776 «anze Msicht der Stiftung dadurch durchkreuzte, dah man hinzu fügte, die Domäne sollten nach wie vor Domänen bleiben, also nicht in den freien Besif der Universität übergehen. Man ver- schleppte die Sache unter allen möglichen formellen Ausflüchten, und als schließlich Humboldt im Mar 1810 seine Vorarbeiten für die Universitäten mit einem Generalbericht an den König abschloß. wagte er den Gedanken überhaupt nicht mehr zu erwähnen. Der Universität wurden zunächst vielmehr nur 47 000 Taler aus den königlichen Kassen zur Verfügung gestellt. Es ist auch niemals mehr von der Ausführung des königlichen Versprechens die Rede gewesen. Aber die Kabinettsorder bestand und besteht eigentlich bis zum heutigen Tage. Im preußischen geheimen Staatsarchiv befindet sich ein Aktenstück, in dem der Nachfolger Humboldts, v. Schuckmann, beim König an» fragte, was zu tun sei, wenn Anträge auf endliche Uebergabe der verheißenen Domänen kämen; ob es nicht geraten wäre, in diesem Falleauszuweichen". Der Minister sprach sich entschieden für Ausweichen aus. Der König dürfe nicht durch die Verleihung unabhängigen Eigentums die Herrschaft über die Mägen der Professoren aufgeben, die allein imstande sei, die exaltierten Köpfe zu zügeln. Das begriff der König sofort und unverzüg- kich traf die zustimmende Weisung ein: ausweichen! Das ist der treffende technische Ausdruck für die Methode, Königsworte gu brechen. Es ist trotz der niemals aufgehobenen Kabinettsorder in aller Zukunft nicht mehr die Rede davon gewesen, die Uni- versität dadurch wirtschaftlich unabhängig zu machen, daß man ihre Erhaltung auf die Sicherung unverlierbarer eigener Einkünfte gründete. Die Hohenzollern behielten die Herrschaft über die Mägen und übten sie rücksichtslos aus, und die Köpfe wurden immer weniger exaltiert. Für Humboldt scheint der Mißerfolg in der Domänenfrage den entscheidenden Anlaß gegeben zu haben, seine Entlassung zu nehmen; hatte er doch diese Stiftung ausdrücklich damit begründet, daß man der Universität Unabhängigkeit von den Gesinnungen der jeweils Regierenden, innere Würde und größeres Vertrauen beim Ausland gewähre. Humboldt ging noch vor der Eröffnung der Universität als Gesandter nach Wien . Für die heutige liberale Professorenschaft ist es aber charakteristisch, daß Gebhardt in feinem zweibändigen Werk über Wilhelm v. Humboldt als Staats- wann diese wichtigste Angelegenheit der Humboldtschen Minister- fchaft in ein paar unklaren Worten mehr versteckt als hervorhebt. Humboldts Nachfolger wurde, nach kurzer Zwischenherrschaft, jener Herr v. Schuckmann, der erste Kultusminister der Universität Berlin , ein ebenso anmaßender wie unwissender Polizeiknüppel, der das Geschlecht korrekter preußischer Kultusminister würdig begann. Auch der erste Rektor der Universität, die schließlich im Oktober 1810 doch eröffnet wurde mit den bescheidensten Mitteln, war ei» Symbol: Es war der Professor Schmalz, der hernach der schurkische Anführer der Demagogenhetze ward. Trotz der bedeutenden Männer, die in Berlin wirkten, wurde keine der großen Absichten und Hoffnungen erfüllt, die man gehegt hatte. Die königliche Order, die Schuckmann berief, stellte sich in Gegensatz zu all den idealistischen Entwürfen: Dem Unterricht wurde dieVerbreitung solcher Gesinnungen" zur Pflicht gemacht, wodurch Anhänglichkeit an die Verfassung und Vertrauen und Folgsamkeit gegendie Regierung bewirkt und erhalten würde". Aus dieser Anschauung heraus verlangte Schuckmann gleich im Januar 1811«inen Professor der Dogmatil, der dem undogmatischen Theologen Schleiermacher entgegenwirken