und ihn in den Hals stach, was nur seine Furcht und sein«Schnelligkeit vermehrte.Das Publikum hatte sich in Masse von den Sitzen erhobenund schrie mit hestigen Armbewegungen. Ein zahmer Stier IUnerhört!... Und mit dumpfem Protest wandten sich allerBlicke nach der Loge des Vorsitzenden:„Herr Präsident!" Daskonnte nicht zugegeben werden.Aus einigen der ersten Reihen ertönte ein Chor vonStimmen, die dieselben Worte mit eintönigem Nachdruckwiederholten:„Feuer!... FeueuerT'Der Vorsitzende schien im Zweifel zu fein. Der Stierrannte herum, von den Kämpfern verfolgt, die, den Mantelim Arm, ihm nacheilten. Sobald es einem von ihnen gelang,vor ihn zu kommen, um ihn anzuhalten, beroch er das Tuchmit seinem gewohnten Brüllen und entfernte sich brüllendund ausschlagend in einer anderen Richtung.Die lärmenden Protestrufe nahmen bei diesem häusigenEntweichen immer mehr zu.„Herr Präsident! Ist derHerr vielleicht blind geworden?"... Es fielen Flaschen,Orangen und Sitzkissen in die Arena, in die Nähe der fliehen-den Bestie. Das Publikum haßte sie wegen ihrer Feigheit.Eine Flasche fiel auf ihre Hörner, und die Leute klatschtendem sicheren Schützen Beifall, ohne zu wissen,.wer es war.Ein Teil der Zuschauer beugte den Körper vor, wie um indie Arena hinabzusteigen und das verabscheute Tier miteigener Hand zu vernichten. Welcher Skandal! Im MadriderStierzirkus Ochsen zu sehen, die nur dazu dienen, Fleisch zuliefern!„Feuer! Feuer!" Schließlich winkte der Präsidentmit einem roten Taschentuch, und eine Beifallssalve begrüßtediese Bewegung.Die Feuer-Banderillas waren ein außergewöhnlichesSchauspiel, ettvas Unertvartetes, das das Interesse am Stier-gefecht erhöhte. Viele, die protestiert hatten, bis sie heisergeworden waren, zeigten innere Befriedigung iiber diesenEntschluß. Sie bereiteten sich darauf vor, den Stier lebendiggebraten zu sehen, wie er, durch die sich an seinem Hals ent-ladenen Blitze wahnsinnig gemacht, vor Schreck in der Bahnherumhüpfen würde.Der Nacional trat vor und hielt in seinen Händen, dieSpitzen nach unten gerichtet, zwei dicke Banderillas, die inschwarzes Papier eingehüllt schienen. Er ging dem Stierohne große Vorsicht entgegen, als ob dessen Feigheit keinebesondere Anstrengung wert sei, und setzte ihm die höllischenStäbe unter dem rachsüchtigen Beifall der Menge ein.Ein dumpfer Knall, wie wenn etwas zerbräche, ertönte,und zwei Säulen weißen Rauches knisterten aus dem Halsedes Stieres. Das Feuer war im Sonnenlicht unbemerkbar,aber die versenkten Haare verschwanden, und ein schwarzerFleck breitete sich über den Nacken aus. Erstaunt über denAngriff, rannte der Stier davon und beschleunigte seinenLauf, als ob er dadurch der Qual entgehen könnte, bis Plötz-lich an seinem Halse trockene Knalle, wie von einer Flinte,ertönten, und die entzündeten Papierschnitzel um seine Augenflogen. Die Bestie sprang weiter, nnt vom Schreck be»schleunigter Gelenkigkeit, die vier Beine gleichzeitig vomBoden erhoben und vergeblich den gehörnten Kopf auf dieSeite werfend, um mit dem Maul die in seinen Nacken ein-gefleischten Teufel zu entreißen. Die Leute lachten undapplaudierten zu diesen Sprüngen und Zuckungen, die ihrenGefallen erregten und die wie tanzende Bewegungen einesabgerichteten, schtversälligen Tieres aussahen.„Wie sie ihn stechen!" rief das Publikum mit wildemLachen.Das Zischen und Knallen der Banderillas hatte auf-gehört. Ter verkohlte Nacken trug siedende Fettblasen. Alsder Stier das Brennen des Feuers nicht mehr fühlte, blieb erunbeweglich, keuchend, mit gesenktem Kopf und mit heraus-hängender trockener, dunkelroter Zunge stehen.-Ein zweiter Banderillero näherte sich ihm und brachteihm ein neues Paar bei. Wieder stieg der Rauch auf demversengten Fleisch empor, wieder ertönten die Knalle, undder Stier eilte von neuem davon, mit neuen Versuchen, dasMaul dem Nacken zu nähern und dabei seinen massivenKörper zusammenziehend: aber dieses Mal waren seine Be-weguugen toernger heftig, als beginne er in seiner strotzendenKraft sich an die Marter zu gewöhnen.Ein drittes Paar wurde ihm noch angehängt, und seinverkohlter Hals verbreitete in der Arena einen ekelerregendenGeruch von geschmolzenem Fett, verbrannter Haut und ge-fengten Haaren.Ktos Publikum setzte seine Beifallsbezeugungen mit grau-samem Eifer fort, als Ware der zahme Stier ein Feint seinesGlaubens und als erfüllte es durch diese Verbrennung eineheilige Pflicht. Gelächter ertönte, als das Tier mit zitterndenFüßen dastand und die Weichen wie die Wände eines Blase-balgs bewegte, in lautes schmerzerfülltes Gebrüll ausbrachund mit geröteten Augen seine nach einem Gefühl der Frischelechzende Zunge schleppend über den Sand zoglSchlutz folgt.)