— 812— 500 Fuk v"»)«- ouchstäblich mit Seevögeln bedeckt, deren tveitze Brüste sich prachtvoll im Sonnenschein gegen die dunklen Felsen abheben. Und welche Verschiedenheit der Charaktere und Arten Hausen aus solchem Vogeloerg! Der Austermann, der die Raub- Vögel angreift, neben dem wachsamen Sumpfläufer, der friedlichere Vögel in seine Obhut nimmt, dann der Seemornellkiebitz, der furcht- isam wird unter stärkeren Genossen, aber sich kleineren Vögeln gern als Wachposten zugesellt. Da gibt es herrische Schwäne neben friedlichen Möwen, die reizenden Polarlummen. die fort- während zärtlich zueinander sind, neben den egoistischen Gänsen, die die Waisen getöteter Genossen zurückweisen, dann Pinguine , die einander die Eier stehlen, und �Mornellen, deren Familienleben so rührend ist, dah selbst leidenschaftliche Jäger sich scheuen, ein Weib- chen in der Mitte seiner Jungen zu töten. Alle diese Vögel geben auch nach der Nistperiode das gemein- same Zusammenleben nicht auf, sondern setzen es zur Sicherheit, und nicht zuletzt um des Vergnügens willen fort, da? sie an den gemeinsamen Spielen finden. Es ist leichter, die Vogelarten auf- zuzählen, die isoliert leben, als jene zu beschreiben, die sich den Herbstvereinen der jungen Vögel anschließen, nur um das Leben »n Gesellschaft zu genießen. Geselliges Beisammenleben und gegenseitige Hilfsbereitschaft <st auch bei den Saugetieren die Regel. Nur die Katzenarten, Löwen , Tiger, Leoparden usw., leben gern einsam. Dagegen ist die große Familie der Hunde außerordentlich gesellig, und für ihre verschiedene Arten charakteristisch find ihre gemeinsamen Jagd- ausflügc. Am häufigsten hat man die Wölfe in Rudeln beobachtet, wie sie ihre Beute mit lautem Bellen angriffen. In strengen Wintern sind solche Rudel von Wölfen nicht nur eine Gefahr für das einsame Fuhrwerk, das über die meilenweit verschneite, russische Steppe jagt, sondern auch für die menschlichen Ansiede- ilungen, was sich außer in Rußland und Sibirien , auch in Labrador, und vor etwa 50 Jahren in Frankreich bestätigt hat. Nur rubel- weise greifen die Wölfe die Herden der Pferde an, wobei sie Gefahr laufen, von deren Hufen zertreten zu werden. Die Schakale, eine der tapfersten und intelligentesten Hundearten, jagen gleichfalls rudelweise und fürchten sich in solcher Vereinigung nicht, an größere Raubtiere heranzugehen. Bei den Nagetieren, Huftieren und Wieder- lauern findet sich der Geselligkeitstrieb verbunden mit einer hochentwickelten Praxis gegenseitiger Hilfe. Die Eichhörnchen, die ein inniges Familienleben führen, bleiben auch mit den Eichhörn chen anderer Nester in enger Verbindung. Wenn oie Tannenzapfen in einem Wald, den sie bewohnen, selten werden, verlassen sie in großer Zahl ihre bisherige Wohnstätte. Sie vertreiben sich die Zeit mit gemeinsamem Spiel, und die schwarzen Eichhörnchen des fernen Westens wandern in Scharen aus, wenn sie in einem Walde zu zahlreich geworden sind. Die große Familie der Murmeltiere lebt noch geselliger als die Eichhörnchen in Kolonien vereint, in denen jedes einzelne feine Wohnung hat. Eine Art, der SuSlik oder'sias Ziesel, daS der schrecklichste Feind der Ernten in Südrußland ist, freut sich unbe- ikümmert seines Lebens, während die Provinzialtage über seine Vernichtung beraten. Ihr gemeinsames Spiel ist reizend, und noch anziehender sind die melodiösen Konzerte, die aus dem grellen Pfeifen der Männchen, und dem melancholischen Pfeifen der Weib- chen entstehen. Einen entzückenden Anblick gewähren die Kolo- nien der Wiesenhunde in Amerika . Weit über die Prärie hin reiht sich Erdhaufen an Erdhaufen, und