daS nie hätte gesprochen werden dürfen. Diese Auffassung des Kommunismus als des von der Natur Gegebenen findet sich auch bei Morclly, wie vorher schon bei MeSlier. Morelly steht in den Erzählungen vom goldenen Zeitalter Erinnerungen an das ent- schwundene Glück des urwüchsigen Kommunismus und verweist auf die Berichte von Reisenden Uber die Naturvölker Amerikas , die aus diesem Stadium gar nicht herausgekommen seien. Die amerikanischen Wilden so hat ihm ein aus �den Kolonien zurückgekehrter Gewährsmann verfichert.verabscheuen unsere Ungleichheit von Stand und Vermögen und vorzüglich unsere Hab-- sucht". Wenn MeSlier die Habsucht für die Wurzel alles Uebels erklärt, so sieht Morelly in ihr das grundlegende Laster, auf das alle anderen bösen Leidenschaften in letzter Linie zurückzuführen seien. Diese allgemeine Pest, daS Sonderinteresse, hätte aber nie- mals um sich greifen können, wo sie keinen Nährstoff vorgefunden hätte, und so findet Morelly den Satz sonnenklar:.daß da, wo gar kein Eigentum bestände, auch keine seiner verderblichen Folgen würden bestehen können". DaS Sondereigentum hätte nie ein- geführt werden, keine Teilung des gemeinsamen BefitzeS je statt- finden dürfen. Jede Güterteitung. gleichviel ob gleich oder ungleich, jedes Sondereigentum an diesen Teilen erscheint Morelly als das, was Horaz den Grundstoff des größten UebelS nennt. Wirkungen dieser verderblichen Ursache find ihm alle gesellschaftlichen und politischen Schäden, alle moralischen Uebel. Man möge, so lange es einem beliebe, über die beste Regierungsform klügeln, man habe nichts getan, wenn dem Eigentum nicht die Wurzeln abgehauen würden. An besten Stelle muß der Gemein- besitz, der Kommunismus wieder eingeführt werden, um der Mensch- bcit zum höchsten Glück zu verhelfen. Also beginnt der Morellysche Entwurf zu einem Gesetzbuch der Natur mit dem Grundsatz, daß nichts m der Gesellschaft jemandem im besonderen oder als Eigen- tum gehören soll, mit Ausnahme der Dinge, wovon er einen gegen- wärttgen wirklichen Gebrauch mache, sei es für seine Bedürfnisse, seine Vergnügungen oder seine Tagesarbeit. Mit diesem letzten ist wohl gemeint, daß der einzelne auch seine Arbeitswerkzeuge in Besitz haben soll. Hier fleht man denn gleich einen grundlegenden Unterschied gegenüber dem hemigen Sozialismus, für den gerade der Gemeinbesitz der Produkttonswerkzeuge eine Hauptsache ist. Für Morclly spielen sie nicht diese Rolle, weil er noch nicht mit maschineller Produktton rechnet, sondern den Kleinbetrieb vor- aussetzt. Daraus erklärt sich auch, daß nach seinem Gesellschasts- plan dem einzelnen ein Stück Land zur Bewirtschaftung überwiesen wird. Davon ist er aber keineswegs Eigentümer, sondern die ganze Genoffenschaft von etlichen tausend Menschen, die eine Cito, eine Stadt, innehat und eine im wesentlichen sich selbst genügende wirt- schaftliche Einheit darstellt. In den öffentlichen Magazinen der Stadt werden die Erträgniffe der landwirtschaftlichen wie der gewerblichen Arbeit aufgestapelt. Handel damit gibt es nicht: eS wird nichts ver­kauft oder getauscht. Vielmehr verteilt die Obrigkeit, die sich aus den Aeltesten der Stadt zusammensetzt, ebenso wie die Arbeit auch die Arbeitserzeugnisse unter die Mitglieder der Genossenschaft. Hervorzuheben ist dabei, daß die Kleidung nicht luxuriös, die Nahrung nicht üppig sein soll. Hier lugt schon der asketische, jeder Verschwendung feindliche Zug dieser älteren Kommunisten hervor, der auch bei den Babouvisten wiederkehrt und seine Erklärmig darin findet, daß die Produkttvität der Arbeit damals eine viel geringere war als heutzMage, und deshalb der Verzicht auf das Ueberflüssige, die Beschränkung auf das Notwendige erforderlich