— 628 Aus dem neuen botanischen Garten. Wenn die Sominertemperatur eine gewisse Höhe erreicht hat, wird eine große Zahl der in den Warmhäusern sorgsam überiviuterten Kinder der Tropen ins Freie gestellt. Wir finden sie, zum Teil gruppenweise zusammengestellt, besonders in der Nähe der Gewächshäuser, Ivo sie das Gesicht des Gartens zur Sommerszeit wesentlich verändern. Da sind z. B. die Gehölze Westanstraliens mit ihrer vorwiegend dünnen, schmalen Belaubung, die sich gewöhnlich auch noch auf- richtet, so daß eS mit dem Schatten unter solchen Bäumen schlecht bestellt ist. Einen Hauptbestandteil dieser Flora bilden die Akazien die wir an den gelben Blüten crlennen, die bei allen Akazien ganz ähnlich find. Um so verschiedener sind die Blätter. Bei manchen Bä umchen sehen wir unten gefiederte Blättchen von der Zier- lichkeit der Mimosenblätter, die aber oben verschwinden und langgestreckten schmalen, ungeteilten Blättern Platz machen. Der Botaniker läßt diese ungeteilten Blätter als solche nicht gelten? es sind vielmehr verbreiterte Blattstiele, die die eigentlichen Blättchcn nicht ausbilden und auf diese Weise die trockenen Jahreszeiten jeden- falls besicr überstehen. Kakicenartige Gewächse und solche mit fleischigen, dicken Blättern sind in anderen Gruppen zusammen gestellt. Hier ist an einer Stelle die beinerkenSwerte Erscheinung einer blühenden«hundertjährigen Aloe* wie die Pflanze im Vollsmunde heißt, zu beobachten. Es ist die Agave americana, eine im tropischen Amerika überaus häufige Pflanze, die vor fünf Jahrhunderten nach Südenropa kam, wo sie sich völlig eingebürgert hat und bis nach Südtirol vorgedrungen ist. In der Heiniat treibt die Pflanze aus ihrer Rosette dicker Blätter nach etwa zehn, in der Warmhanslultur aber oft erst nach einem halben Jahrhundert einen bis zu zehn Meter hohen Schaft rasch hervor, an dem sich eine große Rispe büschelartig zusammengedrängter, grünlicher Blüten entwickelt. Sind die Früchte reis, so stirbt die ganze Pflanze ab, nachdem sie vorher Wurzelschößlinge entwickelt hat. Aus dieser langen Wartezeit vor der Blüte und dem folgenden Absterben der nrerkwürdigen Pflanze beruht der erwähnte Bolksname. Die Mexikaner schneiden den Blütcuschaft auS, sobald er sich zeigt, worauf die Pflanze in der Wunde monatelang sehr reichlich einen Saft pro duziert, der nach «rfolgter Gärung das Nationalgetränk der Mexikaner(Pnlqne) darstellt. In manchen Teilen des Älpengartens hat die Blütenpracht ihr Ende erreicht. In den Teilen, die z. B. der Flora des westlichen Kaukasus und den griechischen Gebirgen gewidmet sind, ist sie aber noch sebr entwickelt; hier glühen die Farben im Sonnenschein. Auf- fällig ist hier die Gruppe einer weit über mannshohen riesigen Doldenpflanze, einer Heracleum-Art, deren kleine Blütchen in fast fußbreite, aufgerichtete Schirmdolden zusammengedrängt sind. Am Rande dieser Dolden läßt sich die Einrichtung der sogenannten Lockblunien studieren. Die äußersten Blüten des Randes sind nämlich viel größer als die übrigen; sie strahlen nach außen und geben der Dolde dadurch etwas mehr Blnmenartige?; dafür