halb soviel wiegt. Wohl zieht auch der Storch seine Kreise ohne tliigelschlag, wenn er in grögerer Hohe einen genügenden Wind ndet Der Albatros aber schlägt überhaupt nur äußerst selten mit dem Flügel. Er hält' sich fast ausschließlich in den Regionen der Passatwinde auf und diese haben meistens eine Stärke, die man am Lande lchon einen Sturm nennen würde. Im Wasser sitzend erhebt sich der Albatros in die Luft einfach durch Ausbreiten seiner mächtigen Flügel. Der Wind hebt ihn sofort senkrecht in die Höhe, ja, wie ich mehrfach bemerken konnte, sogar schräg nach vorne. Ohne eigentlichen Flügelschlag, nur durch Wenden und Drehen, durch mehr oder weniger Ausbreiten der Flügel sind die Vögel imstande, in jedem Wind haarscharf zu steuern. Es ist eine tolle Jagd, wenn so ein halbes Dutzend dieser Riesenvögel auf einsamem Meer den ganzen Tag lang das Schiff umkreisen, völlig lautlos mit gierigen Blicken alles musternd, was irgendwie über Bord fällt. Diese Freßgier wird ihnen aber gelegentlich auch zum Verderben. Ein schwimmender Köder, an dem ein Angelhaken versteckt angebracht ist, an einer starken Leine befestigt über Bord geworfen, bringt den Vogel in den Besitz des herzlosen Matrosen. Die meisten Kapitäne verbieten diesen barbarischen Fang; trotzdem werden viele Vögel so gefangen. Der Balg an der Brust soll zu Federpelzwerk Ver- Wendung finden. Vom Angelhaken befreit kann man die Vögel unbehindert auf Deck laufen lassen. Sie sind nicht imstande, hinler der gegen den Wind schützenden Reling von ebenem Deck aufzu- fliegen. Traurig hopsen sie dann herum oder kauern in einem stillen Winkel, ein Bild des Jammers. Ihr Lebenselenient ist die bewegte Luft. Dennoch müssen die Vögel imstande sein, auch bei Windstille oder bei geringen Winden zu existieren. Die große Schwimmfähigkeit des dicken Federbalges befähigt sie, jedenfalls auch dauernd zu schwimmen, und das allnähreude Meer mutz ihnen wohl auch so genügende Nahrung gewähren. Der Flug des Albatros und anderer Segler, unter denen ich noch die kleinen zierlichen braunschwarzen Secschwalben hervorheben Will, gibt uns noch manche Rätsel auf. Wohl erkennt das fach- männiiche Auge die tragende Wirkung der gewölbten Flügelfläche im Wind oder bei einer den Wind überholenden Geschwindigkeit. Wo- durch wird aber diese Geschwindigkeit erhalten? Ohne Flügel- schlag sehen wir die Vögel gegen den Wind, mit dem Wind und die Wellentäler entlang streichen in handbreiter Ent- fernung von den flutenden Wogen. Die Seeschwalben scheinen förmlich auf dem Wasser zu laufen. Sie bewegen sich parallel zur Wasserfläche, als würden sie mit den Wellen geHobe», ohne dock da? Wasser zu berühren. Sollten die Wellen einen besonders großen Reibungswiderstand dem Winde bieten und die Erscheinung des Auf- triebes des Windes hierbei besonders stark auftreten? Wer kann es sagen? Auch unsere Möwen der Ost- und Nordsee sind vorzügliche Segler und auch die machen bei starkem Winde ausgiebigen Ge- brauch hiervon. Ich erinnere mich einer Fahrt von London nach Hainburg , bei welcher ich drei verschiedene Vogellypen zu beobachten Gelegenheit hatte. Unser Schiff verließ am Abend den Hafen und am nächsten Morgen waren wir schon weit in See, das Land war nicht mehr sichtbar. An Bord wurde ein Sperling bemerkt, der ganz nach gewohnter Weise sich Krumen und einzelne Getreidclörner gut schmecken ließ. Als aber das Leben und Treiben an Bord ihm zu lebhaft wurde, flüchtete er in den Mastkorb. Nach und nach wurde es ihm da oben aber wohl zu zugig, denn er versuchte sich auf Deck wieder ein ruhiges Plätzchen zu