— 816— ftrttgkn Bäume der Nürnberger Spielkasten einen Begriff davon geben kann. Vom Stamm ist von der Höhe an, wo ihn die undurchdringlich dichte, polstrige, dem Thuja ähnliche Nadelholz- belaubung umkleidet, keine Spur mehr zu sehen. So schießt der stolze Baum fast zwanzig Meter wie ein runder Obelisk gegen den Himmel. Das einzige Zweigchen, dem die Freiheit selbst- ständiger Bewegung vergönnt ist, das zittert hoch oben als dünnes Wipfclchen. Wer in zwei Jahren wird es auch mit eingesponnen sein und ein neues wird als Fahne des aufsteigenden Lebens der Zypresse in den Lüften zittern. So ganz untadelig wie meine Zypresse bei Mantua sind nicht alle ihre Schwestern. Aber die Unterschiede sind gering. ES ist. alS ob diese Bäume einem Orden angehörten, in dem harte Gesetze jedes Auswachsen individueller Neigungen verhindern. Sie leben gerne einzeln oder immer nur mit wenigen andern zusammen. Aber wo sie stehen, da geben sie der Umgebung Gewicht, Charakter und Größe. Düster erscheinen sie nur im Norden, wo kein ge- nügend starker Gegensatz in Form und Farben vorhanden ist. Wer auf den Hügeln Toskanas, wo sie unter dem tiefblauen Him- mel die im Sonnenschein leuchtenden roten und gelben Häuser der kleinen Städte und Dörfer überragen, da bringen sie in die laute Festesfreude der Farben die feierliche Stimmung. Und wenn man noch weiß, wie die Zypresse den glühenden Lichtregen der italienischen Mittagssonne schadlos und souverän an sich ab- gleiten läßt, während sie die zerstreute Helligkeit des Tages ein» saugt, und so die Semper virens, die Jmmcrgrünende, bleibt, so wird man es verstehen, wie man diesen Baum in Italien , wo man ihm auch begegnet, trotz seiner strengen Stilform, immer wieder als etwas sinnvoll Belebtes und Lebendiges begrüßt. Größere Gegensätze als Zypressen und Olivenbäume lassen sich nicht Lenken. Dort alles auf Schönheit und Vornehmheit an- gelegt, der verkörperte Baumadel; hier das zunächst unscheinbare Baumproletariat, das sich aber in seiner sehnigen Gedrücktheit zu einer seltsamen Größe erheben kann, zur Größe der Arheit im langsamen Mühen und Schafken. Die Zypresse wächst, wie alle Coniferen, ziemlich rasch; ein Oelbaum braucht 50 Jahre, bis er nur die erste Jugend hinter sich hat und Bäume mittlerer Größe, b. h. so hoch wie ein einstöckiges Häuschen, sind oft zweihundert und mehr Jahre alt. Sie sind ein seltsames Zwergvolk, die Oel- bäume, und haben immer etwas von sonderbaren Käuzen an sich. Zwischen St. Vigilio und Garda am gleilbnamigen See liegt hoch über der blauen Wasserfläche ein Olivenwald. Nie habe ich mich sattsehcn können an dem phantastischen Formenreichtum, in welchem sich die Stämme der Olivenbäume gefallen. Schwer, nicht in runden schönen Walzen, sondern wie von den Werdenöten flach- gedrückt, ringen sie sich empor, um gleich wieder, von der Schwere des Daseins bedrückt, an der Erde hinzukriechen und sich nach kur- zem Atemholen wieder aufwärts zu recken. Viele Stämme kom- men in einem Halbkreis wie eine aufgerollte Rinde aus der brau- nen leichten Erde. Andere klaffen erst später auseinander und biegen sich schaufelartig wie Renntiergeweihe. Manchmal kriechen zwei oder drei Stämme, die wie dickes knorriges Wurzelwerk aus- sehen, nahe beieinander aus dem Boden und vereinigen sich zu einer Art Dreifuß, über dem sich ein schmächtiger gemeinsamer Stamm entwickelt. Die ganze Kraft sammelt der Oelbaum im untersten Stammende, als ob er ungeheuer Schweres zu voll- bringen hätte. Dann scheint ihn nach qualvollen Anstrengungen fium Größten auf einmal die Kraft zu verlassen, und er verliert ich nach vielen Verrenkungen und Konvulsionen in ein spärliches, buschiges Gezweige, das mit kargen, silberigen Blättern, eigent- sich keine Baumkrone bildet, sondern wie ein leichter Schopf auf den abenteuerlich krummen und buckligen Baumleibern sitzt. Manch- mal aber biegen sich die weidenartigen Zweige in graziösen Bogen wieder herab zur Erde. In unscheinbaren grünen Früchten kredenzt der Olivenbaum den Menschen das köstlichste aller Speiseöle, und ist so in seiner schlichten und doch eindrucksvollen Gestalt das Sinnbild der lang- samen lautlosen Arbeit. Reben, Zypressen und Oliven aber sind das herrschende Trium- virat in der Baumwelt Italiens , ohne solche dieses Land der Sonne nicht wäre was es ist— eben Italien . A. F e n d r i ch. Material zur Verfügung stellt. Die bürgerlichen Elemente des Schacbklubs„Steinitz" haben die Verschmelzung mit dem allgemeinen Arbeiter-Schachklub in letzter Stunde abgelehnt. 