auf jedem steht ein Wiesenhund in lebhafter Unterhaltung mit seinem Nachbarn. Ver- künden die Wachen das Nahen eines Menschen, so verschwinden alle mit Blitzesschnelle in ihre Wohnungen. Ist die Gefahr vorüber, so kommen ganze Familien aus ihren Gängen heraus, die Jungen kratzen und zausen sich, oder zeigen aufrechtstehend ihre Künste, während die Alten Wache halten. Sie machen sich gegenseitig Besuche, und die gebahnten Pfade, die ihre Haufen verbinden, zeugen für die Häufigkeit, mit der diese Besuche erfolgen. DaS größte Erstaunen des Menschen erweckte von je her das Zusammenleben der Biberratten, die sich ihre Dörfer an den Ufern von Seen und Flüssen anlegen, wobei sie die höchste Jngenieurtechnik entwickeln. Sie rechnen mit dem wechselnden Wasserstand, und ihre aus festgetretenem Lehm und Schilf be- stehenden Häuser haben bestimmte Ecken für den Unrat, ihre Hallen sind im Winter mit Teppichen warm belegt und bleiben doch luftig. Ebenso verblüffend geht ihr Vetter, der Biber, bei seinen Bauen vor. Er konstruiert verstellbare Dämme, die er je nach Bedarf mit oder gegen die Strömung richtet, damit sein Bau nicht auf das Trockene geraten kann. Diese kunstvolle Konstruktion ihrer Dörfer bringen die Biber nur durch ihr gemeinsames Zu- sammcnarbeiten zustande. Ergreifend in ihrem Zusammenleben sind die Gewohnheiten der Rcnntiere, und ebenso der Rehe, Damhirsche, An- tilopen, Gazellen und Steinböcke. Alle diese Arten der Wiederkäuer schließen sich in Herden zusammen und sichern sich durch Wachsamkeit gegen Angriffe von Raubtieren. In dieser Betrachtung, die ihrer Kürze wegen nicht erschöpfend sein kann, sei noch dem Elefanten, dem Rinozeros und dem Nil - Pferd derselbe Trieb zu geselligem Leben nachgesagt, und schließ- lich der Familie der Affen gedacht. Für die meisten Arten dieser Familie ist GeselligkÄt, gegenseitiger Schutz und eine hohe Ent- Wickelung all der Gefühle charakteristisch, die sich ans dem Zu» scnnmenleben mit vielen Geschöpfen derselben Art ergeben. Die nächtlichen Affen ziehen das einsame Leben vor. Einige Arten, wie die Kapuzineraffen und die Brüllaffen leben in vereinzelten Familien, auch die Orang-Utangs hat man nur in kleinen Gruppen von höchstens vier Individuen angetroffen. Dagegen leben Sch.m» Pansen, SajuS, Paviane usw. in großen Herden, die nicht nur aus der eigenen Art. sondern häufig noch aus Abkömmlingen anderer Affenarten bestehen. Bei jedem Notschrei, der aus ihrer Herde erklingt, rotten sich alle zusammen und wehren tapfer die An- griffe von Raubtieren und Rauboögeln zurück. Bei der Nahrungs - suche auf den Feldern gehen sie ebenso wie die Papageien unter Voraussendung von Wachen vor, und ganz reizend sind die kleinen Ti-tis mit ihren niedlichen Gesichtern, die sich umarmen und be- schützen, wenn es regnet, indem sie ihre Schwänze um die Hälse ihrer zitternden Kameraden ringeln. Wird einer ihrer Herde ver- wundet, so weichen sie nicht eher von dem Freund, als bis sie sicher sind, daß er tot ist und sie ihm keine Hilft mehr bringen können. James Fordes erzählt in seinen Oriental MemmrS, wie bei einem Jagdausflug eine Affenberde den Leichnam einer Aeffin mit solcher Hartnäckigkeit zurückforderte, daß„die Zeugen dieser seltsamen Scene beschlossen, nie wieder auf einen Affen zu schießen". So ergibt sich beim genauen Zusehen, oatz die Natur durchaus nicht nur vom gegenseitigen Zerfleischen erfüllt ist, kleines feinUeton. Völkerkunde. Bolkstheater auf Hawai. Die Bewohner der Inseln in der fernen Südsee sind durcbau» nickt alle die Wilden, al» die sie in vielen Berickuen von Reisenden erschienen. Manche