sichern. Hierbei wurde er oft gestört und veranlaßt, das Vorderschiff mit dem Hinterschiff zu vertauschen. Um hierbei von den» scharfen Wind nicht ab- getrieben zu tverden, hielt er sich stets hart hinter der Leeseite des Schiffes entlang. Nach einiger Zeit sichteten wir eine Bark unter vollen Segeln. Wir waren noch mehrere Meilen von ihr entfernt, als unser Spatz sich auf die Flügel machte und mit dem Winde wie ein Projektil auf sein neues Hotel zuflog. So mag dieser Weltenbummler es eine ganze Weile ge- trieben haben. Auf einem Segelschiffe wird er wohl länger aushallen als auf dem rauchspeienden Dampfer. An demselben Nachmittage sah ich einen großen Schwärm der gemeinen Saalkrähen, der jeden- falls beizeiten von der holländischen Küste aufgebrochen war und mit dem Südwind, aber bedeutend schneller, im hurtigen Ruderflug zur Kirschenernte dem gastlichen England zustrebte. Nach wenigen Minuten war der Schwärm am Horizont verschwunden. Auf der Höhe von Borkum stellten sich viele Möwen ein. Vom Hinterteil des Schiffes aus beobachtete ich ein prächtiges Exemplar, das dem Schiff ganz nahe folgte. Ich hatte mich mit einigen Herren über den Flug der Vögel unterhalten und lud sie jetzt ein, ihre Aufmerksamkeit dieser Möwe zuzuwenden. Wir haben dann mit der Uhr in der Hand festgestellt, daß etwa 15 Meter vom Schiff lind 5 Meter über unserem Standpunkt der Vogel in gleickcni Abstand dem Schiff 45 Minuten lang folgte ohne den geringsten Flügelschlag. Wir fuhren mit halbem Wind und die Richtung des Möwenkörpers lag genau in dem halben Winkel zwischen der Windrichtung und der Schiffsbewegung. Kein Landtier vermag sich so andauernd fortzubewegen wie die Vögel des hohen Meeres. Bei ihnen hat die Natur das Höchste ge« leistet. Hier haben wir unsere Lehrmeister zu suchen, wenn wir unsere Kenntnis über den Vogelflug bereichern wollen. Cercbotarns Tafcbentclcgrapb» Schon vor mehr als zebn Jahren, als die ersten Erfolge auf dem Gebiete der drahtlosen Telegrophie zu verzeichnen waren, hat Profeffor Ayrton prophetisch ausgerufen:«Einst wird kommen der Tag, wenn wir alle vergessen sind. Dann wird das Menschenkind, das mit dem Freunde zu sprechen wünscht und nickt weiß, wo er sich befindet, mit elektrischer Stimme rufen, die allein nur jener hört, der das gleichgestimmte elektrische Ohr besitzt. Er wird rufen: Wo bist du? Und die Antwort wird klingen in sein Ohr: Ich bin in der Tiefe des Bergwerks, auf dem Gipfel der Anden oder auf dem weiten Ozean. Ohxr vielleicht wird keine Stimme antworten und es weiß dann: sein Freund ist tot." Der Verwirklichung dieses lockenden ZukunstS» bildes scheint man durch einen Apparat, den der Münchener Priester, Profeffor Cerebotani, am Montag in einem Vortrag in derUrania " vorführte, einen guten Schritt näher ge- kommen zu sein. Cerebotani, der schon seit langen Jahren sich mit der Ausarbeitung einfacher und sicherer Apparate auf dem Gebiete der Schwachstromtechnik-Telegraphie und-Telephonie beschäftigt, hat ein Verfahren ausgearbeitet, wonach mechanische Erscheinungen, zum Beispiel der Abdruck der Type eine« Typenrades, die Ernstellung eines Zeigers auf einen bestimmten Punkt einer Skala, Schließen eines Starkstromkreises durch einen Hebel, in der Ferne durch ganz geringe elektrische Ströme oder sogar nur durch Aussendung elektrischer Wellen ohne Drahtleitung eingeleitet werden. Die Grundidee des Verfahrens besteht darin, daß bei der drahtlosen Uebermittelung derBefehle" durch den Funken an der Sendestelle an der Empfangsstelle ein Stromschließarni schrittweise gedreht wird, wobei die Zahl der Schritte