796 für zutreffend, steigerte sich doch die Zahl infizierter Kinder, die aus Proletarierfamilien mit offener Tuberkulose stammten, auf SS bis 100 Prozent l Untersuchungen bei Kindern wohlhabender Eltern er- gaben dagegen, da« von lOS Kindern(einer ärztlichen Privatpraxis mit reicher Kundschaft) nur 4 tuberkulös infiziert waren, darunter 2 durch ein Dienstmädchen! Die Schwindsucht ist daher recht eigentlich eine Kinderkrankheit, deren Ausbruch im späteren Alter dann' durch die Lebensbedingungen gefördert oder gehemmt wird.Alle Momente, welche den Körper zu schwächen imstande sind aufreibende Arbeit, physische Störungen jeder Art, Unterernährung, unhygienische Wohnung, seelische Bedrückung, Exzesse verschiedener Art(Trunksucht) bereiten dem Andringen der Tuberlelbazillen günstigen Boden. Diese Schäd- lichkeiten kommen aber bei den auf ihrer Hände Arbeit angewiesenen Personen in besonderem Maße zur Geltung, sie sind aufs innigste verknüpft mit der Berufstätigkeit, sei eS als direkte, spezifische Be- rufsgefahr, oder als Folge aufreibender Arbeit, oder mangelnder Entlohnung." Der Proletarier ist von Geburt an durch die Tuberkulose   be- droht. Schon als Kind nimmt er im elterlichen Heim oder in der Schule die Krankhenskcime auf. Bei der Berufswahl wird auf seine körperliche Eignung nicht die genügende Rücksicht genommen.Un- zäblige Angehörige der arbeitenden Bevölkerung haben sich einen Beruf gewählt, welchem ihre körperliche Kraft nicht gewachsen ist." Die Arbeit selbst nutzt in vielen Berufen den Körper frühzeitig ab. stumpft den Geist, schwächt den Gesamtorganismus, besonders das Herz, damit aber die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten. Koelsch beruft sich auf Rubners Wort:.Arbeit macht älter, nicht nur im Aeustern. in ästhetischer Hinsicht, sondern auch im ganzen Aufbau de» Körpers; nicht das Lebensalter ist hierfür be- stimmend, sondern die Konsumtion, die trotz genügenden Stoff- ersatzes mit der schweren Arbeit einhergeht." Auch wo die Arbeit nicht schwer ist. wirkt die lange Dauer schädigend. Ermüdung ohne ausgiebige Ruhe macht den Körper Widerstands- unfähig. Die UnfaNgcfahr hat gleichfalls Bedeutung, die Tuber- kulose. Endlich der Einflust seelischer Stimmungen..Sorgen aller Art, vielleicht familiärer Unfriede, sind häufige Begleiter: der ganze Lebensinhalt konzentriert sich auf die Arbeit, um die Mittel zu einer oft kargen Ernährung und Erhaltung der Familie zu gewinnen. Bei unseren industriellen Arbeitern kommt das Gefühl einer relativen Ungewißheit hinzu, die Gefahr... arbeitslos und dem Hunger preisgegeben zu sein. Wenn die knrzen Honigwochen der jungen Arbeiterehe abgelaufen sind, wenn Kinder die bisher mitverdiencnde Frau ans Hans fesseln und den AuSgabeposten vergrößern, wenn der Verdienst de» VaterS kaum genügt zu einer dürftig ausgestatteten Behausnug und kärglichen Ernährung dann werden eine heitere LebenSauffafiung und Lebensfreude selten zu Gaste kommen. Dazu tritt die täglich wiederkehrende hastige und monotone Arbeit in den reizlosen Fabrikräumen, inmitten lärmender Maschinen, welche bei der... Arbeitsteilung... die Freude am geschlossenen Ganzen, das Gefühl der Befriedigung über das Werk seiner Arbeit beim industriellen Arbeiter nicht mehr aufkommen" läßt. Auch dieser seelische Druck wirkt verhängnisvoll auf den Körper ein. Schlechte Entlohnung, das Arbeiten in geichloffenen überfüllten Räumen, ohne die Heilwirkung des direkten Sonnenlichts, die ge- bückte Körperhaltung in vielen Berufen, die Temperaturunterschiede, Staub und Ruß. schlimmer noch als in der Großindustrie im Handwerk und namentlich der Heimarbeit! alles dieses find die wirklichen Erreger der Schwindsucht. Auf den Flügeln der Arbeit naht der Tod!