find nach Arabien   hinübergeflogen, und man muß sie heute, will man sie sehen, in Djeddas(ab und zu noch in Suez) suchen. Die Kairoaner Eseltreiber. Fremdenführer usw., einst erheiternd und belustigend für den geldstreuenden Grand-Seigneur, sind heute für den, der das Land kennt, freche, aufdringliche und impertinente Bettler. Das Stratzenlebcn, einst pittoresk, malerisch und inter- essant, ist banal und trivial geworden es ist nichts mehr als eine schlechte Kopie der europäischen Großstadt. Man denke sich eine Menge europäisch gekleideter Levantiner(so leid es mir tut, es gibt kein entsetzlicheres Element im Orient, als den ein- geborenen Christen) die in allem anderen Levantiner geblieben sind, und mitten darin einige Jungägypter, aus dem einstigen Gefolge weiland Mustapha Khameel Paschas, die alles angaffen, oder vor jedem Weißen Esel, vor jedem braunen Fellachen und Vor jedem schwarzen Neger, mit Erstaunen Maulaffen seil halten. Ein Todesstoß für Kairo  (vom touristischen Standpunkte) war die Heilsarmee. Diese sehr ehrenwerten Ladies haben zerstört, was es noch an Pittoreskem gab. Gewiß, das Pittoreske in Kairo  stand hie und da an der Grenze und jenseits dessen, was die europäischen   Sitten als duldbar akzeptieren, aber es war eben pittoresk, und keine Lady, die von der Terrasse der großen Hotels diesem oder jenem Mummenschanz zusah, hat es versäumt, durch alle 1l) Finger zu sehen. Darin gab es nie eine Ausnahme. Thomas Cook   endlich selbst er, der Kairo   in einem gewissen Sinne geschaffen hatte hat der Stadt nach dem Todesstoß der Heilsarmee   den Gnadenstoß gegeben. Eilzüge allererster Klasse, mit Schlaf-, Salon- und Speise- wagen, verbinden Kairo   mit Oberägypten   Luxusschiffe dampfen den Nil hinauf bis zum ersten Katarakt, und heute außer je 8 Tage auf der Hin- und Herfahrt bleibt so gut wie kein Mensch von allen denen, die mcht zu den Postkolli-Karawanen gehören(denn die Reise ist kostspielig) in Kairo   selbst. May geht nach Luksar, nach Assuan  , nach Vad-i-Halfa und nach Chartum, und bald(wer weiß) wird es Palast-Hotels am Victoria Nyanza und in Zanzibar   geben. Die Zeit wird schon kommen, wo neue Entdeckungsreisende Venedig   entdecken werden, das niemand mehr kennt. Die großen Hotels in Lutjor und in Assuan   halten heute nicht nur denen der Bachler und Nungovies Compagnie stand sie überflügeln sie, und in Assuan   wiederholt sich heute schon das, waS es in Kairo   vor 20 Jahren gab. Man lebt dort am Rande Nubiens  , wo vor IV Jahren noch der Mahd» herrschte, besser, als in Kairo  , das Europa   geworden ist. Den Europäer, der einmal den Orient genossen hat, zieht es dennoch wieder dorthin, aber er ist zu schwach und zu verwöhnt, um ohne Palace-Hotel zu leben. Wenn irgendwo ein schöner Punkt entdeckt ist, muß ein Palace-Hotel erbaut werden. Wie lächerlich das ist, fühlt man nirgends stärker, als in Kairo   bei den Pyra­miden von Ghizeh. Nichts ist herrlicher, nichts überwältigender, als ein Sonnenuntergang gesehen von der oberen Plattform der großen KheopS aus. Weit un Hintergrunde Kairo   mit seinen Kuppeln und seinen Minareten, die grüne Ebene des Deltas im Nordosten und das Silberband des Nils. Wenn die Sonne sinkt, färbt sich der Himmel feuerrot, dann dunkelrot, violett und schwarz und augenblicklich sinkt die Nacht. Im Nu deckt Nebel die Erde bis zu drei Viertel Höhe der Pyramide und nun hängt man auf einem schwarzen Steinblock mitten im Himmel in einem Silber- licht bei Vollmond, wie man es nirgends wiedersieht. Setzt man sich in der Mitte der Plattform neben dem Fahnenstock zur Erde, so verschwinden die Seitenwände