Ja, das war eine schwierige Frage, das sah Georg wohl ein. Aber da war ein Kleiderriegel, an dem weibliche Garde- robe hing. Tauben haben muß man(Glück haben)/' flüsterte der Zuchthäusler. Wieso Tauben?" wollte Georg fragen, unterließ es aber. Der Grüne drückte, sein Licht verlöschend, auf die nächste Türklinke... Bei Gott, sie war offen... Mit unendlicher Vorsicht vergrößerte er den Spalt und schlüpfte hinein, dem anderen einWarte!" zuraunend. Georg wartete gerne. Aber seine große Furcht war dahin... Er sah jetzt nur noch die mit Gold und Scheinen gefüllte eiserne Schatulle vor sich... Mit einemmal war's ihm, als ob's drin im Schlafzimmer hell würde. Und er fuhr wild zurück, als die Tür aufging und der Grüne mitten im hellen Licht der elektrischen Beleuch- tung stehend, ihm winkte... Sind Roll-Laden vor, da sieht man draußen nischt," sagte er ganz ungeniert sprechend," da brauchen wir uns janich in Acht zu nehmen... Da siehste. wie se schläft!..." (Fortsetzung folgt.) Die Joppe. Von Ernst Preczang . Wenn Peter Wulle sich des Morgens von seinem Lager erhoben halte, das er Bett nannte es war nur ein bnntes Gemengsel von Lumpen und Strohkissen, wenn er hineingestiegen war in die Hosen, die aus lauter Flicken zusammengesetzt schienen, dann nahm er kopfschüttelnd die Jacke von der Lehne des dreibeinigen Smhles und hielt sie prüfend gegen das Licht, das matt und farblos durch das kleine Fenster in seinen Lnmpenkellcr fiel. Die Jacke erschien ihm dann wie ein Sieb, dessen Gesiecht schadhast geworden ist: an einigen Stellen hielt das Gewebe noch zusammen, aber diese Stellen waren Inseln in einem lichten Gewirr von Rissen, fadenscheinigen Komplexen und Löchern. Neber den Rücken zog sich ein langer diagonaler Spalt, den Peter Wulle mittels Packnadel und Bindfaden wieder zum Zusammenhalt zu bringen versucht hatte. Bei jedem Stich war dann wieder«in neues kleines Loch entstanden und alle diese Löcher erweiterten fich mm bei jeder nicht ganz vorsichtigen Körperbewegung. Morgen für Morgen nahm Peter die Packnadel zur Hand, aber er sah die Zeit kommen, wo die Jacke aller Quälerei müde werden und es ihm nicht mehr gelingen würde, sie auf dem Körper festzuhalten. Zunächst verzagte er noch nicht. Er baute auf seinen Stern, der ihn bisher stets aus allen derartigen Verlegenheiten geführt hatte. Als Sammler von Lumpen, alten Kleidern, Hüten, Stiefeln, Papier, Glasscherben, Eisen und dergleichen Dingen kam Peter Tag für Tag in viele Häuser. Er gab ein paar Pfennige dafür, steckte alles in einen großen Sack und lud diesen auf seinen kleinen Hunde- wagen, mit dein er straßauf, straßab zog. verachtet von den honetten Leuten, die ihre Kleider beim Handwerker bestellen und gleich bar mit Goldstücken bezahlen oder auch nicht. Peter Wulle fand in seinen Ein- käufen immer das, was er brauchte»nd noch viel mehr. Und wenn er so einen Anzug pfundweise berechnete, kostete er ihn minmter nicht mehr als zwanzig Pfennige. So hoffte er auch jetzt wieder, eine Jacke in seinen Säcken zu finden. Aber diesmal schien es doch, als sollte seine zuverficbtliche Er- warttmg getäuscht werden. Drei Wochen schon. Abend für Abend. unrersuchte er mit peinlichster Genauigkeit die Einkäufe des TageS. Er förderte fiinf Westen in diversen Farben zutage und zog drei Paar gut erhaltene Hosen aus den Säcken, aber eS kam weder ein Rock noch eine Jacke, noch ein Paletot, der das WamS hätte ersetzen können, zum Vorschein. Peter Wulle fing an, verstimmt zn werden, trotzdem er für ge- wohnlich sehr zur Fröhlichkeit neigte und auf einsamen Wegen wie eine Lerche sang, die erhaben ist über allen Schmutz und Plunder dieser Welt. Denn er war unabhängig und hielt die Achtung der honetten Leute nicht für unbedingt erforderlich zu einem'still- vergnügten Da'ein. Aber das hinderte nicht, daß Peter Wulle augenblicklich sehr dringend einer neuen Jacke bedurste. Und dieses Bedürfnis nahm immer gebieterische Formen an: neuerdings war auch der rechte Aermel von oben bis unten geplatzt und an dem linken kündete sich ein ähnliches Ereignis an. Eines Tages, als Peter mit seinem Hundewagen von einem Dorf in die Stadt hereingezogen kam, entdeckte er auf einem frisch- geharkten Ackerbeet, das zu einer naheliegenden Villa gehörte, eine Vogelscheuche. Er hielt sein Gefährt an und betrachtete sie mit Staunen und Bewunderung. Was dort auf einem in die Erde ge- steckten Strauch hing, war eine wunderschöne, mit Schnüren ver- zierte Joppe. ,'n Skandal!" murmelte Peter,.'n Skandal, das als Fraß für Wind und Wetter hinzuhängen I" Kopffchüttelnd machte er sich auf den Weg nach Hause.... Aver er konnte die Joppe nicht bergessen und grübelte unauf- börlich darüber. Während er Kaffee aus seiner alten, henkellosen Taste trank und ein Stück schwarzes Schmalzbrot dazu kaute, über- legre er, ob es wohl möglich sei, sich auf ehrliche Weise in den Besitz des Wamses zu setzen. Er zählte sein Geld und kam zu dem Schluß, daß er höchstenfalls fünfzig Pfennig dafür opfern könne. Aber vielleicht hatte fie Schäden, die er vorhin nicht bemerkt hatte? Peter Wulle wollte und mußte das erfahren. Dann ging er in der Dämmerung noch einmal hinaus, sah sich vorsichtig nach allen Seiten um, schlich auf den Acker und untersuchte die Joppe. 