423—»Das ist Weizenbrot und Kuchen! Heute wollen wir. GottVerdamm mich, einmal flott leben I" antwortet der Junge und lacht..Ich glaub', Du bist verrückt, Jung," schilt die Mutter; imGrunde aber freut fie fich trotzdem über ihren Jens.(Fortsetzung folgt.)!Das 46. X�onfeüiirtlcrfeftdes Allgemeinen DcutFcbenJVIufümmns.<Z ü r i ch, 27.-31. Mai 1910.)Zum zweiten Male seit dem bald fünfzigjährigen Bestehen deSAllgemeinen Deutschen Musikvereins versammeln sich die deutschenTonkünstler in Zürich. Das erste Mal, im Jahre 1882, stand dasPrachtgebäude der Tonhalle noch nicht und auch sonst war daSZüricher Musikleben noch nicht so entwickelt wie seit nunmehr etwaeinem Jahrzehnt. So lange nämlich besteht der nach deutschen Vor-bildern organisierte.Schweizerische Tonkünstlerverein", und es isterstaunlich, zu welchen Leistungen Volkmar Andreaes straffe, voninnerer Kunstliebe beflügelte Disziplin das Tonkünstlerorchester derTonhalle in verhältnismäßig kurzer Zeit anzufachen gewußt hat,also daß diese sonst nicht an so schwere Aufgaben gewöhnten Musikermit Lust'und Liebe ihr Riesenprogramm bewältigten, und zwar ineiner im großen und ganzen befriedigenden Weise.Drei Orchesterkonzerte haben in diesen Züricher Festtagen statt-gefunden, bei denen das Tonhallenorchcster in angestrengtester Weisetätig sein mußte., Von Konzert zu Konzert nahmen die Schwierig-leiten zu. Eingeleitet ward das erste Orchesierkonzert mit derOuvertüre„Pandora", des ernsten, reifen, gediegenen MuffkersArnold Mendelssohn, für dessen gemäßigten Stil die Heiß-sporne, die Hypermodernen nur ein ironisches Achselzucken übrig? laben. Meiner Meinung nach verträgt sich gerade mit dem Goethe-chen Prometheusstoff die etwas altfränkische und doch nicht trockeneFeierlichkeit der Mendelssohnschen.Pandora"-Mufik durchaus. Nimmtman die philiströs« Hausbackenheit des Klavierkonzertes von HansH u b e r dagegen, so erkennt man erst die Ueberlegenheit Mendelssohns.Recht belanglos gibt sich des jungen Altenburger KapellmeistersTheodor BlumjerKarnevalSepisode, deren Thematik hart ans Trivialestreift, dagegen finden fich in den Orchesterliedern von Otto Lies, wennman die Maeterlinck nachempfundenen Texte der„Dichterin"— einerFrau Dr. Cajetan-Milner— in Betracht zieht, Stellen von vielEigenreiz, namentlich was die seltsam detailreiche Instrumentationanbetrifft. Was wollen aber alle die Werkchen dieser mehr oderweniger talentierten Mufikmacher besagen gegen die überragendeGewalt des 100. Psalms von Max Reger, ein Werk, das beidieser Gelegenheit seine erste Ausführung vor größerem Kreise erfuhr.Nach einmaligem Hören läßt fich zwar nicht abschließend über einensolchen Koloß urteilen, den man zunächst nur bestaunen, immer wiederbestaunen muß. Es ist ein Menschheitsdankgesang aus viel tausendKehlen, den Reger hier anstimmt, und es wirkt schier überwältigend,wie er dieses Dankgebet lapidar zu verallgemeinern und dabei dochzu individualisieren weiß, wie er das wildbegeisterte Durcheinandereines betseeligen Volkes konttapunktisch zu malen weiß.Im Gegensatz zu diesem ersten leidenschaftlichen Konzert trugdaS zweite Orchesterkonzert das Gepräge zarter Romautik, die frei-lich auch ins Wild-Pathetische überging. Frederick Delius,der seltsame Weltenbuniler, den das Leben vom Plantagenpflanzerzum anglisierten französischen Kunsteinfiedlcr gewandelt hat,Delhis kam mit einer„Brigg Fair" betitelten Orchester-Rhapsodie zu Worte, in