der Pyramide dem Blick und nun ist die Illusion vollkommen. Kein Laut, kein Erdenschrei dringt herauf und hier lebt man mit den Geistern der Osiris, Isis, Scsostris, Ramses   und Kleopatra  . Man möchte jauchzen und es schreckt das Herz zusammen. Zwei Beduinen, die man ver- gessen hat, packen einen unter den Armen, und in großen Sätzen von einer Stufe zur anderen eilen sie hinab. Man ist unten, ohne zu wissen wie in b Minuten mitten im Hof des Hotels, im grellen, kalten Schein seiner Bogenlampen. Automobile rasseln, Fiakerkutscher brüllen, Reitkamelc wiehern Postkarten-, Streich« Hölzer-, Antiquitätenvcrkäufer heulen, Kellner rennen mit Whiskey und Soda. Es ist entsetzlich. Man tritt in den Speisesaal. Wie lächerlich sind alle diese schwarzbefrackten Männer wo man eben hoch oben auf der Pyramide den Geist Antonius gesehen, mit einem goldenen Helm und einem Schwert an der Seite. Wie häßlich sind alle diese dekolletierten Pariserinnen sah man doch eben noch auf ein Rosenlager gedettet Kleopatra  ! Nein, sie ist gräulich unsere Zivilisation. Uropismen und Lcbcnsrbytbmcn. Bon Dr. C. T h e s i n g. (Schluß.) In neuester Zeit haben vor ollen Dingen Georg Bahn und Anna Drzewina die Frage nach den Lebens- rhythmen in Angrist genommen und wenn sie freilich auch von ganz anderen Gesichtspunkten ausgingen und zu von den Fließschen weit abweichenden Resultaten gelangten, so konnten sie doch zeigen, daß bei bestimmten Tieren eine feste Periodizität ihrer Handlungen besteht, die so fest eingewurzelt ist, daß sie auch noch anhält, wenn der ursprüngliche Grund für diese Handlungen in Fortfall kommt. In den folgenden Aus- sührungen schließe ich mich unmittelbar an die Darsiellimg. die Bahn in seinem bei Flammarion erschienenen interessanten Buche La Naissance de rintelligence"(Die Entstehung der Intelligenz) von den Lebensrhythmen gibt. an. Die an den Meeresküsten lebenden Tiere erleiden periodisch beim Eintritt der Ebbe und Flut eine Veränderung in dein Wassergehalte ihre« Gewebes. Wie Bohn bereits!Sv3 zeigte, steht das Leben dieser Tiere in engster Beziehung mit dem Steigen und Fallen des Meeres, und ihre Lebenserscheinungen werden bis zu einem gewissen Grade durch die Bewegungen von Ebbe und Flut ge- regelt. Wenn das Meer bei Ebbe sich von dem Strande der Bretagne   zurückgezogen hat, sieht>nan auf dem Strande riesige grüne Flecken erscheinen, deren Farbe allmählich dunkler wird und deren Umrisse ständig wechseln. Die Flecken werden von Anhäufungen kleiner grüner Strudelwürmer, Convoluta mit Namen, gebildet Wenn die Flut eintritt, so vergraben sich die Tiere im Sand,' um dem Anprall der Wogen zu entgehen, und erscheinen erst bei Ebbe wieder an der Oberfläche. Die Convoluten zeigen also abwechselnd auf- und absteigende Bewegungen, die mit den Bewegungen von Ebbe nnd Flut, aber in umgekehrtem Sinne zusammenfallen. Bohn konnte nun die sehr merkwürdige Tatsache feststellen, daß dieses Auf- und Niedersteigen der Convoluien auch im Aquarium andauert, obgleich die Tiere hier doch dem Anprall der Wellen voll« kommen entzogen sind. Und was das Merkwürdigste ist, die Tier» halten auch hier genau die Zeiten ein. zu denen in ihrem normalen Wohngebiete Ebbe nnd Flut eintritt. Man kann diese Erscheinung sehr schön in einem Reagenzglase mit feuchtem Sande und darin eingeschlossenen Convoluten beobachten. In strenger Periodizität steigt der grüne Ring in die Höhe oder senkt sich in die Tiefe, indem er seine höchste Stellung bei Ebbe, seine tiefste bei Flut einnimmt. Ja die Convoluten folgen sogar ganz genau den Unregelmäßigkeiten der Gezeiten t bei Nipp- flut sind ihre Bewegungen