'n Prachtstück einfach I'n Prachtstück!" Nur in der Farbe war fie etwas verschaffen, sonst aber ohne Tadel. Peter Wulle ging ans die Straße, überlegte reichlich, sah noch zehnmal zurück zur Joppe und begab sich dann entschlossen an das eiserne Gittertor der Villa. Aber gerade als er dir Klingel ziehen wollte, fiel ihm ein, daß hier ja der pensionierte Oberförster wohne, der ihn einmal mit erhobenem Stock und den verächtlichsten Schimpf- Worten zum Hause hinausgejagt hatte. Peter zog die ausgestreckte Hand zurück und murmelte einen Fluch. Nein, da hinein ging er nicht. Dem hochnäsigen Kerl wollte er nicht sein schönes Geld opfern. Außerdem: wer garantierte ihm diesmal für einen besseren Empfang als damals? Sich schlagen lasten womöglich? Peler Wulle gab stch einen Ruck und marschierte mit trotzig erhobenem Haupte zurück in die Stadt, in seinen Lumpenkeller. Und wieder begann er zu grübeln. Eine Jacke mußte er haben. Nun ja, mancher hätte die Vogelscheuche einfach ausgezogen, und es war am Ende nichts dabei. Denn schließlich kann eine Bogel - scheuche eher Wind und Wetter vertragen als ein Mensch. Aber stehlen wollte er nicht, hatte eS noch nie getan. Trotzdem es gerade diesem verdammten Grobian nicht schaden könnte. Nein, wahrhastig nicht! Peter Wulle wühlte sich immer mehr in seinen Aerger hin- ein. Und dann lachte er plötzlich laut auf, weil er an das wütende Gesicht dachte, das der Oberförster machen würde, wenn er statt seiner schönen Joppe Peter Wulles zerlumpte Jacke entdeckte. Peter blies die Lampe aus und stieg auf die Straße. Dann schlich er sich im Dunkel der Häuserreihen entlang bis hinaus vor das Tor, versicherte sich, daß ihn niemand sah, ging geduckt auf das Ackerbeet, holte die Joppe herunter und hing seine Jacke dasür auf den Strauch. Gleich darauf war er wieder auf dem Rückwege und hatte das neue Kleidungsstück auf dem Körper. Ihm wurde warm und behaglich zumute und leise vor sich hinsingend ging er nach Hause. » Acht Tage später nahm ihn die Polizei auf der Straße fest. Der Oberförster hatte Anzeige erstattet und ein genaues Signalement der Vogelscheuche gegeben. Man beförderte Peter Wulle mit ein paar gelegentlichen Genickstößen auf die Wache, zog ihm die Joppe aus. verhörte ihn, der nicht leugnete, und entließ ihn mit einen» gepfefferten Hinweis auf die gerichtliche Ahndung. Nun stand Peter Wulle bleich und verwirrt auf dem Marktplatz. Ohne Jacke, mit zerristener Weste und der bunten, geflickten Hose. Er stand da, drehte noch den zerbeulten Hut in den Händen und suchte das Geschehene zu fasten. Es gelang ihm nicht. Peler kriegte vierzehn Tage Gefängnis, weil, wie im Urteil ausgeführt wurde,dieser Diebstahl von einem besonderen Rasfine- ment zeugt". Die Leute, die Peter Wulle früher kannten, sagen mm, seit jener Zeit habe er ganz andere Augen i>kS früher, sie seien böse und drohend geworden. Deshalb verschließen ihm immer mehr Menschen die Tür. Run stiehlt Peter Wulle wie ein Rabe. Die Lehrmeister der Babomriftm (Schluß.) Von MeslierS Leben wissen wir fast nichts. Noch weniger Persönliches ist von dem nächsten französischen Vertreter d«S Kam- munismuS bekannt, von Morel! y. Er scheint Scbullehrer in Vitry-le-Fran�ois gewesen zu sein. Sein Lebenslauf ist nur dadurch wenigstens in seinem Höhepunkt der Zeit nach festzulegen, daß seine beiden kommunistischen Werke in die fünfziger Jahre des 18. Jahrhunderts fallen; die.Basiliade", eine Utopie nach dem Vorbilde von Thomas Morus und Tampanella kam 17SZ, das zweite, wichsigere, dasGesetzbuch der Natur" im Jahre 17öS heraus. ES erschien anonym imd ist dann lange einem ganz anderen Schriftsteller zugeschrieben worden, als dem wirUichen Ber- faster. Erst im vorigen Jahrhundert hat sich Morellys Autorschaft herausgestellt. Früher und noch in den Zeiten der Revolution hielt man das Buch für eine Schrift Diderots, unter desten Werke es auch ein Verleger aufnahm. Die Berühmtheit Diderots verhalf dem Buche zu einem größeren Leserkreise, als ihm sonst geworden wäre. Wenn Babeuf Diderot als kommunistische Autorität zitiert, handelt es sich also in Wirklichkeit immer um Morelly . Auf den Titel der Morellyschen Hauptichrist spielt Babuf an, wenn er die Absicht der Gleichen ausspricht, unter dem Schutze von hunderttausend Lanzen und Feuer» ick Inn den das erste wahre Gesetzbuch der Natur zn vei künden,