Kepler konnte bekanntlich ein Lied davon fingen. Seine Stel-lutig als kaiserlicher Mathematiker wie die seine? großen Vor-K" igers im Amte, Thcho Brahe, war hauptsächlich wegen der aftro-ischen Bedürfnisse des Kaiiers da. durchaus nicht wegen derWissenschaft der Astronomie— wie das ja Kepler deutlich genugausspricht: Die verständige Mutter Astronomie muß durch derTochter Narrentaydung„eingeschwatzt und eingelogen werden"—wirklich keine beneidenswerte Stellung.So hoch war noch kein Sterblicher gestiegen,Als Kepler stieg— und starb in Hungersnot,Er wußte nur die Geister zu vergnügen,Drum ließen ihn dir Körper ohne Brot.Wortwörtlich trifft dieses Epigramm Kästners auf den großenKepler zu.Wenn den Gestirnen, an deren himmlische Nachbarschaft derMensch gewohnt war, solch übermächtige Kräfte zugemutet wurden,so mußten natürlich die außerhalb der Ordnung des Bekanntenaustretenden Himmclserscheinungen: Nordlichter, Verfinsterungenand Kometen erst recht Eigenschaften haben, die den Herzen Angstund Schrecken einjagten. Besonders die Kometen. Und wennsie seit alter Zeit in Verbindung gebracht woFden sind mit allenerdenklichen Heimsuchungen der Menschen, so wuchs sich diese alteGewohnheit in der kritischen Zeit, vom fünfzehnten bis siebzehntenJahrhundert, zur unheimlichen Groteske aus. Die Angst derMenschen dichtete den Kometen dräuende Gestalt an, sah sie vorallem als Rute und Schwert. Es kam vor, daß die Leute„Schreckens und Furckü halber" starben. Flugschriften erschienen,in denen seitenlang Kometen aufgezählt sind, von denen die Ge-schichte weiß, und bei jedem ist die Katastrophe erwähnt, die er ver.ursacht haben soll. In einer Predigt von 1618 wird aufgezählt,die Kometen verkündeten Todesfälle in fürstlichen Häusern, Kriege,Aufstände, Religionsverfolgungcn, Ueberschwcmmungen, Dürre,.Teuerung, Erdbeben und Seuchen. Einmal wird erwähnt, alsFolge des Kometen von 596 sei„der verzweifelte Machomet" auf-getreten, als Folge eines anderen sei Karl der Große gestorben,der schwarze Tod über Europa gezogen, die Franzosenkraniheit auf-getaucht. Bisweilen dauerts ein paar Jahre, bis das angeblich ver-ursachte Ereignis eintritt. Dann wieder gaben sich Kometen auchmit Kleinigkeiten ab:„Anno 1668 war ein Komet, darauff folget«n Westp Halen großes Sterben unter den Katzen". Man macht fiiralles Geschehen, für das Unwichtigste selbst, astrologische Ursachenausfindig. Karl V. wurde durch den Kometen von 1556 bewogen,die deutsche Kaiserkrone niederzulegen. Er las in dem Kometendie Ankündigung seines nahen Endes. Das war nichts besondersAußergewöhnliches. Die namhaftesten Geister der Reformationhaben sich das Horoskop stellen lassen; so der herrliche Hutten, undebenso der scharfe Denker Erasmus von Rotterdam, und Melanch-ton gar war der Astrologie mit Haut und Haar ergeben. Para-celsus, der sonst die Astrologie hoch einschätzte, verspottete das Horo-skopstellen: von ihm stammt das schöne Wort:„DaS Kind bedarfkeines Gestirns noch Planeten; seine Mutter ist sein Planet undsein Stern." Aber Melanchton meinte:„Wenn die Sterne nicht?bedeuten sollten, warum ständen sie dann am Himmel?" Was sollman angesichts dieser Logik bei einem hochgelehrten Manne erst vondem breiten Volke verlangen? Luther hielt sich der Astrologie fern,er meinte:„Wir find Herr über die Gestirne," aber vom prophe-tischen Wesen und vom Aberglauben der Zeit hing ihm genug an.