langsanier, bei Springflut lebhafter. ES bändelt sich in diesem Falle um einen Georropismns, dessen Schwankungen in engster Beziehung zu den täglichen Meeres« bewegungen sieben. In einem Zeitraum von 13 Stunden halten sich die Tiere ungefähr 6 Stunden in der Tiefe tind etwa ebensolang« an der Oberfläche auf, und dieser Rhythmus ist so fest eingewurzelt� daß er selbst im Aquarium noch anhält. In anderen Fällen handelt eS sich um Veränderungen des Phototropismus, die denselben Rhythmen unterworfen sind. AlS Beispiel führt Bohn das Verhalten der gemeinen Strandschnecken, Litoriu», an, die man bei Ebbe unter dem Tang findet. Im Zeit­raum von 13 Stunden ist das Tier 6 Stunden hindurch positiv und 6 Stunden negativ heliotropisch, und auch dieser Wechsel hält im Aquarium an. Diesen rhythmischen Wechsel des TropiSmuS kann man noch eleganter demonstrieren, wenn man das Tier auf einer Seite blendet»nd ans diese Weise die symmetrische Erregung der beiden Körperseiten stört. Jetzt bewegt sich das Tier nicht mehr gradlinig auf die Lichtquelle zu oder von ihr fort, sondern es führt Drehbewegungen aus, die sechs Stunden im Sinne des Uhrzeigers und sechs Stunden im entgegengesetzten Sinne erfolgen. Ganz daS gleiche Verhalten zeigen auch verschiedene an den Meeresküsten lebende Ringelwnrmarten, z. B. Hediste diversicolor. Die bisher angeführten Fälle beziehen sich auf den täglichen Wechsel von Ebbe und Flut, aber auch der vierzehntägige Rhythmus macht seinen Einfluß z. B. auf jene Tiere geltend, die auf den höher gelegenen Felspartien der Küste hausen. Regelmäßig während der Nippflut erleiden die Tiere eine achttägige Aus» trocknung und werden während der folgenden acht Tage dauernden Springflut mehr oder weniger stark von den Wellen bespült. Dem» entsprechend zeigen diese Tiere, besonder« die kleine Litorina rudis, namentlich im Sommer eine auffallende Lebensperiodizität. Zur Zeit der Nippflut ziehen sie sich in ihr Gehäuse zurück nnd alle ihre Lebensfnnktioncn geraten ins Stocken. Sobald aber die erste Springflut sie mit Wasser benetzt, erwachen sie ans ihrer Erstarrung und beginnen auf den nassen Steinen herumzukriechen. Anfänglich zeigen fie dabei negativen PhototropkSmus, der sich aber nach und nach in positiven verwandelt. Auch diese Periodizität dauert noch lange Zeit im Aquarium an. Nehmen wir einmal an, Ivir hätten Littorinen schon über einen Monat im Aquarim gehalten, so schicken sich die Tiere doch ganz regelmäßig zu der Zeit, da die Wogen nach der Nippflut ihre heimatlichen Felsen erreichen, zur Wanderung an und suchen die Dunkelheit auf. Der durch den Wechsel der Gezeiten bedingte Rhythmus stellt nur einen Spezialfall der Lebensrhythmen dar. Wie Wallace in seinem berühmten BucheDie Stellung des Menschen in der Natur* chreibl: ,... steckt die ganze Natur voller rhythmischer Bewegungen verschiedenster Stärke und Dauer. Alle Bewegungen und Funktionen der Lebewesen, das Wachstum, die regenerativen Prozesse, Assimi« lation und Dissimilation, folgen einander in regelmäßigem Wechsel. Alle unsere Organe ennüden und bedürfen der Ruhe; jeder Reiz darf nur kurze Zeit aus uns einwirken, wenn er nicht Unheil stiften soll. Darin beruht ja auch der Vorteil der Nacht, weil während dieser Zeit die Licht- und Wärmereize aus ein geringes Maß herab- gesetzt sind. Sowohl für die Pflanzen wie die Tiere ist diese nächtliche Ruhe wichtig, ebenso wie die längeren Perioden, die man als Sommer und Winter, als trockene und feuchte Jahreszeiten bezeichnet... In sehr auffallender Weise äußert sich der Einfluß von Tag und Nacht namentlich bei den sogenannten Schlafbeweguugea