schien, wenn die Notlage der Mafien behoben werden sollte. Am schärfften springt das aSkettsche, genußfeindlichc Moment hervor bei Mably, dem letzten der Lehrmeister der Babouvisten. Daher kommt auch MablyS ganz ungeschichtliche Schwärmerei für da« Spartanertum, die sich dann bei den Babouvisten wiederfindet; LuxuSgesetze spielen in dem Programm eine große Rolle/ durch das er zunächst wenigstens einmal eine Annäherung an die naturgemäße Gleichheit herbeizuführen strebt, die das A und O seiner Bettachtung bildet. Seine kommunistische Gleichheitslehre hat den Babouvismus sicher stark beeinflußt. Man müßte es schon auS der Verwandtschaft im Gedankengang entnehmen, wenn es nicht auch durch Buonarroti ausdrücklich bezeugt würde. Während der GcschichtS- schreiber der Verschwörung für die Gleichheit die anderen kommu- nisttschen Lehrnteister der Babouvisten nicht besonders erwähnt, hat er dagegen für Mably sogar eine kurze Charakterisierung seines Gedankenganges übrig. MablhS 1776 erschienenes Buch über die Gesetzgebung ist offenbar speziell für BuonarrottS geistige Ent- Wickelung zum Kommunismus bedeutungsvoll gewesen. Der Ge- schichtschreiber bringt im Laufe seines Werkes öfter Mablysche Grund- gedanken zum Vorschein, so die Idee, daß alle Uebel der Gesellschaft Früchte der Habsucht und deS Ehrgeizes seien. Diese Leidenschasten find nun nach Mably selber nicht Mütter, sondern Töchter der Un- Sleichheit, um sie dann fteilich mächtig zu befördern. Die Ungleich- eit ist aber in ihren, Ursprung aus die Einführung deS Eigentums zurückzuführen, worauf in letzter Instanz alle Uebel zurückgehen, unter denen die Menschheit leidet. An den Beginn der menschlichen Geschichte, die Mably . ebenso wie Morelly und Meslier, bloß als einen großen Irrweg anfleht, setzt er ein goldenes Zeitalter des Kommunismus und der all- gemeinen Gleichheit. Uiu wieder zur Gleichheit zu gelangen, müßte man zum Kommunismus zurückkehren, den Mably sich offenbar ähnlich wie Morelly gedacht hat. Er glaubt die Bürger eines solchen Gemeinwesens in verschiedene Kategorien eingeteilt zu sehen, wovon die stärksten bestimmt find. daS Feld zu bauen, dt« anderen den Handwerken obliegen, deren die Gefellschaft nicht entbehren kann. Er steht mit weiser Phantasie überall öffentliche Versatzhänser, worin die Reichtümer der Republick verschlosien liegen; die Obrigkeiten haben fast keine anderen Obliegenheiten, als die Sitten ausrecht- zuerhalten und jeder Familie ihren Bedarf zuzuteilen. Die Obrig- ketten denkt er fich als gewählte Vertrauensmänner einer Demo­kratie, wie denn MablyS politische Grundauffaffung durchaus demo- kratjsch, republikanisch und einer Revolutton nicht abgeneigt ist. In seiner Schrift über die Rechte und Pflichten des Bürgers entwickelt er auch einmal den Gedanken einer kommu- nisttschen Kolonie in Amerika oder einem anderen fernen Weltteil: .Ich will euch." äußert er da,im Vertrauen eine von meinen Torheiten gestehen. Wenn ich in irgend einer Reisebeschreibung von einer wüsten Insel lese, deren Klima mild, deren Waffer gesund ist. so ergreift mich die Lust, dorthin zu ziehen und eine Republik zu gründen, in der alle gleich, alle reich, alle arm. alle frei, alle Brüder sind. Unser erstes Gesetz würde lauten: Niemand darf Eigentum befitzen. Wir würden die Früchte unserer Arbeit in die öffentlichen Magazine ttagen; dort befände fich dann der Staatsschatz und da« Erbe eines jeden Bürgers. Die Familienväter würden alljährlich Verwalter wählen, deren Amt es wäre, jedem einzelnen die zum Leben nötigen Dinge zu geben und ihm die Arbeit anzuweisen, die die Gemeinschaft von ihm verlangen würde." Etwas weiterhin meint Mably, es komme nur auf die Menschen an. daß