(Naadruck vcrbcltt.14] XTfcbanc»< Von Braniilav N u s ch i t ch.Aus dem Serbischen übersetzt von Martha Borojevitch.(Schlich.)„Nun, warum solltest Du sie nicht zählen. Efend'm? Sovielwir brauchen, hat uns Allah gütigst gegeben. Bei uns im Hauseherrscht Friede, Liebe und Gesundheit.... Pascha ist so lieb, sogut wie ein Turteltäubchen und gesund— wie dies nur sein kann«wenn Allah es so will.... Was willst Du mehr?"„Das ist es eben!" seufzt Halil.„Ich möchte noch etwa? mehr.Siehst Du, Pascha hat hier die Schule beendigt, auch die Mittel-schule hat er absolviert, doch... Du kennst meinen Herzenswunsch... ich möchte ihn nun in die Militärschule nach Stambul senden... ich mutz ihn dorthin bringen Es fehlen mir aber die Mitteldazu... Du weitzt. es!"Die Hanuma überlegt. Was sie an Schmuck beseffen, hat siealles schon gegeben, um Seliha zu kaufen; anderen besitzt sie keinen.Hätte sie welchen, sie möchte auch den geben.„Latz, Efend'm, diesen Plan! Was nicht geht, geht nicht.Pascha wird auch ohne Militärschule glücklich sein..." bemerktdie Hanuma, um ihn ein wenig zu trösten, leise.„Gewih, er kann doch glücklich werden, ich aber werde es niesein. Dieser Wunsch hat mich gänzlich ersaht. So viel Jahreschon, Hanume, träume ich davon, es ist unmöglich, datz ich ihnletzt aufgebe!" antwortet er wehe und wirft die halbausgerauchteZigarette durch das Fenster in die Blumen, um sofort wieder einefrische anzuzünden.„Ja, braucht man denn dazu viel Geld. Efend'm?"„Es kostet zehn Lira jährlich, vierzig Lira für vier Jahre,ohne die Nebenansgaben."„Es ist viel!" seufzt Hatusch-Hanuma.Halil-Efendi verstummt, er schweigt lange, dann erhebt er sichvon seinem Schemelchen, winkt ihr zu und schickt sich an, zu gehen.noch beifügend:„Da, jetzt weißt Du eS!..." Er entfernt sich durch dieHoftüre und geht in die Tscharschia.Seitdeni sprechen Halil und die Hanuma nicht mehr von derSache. Wenn Hatuscha manchmal gewahrte, datz Halil etwas be-kümmert aussah, strengte sie sich tapfer an und erzählte ihm allerleiUnterhaltendes, nur damit er die Sorgen vergesse.Doch einmal, nach vielen Tagen, als Halil-Efendi vor Akschamnach Hause kam, zwinkerte er der Hanuma verstohlen zu, damitsie mit ihm in ein anderes Zimmer trete. Da setzte er sich auf dasniedrige Sofa, schob den Fez zurück— so heitz war ihm die Stirne— die Hanuma aber setzte sich aus ein Schemelchen neben das Sofaund wartet, was jetzt so Wichtiges kommen mag.Von Halils Gesicht kann man nicht ablesen, ob es Gutes oderSchlechtes sein wird, was er zu sagen hat. Und er schweigt, schweigtlange, er scheint kaum beginnen zu wollen.„Ich habe das nötige Geld gefunden!" sagt er plötzlich.„Dem Allah sei Dank für alles!" flüstert Hatusch-Hanuma,und ihr Gesicht leuchtet vor übergrotzer Freude.„Warum frägst Du denn nicht wie?" fügt Halil-Efendi etwasübellaunig bei.„Und warum soll ich denn fragen, Efend'm, Du weitzt es ambesten. Wie Du beschlossen, so sei es."Halil verstummt, wahrscheinlich überlegt er, ob er es sagen soll.„Ein neuer Pascha ist gekommen!" fängt er darauf an.„EinKurde aus Stambul, reich... er hat einen grotzen Harem... und..." Hatuscha schaut ihm forschend in die Augen, doch er fährtlangsam, leise fort:„... Und er hat erfahren, datz ich eine schöneSklavin besitze... er wünscht sie zu kaufen... er bietet mirfünfzig Lira..."Hatusch-Hanuma denkt lange nach, stützt den Kopf in dieHand, lange, lange überlegt sie. Die arme Seliha tut ihr wirklichleid, sie ist an sie gewohnt, und zudem ist sie wirklich ein liebesMädchen, aber... dort— wird es ihr gewiß nicht schlecht er-gehen— sie ist schließlich eine Tscharie, und bester ist es, eineTscharie eines Paschas als diejenige eines Zollbeamten zu sein,und übrigens... mehr lagen ihr die Sorgen ihres guten Halilam Herzen und das Glück des kleinen Pascha.„Was meinst Du, Hanuma?" sängt Halil wieder an, als ersieht, datz Hatuscha so lange, ohne zu antworten, nachsinnt.Die Hanuma hebt den Kopf, mit leiser, unverständlicherStimme antwortet sie:_-Ich sage... gib fiel"