8ckack. Unter Leitung von S. Alapin. Gchachnachrichten. Dr. Tarrasch und C. Schlechter haben einen Match verabredet. Er kommt wahrscheinlich noch in diesem Herbst in München zustande. Der Berliner Arbeiter-Schachklub ist wieder um eine 1k. Abteilung vermehrt worden:„Süden", Wassertorstr. 8 bei Ad. Ueberleiser, Dienstag. Im Berliner Arbeiter-Schachklub wird jedem Unterricht erteilt, der sich in der für ihn zuständigen Abteilung ineldet. Mitglied kann jeder werden, und zwar unter den in allen Abteilungen an den betreffenden Spielabenden einzusehenden Bedingungen. Die Arbeiter des Schachklubs„Steinitz" in Rix» darf werden sich als eine Rixdorfer Abteilung des Arbeiter- Schachklubs konstituieren tnüssen, wozu der letztere das Spiel-__ Verantw. Redakteur: Richard Barth » Berlin. — Druck u. Verlag: vorwärts Buchtruckerei u.Bert«g»anstallVaulSlnger SlTo..lverlinLAih ab od« f g h Jan Kotrc 2 4= Schachliteratur. Das obige Problem entnehmen wir auS der soeben erschienenen Problentiammlung von JanKotrc und K a r e l T r a x l e r fWien, im eigenen Verlag, Auslieferung durch die Ver- lagsansialt„Vorwärts", Swoboda u Co.). Das Buch enthält 247 Probleme dieser weltbekannten Komponisten nebst mehreren analogen Stellungen und einer kurzen Anleitung zum Problemwesen sowohl in czechifcher als in deutscher Sprache. Die Komponisten gehören dem Arbeiterstande an— sie find Buchdrucker— und find auf dem Gebiete des Problems zu den höchsten Ehren gelangt. Die Zeit ist nicht fern, wo auch hervorragende Spieler auf dem Gebiete der Partie aus dem Arbeiterstande erstehen werden. Ein anderes Problembuch ist im Reklamfchen Berlage in Leipzig erschienen. Es handelt fich um 330 auserlesene Probleme ver- schiedener Autoren, gesammelt von Dr. H. v. G o t t s ch a l l. fSohn des unlängst verstorbenen Dichter? Rudolf v. Gottschall.) DaS Büchel, das nur 40 Pf. kostet, dürfte manchem Problemfreund Unter- Haltung bieten. Daß das Schachspiel erfreulicherweise einen volkstümlichen Charakter annimmt, beweisen in letzter Zeit nicht nur zahlreiche neu erschienene Lehrbücher. Werke, und neue Auslagen alter Bücher. In Leipzig hat sich eine spezielle Buchhandlung für Schach etabliert: Hans Hedewigs Rachf., Curt Ronniger(Perthestr. 10). Sie sendet jedem Interessenten kostenlos und portofrei ihren 48 Seiten starken, speziell dem Schach gewidmeten Katalog. Im Verlage von B. G. Teubner in Leipzig ist ein kleine? Lehr- buch von Dr. Mar Lange erschienen. sPreis 1,25 M.) Es ist betitelt„Das Schachspiel und seine strategischen Prinzipien" und ist für Anfanget gedacht. Nebst manchen neuen und ganz einleuchtenden Auffassungen, die einem Kenner hohes Interesse bieten und zum Nachdenken anregen, enthält aber das Büchlein eine stattliche Reihe nebelhafter Standpunkte. Da der Anfänger daS Beachtenswerte vom Verwerflichen schwerlich unterscheiden kann, glauben wir, daß für ihn das Bändchen seinen Zweck verfehlt. Denn gerade für An- fänger sind handgreifliche Grundlagen und klare Begriffe am meisten von nöten. Unserem Versprechen in der letzten Schachspalte gemäß bringen wir nachstehend die erste variantenmäßige Ergänzung zur stärksten Verteidigung de? DamengambitS, denn am 5. März hatten wir Gelegenheit, nur sehr summarisch die Folgen anzudeuten, die entstehen nach: 1. 62— 64 37—661 2. c2— c4...... Weiß ist zu diesem Gambitzuge nicht gezwungen und kann z. B. mit 2. 813 oder 2. s3 oder 2. Lf4 fort. setzen. Alle diese Wendungen, die nachträglich durch Zugumstellungen meistens doch zu den Pofilionen des DamengambitS führen, tragen den Namen ,Domcnbalicriieröffnung".Wtr werden sie später behandeln. 2......, c7— c6! 3. Lei— f4...... Um sofort den Lei zu entwickeln. was schwarz noch nicht tun kann, well bei 3..... Lf5; 4. Db3, Dd7; 5. e3 2c. der Sb8 kein günstiges Entwickelungsseld hat. 3....... 65Xc4 Bei 3..... DbS; 4. Dd2, Sf6; 5. ßc3, dXc4(Weiß droht c4— c5); 6. e4, Da6 entstehen gefährliche Verwickelungen. 4. s2— eS...... Räch 4.«4, SkS; 5. ge3, b5 droht Schwarz b5— b4 nebst event. SX»4. 4....... b7— b5 5. a2— a4 Lc8— b7 Oder S..... a6?; 6.»Xb5, cXb5; 7. vtS. Ta7; 8. LXb8 ic. 6. a4Xb6...... Sonst kann Schwarz event. mit a7— a6 den Bauer behaupten. L....... c0Xb5 7. b2— b8 Sb8— 67 Sowohl hier als auch im nächsten Zuge kommt e7— e5I nebst Lb4t mit äußerst starkem Angriff für Schwarz sehr in Berracht. 8. b3Xo4 b5Xc4 9. Sgl—£3...... 9. LXc4?, LXg2«■ 9.......©7— e6 Schwarz kann auch versuchen mit Sb6 den Bauer zu verteidigen. 10. LklXol Lf8— b4f 11. Sbl— 62 Sg8— f6 12. 0—0 0-0