Hätte er das schreckliche Lächeln gesehen, das den Mund des Grünen verzog, so wären ihm doch vielleicht starke Zweifel aufgestiegen an dem Glück, das hinter den rotbemalten Türen einer Untat auf ihn warten sollte... So bemerkte Georg nichts anderes in der tiefen Finsternis des Kelleraumes, als das Aufleuchten der Zigarren, die sie sich beide angesteckt hatten. Aber plötzlich fiel ihm mit haarscharf bohrender Deut- lichkeit ein Umstand ein, an den er in Verbindung mit der Tat, die sie beabsichtigten, noch�gar nicht gedacht hatte. „Die schläft doch dadrin, wo det Jeld is," sagte er so laut, daß der andere ihm mit einem„Pst! willste Dein Maul halten I" zum Schweigen brachte. „Biste denn ganz und gar meschngge, Kerl!... Jeh doch jleich uff'n Hof un ruf: Aeppel! Aeppel! Det is doch hier keene Jahrmarktsbude!.. iebrigens, wat det anbelangt, da mach da man bloß keen Fleck!... Du kannst da ooch denken, det ick da ooch schon längst dran jedacht habe!... Bin doch nicht aus Mutz oda Daldorf !.." Er schwieg einen Augenblick, als habe ihn das Mißtrauen Georgs in seine Tüchtigkeit und Voraussicht auf's tiefste gekränkt. „Natierlich," meinte er dann,„wenn ick uff Dir warten würde, wären wa beede varatcn un vakooft... aber hier rieche mal!" Er hielt Georg ein kleines Flacon unter die Nase, aus deni er einen tiefen Zug roch, uni dann mit einem„Pfui Deibel" laut zu niesen. „Willste woll stille sein!... Weeß da Deibel, mit Dir kann man ooch janischt machen! Na weeßte, wat det is? Aether l Damit wern wa ihr in Träume va setzen, die Olle da oben, det se de erste halbe Stunde nicht davon auf- wachen soll, die olle San da." lFortsetzung folgt.) Die Lchrmeirtcr der Babouviftm In der Geschichte des Sozialismus nehmen die Babouvisten eine so bedeutsame Stelle ein, daß es nur zu begrüßen ist, wenn der Originalbericht eines Hauptteilnehmers an der Babeufschen Ver- schwörung für die Gleichheit, das Buch von Philipp Buonar» r o t i über diesen Gegenstand, durch eine deutsche Uebersetzung weiteren Kreisen zugänglich gemacht wird: Anna und Wilhelm Bios haben diese verdienstliche Arbeit geleistet.*) ES ist nicht daS erstemal, daß Buonarrotis Geschichtswerk aus dem Französischen in eine andere Sprache übertragen worden ist. Schon im Jahre 1836 hat der rühmlichst bekannte englische Volksmann Bronterre O'Brien eine englische Uebersetzung herausgegeben, aus der sich für diese deutsche etwas hätte profitieren lassen, Bronterre veröffentlicbt nämlich im Anhang einen an ihn gerichteten Brief Buonarrotis. mit einem Verzeichnis der im französischen Original hinter Anagrammen(Versetzung der die wirklichen Namen bildenden Buchstaben) versteckten wirklickicn Namen derjenigen Teilnehmer an der Verschwörung, die zur Zeit, als Buonarroti fein Buch zuerst veröffentlichte, während der Restauration, noch lebten und damals durch Bekanntwerden ihrer Beziehungen zu Babeuf hätten ge- schädigt werden können. Weil dieser Grund 1836 nicht mehr bestand, sprach Buonarroti in dem Brief an Bronterre den Wunsch aus, daß die Anagramme durch die wahren Namen ersetzt werden möchten. und so wäre nach der von Buonarroti gegebenen Liste in der Bios- schen Uebersetzung zu lesen zum Beispiel an Stelle des dort stehenden Lourjeu de Doimel' Jullicn de la Drome, für Lihppi Philp, für Lurrorilon Roussillou, für Chintrard Trinchard, für Sombod Bodxom, für Filije le Rexelet Felix le Pelletier usw.: im ganzen gibt Buonarroti in dem Brief für fünfundzwanzig