„Die Meinung, der jüngste Tag sei nahe herbeigekommen, teilteauch Luther, und er sprach gleich anderen Zeitgenossen Weissagun»gen aus."Auch die Bauernkriege wurden aus Kometen vorhergesagt. ImVolke hatten sich die Weissagungen zu dem Spruch verdichtet:Wer im 152Z. Jahr nicht stirbt,1524sten nicht im Wasser verdirbtund 1525 nicht wird erschlagen,der mag wohl von Wundern sagen.Nur wo die politischen Gegensätze den höchsten Grad der Ver-schärfung erfahren haben, wagen solche Zukunftsdrohungen sichvor. Ueberall flammt die Sehnsucht nach einer Aenderung derDinge, und die Propheten, die ihr aus kluger Einsicht stammendesWort dieser Sehnsucht anpassen, können eine Macht werden. DerVolksglaube trägt sie. Jene Jahre vor dem Ausbruche des großendeutschen Bauernkrieges waren aber aus sozialen Ursachen zumUebcrlaufen voll von Zusammenbruchsstimmung, und nun halfenauch die abergläubischen Vorstellungen mit, die Gemüter in dieserRichtung zu erhitzen. Die astrologischen Zukunftenthüllungen fielenin offene Furchen. Und wenn dann die Prophezeiungen eiqtrafen,wenn Ereignisse vor sich gingen, die man auch sonst vorhergesagthätte, dann stieg die Astrologie natürlich zu hohem Ansehen, wäh-rend die falschen Prophezeiungen vergessen wnrden. Als StöstlersProphezeiung der allgemeinen Uoberschwemmung oder Sintflut,die ganz Europa in Sorge und Schrecken versetzte, und auf die mansich mit Archen vorbereitet hatte, 1524 nicht eintraf, erlitt die Aftro-logie nicht ewa den Todesstoß, sondern die Mönche, die aus Angstmehr als gewöhnlich gefastet und gebetet hatten, schrieben es ihrenguten Werken zu.Die Dinge sind interessant genug, um allgemeines Interessezu beanspruchen. Es wäre sehr erwünscht, wenn unser Kometen-Verantw. Redakteur: Richard Barth, Berlin.— Druck u. Verlag:lesebuch in breite Kreise dränge. Denti Such fyvit twch ist UcKometenaberglaube weit verbreitet.Jetzt ist natürlich die Blütezeit der Kometenbücher, mit denender Markt völlig überschwemmt wird. AuS dem Wust, in demvieles völlig unbrauchbare und von ganz unberufener Hand Ge-schriebene unterläuft, heben wir nur noch wenige Schrift«, hervor.Zuerst eine kleine von Bruno H. Bürgel, mit der sich die be-gnügen mögen, denen es auf eine ganz kurze Orientierung über dieHaupttatsachen ankommt:„Der Komet Halle h"(49 Pf.).Eine umfassendere Darstellung gibt Dr. F. S. A r ch e n h o l d/„Kometen, Weltuntergangsprophezeiungen undder Hallehsche Komet"(Pr. 1 M.). DaS Büchlein gibteine gute und ziemlich ausführliche Ueberficht über die Kometen»erscheinungen und die modernen Anschauungen über das Wesen derKometen. Es ist durch zahlreiche Bilder illustriert, die allerdingsnicht immer auf dem dünnen Papier herauskommen. Für einespätere Auflage ist dem physikalischen Teile eine gründlichere Dar»stellung zu wünschen, wo auch einige Irrtümer zu beseitigen sind.— Manche Leser werden gern wissen wollen, wie die eigentümliche�Kurven und Schleifen Zustandekommen, die der Komet im Verlaufeseiner Beobachtung am Himmel beschreibt. Der scheinbare Laufdes Kometen unter den Sternen ist das Ergebnis einer peripekti-vischen Bildwirkung, hervorgerufen durch die kombinierten Bewe-gungen der Erde und des Kometen, von der Erde aus betrachtet.Die Kometenbahncllipse liegt zur Ellipse der Erdbahn schräg, beidekreuzen sich und Prof. Weber zeigt nun in einer kleinen Schrift:„GemeinverständlicheAnlettungzurDarstellungder Bewegungen deS Hallehschen