sind diese sogenannten Lockblnmcn aber, eine Folge der Arbeitsteilung, leer und unfruchtbar. Die gleiche Erscheinimg zeigt uns im Garten der noch hier und da blühende Schneeballstrauch, und auch die äußeren großen Blüten der Kornblume sind leere, aber auffällige Lockblumen. In der Gruppe der Dinarischen Alpen kann uns eine Gruppe von AcanthuS fesseln. Unter der aufrechten dichten Häufung großer Übergeneigker Blüten sitzt ein Busch fast distelartig eingeschnittener Blätter. Die Blätter der AcanthuS- oder Bärcnklauarien, die in Südenropa heimisch find, haben in mehr oder weniger stilisierter Form schon die alten Griecken zur Verzierung des Kapitals der korinthischen Säulen benutzt. Noch auffälliger ist eine andere Pflanze von recht distelartiger Tracht, die aber ebenfalls nicht zu den Disteln gehört. Mit der GattungSbezeichinmg Eryngium finden wir sie in den verschiedensten Teilen der Gebirge in mehreren Arten; sie fällt durch daS weißliche Grün und die mit der Reife bläulich über- laufenen oberen Teile auf. Als Mcerstranddistel ist eine Art den Besuchern der Ostsee bekannt; eine andere Art tritt zunächst bei Frankfurt a. O. ans. Manche Exemplare werden mit der Zeit ganz und gar aniethystblau. Zum Abschied gehen wir noch über die deutschen und öfter- reichischen Alpen . Die Alpenrosen blühen noch hier und da. und auch das Edelweiß trägt noch seine Sternchen. Wem es nicht ver- gönnt ist, solche Gewächse in ihrer Heimat zu sehen, der bekommt hier immerhin ein Abbild, so gut wie die Vereinigung von Kunst »md Natur eS eben zu schaffen vermag. I-. E. Schach. Unter Leitimg von S. Alapin. Schachnachrichten. Der Berliner Arbeitcr-Schachklub hat sich um noch eine Abteilung vermehrt: Ober-Schöiie weide, Rathenaustr. 64, bei Rodenbusih. Donnerstag. Wir verzeichnen eine eingetretene Stille im Schachlcben der Meisterspieler, die sich dadurch erklärt, daß die meisten zur bevorstehenden großen Anstrengung in Hamburg (16. Juli bis August) ihre kkräkle sammeln und deshalb auf ernste Partien sich nicht ein- lassen. Eine große internationale Messung im Turnier bedeutet in der Tat ei»? so große geistige Anstrengung, daß man hierzu auch physische Kräfte unbedingt sammeln muß. Fortsetzung der Analyse tiBer die«Spanische Partie*. In unserer letzten Schachspalte vom 2. Juni haben wir dargetan, daß die Verteidigung: 1. s2— s4, e7— e5(vorsichtiger ist«Französisch* mit s6! ,' weshalb wir diese Eröffnung auch so auS- führlich in Form von Mu st erpartien hei uns �behandeln); 2. Sgt— 13, Sb8— e8: 3. Lfl— b5, a7— a6!(Eine andere Übliche Methode in 3.... Lk6 bestehend, kann ebenfalls mit Erfolg durch ve2I beantwortet werden; während bei 4. 0— 0 Schwarz sich genügend verteidigen kann, und zwar mittels: 4...... S><e4l; 5. 64, a6! z. B.: 6. LXc6, dXcö; 7. Tel, Sfö; 8. SXe5. LeO; 9. De2. DXd4: 10. SXH, KXk?; 11. vXvbf. KgC; 12. Sc3, Te8; 13. Le3, TXe0; 14. LXd4, TXelf; 15. TXel, Lb4 zc. mit Ausgleich.) 