig wie künstliche Berge oder Grotten.Etwas ganz andere? ist cS aber, wenn ein Staat die ehr-würdigen, herrlichen Reste eines alten BaneL abtragen und anderen Stelle eine künstliche Ruine schaffen will, die uns vortäuschensoll, sie sei jener Rest. Das schlägt jetzt di« badische Regierung vor:die morschen Steine sollen ausgcmittelt werden, wohl auch die de-schädigten. Das heißt, die wiederaufgebaute Ruine soll als blitz-blank neu erscheinen. Die gelehrte Untersuchung des Baues, wiesie namentlich Professor A. Haupt in Hannover durchführte, hatbewiesen, daß der Bau keineswegs nach einheitlichem Plan entstand,daß beim Aufbau nach dem ersten Entwurf schon fertig geschaffeneSteine an einer nicht genau nach architektonischer Regel gewähltenStelle nach einem zweiten Entwurf verwendet wurden, und daß so.Fehler" entstanden, jene Fehler, die ein Kunstwert aus der Arteiner akademischen Prcisarbeit zu einem Werke von intimem Reizumgestalten.Will die badische Regierung diese Fehler noch einmal machenlassen? Soll das, was vielleicht den Meister des ursprünglichenBaues in arge Verzweiflung versetzte, waS er aber nicht ändernkonnte, nun auf kaltem Wege nackgeahmt werden? Oder will mandie Fehler auf Grund der Lehrbücher von den Nassischen Säulen»ordnungen verbessern? Die badischc Regierung scheint in der voneiner beneidenswerten Naivität eingegebenen Meinung zu sein,daß eine solche Arbeit, wie sie sie vorschlägt, ein Werk der Pietätsei. bei der der moderne Restaurator maschinenmäßig das Alt«wiederherstellen könne. So daß man später meine, die Ruine, dieda stehe, sei wirklich das Ergebnis eines traurigen Brandes, wäh-rend sie dock nun ein mit großen Kosten teilweise aus affem Mate-rial gesckaffener Neubau ist: Ein verwunderlickeß Denkmal einerin ihren Zielen unffaren Zeit, die immer nock glaubt, daß mandurck Fleiß und Sorgfalt sein eigenes Handanlegen verstecken unddas neu Erreickte ohne Falsch für alt ausgeben dürfe.Und warum die ganze Arbeit I Man Int uns lange JahreSckandergesckichten erzählt vom drohenden Perfall der Ruine. Werwill die Verantwortung dafür übernehmen daß die Wand nichteines Tages einstürzet? Natürlich meldete fich niemand. Als manaber die berufenen Sachverständigen fragte. erNärten diese dieRuine als keineswegs schlecht erhalten. Sie gaben ihre Meinungdahin ab. daß Winddruck ihr vielleicht gejährlich werden könne, und