— 295—die Dämmerung hereinbrach. Dann wurde wieder das Lager auf-geschlagen. Einige Leute holten Feuerholz, andere trugen demKoch Eis oder Waffer zu, hackten Fichtenzweige klein und breitetendie Schlafsäcke darauf aus.Luch die Hunde bekamen dann ihre Mahlzeit. DaS war daseinzige, was etwas Abwechselung in daS Dasein brachte. Es warenauch wieder einige Raufbolde unter den Hunden, aber nach dreigrösjereu Balgereien, aus denen Buck als Sieger hervorging, fand«S keiner mehr lohnend, einen Streit anzufangen. Er brauchtenur das Rückenhaar zu sträuben und die Zähne zu zeigen, so gingensie ihm schon aus dem Wege.Am besten gefiel es ihm, wenn er am Feuer liegen durfte.Die Hinterbeine zog er unter den Körper, streckte die Vorderbeineweit von sich und legte den Kopf darauf.So blinzelte er schläfrig in die Flammen. Manchmal wander-ten die Gedanken zurück in seine Heimat, und er sah das weißeHauS vor fich, die klaren Fluten des Sees, Tutt. den dicken Mops,und Bella, die kleine Pinscherhündin. Oester aber auch dachte eran den Mann in der roten Jacke, an den Tod von Zottel undan Spitz, seinen Todfeind. Heimweh hatte er nicht. Der sonnigeSüden lag zu weit hinter ihm, und zu viel war inzwischen ge-schehen, als daß sein Bild anders als nur ganz verschwommenhätte in seinem Gedächtnis auftauchen können. Viel klarer sah erdagegen ein anderes vor sich. Und das war merkwürdigerweisenicht einmal aus der Erinnerung an ein eigenes Erlebnis. Unddoch war ihm alles so bekannt. Es war das Erbe seiner Vor-fahren, deren Erinnerung, die lange in ihm geschlafen hatte undnun erwachte.(Fortsetzung folgt.)'Das BcrUner Hrbcltcrbibllotbcka-wclen.Von Josef Klicha.n.Die Berliner Arbeiterbibliotheken im Jahre t90S.Um eS vorweg zu sagen: die Zahl der ausgeliehenen Bücherist im Verhältnis zur Zahl der als Leser in Betracht kommendenOrganisationsmitglieder nicht hoch. Jedoch mutz man, wie schonbemerkt, die starte Benutzung der Heymannschen Bibliothek hierbeiin Betracht ziehen. Ueberbaupt bei den kleineren Bibliotheken, indenen zumeist die vom Leser gewünschten Werke sehten, kann dasJniereffe der Mitglieder an der Bücherei ihres Verbandes nur«insehr geringes sein. Auch werden die LuSleibebedingungenmeistens im eigenen Verbände nicht so befolgt, als ineinem fremden Institut, und es befindet fich daher dasBuch sehr oft über Gebühr lang« in den Händen eines LeserS, indesder andere fich autzerhalb de« Verbandes darum bemüht. Zur Be-krästigung des Gesagten sei angeführt, datz die Strafgelder für über«langes und unerlaubtes Behalten eines Buches bei den Transport«arbeiten, nicht weniger als 360 M. und bei den Buchdruckern lSd M.im letzten Jahre betrugen. Einzelne verbände baden ihre Biblio-theken wochen- und monatelang aus irgend einem Grunde geschloffengehalten, schon deshalb waren die Mitglieder gezwungen, ihren Bedarfauswärts zu befriedigen. Datz die Leseziffer in den einzelnen Ovar«talen stark von der Arbeitsgelegenheit abhängig ist, braucht wohl kaumerwähnt zu werden. Um jedoch eine tatsächliche Unterlage zugeben,sei bemerkt, datz z. B. die Zahl der ausgeliehenen Bände bei demVerbände der Kürschner im 1. Quartal 1909 SS7 betrug, im 4. da«gegen nur 261.Die Gesamtziffer der ausgeliehenen Bändewährend des letzten Jahres beträgt 126 918. Die verausgabteSumme für Neuanschaffungen, also Ergänzung des Bücher«bestandeS, beziffert fich im Jahre 1999 nach den Angaben der Or-ganisationSleiler auf 13 898 Mark. Zum Vergleich find die einzelnen!Zosten jeweilig bei den betreffenden Organisationen in der nach«olgenden Tabelle mit angegeben.«--»n«Mte*--»S-SrbeiterbildungSschule. 2066 8242 S14Barbiere...... 300 260 139Bäcker....... 500 1495 198Bildhauer..... 1378 2113 867Böttcher..... 119 29 135Brauereiarbeiter... 4S2 689 100Buchbinder..... 1835 4008 100Buchdrucker..... 4600 14303 480BuchdruckereihilfSarbeit. 660 1166 150Lureauangestellte... 250——tabrikarbeiter.... 631 641 60astwirtSgehilfen... 