genug um zu verhindern, daß sich die Zähne des Hundes tief in seine ausgestreckte Hand eingruben. Dann aber verließen Buck wieder die Sinne. ..Er hat mal wieder Krämpfe," sagte der Mann zu dem Gepäck- meister, der infolge des Lärms herankam.Soll ihn grade zu einem Tierarzt bringen, der so was heilen kann. Es ist ein schönes Stück Arbeit und was habe ich davon? Dreißig Mark neben der Fahrt! für dreihundert machte ich das nicht noch einmal." Er wickelte ein schmutziges Taschentuch um die verwundete Hand.Wenn ich nur nicht die Tollwut kriege," meinte er ängstlich. Ach was," lachte der Schaffner.Aber nun mal angefaßt, und das Frachtstück bester verpackt!" Halb betäubt durch die Schmerzen an Hals und Zunge wurde Buck hervorgezogen und in einen käfigartigen Verschlag gestoßen und dann der Strick von seinem Halse gelöst. So lang er nun Stunde für Stunde, die ganze lange Nacht mit stillem Zorn und schwer verletzter Ehre. Er konnte sich nicht denken, was das alles zu bedeuten hatte. Was wollten die fremden Leute nur von ihm? Was sollte er hier in diesem Käsig? Jedesmal, wenn die große Schiebetür des Wagens kreischte, sprang er auf. Immer dachte er, daß nun sein Herr hereinkommen würde oder wenigstens die Kinder. Aber immer war es nur das stumpfsinnige Gesicht des Schaffners, das er bei dem trüben Schein der schaukeln- den Laterne sah und das Freudengeheul verwandelte sich in seinem Halse zu einem immer erbitterterem Knurren. Erst als der Morgen graute, hielt der Zug und es kamen vier Männer herein, roh und verwildert aussehende Kerle. Er bellte sie wütend an, aber sie lachten nur, steckten Stöcke durch den Holz- verschlag und stießen und schlugen ihn damit, bis er die Knüppel mit den Zähnen erfaßte und in Stücke gebissen hatte. Bald aber merkte er, daß es grade das war, was sie ergötzte. Da legte er sich still hin und schloß die Augen. Jetzt faßten sie den Verschlag, hoben ihn auf und trugen ihn in einen anderen Zug, der dann wieder Stunde auf Stunde dahinsauste. Wieder wurde es Abend und man brachte ihn auf ein Fährboot, das übe-r einen Fluß fuhr und dann noch einmal in den Gepäckwagen eines Schnellzuges. Das Unglück wollte, daß er, schlecht gelaunt wie er war, die ersten freund- lichen Slnnäherungsversuche der Beamten mit Knurren beantwortet hatte und nun mußte er dafür büßen. Das Necken und Zerren nahm kein Ende. Sie mauten wie die elenden Katzen, die sich immer auf den Kornböden und in den Pferdeställen horumtrieben, und bellten wie die gewöhnlichsten Köter, klatschten in die Hände und pfiffen in den höchsten Tönen. Er wußte wohl, daß es eigentlich alles zu dumm war, als daß er sich darüber hätte ärgern sollen, aber grade durch diese Albernheiten fühlte er sich in seiner Ehre gekränkt und seine Wut stieg von Stunde zu Stunde mehr. Sein einziger Trost war, daß man ihm doch wenigstens den Strick vom Halse genommen hatte: und er wollte wohl dafür sorgen, daß ihm keiner mehr umgelegt wurde. Der Strick war es, der ihnen damals die Uebermacht gegeben hatte; jetzt würde er sich seiner Haut schon wehren. Wehe dem, der ihm zunächst in den Weg kom- men würde. Zwei Tage hatte er nun schon keinen Bissen genossen. Er machte sich nichts aus dem Hunger, der Durst aber bereitete ihlH entsetzliche Pein,' denn feinfühlig wie er war, wurde er durch den steten Aerger fieberhaft erregt und auch die Schmerzen an Zunge und Hals wurden immer stärker. Seine Augen waren blutunterlaufen und rollten wild in ihren Höhlen. So verändert sah er aus, daß selbst sein