von ihnen besitze» sogar eine ziemlich hohe Kultur, namentlich die Insassen der Hawai-Jnieln. Schon der große Weltreiscnde Cook, der eigentliche Entdecker Australiens , wußte von ihren Thealeraufführungen zu er- zähle». Die Besitzergreifung dieser Inselgruppe durch die Vereinigien Staaten hat dazu gefübn, daß die Erforschung von Land und Volk in mehr planmäßige Bahnen gelenkt wurde. So bat denn auch da» Ameiikanische Bureau für Völkerkunde einen seiner Gelehrten nach Hawai entsandt, um dort die nur durch mündliche Ueberlieferung erhalten gebliebenen Proben einer Nationalliteratur sammeln und aufzeichnen zu lassen. Dr. Emerson hat jetzt die erste Sammlung dieser Art veröffentlicht. Bei den Aufzeichnungen handelt eS sich hauptsächlich um ein von unbekannten Verfassern in ferner Zeit geschaffenes Nationaldrama. Die» Volksstück führt den Namen.Hula" und bebandelt in einer Reihe von leidenschaftlichen Gedichten viele Einzelheiten au« den Voltssagen. Die Gesänge sin» von hechromantischer Form und er- strecken sich nicht nur auf die Geheimnisse der Geisterwelt und auf das menschliche Leben und Lieben, sondern ziehen auch die Wunder der Namr in die Darstellung hinein. Dabei ist es ganz sicher, daß vieles an diesen Dichtungen aus einem sehr hohen Alter stammt. Im großen und ganzen ist die Grundlage des Volksdramas religiöfer Natur. An der Spitze der Gottheiten, die darin eine Rolle spielen, steht Laka als Verkörperung der ftroft des Pflanzenwuchses. Diese Gott- heit de« Volksdramas wird mit besonderen Gesängen an einem Aliar angerufen, der aufs reichste mir Blumen und Laub geschmückt ist. Dabei werden bestimmte Pflanzen ausgewählt, die als jener Gottheit besonders heilig gelten DaS Gefolge jener Hauptgöttin bildet eine Schar von Waldgeistern, die etwa« an die Feen der deutschen Märchen erinnern, dann vor allem die Pole, die Göttin der Vulkane. Die Schauspieler werden sorgfältig ausgewählt und müssen einen ganz besonderen Lebenswandel nachweisen können, um zu dieser Ehre zugelassen zu werden. Sie werden dann in einem eigenen Hause gehalten, da« sie nur mit verhüllten Häuptern ver- lassen dürfen. Außerdem ist es ihnen verboten. bei ihren Ausgängen mit irgend jemand ein Wort zu wechseln. Vor allem aber dürfen sie niemals eine Leiche berühren. Sie müssen sich regelmäßigen Bädern im Ozean unterziehen. Die Belucher müsien ein Erkennungswort sprechen, um in den Zu- schauerraum eingelassen zu werden. Sehr einfach ist daS Kostüm das Schauspieler. Es gleicht durchaus dem berühmten Feigen- blatt des Allen Testaments. Der Hauptteil des VolkSdramaS vollzieht sich in der Form eineS Sakramentes. Dazu wird ein ge- sorrenes Schwein ans die Bühne gebracht und zerlegt. Außer dem Gehirn gelten die Schnauze, die Spitze der Obren, der Schwanz, die Füße und andere Teile für heilig und werden in gleiche» Portionen jedem Novizen vorgelegt, der sein Teil verschlucken muß. Damit wird er der göttlichen Segnung teilhast. Das Theater hat auch fein Orchester und sein Balleit. Jenes besteht aus einer Trommel, einer Kürbisklapper, einer anderen Klapper auS Bambus, einer Art von Xylophon, Kastagnetten, hoblen BambuSstvcken, einer Maultrommel und schließlich aus einer Flöte, die mir der Nase geblaien wird. Das Ballett wird teils von Puppen, teils von Menschen ausgeführt und umfaßt namentlich Tänze von Tieren, unter denen außer Hunden auch Haifische figurieren._ kerantw. Redakt.: CarlWeruiuIh, Berlin -Rixdorf.— Druck u. Verlag: Vorr»«rl«£uch»rtu(erei u.VertvgSangatt Waul Singer»Eo..iverttn LAi.
Ausgabe
27 (18.10.1910) 203
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