sollte; der zu berufende Slrafprofessor dürfe, so heißt es in Schuckmanns Begründung, das protestantische Glaubensbekenntnis nicht als eine Zielscheibe des Spottes oder als eine unbrauchbare Reliquie hinstellen. Als Gegengewicht gegen Fichte wurde ein Vertreter der reaktionären Naturphilosophie zur Berufung empfohlen. Gleich im ersten RektoratLjahr kam es trotz der zahmen Unter- würfigkcit des Rektors Schmalz zu Konflikten aller Art zwischen der Universität und den Behörden. Die Studenten wurden von Friedrich Wilhelm hart angefahren, weil sie auf der Straße Hof- meister der königlichen Söhne angerempelt hatten. Dagegen gab man ihrer Rauflust nach, als sie wegen des Verbots von Privat« fechiböden mit einer Auswanderung nach Jena drohten; man de- schloß die Einrichtung eines Fechtbodens innerhalb der Universität selbst. Weil man im spät begonnenen Wintersemester mit dem Lehrstoff nicht fertig geworden evar, erließ der Rektor der Uni- versität in den Blättern eine Bekanntmachung, daß das Sommer- semester statt reglementsmäßig am 21. März erst am 22. April beginnen solle. Das rügte die Regierung alseigenmächtige Ueberschreitung". Schmalz mußte demütig öffentlichen Widerruf leisten, eine Strafe zahlen und die Aufsichtsbehörde verlangte von ihm, täß er künftig alle Bekanntmachungen zur Genehmigung vor- lege. Diese Zensur kränkte selbst einen Schmalz so, daß er sein Amt niederlegen wollte. Er blieb schließlich, als man khm die Strafe erließ; aber die Zensur wurde aufrecht erhalten. Als Protest gegen den geschmeidigen Schmalz wurde als zweiter Rektor Fichte gewählt, jedoch nur mit einer Stimme Mehrheit. In seiner Antrittsrede über die einzig mögliche Störung der akademischen Freiheit bekämpfte er tapfer das privi- legierte Studentenunwesen. Die einzige Gefahr für die Freiheit gehe von jener bekannten Menschenart aus, die sich für Studierende ausgeben und al» privilegierter Stand gelten wolle, der zu itllettt berechtigt sei, was Gesetz und Sitte verbieten; die sich für das ausevwählte Volk Gottes ansehen und die Universitäten nur dazu bestimmt glauben, diese Ansicht fortzupflanzen; die ihre Genossen durch erzwungene Bündnisse und Orden tyrannisieren, die Lehrer zu ihren Schmeichlern machen wollen und dadurch die akademische, die menschliche Freiheit vernichten. Es ist eine würdige Jubilar- erinnerung, daß die heurigen Universitätsfeste eingeleitet wurden durch langwierige Streitigkeiten über das Recht der nichtfarben- tragenden Studenten, sich an der Feier zu beteiligen; natürlich wurde jene bekannte Menschcnart des Rektors Fichte auserwählt. Fichtes Bemühungen, die Freiheit und selbständige Würde der Universität zu festigen, scheiterten rasch. Sein Versuch, studentische Rüpeleien zu bestrafen, begegnet« dem entschiedensten Widerstand der Regierung, der Kollegen und der Studenten. Er bat deshalb um seinen Abschied, dessen schleunige Bewilligung Schuckmann be- fürwortete, zumal da Fichte, wie der Kultusminister an den Staatskanzler Hardenberg berichtete, wegen seiner Reden an die deutsche Nation bei den französischen Behörden ohnehin übel notiert sei. Der Berliner Staatsrat Uhden bemühte sich, durch den DreS- dener Allerweltspublizisten Böttiger unaufhörlich Reklamenotizen über den Glanz der neuen Universität in die Presse zu bringen, um Studenten nach Berlin zu locken. Aber Humboldt meinte schon 1810:Ein Institut, für das noch so viel geschehen mußte, und das doch nur, auch so, mit dem allmählichen Heben der ganzen Staats- Maschine und der Nation selbst getragen werden konnte, kann wohl jetzt nicht gedeihen." Die ganze