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umjubelt wurde und mit allen gemein tal- bis ihn zwei Augen| Bosheiten besteht, daß selbst Kritikern, von denen man es nicht er anstarrten, die süßen Augen eines jungen, schönen Weibes. Da ist wartet hätte, die ernsthafte Natur der Shawschen Satire wiederholt der Hofnarr auf einmal ganz still, andächtig und zuletzt tieftraurig entgangen ist.
geworden, ist davon geschlichen, hat das Einglas zertreten, den So tommt denn ein Buch nicht zu früh, dessen Verfasser es als Mummenschanz in die Ede geworfen und gespürt, wie Tränen die seine besondere Aufgabe betrachtet hat, zugleich mit der Erkenntnis Schminke auf den Wangen verschmierten. Er hat nur noch die von Shams Stil sein ethisches und soziales Wollen großen Augen gesehen und gefühlt, die ihm gesagt hatten: Wie dem deutschen Publikum zum Bewußtsein zu bringen. Es ist dies kannst du dich selbst so belügen und betrügen?!
Ein Lied vom Narren, das schon manchmal ergreifend gefungen wurde.
Auch den Mühle- Xander habe ich gesehen, wie er plötzlich von der schwindelnden Höhe seiner Laune, vom Trapez seiner Tollheiten herunterſtürzt und ins Leere starrt, in den grauen Abgrund. Ich hatte das Gefühl, daß auch ihn dann zwei große Augen anblickten, nicht die süßen Rätselaugen eines jungen, schönen Weibes, fondern die Augen einer verlorenen Welf, die vielleicht Schicksal heißt. Der Teufel, dem er seine arme verwundete Seele verschrieb, der ihn auf die Höhen zerrte, reißt ihn nun wieder herunter, das verödete Herz weint und die arme Seele flieht zurück zur Mühle im Wutachtal, zum brausenden Gewässer, zum rauschenden Tann und starrenden Fels, zum plätschernden Mühlrad, das die wundersamen Märchen erzählt dem mürrischen Gesellen, dem Müllersknecht!
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das bor furzem erschienene Buch von Julius Bab , das den ein fachen Titel trägt: Bernard Shaw".( Berlin , S. Fischer, 453 S.) Ein Buch, das nicht lediglich um seines Wertes als Vors führung und Kritit eines der eigenartigsten Schriftsteller und Politiker unserer Zeit gelesen zu werden verdient, sondern auch darauf AnSpruch erhält, daß es zugleich eine tief empfundene Verfechtung dessen ist, was man die Botschaft Sha ios nennen tann. Denn Shaw hat ein Evangelium, er ist nicht in erster Reihe Satiriker oder Dichter, er ist in erster Reihe Prediger oder, wenn man an diesem Wort Anstoß nimmt, Agitator einer Jdee. und Bab hat durchaus recht, wenn er Shaw vornehmlich als Ethiker würdigt. Das Wort ist in der deutschen Sozialdemokratie in Mißkredit gekommen, teils weil man dabei an eine der marristiichen entgegengesezte Begründung des Sczialismus denkt, teils weil das Wort Vorstellungen von philiströsem Moralisieren erweckt. Indes tann auch die materialistischste Begründung des Sozialismus daran nichts ändern, daß er als Bewegung ethische Urteile und Motive umschließt. Eine auf weitgesteckte Siele gerichtete andauernde Massenbewegung ist ohne eigene Ethik gar nicht denkbar. Aber man fann diese Ethik enger oder weiter auffassen, sie sehr verschieden formulieren.
