freundlichen Zähnchen und HSmmerchen; und plumpe, schreckliche. die einen aus dunklen Rachen geheimnisvoll anstarren. Und an glitzernden Vitrinen wandert man vorbei, in denen kunstvolle Spitzen aus dem Erzgebirge aufgehäuft stnd. an Spielzeugen aus Sonne- berg und Nürnberg , an Porzellan aus Rosenthal und Nymphenburg , Berlin und Dresden ; an hunderterlei Instrumenten der Fein- Mechanik und Optik; an Modellen von Schiften, berühmten Brücken und Talsperren. Da leuchten die chemischen Farbstoffe aus Gläser« hüllen, da liegen faustdicke Schiffstaue, da glänzen kupferne Säulen... Und eine Bahnhofshalle sieht man, kein Modell etwa, sondern eine wirklich königlich preutzische, von einer riesigen Spannweite, blank wie ein Mesenspielzeug, und angefüllt mit blinkenden Lokomotivungeheuern und märchen- hasten LuruswaggonS.... Aber überall begegnen uns Namen von Gesellschaften, Firmen und Systemen. Die Armee derer, die Mark und Leben in alle Erzeugnisse hineingesteckt haben, meldet keine Tafel. Nur geschäftsmäßig vermerken die Etablissements die Zahl ihrer Arbeiter. Bloß in der Abteilung einer Maschinenhalle ge- wahrte ich inmitten der aufgestapelten Maschinen eine unscheinbare eingerahmte Photographie: eine Lokomotive, von Arbeitern der betreffenden Fabrik umlagert. Vermutlich ist das nur Reklame— aber immerhin: die Tafel meldet schlicht und beredsam zugleich: Wir haben diese Maschinen gemacht! Wir haben dem Ausstellungsbau selbst, seiner anmutig-schlichten und doch so mannigfaltig gegliederten Architektur das gebührende Lob bereits gespendet. Der hervorragendste künstlerische Anteil gehört dem Münchener Emanuel v. Set dl, der mit der ländlichen Note, die er dem Bau— oder richtiger der Zusammenfassung von Bauten— gegeben. Landschaft und Architektur zu einer stimmungsvollen Einheit verwoben hat. Denn knapp hinter dem deutschen Gebäude zieht sich der grüne Saum des„Lais cks In Cambre" wie ein Schloßpark um ein Landhaus und ein glücklicher Zufall hat es gefügt, daß sich just vor dem Hauptportal vier mächtige Pappeln erheben, die wie mit der feinsten Absicht hingepflanzt scheinen.... Der Mannheimer Garten- architekt Brahe hat mit geschmackvoller Stilanpassung dem Gebäude Gartenflächen vorgelagert, die den ländlichen Charakter der ganzen Anlage anmutig betonen. Die verhältnismäßig niedrig gehaltenen Ausstellungshallen überragt da».Deutsche HauS', das die Repräsentationsräume und einen Vortragssaal enthält und mit Bildern von Stuck, F. A. Kaulbach, A. Keller, Herterich, Heugeler und anderen geschmückt ist. Vom deutschen HauS führt ein Torweg, der eine hübsche Ab- schlußlinie gegen den Garten zu bildet, zum deutschen Weinrestaurant, in da» sich aber nur die Besitzer von reichlich ge- spickten Börsen wagen dürfen. Dagegen steht den„Minder- bemittelten" die daselbst untergebrachte„Deutsche Saatzucht- ausstellung" zur Besichtigung offen! Charakteristisch zeichnen sich von außen die riesigen Maschinen- säle ab, an die sich als letztes Glied die B a h n h o f s h a l l e an- schließt, ein mächtiger Holzbau— nach Entwürfen von P. Behrens — der eine Ausstellung des preußischen Eisenbahnministeriums und bekannter deutscher Waggonfabriken enthält. Sie birgt wahre Wunder an luxuriösen Waggons, aber auch hübsche HI. Klasse-Wagen, die in Wirklichkeit auch in Deutschland nicht überall anzutreffen find.... Die Leute, die nur in Belgien reisen, werden aller- ding? die deutschen Hl. Klasse-Coupss für Luxuswagen halten. AlleS in allem zählt die deutsche Ausstellung neun Hallen, darunter drei Maschinenhallen und eine große Jndustriehalle. Den Maschinenhallen, in denen ein großer Teil