_ Kleines f euilleton. Aus der Vorzeit. FestungZanlagen der jüngeren Steinzeit. Noch vor kurzer Zeit hätte man in prähistorischen Fachkreisen daS Vor- handemein von Festungsbauten der jüngeren Steinzeit für ei» Ding der Unmöglichkeit erklärt, weil Schanzarbeiten größeren UmfangeS mit den primitiven Werkzeugen der Steinzeit nicht zu bewältigen feien. Aber in den letzten zehn Jahren sind eine ganze Anzahl fortifikatorischer Anlagen unzweifelhaft neolithischen Alters, teilweise von riesiger Ausdehnung aufgedeckt und untersucht worden. Die wichtigsten davon bei Lengyel in Ungarn  , ans dem MichelSberg bei Untergrombach   in Baden  , bei Urmitz   im Neutvieder Becken am Rhein  , bei Mayen   in der Eifel  , zwei kleiner« in der Nähe von Heil- bronn und eine sogar aus klassischem Boden, der sogenannte Burg- Hügel von /?imiiii in Theffalien beschreibt H. Lehner in der .Prähistorflfl- Zeitschrift". Ein großer Teil dieser Befestigungen ist auf die D gegend beherrschenden Höhen angelegt, einige befinden sich mitten W o« Ebene auf einer erhöhten, vor Ucberschwemniungen geschützten Stelle, die einen freien Ueberblick über die Umgebung gewährt. Eigentümlich ist ihnen eine auffallende Uebereinstimmmig in der Form und Art der ganzen Anlage. Der Grundriß ist elliptisch und ivcist Wei oder niehr Reihen konzentrischer Hinderuiffe auf i außen Gräben, i» zu zwei Meter tief und acht Meter breit, mit Wallanlagen, im LnH'rn Palisadenwände, von denen sich überall mehr oder weniger deutliche Spuren erhalten haben. Die in der Ebene gelegenen Be- sestigungen weisen eine ungewöhnlich große Anzahl von Eingängen t auf, die ehemals durch Berrammlungen, Tore oder auch__ verantw. Redakt.: Earl Mermuth, Berliu-R ixdorf. Druck u. Verlag:>v«rw«rlt Buchdrucker«,».«eclegdanskatt Paul Singer Sl«o..BerlinLAi. Türme besonders geschützt waren. DaS hängt zusammen mit dem ganzen Zweck der Anlage. Wir muffen nämlich unterscheiden zwischen befestigten, ständig bewohnten An» siedlungen und sog. Fliehburgen, die nur im Falle der Not be« nutzt wurden. Jene weisen nur wenige, dem regelmäßigen Straßen« verkehr dienende Tore auf; die Reste fester Annedlungen und die Grabstätten befinden sich bei ihnen innerhalb des umschanzten Ringes. Bei den Fliehburgen lagen die Ansiedlungen außerhalb verstreut. Nahte ein Feind, s» nutßten sie die ringsumwohnende Bevölkerung nebst ihrer beweglichen Habe so rasch als möglich aufnehmen können. Daher die vielen Eingänge. Diese Festungsbauten zeigen, welchen hohen Grad der Ent« Wickelung die Völker der jüngeren Steinzeit schon er» reicht haben mußten, um trotz ihrer prinüiiven Sieinwerk« zeuge plumpe, schwer handliche Steinhacken find in großer Anzahl gefunden worden so gewaltige Anlagen zu schaffen. Diejenige von Urmitz   z. B. hat einen Durchmesser in der Länge von 1275, in der Breite von 840 Metern; 40 000 Kubikmeter Erde mußten zur Schaffung der Gräben entfernt werden. Das setzt auf jeden Fall ein Zusammenwirke» vieler Kräfte voraus und eine schon weit vor« geschrittene Organisatiinf der Bevölkerung. Die neolithischen Festungsanlagen, soweit sie bis jetzt bekannt find, stammen aus dem älteren Abschnitt der jüngeren Steinzeit, der Psahlbauperiode. Ob sie in den späteren Ringwällen ihre Fort« letzung gefunden haben, ist vorläufig noch zweifelhaft. Sie weisen aber augenscheinlich eine ganze Anzahl Parallelen auf mit solchen, die wir aus der griechische» frühgeschichtlichen Zeit kennen, was erneut einen engen Zusammenhang der prähistorischen Rhein  - und Donaukultur mit dem griechisch-kleinasiatischen Kulturkreis wahr- scheinlich machen würde. Anatomisches. Die Asymmetrie des menschlichen Körpers. In der Pariser Akademie der Wiffenschaften wurden in der Sitzung vom 3. Oktober die Resultate einer ausführlichen Arbeit bekannt gegeben. die Paul Godin der normalen Asymmetrie(Uugleichmätzigkeit) der oberen und unteren Gliedmaßen deS Menschen widmet. Seit mehr als 10 Jahren beschäftigt sich der Gelehrte mit dieser Frage, die er auf Grund eines umfangreichen statistischen Materials nach ihrer Gesetzmäßigkeit zu beantworten sucht. Danach sind im Alter von 13 Jahren der rechte Oberarm und Unterarn, länger und stärker als der linke Oher- und Unterarm. Dagegen übertreffen der linke Schenkel und das linke Bein den rechten Schenkel und das rechte Bein an Stärke: es besteht also eine wechselweise Asymmetrie. Diese Asymmetrie nimmt vom 15. bis zum 18. Jahre immer mehr zu. Sie ist zu erklären aus den verschiedenen Funktionen dieser Körperteile, denn der Mensch ist fast immer Rechtshänder, wodurch die stärkere Aus« bildung des rechten Annes erklärt wird; andererseits verrichtet während des Gehens die linke unlere Extremität eine größere Arbeit als die rechte, woher die stärkere Ausbildung des linken BeinS sich erklärt. Bei Linkshändern ist die umgekehrte Entwickelnng zu konstatieren. Godin erklärt es für vorteilhaft, bei Kindern und in den EntwickelniigSjahren Begriffenen die Tätigkeit beider Hände aus« zubilden, um damit der von der Natur borge, ebenen Asymmetrie zu begegnen. Ganz läßt sich jedoch diese Ungleichmäßigkeit der Ent- Wickelung nicht ausgleichen, denn auf Grund der Vererbung find schon bei den Neugeborenen die Knochen der rechten oberen Extremität besser entwickelt als die entsprechenden Knochen der linken Seite. Hygienisches. Die Kleidung im Herb st. Recht beachtliche und zeit« gemäßige Betrachtungen überdie Kleidung im Herbst" finden wir ni denBlättern für Voltsgesundheitspflege". Darin wird darauf hingewiesen, daß in unseren Klimaten gerade die UebergangSzeiten, Frühling und Herbst, ganz besonders zu Erkältungen geneigt seien. Nicht in letzter Linie ist daran Unvorsichtigkeit in der Kleidung die Ursache. Zu wenig wird der starke Gegensatz beachtet, der zwischen den heißen Mittags- und kühlen Morgen-»nd Abendstunden be« steht, man sitzt wohl gar abends ohne Ueberzieher im Freien und in den Vorgärten, und vor allem die Frauen und Kinder wechseln oft zu spät die leichte Sommerkleidung. Die dünnen Blusen an» Battist und ähnlichen Stoffen geben keinen Wärmeschutz, während doch die gerade häufig blutarmen Frauen und Mädchen dieses Schutzes ganz besonders bedürfen; dasselbe gilt von den Kindern mit Bezug auf die törichte Sitte, sie mit bloßen Beinen gehen zu lassen. Durch dieses letztere wird nicht Abhärtung erzielt, viel« mehr die Erkältung gefördert, der kindliche Körper einem zwecklosen Wärmeverlust ausgesetzt. Erkältungen und Er- krankungen vorzubeugen, soll häuptsächlich die Oberkleidung dienen, nicht die Unterkleidung, die im Zimmer und Freien stet» die gleiche ist, abgesehen von den Strümpfen, da kalte Füße leicht zu Schnupfen und Katarrhen führen und daher schon frühzeitig wollene Strümpfe benutzt werden sollen. An Stelle des dünnen Sommergewandes soll im Herbst ein nicht zu dickeS Oberkleid treten, der sogenannte Sommerüberzieher muß unser Begleiter werden, da auch in den Tagesstunden im Schatten oft eine recht unangenehm sich bemerkbar machende Kühle herrscht. Dann wird mancher Erkältung vorgebeugt werden, wenn die Vorsicht in der Kleidung die ihr gebührende Stellung einnimmt.