soll
Shaws Ethil hat zum Ziel die Verbindung der höchsten Die sozialistische Bewegung hat aus ihren Reihen eine große persönlichen und sittlichen Freiheit mit dem höchsten, Anzahl Dichter und darunter auch eine Reihe erfolgreicher Bühnen zur Betätigung zwingenden sozialen Pflichtbewußtbichter hervorgehen lassen. Aber daß ein solcher Bühnendichter ein. Da fittliche Freiheit nur ein anderes Wort für WillensSozialistischer Herkunft, nachdem er sich die großen Bühnen seines stärte ist, schließt es auch Unterwerfung des Trieblebens unter die Landes erobert, fortgefahren hätte, als sozialistischer Propagandist Herrschaft des Willens, in dieser Verbindung also zugleich unter schriftstellerisch und rednerisch tätig zu sein, das hatte man bisher die Leitung des sozialen Empfindens ein. Sonst aber noch nicht erlebt. Hierin steht George Bernard Shaw meines feine überkommene Moral, teine formale Rechtsvorschrift die Wissens als einzelner da. Und noch eines ist bemerkenswert. Die freie Betätigung des Trieblebens, das Recht jede einzelnen Menschen Bühnenerfolge haben Shaw nicht verleiten können, Wasser in den fogia- auf seine Persönlichkeit einengen. Daraus gelt schon hervor, daß listischen Wein seiner Bühnenwerke zu schütten. Unter den spätesten von Shaw u. a. die heutige Zwangsehe und die von ihr abgeleiteten ihnen findet man die sozialistisch entschiedensten, man kann sogar sagen, Begriffe von Sexualmoral verwirft. In dieser seiner Freiheitslehre die revolutionärsten. Wenn Shaw in seinem dramatischen Erstling haben wir denn auch die ideologische Erklärung dafür, warum in „ Die Häuser des Witwers" wie im zweiten Stück, dem„ Liebes- Shaws Dramen die Geschlechtsliebe eine so untergeordnete Rolle fünstler", noch bei der sozialen Satire blieb, in Frau Warrens Gespielt. Was für die Mehrzahl der Bühnendich er unserer Tage werbe" zwar in die soziale Satire die soziale Anklage mischte, Probleme der Beziehungen der Geschlechter zu einander sind, an aber es damit betenden ließ, so sehen wir ihn dagegen in der viel benen ste immer und immer wieder herumarbeiten, sind es für späteren Majorin Barbara" mit Satire und Anklage die Verkündung Shaw ganz und gar nicht, und da er keine pathetische, sondern eine des unermüdlichen und unerbittlichen fozialistischen Kampfes ironische Natur ist, fann er sie nur humoristisch behandeln.„ Die berbinden, dessen Prüfstein es ist, daß er vor der revo- fogenannten Problemstücke", sagt er in einer feiner Vorreden, hingen lutionären Gewalt nicht zurüdschredt. Töten, ist das Dein für ihr dramatisches Jnteresse von schon im voraus entschiedenen Schlüssen Heilmittel für alles in der Welt?" frägt Barbara ihren ab, deren konventionelle Behandlung der Segualmoral die tödlichste Bater, den Geschüßfabrikanten Andrew Undershaft, dem Shaw Langeweile verursacht." Die psychologische Erklärung für Shaws rein ein Stüd feiner sozialistischen Botschaft in den Mund verstandesmäßige Auffassung und Behandlung der Liebe liefert in legt und Undershaft antwortet: Es ist der letzte Beweis für die hohem Grade dessen von Bab sehr gut charakterisierte Abstammung Echtheit der Ueberzeugung, der einzige Hebel, der stark genug ist, und Jugend. Der sehr früh ins Erwerbsleben eingetretene Sohn ein soziales System umzuwerfen, der einzige Weg, das Muß zu baren Mutter hat offenbar die Haupteigenschaften dieser geerbt. einer frei denkenden, kunstverständigen, aber jeder Sentimentalität
berkünden."