Herr ihn nicht wiedererkannt hätte. Die Beamten waren froh, als auf einer Station am Morgen des dritten Tages der Holzverschlag ausgeladen wurde. Es war in Seattle . Vier Leute setzten ihn auf einen Rollwagen, fuhren ihn durch enge Straßen bis auf einen kleinen, von hohen Mauern um- gebenen Hof. Ein dicker Mann mit roter Jacke, die am Halse ein gutes Teil zu weit war, kam ihnen entgegen, nahm den Leuten den Frachtschein ab und bestätigte den Empfang. Das war also der- jenigc, der ihn zunächst peinigen würde, dachte Buck und sein Rückenhaar sträubte sich vor Wut und mit aller Kraft rüttelte er an den Latten seines Käfigs. Der Mann lachte höhnisch und holte «in Beil und einen Knüppel herbei. ..Er soll doch nicht etwa jetzt raus?" fragte einer der Leute, die ihn gebracht hatten. Natürlich," antwortete der Rote und hieb mit der Axt auf das Lattenwcrk. Nach allen Seiten stoben die Männer auseinander, flüchteten auf die hohe Mauer und warteten neugierig auf das kommende Schauspiel. (Fortsetzung folgt.)' (Aachvruik verboten.) laebeswerben und Ekegwck in der Vogelwelt. Von Else Kind. Ihre körperliche Beschaffenheit stellt die Vögel an die zweiterste Stelle unter den Tieren, und die Acußerungen ihres Seelenlebens rechtfertigen nicht nur diesen bevorzugten Platz, sondern heben ste häufig noch über die körperlich höher entwickelten Säugetiere hinaus. Wie bei den meisten organischen Wesen, so ist auch bei dem Vogel die Zeit der LiebeLbetäligung der Höhepunkt seines Daseins, aus dem er alle seine Kräfte zur stärksten Entfaltung bringt. Ohne die Liebeswerbung wäre nicht der Gesang, nicht der Flug und der Tanz der Vögel zu der oft geradezu verblüffenden Kunstfertigkeit ausgebildet, und es ist bezeichnend, daß bei Arten, deren Lebensbedingungen mühevolles Werben überflüssig machen, wie eS bei den, männlichen Repräsentanten unseres gewöhn- lichen Haushuhnes der Fall ist, dem seine Hennen auch ohne jede Balze gehorchen, der künstlerische Ausdruck der Werbung verloren gegangen ist. Die Haushühner sind die einzigen, bei denen, dank menschlicher Vorsorge, die Weibchen die Ueberzahl bilden. Bei allen anderen Vogelarten ist ein Ueberwiegen des mannlichen Geschlechts beobachtet worden, und dieser Umstand vor allem bringt es mit sich, daß die männlichen Vögel alle ihre natürlichen Künste spielen lassen, um in den Besitz einer Gattin zu kommen. Viele männliche Vögel, denen dies Glück aus Mangel an Weibchen versagt bleibt, durch- streifen ruhelos auf der Jagd nach einer Artgenossin daS Land, und finden sie ein vereinsamtes Weibchen, so lassen sie alle erdenklichen Kunstgriffe spielen, um an daS Ziel ihrer sehnlichen Wünsche zu gelangen. Meistens finden sie bei der Erkorenen williges Gehör und geben dann ihrer Freude auf alle erdenkliche Art Ausdruck. Die Weibchen, die den, zweiten, dritten oder vierten Lebensgefährten im Grunde ihres Herzens nicht so gewogen sein mögen wie dem ersten, zögern doch nicht, die meistens durch den Tod leergewordene Stelle des Gatie» mit einem Nachfolger zu besetzen, und diese offenbare Flatterhaftigkeit bat vor allem ihre Ursache in der Pflege der heranwachsenden Brut, die daS Weibchen allein ohne männliche Hilfe nicht aufziehen kann. Die geringere Zahl der Weibchen und ihre dadurch bedingte schwierigere Eroberung mag dagegen die Vogelmännchen zu der viel innigeren und treueren Liebe befeuern, die bei ihnen beobachtet wird. Stirbt einem Vogel das WeiMm, oder wird er jählings von seiner Gattin getrennt, so ist er völlig geknickt