Kometen imJahre 1910" an der Hand einer großen beigehefteten Karte.wie man sich die Bewegungen des Kometen am Himmel leicht undanschaulich konstruieren kann(Pr. 1 M.). Man lernt dabei zugleichauch kennen, wie die eigentümlichen scheinbaren Planctenläufeunter den Sternen Zustandekommen, die den Alten so viel Kopf-zerbrechen verursacht haben und erst von Kopernikus ihrem Wesennach erkannt wurden. In der Berliner Urania steht in einem derAusstellungssäle ein Modell von Dr. Gustav Witt, das diese Dingebei den Planeten veranschaulicht.Zuletzt noch ein Bändchen von Wilhelm Bölsche,„Ko-m e t u n d W e l t u n t e r g a n g". Es ist ein Pvachtstück gemein.verständlicher Darstellung, das die Popularisierungskunst Bölsche?wieder einmal glänzend dartut. Dabei gelingt eS Bölsche. die mo-dernen, nicht leicht zu verstehenden Anschauungen im Plaudertonemitzuteilen, um den ihn alle popularisierenden Schriftsteller be-neiden werden. Sein Bändchen ist ein Lesebuch zur Andacht, zurBelehrung und zum Vergnügen.Felix Linke.kleines feuilleton.Aus dem Tierleben.Fische, die ertrinken können. Die merkwürdigstenFische, die es auf der Erde überhaupt gibt, sind wohl die söge»nannten Schlammspringer, die in den Strandgebteten des West-lichen Afrika zu Hause sind. Wenn man mit dem Begriff einesFisches eine Voraussetzung untrennbar verbunden denkt, so ist eSwohl das Leben im Waffer, und gerade in diesem Punkt ver-leugnen die Schlammspringer ihre Fischnatur. Es ist in der Tatein höchst sonderbarer Anblick, diese scheinbar zum Leben im Wassergeborenen Geschöpfe dort auf dem Schlammboden und auf denmehr oder weniger hoch über diesen hinaus gewachsenen Wurzelnder Mangrovebäume umherklettern zu sehen. Die Flossen dienenihnen dabei also mehr als Füße, besonders die Brustflossen. Frei»lich müssen sie von Zeit zu Zeit immer wieder das Wasser auf»suchen. Auf dem Lande vollführen sie auch Sprünge, die ihreeigene Körperlänge um das Dreifache an Weite übertreffen.Außerdem gibt es aber auch zahlreiche Fischarten, die längereZeit auf dem Trocknen lebendig bleiben können, freilich nur ineinem schlafähulichen Zustand. Wenn wir von den berühmtenFischen absehen, die sich durch den Besitz von echten Lungen unterall ihren Verwandten auszeichnen, so gehören zu diesen Wesen dieMitglieder der Familie, die unter der Bezeichnung der Labyrinth-kiemer oder Labyrinthfische zusammengefaßt wird. Sie leben inFlüssen und Seen, die nicht immer Waffer führen, und wenndieses verschwindet, so trocknen sie mitsamt dem Boden ein, ohneaber ihre Lebensfähigkeit zu verlieren, die sich mit der Wieder-kehr des Wassers alsbald wieder einstellt. Diese eigenartigen Ge-schöpfe erregten schon die Bewunderung deS alten Aristoteles. DaSmerkwürdigste an ihnen aber ist der Umstand, daß man sie er-säufen kann. Bekanntlich wollten die Schildbürger dies Kunststückmit einem Aal zuwege bringen und glaubten ihres Erfolge? sosicher zu sein, daß sie dessen vergnügte Bewegungen im wieder-erreichten Wasser für ein Sichwinden im Todeskampf hielten. Miteinem Labyrinthfisch hätten die Schildbürger.� wenn ein solcherihnen überhaupt hätte in die Hände fallen können, ihren Zweckwirklich zu erreichen vermocht. Da diese Fische den Sauerstoff derLuft nicht ganz entbehren können, so ersticken sie im Wasser, wennman ihnen den Weg an dessen Oberfläche versperrt.__VorwariS Buchtruckerei u-Bertagsanpatl Pam Smger Berlin S W.