Allerdings ist Shaw tein Revolutionspolitiker. Kein roman- Jedoch, er ist auch der Sohn eines Vaters von echt irischem tisches Empfinden für Revolutionen alten Stils beherrscht ihn, der Naturell und der Abkömmling von irischen Protestanten, die mit den überhaupt so ganz und gar nicht Romantiker ist. Er predigt nur den Rebellen gegen Englands Herrschaft gemeinsame Sache machten. Das durch keine Sentimentalitäten zu beugenden tatkräftigen willen, flare, verstandesmäßige Urteil wird bei ihm nicht indifferente Ab das für notwendig Erkannte zur Durchführung zu bringen, und geklärtheit. Er hat aus Jugendeindrücken Rebellengeist eingesogen, dieses Notwendige ist die sozialistische Neuordnung der er ist von Temperament Protestant im ursprünglichen Sinne Gesellschaft, bei dem ihm das was so sehr über dem Wie dieses Wortes, Protestant nach Art der Puritaner des 16. und steht, daß es ganz unmöglich ist, ihn nach dem beliebten, meist 17. Jahrhunderts, fest wie diese im Gefühl einer großen geistigen übrigens nur der Dentbequemlichkeit Borschub leistenden Schema gemäßigt", radikal"," revolutionär" oder„ reformerisch" zu tlajfifizieren. Shaw berschmäht die bescheidenste Reformarbeit nicht und hat sich dabei doch zu Ansichten bekannt, die manchem unserer Revolutionäre die Haare zu Berge treiben tönnten. Nicht, wie man bielfach anzunehmen geneigt ist, aus Liebe am Paradoren, sondern durchaus um der Sache willen. Seine Satire ist von ganz anderer Art, als der alles benagende, aber es zu feiner entschiedenen Bejabung bringende Spott der Bühnensatiriker der Wien - Münchener Schule, wie seine Probleme fich weltenweit von den ihren unterscheiden.
Mission, aber ohne ihren nationalen und fozialen Beschränktheiten. Seine ethische Botschaft ist ein unfirchlicher Neu- Puritanismus, ein Kampf gegen die Herrschaft der traditionellen Moralbegriffe auf der einen, und die im Negativen steckenbleibende moralische Skepsis der radikalen bürgerlichen Kritik auf der andern Seite.
Grundsätzlich ist lepteres ja überhaupt die Tendenz der sozia liftischen Bewegung, wie denn nichts falicher wäre, als Shaw in Gegensatz zur Sozialdemokratie zu stellen. Wie das Wort in Deutschland verstanden wird, ist Shaw als Parteimann entschiedener Sozialdemokrat. So schrieb er, als Ende vorigen Jahres das Barlament aufgelöst und Neuwahlen ausgeschrieben wurden, um seine Meinung angefragt, einen Brief an den Labour Leader", das Organ der Independent Labour Party, dessen sozialistischer Charakter durch folgenden Einleitungssatz zur Genüge charakterisiert wird:
Man kann es unter anderem an ihrem Verhalten zum Christentum und der Religion überhaupt unterscheiden. Unsere festländischen Bühnensatiriker betätigen ihre Freidenkerei meist dadurch, daß sie die Vertreter der Kirche im Stil des„ Simpliziffimus" als Dummtöpfe, Heuchler oder Zeloten hinstellen. Shaw , der durchaus Gegner ,, Die bei weitem interessanteste und wichtigste Frage, die bei der Offenbarungsmythen und der entnervenden Moralsysteme der dieser allgemeinen Wahl entschieden werden soll, ist die, ob die Kirchen ist, bekämpft diese in den Personen ihrer ehrlich sten, Arbeiterpartei im Lande oder im Parlament gewinnt oder verliert. menschlich sympathischsten Vertreter. Sein Stück Die Zollfrage, das Budget, das Haus der Lords, die angekündigte Majorin Barbara" ist gegen die Heilsarmee gerichtet, wir sehen aber Besetzung Englands durch die Deutschen sind damit verglichen darin nicht ein Mitglied der Heilsarmee auftreten, dem es um diese Kleinigkeiten. Es gibt nur eine Parlamentsfrisis in England, auf und ihr Wert nicht heiliger Ernst wäre. An ihrem Ernst gerade die es Wert hat, den Blid zu lenten, und das ist der Augenblick veranschaulicht er ihre Schwäche und Unzulänglichkeit. Seine fati- zwischen jener unvermeidlich kommenden allgemeinen Wahl, bei der rischen Lustspiele gehen über Molière hinaus, während das, was uns eine wachsende Arbeiterpartei nahezu die Mehrheit erhalten, und der in Deutschland als solche geboten werden, oft genug weit hinter darauf folgenden Wahl, wo sie den letzten Schritt vollziehen und Molière zurückbleibt. Man ist aber bei uns im Theater so sehr an den König zwingen wird, ihre führer um die Bildung einer Regie Wigmacher gewöhnt, deren Wig im Grunde nur aus netten Caféhaus- rung zu ersuchen."
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