Der Laubeiiholomft als Gärtner und Klelntierziicbter. Vom Beerenobst. Gewisse Optimisten, das heißt Leute, die die Welt und den Himmel immer heiter sehen, auch wenn es sehr trübe ausschaut, waren über den diesjährigen Winter bereits zur Tagesordnung übergegangen, und an den hellen Sonntagnachmittagen, wie sie uns Dezember und Januar, letzterer freilich nur bis zum letzten Drittel, brachten, sah man sie draußen in der Laubenkolonie und auf den Parzellen rüstig schaffen. Solch Winterarbeit ist gesund. und wenn sie wirklich einmal bei Frostwetter ausgeführt werden muß, so wird man frisch und warm dabei, ohne die Arme mit Kraft über die Brust zu hauen. Inzwischen hat nicht nur der Himmel ein anderes Gesicht gemacht, denn der berühmte Komet ist dort aufgezogen, von dem man noch nicht weiß, woher er ge- kommen und wohin er gehen will, sondern auch der milde Winter hat sich vorübergehend von einer anderen Seite vorgestellt, uns reichen Schneefall und die üblichen Nachtfröste gebracht._ Mit Recht freut sich der Laubenkolonist, wenn es gelegentlich tüchtig schneit, und wenn der Schnee, der sich im Inneren der Stadt bald in eine schmutzig-trübe Brühe verwandelt, draußen auf den Par- zellen recht lange liegen bleibt. Schnee düngt das Erdreich, da er ihm reichlich Stickstoff zuführt, und bildet daneben eine an- fangs sehr proper aussehende Decke� die sich von außen zwar kalt anfühlt, aber nach innen tüchtig wärmt. Von solcher Schneedecke profitiert auch die Erdbeere, unsere köstlichste, beliebteste und allenthalben ick großem Umfang angebaute Beerenfrucht. In der Regel kommt bei uns die Erdbeere nicht ggnz heil durch den Winter, namentlich da nicht, wo sie in reinem Sandboden steht. Bei Barfrost friert der Boden gründlich aus; die fest gefrorenen Wurzeln find dann nicht mehr in der Lage, dem immergrünen Laube Ersatz für das von trockenem Winterwind entzogene Wasier zuzuführen, und da dieser bei uns oft kräftig bläst, so gehen die Blätter elend zugrunde, so daß der Frühling sehr zurückgekommene Pflanzen zu neuem Leben anregt, die nur verhältnismäßig ge- ringen Ertrag geben. Im vorigen Winter, der sehr streng war, trat nicht nur diese Erscheinung zutage, sondern es froren auch ganze Pflanzungen aus und vertrockneten. Wenn uns der gegen- wärtige Winter, wie zu erhoffen, mit strenger Kälte verschont, so können wir in diesem Jahre mit einer Erdbeerernte rechnen, wie sie im märkischen Streusand nicht oft zu verzeichnen ist. Um gute Erdbeeren zu erzielen, muß man natürlich� im Sommer dafür sorgen, kraftige, gut gepflegte und wohlgenährte Pflanzen in den Winter zu bringen. Die Erdbeere stellt hohe Anforderungen an die Dungkraft des Bodens; Kali- und Phosphor- säure sind ihr reichlich zu bieten, mit Stickstoffdüngung muß man dagegen vorsichtiger sein, da sie, zu stark gegeben, den Fruchtansatz beeinträchtigt, die Blatt- und Rankenbildung dagegen in un- erwünschter Weise fördert. Wo guter Stalldünger zu haben ist, gibt man diesen, sonst Kunstdünger, am besten Thomasmehl als Phosphorsäuredüngung und Kainit als Kalidüngung. Ersteres kostet 1b- bis Igprozentig gewöhnlich 2,50 M. der Zentner, letzteres 14- bis Ibprozentig etwas über 1 M. Auf 100 Quadratmeter Beet- fläche kommen S Kilogramm Thomasmehl und 8 Kilogramm .Kainit. Infolge der reichen Fruchtproduktion erschöpfen sich Erb- beeren sehr bald, weshalb sie in der Regel nach der dritten Ernte, wie man zu sagen Pflegt, überständig geworden sind und entfernt werden müssen. Die Erdbeerpflanze erschöpft sich aber nicht nur in verhältnismäßig kurzer Zeit, sondern der der Erdbeerkultur eingeräumte Boden wird auch sehr bald erdbeermüde, und auch junge Pflanzen wollen nicht mehr vorwärts. Deshalb ist Wechsel- Wirtschaft