Anagramme die richtigen Namen. Von Vorteil wäre auch gewesen, wenn Devilles Beitrag zur„Histoire focialifte', sein Buch über den Thermi- dorismus und das Direktorium, Benutzung gefunden hätte. Deville gibt da eine Menge von Material zur sozialen und politischen Geschichte der Zeit, auch des Babouvismus; u. a. erfährt man von ihm, daß eine Erzählung, die sich auch bei Bios in der Einleitung noch findet, bloße Legende und als solche seit mehreren Jahrzehnten festgestellt ist: der Lockspitzel Grisel ist nicht von Babeufs ältestem Sohn im Zweikampfe getötet worden, sondern ganz un- romantisch in seinem Bette gestorben. Im übrigen wäre wohl noch zu wünschen, daß die Einleitung etwas ausführlicher ausgefallen wäre und etwas mehr gebracht hätte über die Frage, welche Stelle die Babouvisten im Zusammenhang der französischen Revolution *) Babeuf und die Verschwörung für die Gleich- h e i t. Von PH. Buonarroti. Uebersetzt und eingeleitet von Anna und Wilhelm Blas. Stuttgart , 1909. Verlag von I. H. W. Dietz Nachf.(Internationale Bibliothek, Band 49. und in der Entwickelungsgeschichte des Sozialismus einnahmen. Besonders über diesen letzteren Punkt wären einige Aus- einandersetzungen wohl angebracht gewesen: denn während es leicht zugängliche Mittel gibt, um sich über den Gang der französischen Revolution zu informieren,, fehlt unZ dagegen eine zusammenfassende Darstellung des französischen Sozialismus bis zur Revolution, wenn man von den kurzen Be- Merklingen Louis' in seiner„Geschichte des Sozialismus in Frank- reich" absieht. Und doch knüpfen die Babouvisten an diese vor- revolutionären Theorien an, wie auch die einleitenden Bemerkungen Buonarrotis zeigen. Buonarrotti beruft sich auch mit biclein Nachdruck auf Jean Jacques Rousseau und seine Gleichheitslehre, als deren logische Folge den Babouvisten der Kommunismus erschien. Diese Schlußfolgerung zu ziehen, hat Rouffeau selbst freilich ganz fern- gelegen. Weit entfernt, ein Sozialist zu sein, war der berühmte Genfer vielmehr ein extremer Individualist. Er ist allerdings kein Freund des Privateigentums, eben so wenig aber ein An- Hänger des Gemeinbesitzes. Vielmehr verlegt er sein Ideal zurück in die Vergangenheit eines angenommenen Naturzustandes, in dem die Menschen noch nicht in der Gesellschaft lebten, sondern jeder sich selbst genügte. In der Gegenwart, den Ackerbau als not- wendige Bedingung der menschlichen Existenz vorausgesetzt, erscheint Rousseau auch das Eigentum als notwendiges Uebel und die Ver- teiluug des Landes unter freie Kleinbauent, die im wesentlichen nicht auf andere Leute angewiesen find, als bester Zustand der Gesellschaft, lind die Verfassung von 1793 mit ihrer Erklärung der Menschenrechte war durchaus im Sinne Rousseaus gehalten, wenn sie es bei der Gleichheit vor dem Gesetz bewenden ließ und das Privateigentum zu den Menschenrechten zählte. Die bürgerliche Gleichheitslehre ist eben gegen die feudalen Standesunterschiede ge- richtet. Gegenüber Rousseau und der kleinbürgerlich-radikalen Gleichheitslehre mußte nun also die Haltung der Babouvisten darauf hinauskommen, darzutun, daß die Beschränkung der Gleichheit auf die Gleichheit vor dem Gesetz eine Halbheit ist, die Gleichheit eine leere Redensart, wenn nicht die tatsächliche materielle Gleichheit dazu kommt, die wiedenim zur Voraussetzung ihres Bestandes hat den Gemeinbesitz und die gemeinsame Benutzung der Erde und der übrigen Produktions- mittel. Wenn die Babouvisten