der Maschinen in Betrieb gesetzt ist, dient eine eigene Kraftzentrale, mit großen Betriebsanlagen und Kesselhans. Auch der elektrische Strom für die deutschen Gebäude wird in der Kraftzentrale erzeugt. Es ist demnach ein ganz hübsches Heer von Arbeitern, das da beschäftigt ist. Tritt man so durch die Bahnhofshalle in die Maschinensäle, wo die Elektromotoren arbeiten, die Räder surren und sausen und die Funken stieben und die Arbeiter aus Nord und Süd, in ihren blauen Blusen an den Maschinen stehen, so bat man keinen üblen An- schauungsunterricht vom kapitalistischen Deutschland der Schlote und des EisenS. Denn haben auch die ganz großen Herren, die auf eine Ausstellungsreklame verzichten können, die Weltausstellung nicht beschickt, so haben auch die armen Schlucker, die inde» immerhin noch bis zu 3'/, Tausend Arbeiter beschäftigen, wie etwa das Lanzsche unternehmen in Mannheim , noch immerhin etwa» zu zeigen. Ehe wir in das hohe, kuppclförmige Vestibül eintreten, das uns zur„Raumkunst" führt, ei» Wort über den Katalog. Dieser ist nicht nur durch seine vernünftige Anordnung ein guter Führer, sondern er ist auch gleichzeitig ein typographisch wohl gelungenes Rachschlagebuch, das über da» deutsche Wirtschaftsleben, über die Entwickelung der verschiedenen industriellen und kunstgewerblichen äweige, über den technischen Fortschritt Deutschlands und das nterrichtswesen Aufschlüsse gibt. Scharfen Tadel dagegen verdient die Leitung, daß fe an Sonntagen Eintrittsgebühren für die Raumkun�ausstellung erhebt. ES mag richtig sein, daß es manche Sonntagsbesucher an Achtsamkeit fehlen ließen, aber eine Vermehrung des AuffichtSpersonalS könnte dem Uebel steuern, ohne daß Tausende von Arbeitern und Angcstellteu entweder um die Besichtigung eines der interessantesten Teile der Ausstellung kämen oder zu einer Geldausgabe greifen müßten.— Für den allgemeinen Besuch der Weltausstellung stellt die Stadt Brüssel übrigens den Arbeitern eine Beranlw. Redakteur; Richard Burth, Berlin . Anzahl Freikarten zur Verfügung, die diese durch ihre Gewers- schaften, durch die Unternehmer oder auch persönlich erhalten. Zu den besonders für den Laien anziehendsten Abteilungen ge» hören die kun st gewerblichen Räume, die in lauter klem« Säle zerlegt sind, die eine ebenso intime wie übersichtliche An« ordnung ennöglichen. In diesen ganz in sanfte Farbentöne ge» hüllten Zimmerchen, in denen die diskrete Ausstattungskunst Bruno Pauls eine stille Harmonie schuf, fühlt sich der Eintretende gleich zum Schauen geneigt und gereizt. Wie anders steht man hier vor den Erzeugnissen aus Gla», Porzellan und Metall, als in den zu« meist oden, kalten, nur aus den„Fachmann" gestimmten Sälen unserer Museen I Jeder Gegenstand scheint in diesen zärtlichen Rahme» ein lebendiges Dasein zu führen. Alle im modernen Kunstgewerbe hervorragenden Städte Deutsch « lands mit ihren namhaftesten Firmen und Künstlern haben aus« gestellt und sind fast durchweg m»t soliden, künstlerisch-geschmackvollen Arbeiten vertreten. In der keramischen Abteilung bringt die Töpferei reizvolle Beispiele, die den modernen Zug dieses neu aus« lebenden kunstgewerblichen Zweiges auf mannigfache Weise ver« anschaulichen. Von GlaSwaren fallen die Münchens durch ihre Formen und distinguierten Ausführungen auf; von Por« z e l l a n läßt die Berliner Manufaktur, Nymphenburg und Sachsen seine Spezialitäten sehen. Für Belgien selbst ist die Vorführung des deutschen Kunstgewerbes mit seiner einheitlichen Betonung der modernen Note schon darum von Interesse, weil Belgien trotz aller, zumeist von England beeinflußten Ansätze von„Modernismus", besonders