diese Träume von einem goldenen Zeitalter in Erfüllung gingen. Seine Hoffitungen auf die Erreichung dieses Ideals waren aber tat- sächlich sehr gering, wie daS Buch über die Gesetzgebung zeigt. Er führt dort aus, wie nicht nur mit dem Widerstand der Reichen zu rechnen sei, sondern außerdem damit, daß das Volk nur Anfälle von Grobheit, aber tatsächlich kein Gefühl von Gleich- heit habe. Auch Morelly ist durchaus nicht zuversichtlich in bezug auf die momentane Durchführbarkeit seiner Ideen; er findet es unglücklicherweise nur zu wahr, daß es in unseren Tagen fast un- möglich sein würde, ein ähnliches Gemeindewesen zu bilden", und erklärt weiter, er habe nicht die Verwegenheit, sich zu vermeffen, das Menschengeschlecht zu reformieren, aber Mut genug, die Wahrheit auszusprechen. So hat auch Meslier offenbar die Empfänglich- keit der Maffe seiner Zeitgenossen für die kommunistischen Ideen bezweifelt; sonst hätte er gewiß seine Gedanken schon bei Lebzeiten der Welt kundgetan und dafür mündlich agitiert, anstatt sie alsTestament" der Nachwelt zu unter- breiten. Sie haben alle drei das Gefühl gehabt, ihrer Zeit voraus zu fem. Wirklich war in den Massen zwar Empfänglichleit vorhanden für kleinbürgerlich-radikale Lehren, die fich gegen den Feudalismus richteten, aber noch nicht für den So- zialismus: Die materielle Vorbedingung für die Verwirklichung sozialistischer Ideen, die Großindustrie, existierte noch gar nicht. Daraus erklären sich auch die Mängel, die den Ideen der MeSlier, Morelly und Mably augenfällig anhasten. Weil dre materiellen Ber- hältniffe noch nicht gegeben waren, auS denen der Sozialismus hcrvorwächst. so blieben die Lehrmeister der Babouvisten in der Utopie stecken, arbeiteten in ihrem Kopf den Plan für einen neuen Gesell- schaftSbau aus, der mit dem geschichtlich Gewordenen und Gegebenen in keiner Verbindung stand und deshalb auch zur Verwerfung der ganzen Geschichte als eines großen UnsinnS führte. Besttmmten allgemeine!« Ideen ohne Rücksicht auf daS wirklich Gegebene konsequent nach- gehend, gelangen sie dann zu der Neberspannung des Verlangens nach Abschaffung von Klaffenschcidung und Ausbeutung, in der ihr Gleichheitsschema gipfelt Sie sehen nicht, wie sich thr Ideal auS der Wirklichkeit herausgestalten könne, und blieben dann in der reinen Theorie stecken. In der Theorie haben die Babouvisten ihre Lehrmeister nicht erheblich überholt. Die Bedeutung der Babouvisten liegt darin, daß sie unter bedeutend veränderten Ver- hältniffen den Versuch gemacht haben, die Theorie in die WirNichkeit überzuführen. DaS gelang ihnen nicht und konnte ihnen damals nicht gelingen. Dagegen brachten fie den Keim einer sozialrevolutionären Partei zustande. Die Babouvisten standen, nicht zum wenigsten unter der Einwirkung BuonarrottS und seines Buches über die Verschwörung für die Gleichheit, als Blanquisten wieder auf, und in der Gestalt, die Wilhelm Weitling dem Gleichheitskommunismus gab, fand er dann auch bei deuttchen Arbeitern Eingang. Er dominierte im Bund der Gerechten, um dann unter dem Einfluß von Marx und Engels durch den wissenschaftlichen Kommunismus verdrängt zu werden. Daraus erhellt denn wohl zur Genüge die geschichtliche Bedeutung der Lehrmeister des BabouviSmuS. A. C o n r a d y. k)iincZesmefe und anderes von einer preußilcben Königstochter. Der pietistisch-frömmelndc Zug im Leben und Treiben der deutfchen Fürstlichkeiten des zwanzigsten Jahrhunderts ist eines der gewöhnlichsten Merkmale beim Niedergang herrschender Klassen, Sippen und Geschlechter. Frömmigkeit und Luxus, Schcinheiligkeit und Laster, Redseligkeit und Mangel an sachlichen Taten finden s<tz dann immer beieinander, als ob sie gar keine Gegensätze, sondern