ganz genau der Stromimpulse oder der Zahl der Funkenerregungen entspricht. Cerebotanis T a s ck e n t e l e g r a p h, der wie der Erfinder zeigte in einer kleinen Ledertasche untergebracht werden kann, ist vorläufig ein sogenaumer Zecgertelegraph. Auf dem Umfange einer Scheibe sind die Buchstaben des Alphabers oder andere Zeichen angebracht. Auf dieser Scheibe kann sich ein Zeiger bewegen. Wird der Taschen- telegraph an eine Antenne lAusfangedraht ftir elektrische Wellen) angeickloffen, so kann er von einer beliebigen Stelle Nach- rickren empfangen. Einer bestimmten Anzahl von Funken, die durch das Niederdrücken eines Tasters an der Sendestelle erzeugt werden, entsprichl immer eine bestimmte Stellung des Zeigers, so daß zwar langsam, aber dock vollkommen sicher richtige Telegramme empfangen werden können. Sämtliche Einzelheiten des Apparates sind in dem kleinen Kästchen angeordnel, so daß zum Empfangen von Nach- richten nur die oben erwähnte Antenne und eine kleine Lokal- baiierie gehört. Der Apparat arbeitet, wie die Experimente be- wiesen, vollkommen sicher, und es ist anzunehmen. daß er auch eine praktische Bedeutung erhalten wird. Das Prinzip der schrittweisen Drehung läßt sich auch, wie oben erwähnt, zur Betätigung von Typentelegraphen- Apparaten, die Professor Cerebotani schon früher in Berlin vorführte, verwenden. Interessant war auch die experimentell dargestellte Wirkung des Systems zum wahlweisen Schließen von verschiedenen Stromkreisen. Ver- schieden farbige Glühlampen, Signaltableaus und Minen waren an den Distribalnr(Verteiler) genannten Stromschlußapparat an- geschlossen. Dieser Apparat kann entweder durch elektrischen Strom oder ganz geringer Stärke(weniger als Viooo Ampöre) durch eine Leitung, da die Rücklcirung die Erde bildet oder ganz ohne Leitung durch elektrische Wellen betätigt werden. Je nach der Anzahl der ausgeschickten Impulse wird der Stromschluß- arm mn Verteiler in eine bestimmte Stellung gebracht und schließt den gewünschten Stromkreis, bringt eine be- stimmte Glühlampe zum Leuchten usw. Nach dem Stromschluß kehrt der Arm wieder in seine Anfangsstellung zurück, kann also neueBefehle" empfangen. Das Interessanteste am System ist dieser Verteiler, der aus verschiedenen Relais, kleinen Elektro- magneten, Kohärern und Schwackstrombatterien besteht und in wirklich genialer Weise aufgebaut ist. Cerebotani. der nach seiner Versicherung absolut keinen pekuniären Gewinn auS seinen Erfindungen ziehen will. scheint daS übliche Erfinderloö zu teilen. Er erwähnte nämlich mit Ironie, daß seine Erfindungen für die heutige Zeit nichts wären, da siezu einfach, sicher und billig" sind. Der kleine bewegliche Herr mit dem inter - essanten Charakterkopf tröstete sich aber damit, daß eS auch dem Er- finder der Schere nicht besicr gegangen sein soll und daß auch feine Erfindungen ihren Weg machen würden. Der Taschentelegraph verdankt übrigens seine Entstehung im Grunde genommen einer französischen Zeitungsente. Cerebotani hielt vor einiger Zeit in München einen Vortrag über sein System und erwähnte die theoretische Möglichkeit, einen solchen Apparat zu konstruieren. Französische Blätter brachten dann die Nachrichr von diesem Apparat als vollendete Tatsache, sogar die Beschreibung des noch nicht existierenden Apparates. Dementis nutzten nicht? und um da«Journal" nicht schließlich Lügen strafen zu müssen, baute Cerebotani seinen in Berlin zum erstenmal vorgeführten Apparat. Lot». Verantw. Redakt.: CarlWermutb. Berlin -Nixdorf. Druck u. Verlag: Vorwärt« Buch«ruckcre» u.Vcrlag»anjlal:PaulSingerLlEo.,>verlmL