was die Jnnenräunie betrifft, noch tief in den Stilen Louis XIV .. Louis XV. und Louis XVI. steckt. Von einer gewissen Ironie ist da die Tatsache, daß Belgien jenen Mann hervorgebracht hat, der seit geraumer Zeit zu den bestimmendsten Reformern im— deutschen Kunstgewerbe zählt. (Schluß folgt.) kleines Feuilleton. Astrononrisches. DaS größte Meteor, das, so weit die Kenntnis de» Menschen reicht, jemals aus Himmelshöhen auf die Erde nieder« gestürzt ist, hat das ansehnliche Gewicht von 3M Millionen Tonnen besessen. Wenn sich derartige Ereignisse häufiger wiederholen würden, so könnte der Ausenthalt auf der Erde etwas ungemütlich werden, während doch im ganzen Verlauf der geschichtlichen Aufzeichnungen bisher nur ein einziger Fall bekannt geworden ist, daß ein Mensch von einem Meteor erschlagen wurde. Jenes Riesenmeteor hat, abgesehen von seiner einzig dastehenden Größe, noch einen anderen Fehler; es ist nämlich niemals von eines Menschen Auge gesehen worden, und die Angabe seine? Gewichts und sogar die seines Vor- handenseins beruht nur auf einer Schätzung. In dem amerikanischen Staat Arizona gibt es eine Stelle, die seit längerer Zeit als .Meteorkrater" bekannt ist und die Aufmerksamkeit der Naturforscher im höchsten Grad auf sich gelenkt hat. In seiner Umgebung fanden sich zahlreiche Bruchstücke von Meteoreisen, und eS ist daraus der Schluß gezogen worden, daß die ganze gewaltige Vertiefung durch den Aufprall eines ungeheueren Meteors geschaffen worden sei. So viel und so tief man aber bisher auch gegraben hat, eine Hauptmasse hat sich nicht finden lassen. Dr. Magie schätzt in einem Vortrage vor der Amerikanischen Philosophischen Gesell« schaft die Tiefe, in der diese gelegen sei, auf wahrscheinlich 300 Meter unter der Oberfläche. Danach sollte sie immerhin für Bobrungen nicht unerreichbar sein. Die Masse selbst schätzt derselbe Forscher, wie gesagt, auf 330 Millionen Tonnen oder mehr als S'/z Milliarden Zentner, die Geschwindigkeit, mit der sie auf die Erde niedergestürzt sein müsse, auf 3 bis 5 Kilometer in der Sekunde. Sicher ist das Vorhandensein des Meteors aber noch immer nicht, und dagegen würde sogar die Tatsache sprechen, daß die Magnetnadel in der Umgebung des sogenannten Meteorkraters keine Ablenkungen zeigt. Medizinisches. Ansteckungsgefahr. Ein französischer Arzt hat sich die Frage gestellt: ist es gefährlich, einer Person, die mit Tuberkulose behastet ist. die Hand zu reichen? Er berichtet in der„Medecine Moderne " über seine Studien und Experimente und kommt zu dem Schluß, daß man gut tut, wenn man jegliche Berührung mit an Tuberkulose erkrankten Menschen meidet. Er ließ den Tuberkulose. kranken, die er in Behandlung hatte, destilliertes Wasser zum Händewaschen geben, dann impfte er das Wasser Kaninchen ein und konnte nach kurzer Zeit feststellen, daß sich bei vier von den acht geimpften Tieren die schreckliche Krankheit. zu entwickeln begann. Auch in den Fällen, in denen die Kranken sich die Hände vorher mit Seife gewaschen hatten, gelangte er zu denselben Resultaten. Er untersuchte dann, ob die Tuberkulose durch den einfachen Händedruck übertragen werden könnte. Er selbst desinfizierte sich. reicht« dann einem Patienten, der sich in einem vorgeschrittenen Stadhxm der Tuberkulose befand, die Hand und wusch sie darauf noch einmal in destilliertem Waffer. Dieses Wasser wurde sechs Kaninchen eingeimpft und brachte bei zweien von ihnen die Krank- heit zur Entwickelring._ — Druck u. Verlag: vorwärrSBuchSruckere»»t.VerUlg»a»>«lUPaut<s,ngerSlCo.aVertlnLAl.
Ausgabe
27 (28.6.1910) 123
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