der die Liebessehnsncht eines aneinem Sommersonntag zur Kirchweih gehenden Jünglingszwar tonmalerisch etwas zu wörtlich, aber andererseits doch wiederrecht plastisch geschildert wird. Delius ist musikalischer Freilustmalerund Stimmungsausleger zugleich: in seiner Musik lebt die Seeleeines feinen Künstlermenschen von außerordentlichem musikalischenKönnen. An Können steht ihm S i e g m u n d von H a u s e g g e rficherlich gleich, nur ist die leidenschaftliche Stimmungsmalerei, wiesie dieser Musiker in seinen beiden neuen wie auch schon in seinenfrüheren Orchesterliedcrn liebt, nicht jedermann zugänglich, namcnt-lich nicht jenen Einseitigen, die voni modernen Stimmungslied diegleiche ausgesprochene Melodiosität verlangen wie von den Gesängender klassischen Zeit.— Wenig Freude machte mir die Klavier-rhapsodie des ungarischen Komponisten Böla Bartock, deres nicht vermocht hat, das virtuose Element mit demRhapsodischen zu einer Einheit zu verschmelzen. So bleibtseine Klavierrhapsodie nichts als ein äußerlich wirksamesVirtuosenstück. Ganz dilettanisch aber muteten mich die BruchstückeauS einer Pantomime„Ariadne" an, die der mir als trefflicherSänger seit langen Jahren wohlbekannte Tenorist L u d w i g Heßkomponieren zu müssen genieint hat.— Viel Talent verrät die Edur-Simfonie des jungen Wiener Komponisten Karl Weigl,die nur an zweierlei krankt: einmal an einer uns NichtWienernnun einmal unleidlichen Süße der Melodik, dann aber namentlich aneiner echt jugendlichen Redseligkeit, die allerdings durchaus nicht mitPhrasenhastigkeit identisch ist. Jedenfalls wird man fich den NamenKarl Weigl merken müssen.Entschieden den Höhepunkt des ganzen Festes bedeutete das dritteund letzte Orchesterkonzert. Zwar die ersten beiden Werke sKarlMartin Loefflers höchst äußerliches„A Pagan Poem" undteilweise— namentlich in dem zu kontrastarmen ersten Satze—auch Schillings Violinkonzert) waren nur mittlere Wertgaben;dafür bargen aber dann die beiden Chorwerke, FriedrichKloses Melodrama„Die Wallfahrt nach Kevlaar(nach dem be->kannten Heineschen Gedicht) und vor allem Walter Braun-s e I s' machtvolle Komposition des 0. Kapitels der OffenbarungJohannis große Schönheiten. Friedrich Klose hat sich seine Aus-gäbe schwer gemacht. Er hat das Wallfahrer- und Kirchen-motiv des Heineschen Gedichts zum Leitmotiv erwählt und läßt sichdie eigentliche Leidensgeschichte des liebeskranken Sohnes dersorgenden Mutter deutlich von dem Hinter- und Untergrunde diesesMilieus abheben. Dabei macht fich nur leider wiederum die Ueber-legenheit des gesungenen Wortes gegenüber dem gesprochenen sehrbetrüblich geltend: die Deklamation raubt immer wieder der Orgel-und Chorillustration des Textes die rechte Eindruckskraft. Immerhinbleibt doch ein sehr starker Gesaniteindruck im Hörer hasten, und dieschlichte Tonsprache Kloses wird dazu beitragen, das Werk bekannt,vielleicht gar populär zu machen. Zu einem solchen allgemeinen Beifallwird es Walter Braunfels'„Offenbarung Johannis" nicht leichtbringen, wegen der unerbittlichen Realistik, mit der dieser junge Künstleran die Komposition des jüngsten Gerichts schreitet. Ein Siegel nach demanderen eröffnet das„Lamm", beim Oeffnen des sechsten aber„ward eingroßes Erdbeben, und die Sterne des Himmels fallen zur Erde,und die Sonne ward schwarz wie ein härener Sack"— mit erstaun-licher Originalität im Thematischen und mit kolossaler Orchestrierungs-kunst, hinter