Schreckensherrschaft des Hohen- zollernregiments brach aber erst herein nach der Ueberwindung Napoleons . Mit verblendeter tragischer Begeisterung hatten sich die Professoren und Studenten an den sogenannten Befreiungs- kriegen beteiligt. Viele waren auf dem Schlachtfeld geblieben, als aber die Ueberlebrnden heimkehrten und sie die Frucht des Siege? ernten wollten, die ihnen ihr König vorher verheißen, als sie ver- dächtig wurden, deutsch-national nach Einheit und Freiheit zu streben, stießen sie auf den Büttel, den Kerkermeister und den Henker. Höhnisch schrieb schon 1815 jener Böttiger:Der geheime Staatsrat v. Bülow und viele preußische Verwaltungsbehörden erklären sich laut gegen das Humboldtsche Kind, die Berliner Uni- versität." Und 1816 heißt eS in einem Brief von Wilhelm v. Hum- boldt selbst:Ich sehe, daß die berlinische Universität mehr noch als untergeht... Der Geist ist aus allem gewichen. Man sinkt in eine ungeheure Alltäglichkeit zurück. Man müßte eine dauernde moralische Macht organisieren, die Stimmung der Nation zu er- heben... Um so etwas hervorzubringen, muß man nicht ewig da» Rad der kommenden und gehenden Akten umwälzen. Man muß in Muße auf das denken, was in keinen Akten steht.., Hat dazu einer unserer Minister Zeit, fällt es einem ein?" kleines feuilleton. Technisches. Metallisierversahren. Der Technik stand bis jetzt zur Herstellung dünner Metallüberzüge nur das galvanische Verfahren zur Verfügung, bei dem durch den elektrischen Strom eine dünne Rctallschicht auf den betreffenden Gegenständen niedergeschlagen wurde. Dieses Verfahren, die Galvanoplastik, das galvanische Ver- kupfern. Vergolden usw. bietet zwar Vorzügliches, hat aber doch seine in der Natur des Verfahrens liegenden Grenzen. Vor allem müssen die zu behandelnden Gegenstände entweder schon an und für sich den elektrischen Strom leiten können oder aber durch einen Graphitüberzug leitend gemacht werden. Dann müssen die Gegen- stände auch in eingalvanisches" Bad gebracht werden, dürfen also, ivenn die säurefesten Wannen nicht unheimliche Abmessungen erhalten sollen, nicht zu groß sein. Von dem bekannten Elektrochemiker S ch o o p ist nun ein Ver- fahren ausgearbeitet, derartige Metallüberzüge auf mechanischem Wege herzustellen. Dieses Verfahren, das nach seinem Erfinder den geschmackvollen NamenSchoopieren' trägt, dient auch zur Her- stellung dünnwandiger Metallkörper. DaS als dünner Faden aus einem Haarröhrchen in geschmolzenem Zustande austretende Metall wird in einen Strom eines sehr stark, bis 20 Athmosphären verdichteten GaseS , z. B. Luft oder Stickstoff, geführt, dort zerstäubt und in diesein Zustande auf eine beliebig gestaltete Fläche geschleudert, oder gleichsam ge- spritzt, auf der es dann einen dünnei» und festhastenden Ueberzug bildet. Die Temperatur deS Metallstrahles ist verhältnismäßig niedrig, 3050 Grad, so daß auch verbrennbare Materialen, wie Holz oder Pappe, als Unterlagen benutzt werden können. Werden diese Matrizen nachher entfernt, so kann man so beliebig Hohlkörper. zum Beispiel nahtlose Röhren herstellen, die vollkommen dicht sind und noch eine größere Festigkeit ausweisen als gegossene Körper. Da die ZerstäubervorrichNing tragbar hergestellt wird, kann der zu überziehende Körper beliebig groß sein. Große Bedeutung hat das Verfahren auch sür die Her- stellung von rostschützenden Ueberzügen sür Eisenkonstruktionen z. B. Brücken, deren Lebensdauer dadurch verlängert werden kann. Ltst. »Lerantw. Redait.: EarlWcrmuth» Berlm-R ixdorf. Druck u. Verlag: BorwärlS Buchdruckerei u.vert«g»anjlaltPaulEniger zk�o..Berl>nSW.