angezeigt, die man in der Weise handhabt, daß man da, wo Erdbeeren drei Jahre gestanden und Ertrag gegeben haben, in den folgenden sechs Jahren nicht zum zweiten Male solche an- pflanzt. Zur Anlage neuer Beete verwendet man bei groß- früchtigen Erdbeeren nur von kräftigen Ranken gezogene junge Pflänzchen. Die früheren Sorten bringen früh Zlanken, weshalb mit einer neuen Pflanzung schon im August begonnen Iverden kann. Bei den späten Sorten dauert es bis September, ehe man gut bewurzelte Ranken abnehmen kann. Das Beet muß gut ge- graben und gedüngt sein. Der Abstand von Pflanze zu Pflanze soll mindestens 40 Zentimeter betragen. Ich gebe innerhalb der Reihen von Pflanze zu Pflanze 50 Zentimeter und von Reihe zu Reihe 60 Zentimeter Abstand und erziele trotzdem höhere Erträge als ein anderer auf gleicher Fläche bei engerer Pflanzung. Die sogenannten MonatSerdbecrcn stehen unseren Wald- crbeeren sehr nahe und haben namentlich das diesen eigentümliche vorzügliche Aroma. Diese kleinblättrigen und kleinfrüchtigen Erd- beeren tragen von Mitte Juni bis zum Eintritt der Fröste. Es gibt Sorten mit und Sorten ohne Ranken. Letztere eignen sich vorzüglich zur Einfassung der Rabatten. Die Monatserdbeeren werden, Werl   kleinblättrig, enger, auf 26 30 Zentimeter Abstand, gepflanzt und lassen sich auch leicht durch Samen vermehren. Be- kanntlich sitzen bei den Erdbeeren die kleinen Samenkörner außen an der Frucht, die deshalb in Wirklichkeit gar keine echte Beere, sondern eine sogenannte Scheinbeere ist; auf der inneren Hand- fläche reibt uian diese Kerne von den Beeren herunter und benutzt sie dann zur Saat. Aus Samen gezogene Erdbeeren sind wüchsiger und tragbarer als die aus Ranken gezogenen. MonatscrdbeerM ohne Ranken, die man nur in einer weiß- und einer rotsrüchtigei» Sorte kennt, lassen sich auf künstlichem Wege nur durch Teilung alter Stauden vermehren, ein Verfahren, das bei anderen Garten« erdbeeren nicht angewendet werden soll. In de« Mark Brandenburg befinden sich ganze Laubenkolonien! teilweise auf Moorboden bei hohem Grundwasserstand, und mancher Parzellenbesitzer, der bei Ankauf der Parzelle von Garten« kulturen noch nichts verstand, hat ein solches Moorgrundstück er« worden, auf dem wohl in verhältnismäßig trockenen Sommern manches gut, in nassen Sommern aber fast nichts gedeihen will. Solcher Moorboden eignet sich vorzüglich zur Kultur einer kleinen, der Preißelbeere unserer Waldungen sehr nahestehenden Beeren- frucht, der sogenannten amerikanischen Moosbeere. Dieser kleine Halbstrauch bringt sehr große, zum Einmachen vorzüglich geeignete Beeren, die zwar nicht ganz so aromatisch wie unsere Waldpreißelbeeren sind, aber eben ihrer Größe halber zum Ein- machen entschieden vorgezogen werden. Diese Beere wird erst neuerdings bei uns angebaut; ich sah von ihr eine größere Muster- Pflanzung auf Moorboden in Moorcnde bei Bremen  , die ihrem Besitzer reichen Ertrag bringt. Die Moosbeere gedeiht überall da. wo normalerweise das Grundwasser bei 40 50 Zentimeter ansteht; steht es höher an, so muß eS durch einfache Drainage anf dea richtigen Stand gebracht werden. Diese Trainage, zu deutsch  Entwässerung, führt man in der Weise aus, daß man ztvischen den einzelnen Beeten entsprechend breite und tiefe Gräben zieht und das bei Errichtung dieser Gräben ausgeworfene Erdreich zur An« höhung der Kulturbeete benutzt. Tie Vermehrung der amcrika» nischen Moosbeere erfolgt am besten durch Teilung der ganz kleine»! Sträncher, die man, ähnlich wie dies etwa bei BuAaumeinsassunzen üblich, in mehrere Teile auseinanderreistt und dann in 40 bis 50 Zentimeter Abstand pflanzt. Aber gnt Ding will bekanntlich Weile haben, und so muß man auch bei der Moosbeere vier bis fünf Jahre warten, bis sich nennenswerte Erträge ergeben. Lassen dann drei bis fünf Jahr« später die Pflanzen im Ertrag nach, so werden fie auf neue Beete versetzt und bei dieser' Gelegenheit durch mehrfache Teilung vermehrt und zugleich auch verjüngt. Das Beerenobst unserer Waldungen ist ohne Ausnahme zur Earienkaltnr ungeeignet. Walderdbeeren, Heide!