4. LbS— a4i, 3x8—16? wegen 5. Ddl— e2! eher für Weiß günstig ist. Der Grund liegt, wie wir gesehen haben, in der un« genügenden Entwickelungsmoglichkeit des 1/13, der dann ohne direkten materiellen öder Positionellen Nachteil nur nach s? ent- wickelt werden kann, woselbst dieser Läufer nicht nur selbst ein- geschränkt bleibt(weil 67—66 zur Deckung des Loö schließlich doch unerläßlich wird), sondern auch anderen Figuren des Nach- ziehenden im Wege steht. Zur Vermeidung des erwähnten llebelstandeS(Einschränkung der Entwickelungsmöglichleit de« 1,18) hat Alapin schon seit Jahren (statt«4..... 816?*) die sofortige Entwickcluna deS Lf8 mit 4..... Lf8— b4! vorgeschlagen.(Ans 4..... Lc5? kann sowohl o2— c3 nebst event. 62—64 mit Vorteil geschehen, alS auch 5. SXe5, SXe5; 0. 64 zc). Es sei hier erwähnt, daß die«Alapinsibe Verteidigung* die Einschaltung der Züge 3...... a6 1 4. La4 1 als Grundbedingung voraussetzt. Denn ohne diese Ein« schallung, also bei 1. e4. e5; 2. 813, Sc6; 3. Lb5, Lb4? könnte Weiß wie folgt in Vorteil kommen: 4. c3, La5; 5. Da4I, Lb6; 6. 64(nicht LXc6, dXcC; SXe5 wegen der Antwort Dgo); 6..... 0X64; 7. cXd4, a6(droht LaSf nebst aXbS); 8. 0-0, La7: 9. Lo2!(1/63? hätte b7-b5 nebst 8X64 zur Folge); 9..... 661; 10. 65, b5; 11. Dc2! mit besserem Spiel. Jedoch, wie wir schon bemcrlt hatten, sind gegen die»Alapiusche Verteidigung'(1. e4, e5; 2. 813, ScG; 3. Lb5, a6!; 4. La4!, Lb4l?) von anderen Autoritäten Einwendungen erhoben worden, die wir da? nächste Mal unseren Lesern vorzuführen gedenken. Französische Partie: Descndarow Schwarz «7— e6 67—65 8x8—16 816-67 AttakinSki Weiß 1. o2— e4 2. 62—64 3. Sbl— c3 4. e4— e5 5. 12— f4...... Wegen 5. Se2 siehe unsere Spalte vom II. Juni. Der Textzng ist von W. Steinitz. 5....... c7— c5 ö. d4Xc5...... Oder 6. 813. cXdl; 7. 8X64. ScG; 8. LbS, Db6; 9. Lo3, 8X64; 10. DX64, 11X64; 11. LXd4, a6; 12. I/XdTt, I/X67 zc. Schwarz hat ein mindestens gleiches Spiel. 6....... Sb8— cG! Von Dr. Tarrasch hcrrübrcnd. 7. a2— n3!...... Von P i l l S b u r y cingeiilhrl, um 1,63 zu ermöglichen(7. 163, 8Xc5 nebst cd. 8X63). 7....... 17-16! Von Alapin. Auch hier erweist sich der Zug als Spezisilum gegen den Vorstoß e4— ob? 3. 1.11—63 g7— g6 9. h2— b4...... Weib hat leinen wirksameren Angriss der drohenden Demollcrimg seines Zentrums gegenüber 9....... f6Xo5 10. f4Xe5...... h4— h5 würde e5— e4 zur Folge haben. 10....... Sd7Xe5 11. Lei— g5...... Oder 11. h5, LXeS; 12. hXgO, (droht DfS-si) nebst ev. hXg5- vkS 11....... 12. Lg5Xo7 13. h4— h5 14. hSXg» 15. Ddl— e2 16. Sgl— 13 Etwas besser war Lk8— c7 Dd8Xe7 De7Xc5 Th3— 18! MXgÖ 16. 0-0-0, ob« schon auch dann nach IS...... L67 nebst O— 0— 0 Weiß keine genügende Kompensalion sür den lehlenden Bauer halte. 16....... Se5Xf3t 17. g2X13 ScG— 64 13. Ld3Xg6t Ke8— 68 19. De2— g2 Sd4Xf8t 20. Ivel— e2?...... Auch mit 20. Kdll steht Weist schlecht 20. 21. Tal— 61 22. LgG— e4 23. Tbl— b? 24. Sc3Xb6 Aufgegeben. Dc5— 64 Dd4— e5f Lc8— 67 Ld7— b5t! De6Xe4t IP- sHT Iii& W MD-M Ms M mm& mm- m M M d o I Abela 24= Berantw. Redakteur: Richard Barth , Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwaci» Bua,»ruäcrei u.Beriagsauilatl Paui«luger deEo.,Berl>i> � A>.
Ausgabe
27 (9.7.1910) 132
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