der die Vokalkunst nicht zurücktritt, schildert Braunfelsdiese furchtbaren Ereignisse, und die Spannung des begeistertlauschenden Publikums entlud fich in einhelligstem Beifall.Nur kurz ivill ich noch auf die beiden Kanmiermusikveranstaltungendes Züricher Musikfestes eingehen und zu allererst Negers erst voreinigen Wochen beendetem, mit einem ganz herrlichen, wie eineFortsetzung der Klassiker anmutenden Larghetto-ausgestattetemStreichquartett in v-rnoll die gebührende Anerkennung zollen.Wenn sich auch in den Ecksätzen manche„himmlische" Länge bemerk-bar macht, so fühlt man doch stets den großen Atem desMeisters wehen, man spürt nichts Gequältes, wie etwa in dem nurklanglich erfreulichen Streichquartett von Hermann Suter oderdem solide gearbeiteten Trio von Rob. Heger; man merkt keineabsichtliche aphoristische Kürze, wie etwa in des begabten PianistenEmil Frey„Dritter Violinsonate", auch von den gräßlichen be-wußten Dissonanzen, wie sie der Ungar Zoltan Kodaly inseinem Streichquartett anzuschlagen liebt, spürt man bei Reger nichts.Nur die Sonate für Violine allein(von Anna Hegner aus Baselganz meisterhast vorgetragen), die der schon früher vorteilhaft her-vorgetretene Freiburger Komponist Julius Weißmann auf-führte, ist ein abgeklärtes Kammermufikwerk. Auch WalterLampe erwies sich in einigen von ihm selber vorgetragenenKlavierstücken wieder als der abgeklärte vornehme Musiker, als denwir ihn längst kennen. Auch unter den Liedergaben fand sich mehrals eine wohlgelungene: so lebt in den Gesängen des in Münchenwirkenden Richard Mors ein feiner poetischer Sinn und vielEigenart, wenn auch die Deklamation hier und da etwas breit ge-haltm ist. Weniger geglückt erschienen mir die Lieder H. Sthamers,und auch unter den Gesängen von Bernhard Sekles, der fichstüher als guter Musiker bewährt hat, wollte mir keiner besonderskraftvoll dünken, dagegen ist R. Trunks„Im Volkston" ein hübschaltfränkisch behäbiges Liedlein.Boten so die Konzerte des TonkünstlerfesteS viel WohlgclungeneS,so dürfen auch die geselligen Zusammenkünfte als sehr glücklicharrangiert bezeichnet werden. Namentlich das Begrüßungsbankett.bei dem fich ein Regierungsvertreter launig selbst als„DekorationS-objekt" vorstellte, nahm einen gemütlichen Verlauf, ebenso die See-fahrt auf dem Züricher See u. dgl. mehr.Nächstes Jahr wird fich der Verein in Weimar zur Liszt-Zentenarfeier zusammenfinden..Artur N— r.6rdbeerparadiefe.Ende Mai kommen die ersten Erdbeeren auf den Markt; sie spielendann wochenlang eine wichtige Rolle— und das mit Recht. Kenntauch die Heilkunde fie nicht mehr, so weiß doch jedermann, daß Erd-beeren für den Kranken eine gesunde Kost sind. Sie wirken auf denmenschlichen Organismus wie alle frischen, säuerlich schmeckenden Obst-arten: Johannisbeeren, Sauerkirschen und Aepfcl. Sie löschen denDurst; durch ihre kühlende Wirkung beruhigen sie das Gefäß-system und erregen Appetit. Ihren Nährwert erhalten sie durch denZuckergehalt, der bei der würzigen Walderdbeere 5—6 Proz. beträgt.Durch Zuckerzusatz werden Erdbeeren natürlich noch nahrhafter;freilich, sie sättigen nicht: sind doch 6 Kilogramm Erdbeeren erforder-lich, um L'/z Kilo Kartoffeln, und 970 Gramm Erdbeeren, um einHühnerei auszugleichen IEin rechtes ErdbeerparadieS lernte im Anfang des 18. �zahr-Hunderts der französische Ingenieur Fregier in Ehst! kennen. Inder Umgebung der Stadt Conccpcion ziehen fich einige kleine Täler