- beeren, Preißelbeeren, Himbeeren, Brombeeren und wilde Stachel- beeren kommen ausnahmslos im Kulturboden nicht fort, sie ent- arten hier, und wenn sie wirklich einmal einige Früchte bringen, so fehlt diesen der gute Geschmack und das Aroma, das diesen Obstgattungcn an ihrem natürlichen Standorte eigen ist. Deshalb ist es verlorene Liclesmüh, bei gelegentlichen Fuß- oder Kremser- partiell diese oder jene der genannten Pflanzen im Walde aus- zugraben, um sie daheim in kultiviertem Boden auszusetzen, deS sogenanntenForstfrevels" gar nicht zu gedenken. Eine der ertragsreichsten Beerenfrüchte des GartenS ist dis Himbeere; neben der Erdbeere ist sie die Bcerenfrucht, die sich voil allen zuerst durch Tragbarkeit für die aufgewendete Pflege erkenntlich zeigt und schon vom zweiten Jahr ab Früchte zeitigt. Sehen wir auch in unseren Waldungen die wilden Himbeeren m ziemlichem Schatten wachsen, so wäre es doch falsch, daraus zw schließen, daß auch die Gartenhimbeere eine Schattcnpflanze sei, denn sie verlangt, wie alles Berrenobst, volle Sonne. Die Ber« mchrung erfolgt durch Ausläufer, die bei in guten Boden stehen» den, richtig behandelten Pflanzungen allerdings zum Kreuz des Kolonisten werden können, da sich die flachen Wurzelslöcke weit hin im Boden ausbreiten und überall Schößlinge zeitigen, die na- türlich auch da erscheinen, wo sie höchst unerwünscht find, wie z. B. mitten in den Wegen und auf anderen Beeten. Die Himbeere ist eben eine der Pflanzen, die wie so viele andere durch Ausläufer- bildung wandern, d. h. sich selbständig neue Gründe suche», wenn die alten übervölkert oder ausgebeutet sind. Da heißt es vor» beugen und die außerhalb der Pflanzreihc erscheinenden Ranken rechtzeitig auszugraben und zu vernichten, oder zur Anpflanzung neuer Beete zu verwenden. Wie bei allem Beerenobst erfolgt Anpflanzung nn Herbst oder Frühjahr, aber auch jederzeit im Winter, wenn der Boden srostfrei ist. Abstand von Pflanze zu Pflanze allseitig 2 Meier. Von den Ansläufern, die an richtiger Stelle erscheinen, beläßt man die stärksten. Diese werden jetzt um 1520 Zentimeter gekürzt, da die oberen Angen nicht gut aus- gebildet sind und das Holz nicht vollständig ausgereift ist. 3! ach diesem Schnitt werden im Frühling die meisten Augen ausireiben und alle diese Austriebe bringen reichlich Früchte. Die Lebens- daucr jedes Triebes   beträgt nur zwei Jahre. Die Triebe, die Früchte getragen haben, werden deshalb nach der Ernte dicht über dem Boden abgeschnitten, die dann schon ausgebildeten neuen Triebe geben den nächstjährigen Ertrag. Genau so verhält es sich bei den Brombeeren. Wie anderes Beerenobst, so kann auch die Himbeere im Obstgarten so lange die hier gepflcmzte» Kern- und Steinobstbäume noch in der Entwickclung zurück find, den ihnen eingeräumten Raum nicht ausnutzen und den Boden nur wenig beschatten, als Zwischcnkultur angepflanzt werden. In einer mir bekannten Obstpslanzung hat man>'i» acht Morgen großes mit jungen Aepfeln bestandenes Grundstück durch Zwijchenpslanzungen mit der englischen Himbecrsorte Marlborough   bepflanzt und diese brachte im vorigen Jahr eine Ernte von 5600 Kilograniui. Die ebenqenannte englische   Sorte und die sehr großsrüchtigc neue deutsche Sorte Harzjuivcl sind die besten Ranken bildenden Hu». beeren, die ich kenne. Es gibt aber auch Sorten ohne Ranken. Die