darauf aus der Lehre von der natür- lichen Gleichheit aller Menschen kommunistische Schlußfolgerungen ziehen in einer Republik, die jene Maxime theoretisch anerkannte, so haben sie diese Konsequenzen nicht zum ersten Male und nicht ohne Bekanntschast mit ihren Vorgängern entwickelt, sondern direkt an- geknüpft an Lehrmeister, die schon vor der stanzöfischcn Revolution den Gleichheitskommunismus theoretisch vertraten. Friedrich Engels nennt in seinem Buche gegen Eugen Dühring als kommunistische Theoretiker des 18. Jahrhunderts vor der Revolution M o r e l l y und M a b l y. Außer diesen beiden Franzosen ist noch ein dritter unter die Lehrmeister der Babouvisten zu zählen, Jean MeSlier . Obwohl MeSlier sein„Testament" schon im ersten Drittel deS 18. Jahrhunderts schrieb, wurde eS doch in weiteren Kreisen erst seit 1762 bekannt, und zwar durch einen AuSzug der bis dahin zirku» lierenden umfangreichen Handschriften des Werkes, den Voltaire in dem genannten Jahre veröffentlichte. Diese Bruchstücke, die Voltaire mitteilte, gaben durchaus keine richttge Vorstellung von den An- schauungen MeslierS, sondern gaben im Wesentlichen bloß des katho« tischen Landpfarrers Angriffe auf die Kirche und den Kirchenglauben wieder, ließen dagegen MeslierS politische und soziale Ausführungen ganz beiseile, mit denen jene doch untrennbar zusammengehören. Ebenso wenig läßt sich aus einem AuSzug, den Holbach zehn Jahre später zurechtmachte, erkennen, daß MeStter noch etwas mehr ge- wesen, als ein Materialist und Atheist. Aus diesen beiden Ver- stümmelungen des kühnen Gedankenwerkes von MeSlier hätten also die Babouvisten unmöglich etwas entnehmen können. Es gibt aber noch einen dritten vorrevolutionären Auszug aus dem„Testament", den im Jahre 1789 herausgekommenen „Katechismus des Pfarrers MeSlier " und der Herausgeber dieser Schrift ist hernach einer der Hauptdenker und Hauptbegründer des Babouvismus gewesen. Sylvain Marvchal nahm mit der Ver- öffentlichung des Meslierschen GlaubensbekenntniffeS zuerst Stellung im Sinne des Kommunismus, den er von Anbeginn wohl mindestens ebensosehr wie Babeuf oder sonst jemand beigetragen hat, zum Losungswort einer revolutionären Partei zumachen. Marvchal bildet also das Bindeglied zwischen den Babouvisten und den revolutionären Kommunisten in der Landptarre von Etrovigny, der schon mehr als zwei Menschenalter vor der Verschwörung für die Gleichheit die Völker aufgerufen hatte, sich gegen ihre Unterdrücker und Ausbeuter zur Wiederherstellung der natürlichen Gleichheit zu erheben, die ihm einzig denkbar erschien auf kommunistischer Grundlage. Daß alle Menschen von Natur gleich sind, ist für Meslier erster Grundsatz. Die Ungleichheit unter den Menschen haben die Gewalt der Starken und der Trug der Pfaffen im Grunde dadurch geschaffen, daß sie die Güter der Welt in ihren Soudcrbesitz nahmen, um sie für sich zu genießen, wie es ihnen beliebte. Die EntWickelung de? Privateigentums hat die Menschen in die Klassen der Reichen und Armen geschieden. Diese werden von jenen rücksichtslos ausgebeutet und bedrückt.„Ihr wundert euch, ihr armen Leute," ruft Meslier,„daß ihr so viel Leid und Ungemach im Leben habt? Es kommt daher, daß ihr allein des Tages Last und Hitze traget, wie jene Arbeiter im Evangelium, daß ihr mit der ganzen Bürde des Staates belastet seid. Auf euch drücken ja nicht bloß eure Könige
Ausgabe
27 (25.2.1910) 40
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten