ewiges Leben beschieden war, der immer wieder kam und die Erdezersprengte, wenn er ihn hundertmal zugedeckt hatte. Als Siegerstand er vor ihm, der röchelnde Greis, Jahre und Geschlechter über-dauernd, trotzig und unverwundbar, denn jeden Streich, der gegenihn geführt ward, hatte er zurückgelenkt aufs Haupt des Gegners,der nun entwaffnet zusammenbrach.Mit einem wahnsinnigen Schrei hieb der Totengräber dieLaterne zu Boden und rannte hinweg. In rasender Flucht stürzteer zu seinem Hause. Hinter ihm kamen die andern, der Alte ander Spitze. Der Totengräber warf eilig die Türe zu und ver«riegelte sie dreifach.„So lang i noch leb', kommt er mir net'rein", schrie er.Dann fuchtelte er mit den Armen in der Luft herum, alsmühte er tausend Feinde bekämpfen und lief zum Herrn Meierhinein.Wie ein Raubtier packte er das Gerippe und schleuderte es aufdie Erde, daß Schädel und Knochen umherflogen. In weitem Satzesprang er mit den eisenbeschlagenen Schuhen auf den krachendenBrustkorb und zertrat ihn in Stücke.„Fahr zum Teufel", sagte er,„Du Hundsfott, der mi meinLebtag belogen hat."Als er aber den Schädel noch ganz sah, riß er eines der eisernenGrabornamente von der Wand und hieb ihn mit einem Schlag intausend Splitter.Gleich darauf hielt er keuchend ein. Von der oberen Kammerdrang es auf einmal durch die dünne Decke mit einem heiseren,kläglichen Schrei. Der Friedl riß Augen und Ohren auf undließ seine Waffe fallen. Das war nicht mehr das Wehklagen derringenden Mutter, ein neues Leben begrüßte die Welt, und inden ersten Schrei des eben Geborenen mischte sich jetzt das gellendeHohngelächter deS verzweifelnden Baters.„Freu dich, Großvater", schrie er.„Freu dich, Alter. DerAndredl iS kaum tot, und da is schon wieder einer, der mi'nunterdrucken möcht in die Erden. Aber, jetzt is's'rum. Plagt'seuch nimmer, ich geb's auf."Draußen pochte es mit furchtbarer Wucht an die Türe.Glei' darfst'rein. Großvater", schrie der Friedl.Er warf einen letzten Blick auf Andredl, dann eilte er überden Flur hinaus in den Stall und stürzte durch den Schuppenfort zum Gießbach hinunter.Am andern Abend humpelte ein alter Mann im Gottesackerzwischen zwei frischen Gräbern herum. Dort, inmitten der leuch-tenden Kreuze hatte man heute seinen Enkel und ganz hinten imstillen Winkel seinen Sohn begraben, der sich selbst das Leben ge-nommen hatte. Der Alte aber schien gar nicht traurig zu sein.Er ging ganz vergnügt in der warmen Abendsonne herum, und inden Armen trug er ein großes, leinenes Bündel, das einen Säug«ling barg. Mit blödsinnigem Lachen beugte er sich zu dem Kindeherab und liebkoste es.„Bist a Mordskerl", lallte er dabei,„a Mordskerl! Du mußt«mal a Totengräber wcrd'n. Wart nur, balst groß bist, derfst miabhol'n beim Godingcr."_franzöfircbe CKablrechtöhämpfe.Im Wahlrcchtskompf erinnert der 18. März das preußische Volkdaran, daß die Berliner Stratzenscklacht das allgemeine, gleicheWahlrecht erobert hat, dessen Ersetzung durch die Dreiklassenschmachdann das Werk eines reaktionären Gewaltstreichs war. So wurdeauch sür die Wahlen zur deulschen Nationalversammlung das allge«meine Stimmrecht angenommen, und vom Anbeginn der 43 er Be»wegung fand sich diese demokratische Grundsorderung in all denSrurmpetitionen, die in den verschiedenen deutschen Vaterländernden regierenden Herren vorgelegt wurden. Die besitzenden Klassenhätten lieber ein Gcldsackwahlrecht gehabt, mußte» aber ihrenHerzenswunsch zunächst vertagen, angesichts des UmstandeS, daß dieRevolution in Deutschland zum Ausbruch gckonimen war insolgeeiner französischen Volkserhebung, die als WablrechtSbewegung be«gönnen hone und an die Stelle des Bourgeoisköniglums mit demGeldsackwahlrecht die demokratische Republik mit dem allgemeinen,gleichen Wahlrecht setzte. Die Früblingsstürme des JahreS 1848kamen von Frankreich nach Deutschland herüber, und wenn derVölkerfrühlina bei uns erst im März begann, so setzte er im west-lichen Nachbarlande schon vor Ende Februar ein. Derdeutschen Märzrevolution ging die französische Februar«revolution vorauf, von deren Sieg Lassalle an einer be-rühmten Stelle seines Arbeiterprogramms die erste Morgenröte einerneuen Geschichtsperiode datiert, weil fie das allgemeine Stimmrechtproklamierte.Wenn unsere herrschenden Kreise nicht für die Lehren der Ge-schichte ebenso blind wären, wie für die Zeichen der Zeit, so könntebei der Erinnerung an 1848 gerade der französische Anfang der Be-wegung fie daraus stoßen, ein wie gewagtes Spiel der Versuch ist.mit dem Polizeisäbel und dem Schießprügel den Ruf nachmehr Bolksrechte zu unterdrücken, wenn er von einer großenVollSbewegung getragen wird. Tiefes Spiel haben der fron-zösische Bourgeoiskönig LouiS Philippe und seine Staats-weisen gegen die Wahlrechtskämpfer jener Zeit gewagt und habenes verloren, mit dem Erfolg, daß noch viel mehr in die Brüche ging,als bloß das GeldsackSwadlrecht, das seit der Julirevolution von1830 den Kreis der Slimniberechtigten auf die 200 000 Bourgeois,rund 2 Prozent der erwachsenen männlichen Bevölkerung, beschränkte,die mindestens 200 Franken Steuern jährlich bezahlten. Unter diesemWahlsystem beherrschte die Schicht der besitzenden Klassen, die mandie hohe Finanz neimt, das Land und beulete die polirische Gewaltrücksichls- und schamlos zu ih, m materiellen Vorteil aus. Di«wüsteste Korruption herrschte be den Wahlen, wie in der Kammerund in den amtlichen Kreisen, und wurde durch die einander jagen»den Skandalprozesse den weitesten Kreisen vor Augen geführt. Di«Alleinherrschaft des Spekulanientums wurde schon seit etwa demAusgang der 30« Jahre von den außerhalb des regierendenKlüngels stehenden Schichten der besitzenden Klassen lebhaft bekämpftund eine Wahlreform als das Mittel erkannt, um die Machtverhält-nisse im Parlament zu verschieben. Der Bourgeoisliberalismus,zu dem sich die große Mehrzahl der Opposition in derKammer bekannte, forderte aber keineswegs das allgemeineStimmrecht, sondern bloß die Herabsetzung deS Zensus auf100 Franken, wodurch ein Teil des Kleinbürgertums wahlberechtigtgeworden, die Zahl der Wähler aber bloß verdoppelt worden wäre,während neun Zehntel der Bevölkerung nach wie vor politisch recht-los geblieben wären. Daneben aber machte sich auch gleich diedemokratische Forderung des allgemeinen Wahlrechts geltend, die vonkleinbürgerlich-radikaler, wie von proletarisch-kommunistischer Seiteerhoben wurde.Im Jahre 1340 machte sich unter den Pariser Arbeiterneine lebhafte Bewegung sür bessere Arbeitsbedingungen geltend, undda fand auch die politische Forderung des allgemeinenStimmrechts unter ihnen als Mittel zur Verbesserung ihrerLage Anklang. Während die gemäßigte Opposition in der Kammermit liberaler Halbheit nur die Herabsetzung des Zensus verlangte,wurde von radikaler Seite eine Petition für allgemeines Stimmrechtvorgelegt, die 240 000 Unterschriften trug. Von der Regierung undder Kammermehrheit wurde jede, auch die kleinste Reform von derHand gewiesen. Man verließ sich auf die bewaffnete Macht. Undwie gegen die Arbeiterbewegung dieses Jahres 1840 mit brutalsterPolizei« und Militärgewalt vorgegangen wurde, so gingman auch gegen eine große Demonswation für Wahl-reform, die am 14. Juli 1840, am Jahrestag des Bqstillen-sturms, in dem Pariser Arbeiterquarlier St. A n t o i n estaltsinden sollte, mit einem polizeilichen Verbot vor. UnbequemenUnglücksprvphcten von der Feder ging man mit dem Staatsanwaltzu Leibe, so dem berühmten christlichen Sozialisten LamennaiS,von dem im Oktober 1840 eine Flugschrift für die Wahlreformherauskam. Darin hieß es u. a.:„Reform I Reform I Das ist derRuf, der widerhallen mutz von einem Ende des Landes zum anderen,von Brest nach Straßburg, von Bayonne bis Dünkirchen. Die Re-form, eine vollständige Reform wird uns befreien von der selbst«süchtigen Rasse der Feiglinge und Verräter, der Aussauger,die in dem Volke nur eine zu verzehrende Beute sehen.Frankreich kann nicht untergehen, die Welt bedarf seiner.Wenn ihr darum, ich sage eS den Furchtsamen, wennihr keine friedliche Reform haben wollt, sowerdet ihr eine gewaltsame haben. Wählt." Dafürmußte LainennaiS ein Jahr brummen, und doch hatte er nur wahrgesprochen: kaum sieden Jahre später gaben die Ereignisse feinerProphezeiung recht.Soviel Zeit blieb dem König, dem leitenden Minister Guizotund ihren Konsorten noch, um in sich zu gehen. Sie dachten nicht daran,obwohl sie oft genug an die Notwendigkeit von Reformen, vor allemder grundlegenden Reform, der Wahlreform gemahnt wurden. Füralle parlamentarischen Reformanträge und für alle Resormpetitionenaus dem Lande hatten die Regierenden nur taube Obren: sür siewar alles aufs beste bestellt in der besten der möglichen Welten.Das Spekulanteinum machte glänzende Geschäfte in den JahrendeS Eifenbabnfiebcrs, die gleichzeitig auf allen GebietendeS Wirtschaftslebens mächtige Fortschritte des Kapitalismusbrachten, aber auch einen enormen Schwindel blühen sahen.Und dann kam das Jahr, in dem die Schwindel-blase platzte; der Fehlernte von 1843 folgten die Teuerung von1847, die industrielle KrisiS, Arbeitslosigkeit, Massenelend,massenhafte Bankerotte, und auch eine Massenbewegung setzte nun«in. Wie das hungernde Proletariat, in dem der Sozialismusgroßen Anhang gefunden hatte, die Bourgeoisregierung und dasGeldiackswahlrecht mit steigendem Ingrimm ansah, so war auch inden Herzen deS Bürgertum» die Empörung über das bestehendeSystem groß, über dieses korrupte Regimen: der Börsenwölfe, vondenen man gerupft worden war. Auch aus diesen Kreisen fand nun derRuf lauten Widerhall: Nieder mit der Korruption I Hoch die Re»form I Das Verlangen nach einer Wahlresorm, die der Herrschaftder regierenden Clique ein Ende machen sollte, griff im Jahr 1847immer weiter um sich— in der bourgeoiS- liberalen, wiein der radikalen Form. In der Kammer stellte im Frühjahr1847 ein konservativer Abgeordneter, der sich gleich einer Anzahlvon Gesinnungsgenossen zu der Notwendigkeit bekehrt hatte, eineWablreform vorzunehmen, wenn die Lage nicht sehr gefährlichwerden sollte. Duvergier de Hauranne, den Antrag, denZeniuS für die Wahlberechtigung von 200 auf 100 Frank herab-zusetzen. Aber die Mehrheit und die Regierung wollten von nichtshören. Die geringfügigsten Verbesserungsanrräge lehnte der leitendeMinister Guizot ab. Die Erwädnung deS allgemeinen Stimmrechtsnahm er überhaupt nicht ernst; für.diese« absurde System"hane er nur ganz verächtliche Worte übrig. Auf den Zuruf eines