722 8944 233Gärtner...... 476 760 60Glasarbeiter.... 250 872 85Glaser...... 1000 900—Holzarbeiter.... 8850 12409 2430Hutmacher..... 60 wird fast gar nicht benutztKupferschmiede..,, 600 465 60Kürschner...... 679 1678 62Am stärksten benutzt wurde die Bibliothek der Gastwirts»g e h i l f e n, bei denen durchschnittlich das Buch fünfmal auS-geliehen wurde. Dann folgen die Metallarbeiter, die eine vier-malige Emleihung erzielten. Die Buchdrucker. Transportarbeiter,Holzarbeiter und Bäcker mit einer je dreimaligen durchschnittlichenAusleihung. Jedoch gibt auch dieses kein unbedingt klares Bild, daeinmal auch die Höhe der Mitglieder in Frage kommt und zumandern auch die starke Benutzung der Heymannschen Bücherei be-einflussend wirkt. Die Bibliothek der Metallarbeiter war i», letztenJahre infolge Renovierung drei Monate geschloffen und die derBöttcher gar 11 Monate.AuS räumlichen Gründen und auch auö Mangel an einer ge-treuen Statistik bei verschiedenen Vereinen kann hier keintabellarisches Material über die Benutzung der einzelnenLiteraturgebiete gegeben werden. Es ist selbstverständlich,datz die UnterbaltungSliteramr den ersten Platz einnimmt, auch schondeswegen, weil die Frauen und Kinder stark an den Eni»teihungrn teilhaben und diese für die wissenschaftlichen Gebiet«schwerer zugänglich find, als die männlichen Leser. Aber eS mutzdoch gesagt werden, datz die Verteilung etwas ungesund ist; auf dieUntrrhaltungSliteratur entfallen z. B. bei den Maurerndrei Viertel, bei den Sattlern und Porlefeuillern sogar vier Fünftelder Gesamlentleibungen. Nun wäre wohl dagegen nichtallzu viel einzuwenden, wenn vorwiegend gehaltvolle Werl«gelesen würden. Dem ist nun leider durchaus nicht fo.Bon den 384 ausgeliehenen Büchern des Textilarbeiterverbandesentfallen auf die klassische Literatur stlasfisch im umfassendsten Sinnejnur 17 Bände, während die leichtere Belletristik 179 Entleihungenausweist. Roch viel kcaffer tritt diese Erscheinung bei der starkfrequentierten Bibliothek der Transportarbeiter zu tage. Währendhier DumaS von 779 Lesern gelesen wurde, Busch von 364 undGerstäcker von 444, entfielen auf Leinng nur 3. auf Goethe 12, aufSchiller 18, auf Hebbel 6. auf Hauff 5, auf Börne und Grill parzerje 3, auf Björnson 4 und auf Jbien 7 Entleihungen. Nicht vielanders find die Ergebniffe einer Autorenkonirolle bei den anderenVereinen. Bielleicht lätzt fich dieser Uebelstand durch belehrendeVorträge innerhalb der Organisationen oder durch geeignet«Aussätze in der Fartipreffe beheben, und daS wiro nötig fein.So ist zum Beispiel bei den Buchdruckern der am stärksten gelesen«Autor Karl Matz— vielleicht ist diese Erscheinung daraus zurück-zuführen, datz hier die Lehrlinge an der Bibliothek teilnehmen. Auch,n der Abteilung Geschichte kairn ich der Gier nach den unwiffen-schastlichen.Gekrönten Häuptern* oder den Eorvinschen Schriftenbei aufgekärten Arbeitern nicht zustimmen.Die meisten Bibliotheken werden im Nebenamt geleitet,daher kann auch der mit der Bücherausgabe betraute Genosse auSMangel an Zeit aus eine Kontrolle seiner Leser oder auf die Er-teilung von Ratschlägen fast gar keine Sorgfalt verwenden. Dasist ein Uebelstand, den die Organisationen nach Möglichkeit ab«zuhelfen bestrebt sein sollten. Denn ein rühriges Lesebedürfnis istvorhanden, es mutz nur in gesündere Bahnen gelenkt werden.kleines femUeton.Guillotin als Feind der Guillotine. Wie der Arzt Dr. Guillotin,der Erfinder oder vielmehr Wiedererfinder und Verbesserer der nochihm benannten Guillotine, fich als Feind seiner eigenen Erfindungbetätigre und den bestimmten Opfern des von ihm verbessertenFallbeils raschere und ichinerzlosere Wege des Todes erfchlotz, wirdin den.FeuilleS d'Hiftoire* nach den Erinnerungen des Politiker«und späteren Polizeiprästdenten Bengno« erzählt. Währendder.Herrschaft deS Schreckens* kamen in den Besängniflenzahlreiche Selbstmorde durch Gift vor; viel« der für die