und un- tröstlich und überlebt häufig die Trennung nicht lange. Ein Star, der an einem lichten FrühlingSmorgcn mit seinem Weibchen am Brutkasten erschien und allein ohne seine Gefährtin fortgefangen wurde, flatterte ein kurzes Weilchen stürmisch im Käfig umher, kauerte sich dann teilnahmslos in einer Ecke zusammen, ohne daö Futter zu berühren, und bewegte durch die bezeigte Trauer das Herz seines FreiheitSräuberS derart, daß der Käfig nach einer Gefangenschaft von ivenigen Stunden ge» öffnet wurde. Man hatte erwarlet, den Vogel fröhlich wieder in seine zurückgewonnene Freiheit hinausflattern zu sehen; statt dessen humpelte er trübe einige Schritte vorwärts, machte dann vergeblich den Versuch, aufzufliegen, fiel auf den grünen Rasen zurück, unb sein treues Herzchen hatte ausgepocht. Aehnliche Vorgänge wurden zahlreich an männlichen Vögeln beobachtet, die man zur Brutzeit von ihren Weibchen trennte. Ausnahmsweise halten wohl auch die Weibchen unverbrüchliche Treue. So kehrte eine Störchin, die man mitten in den Flitterwochen des Gatten beraubt hatte, ILJahrc langinihr vereinsamtes Nest zurück, wehrte heftig alle Bewerber von sich ab. und verließ endlich, der feindlich andringenden Uebermacht eines ver- einten StorckvaarcS weichend, ihren jahrelang ausgebesserten und be- wohnten Horst. Eine andere Art, die Zivergpapageien, hat man wegen ihrer ehelichen Treue auch dieUnzertrennlichen" getauft, und daS mit vollem Recht, denn bei diesen Tierchen pflegt der Tod deS einen Gatten den des anderen unweigerlich nach sich zu ziehen. Die meisten Vögel leben in einer für Lebenszeit geschlossenen Ehe, was aber das Vorkommen vorübergehender Treubrüche von der einen oder anderen Seite durchaus nicht ausschließt. Mag das Männchen noch so eifrig und inbrünstig»in die Liebe feines Weibchens gelvorben haben, so zögert eS doch nicht, auch anderen Schönen, die in sein Bereich komnien, den Tribut seiner Be- wunderung zu zollen. In gleicher Weise bleibt auch das Weibchen von dem Reiz und den Fähigkeiten anderer Männchen nicht un- gerührt, und will sich der rechtmäßige Gatte nicht verdrängt' sehen, so darf er nicht müde werden. Auge und Ohr seiner Gattin zu ent- zücken, um seinen Rivalen aus dem Felde zu schlagen. Vielchigkeit ist unter den Vögeln selten, Vielweiberei nur unter den Zuchthühncrn anzutreffen, und auch hier nur eine scheinbare. denn in Wahrheit gehen Hahn und Henne teilnahmslos an einander vorbei, kümmern sich nicht um des anderen Freud und Leid, und ihre vorübergehende Bereinigung ist nur eine rein physische. Ebenso locker sind die Familienband« der Kuckucke und Kampfläufer, die in Vielchigkeit leben. Den Ein- oder Vielehen der Vögel geht der wichtigste und an- ziehcndste der Liebesbetätigung voraus die Werbung. Sie ge- schieht in so vielerlei Forni, als es vielerlei Arten Vögel gibt. Wenn der Frühling siegreich über des Winters Härten truimphiert hat, dann beginnen im neugeschntückten Federkleide auch die Vögel ihr liebliches Minnespiel. Die Raubvögel umfliegen in mächtigen Flugreigen die Erkorene, gleiten ruhig im Aether dahin oder stürmen mit Blitzesschnelle vorwärts: die Schwimmvögel ziehen gleichmäßig ihre Bahn, um sich plötzlich mit halbangezonenen Flügeln steil in die Tiefe zu stürzen und kehren gelassen wieder zur Oberfläche zurück. unablässig ihre markigen, schreieirden Rufe ausstoßend. Vom Morgen- grauen bis zum späten Abend find die gefiederten Werber in glühender Bewegung, um den Ueberschwung ihrer Gefühle auf ein Weibchen ihrer