lebk, das ist kein schlechtes Zeichen. Denn wenn man gar so viel hinausposaunt— da wird's nachher mit der Ausführung nix Richtiges. Denn was'was Richtiges werden will, muß still scinl" „So wie bei Dir!" -„O nein! ich!"— und er lächelte vor sich hin.— Der„Bischof Blum" verduftete. Er hatte verspielt. Der Schlüssel hatte das Spiel gewonnen. Er stand auf dem Platze, auf den er gehörte. Und es war der erste Platz, den das Dorf zu vergeben hatre. Keiner genoß ein höheres An- sehen, selbst der Bürgermeister nicht. Denn der war ein Dummkopf. Er hatte nur viel Geld. Aber auch das Geld war nun besiegt. Bei der nächsten Wahl müßte der Schlüssel in den Gemeinderat. Der erste Handwerker, der dann im Gemeinderat saß. Und so geschah's. Das Pfarramt und das Bürgermeister- amt hatten zwar durch Eingaben an das Kreisamt Vorsorgen wollen, aber es hatte nichts geholfen. Ende Februar fand die Wahl statt. Mitte März war der Schlüssel bestätigt und auch eingeführt. Das Leben im Dorf gewann einen neuen Trieb. Ein neuer Geist war aufgewacht. Man konnte es gar nicht begreifen. Kein Mensch hätte das dem Schlüssel zugetraut. Er war ein Geheimniskrämer. Von manchem hatte er wohl die ganze Zeit schon die Fäden in den Händen gehabt. Aber das war nur ein paar wenigen Einge- weihten bekannt. Er war ein verschwiegener Mensch. Ob er nicht ein Duckmäuser war. Einerlei— er war„einer" I Ani letzten Sonntag des März fand eine Versammlung im„Engel" statt. Der Abgeordnete von Wollmar sprach. Der Spengler Schlüssel führte dn Vorsitz. Und Wollmar nannte ihn„seinen Freund und Parteigenossen". Da hoben sich die Köpfe. Der Gedanke an den Reichstag ging einigen durch den Kopf. Ob es der Schlüssel noch so weit brächte!? An diesem Abend stiegen mehr als ein halbes Dutzend Kapläne am Bahnhof aus. Sie berieten die Nacht hindurch im Pfarrhaus. Ja, ja, es war etwas Richtiges an dem Gedanken von den paar Leuten die weiter denken konnten. Die Kapläne kannten natürlich den Schlüssel längst. Der Kampf war nun ein offener. Das war leichter für ihn, schwerer für sie. Mainz , die Hochburg des hessischen Ultramontanismus, sollte ver- loren gehen? Es ist wirklich eine neue Zeit gekommen. Die ist den Kaplänen arg ins Konzept gefahren. Sie sitzen beisammen und schmieden Pläne. Der Schlüssel weiß, welche Aufgabe eines Tages an ihn herantreten wird. Er ist nicht ohne Bangen. Ob er's packen wird und bewältigen kann? Und er kann den Gedanken nicht los werden: der Philipp, wenn der da wäre! Der wäre dazu geschaffen, der hätte das Zeug dazu. Aber der Philipp— was weiß er denn von ihm? Es ist töricht, Hoffnungen auf ihn zu setzen. Und dennoch, und dennoch, es dreht sich ihm etwas um den Philipp. Er sitzt nur an seinem kleinen Ambößchen und fertigt die kleinn Gegenstände an, mit Hammer, Feuer und Lötkolben. Aber die Schmiede tut not— die Schmiede mit der großen Esse und dem hohen Amboß, dem schweren Hammer und dem starken Arm. Die Schmiede-- und der Schmied, 21. Philipp führte nicht mehr den Namen Villebois. Er war als richtiger Doktor Kaiser Assistenzarzt in Saintc-Anne. Doktor LaforSt fand weniger an ihm als er erwartet hatte. Er kritisierte ihm nicht genug, und er verdonnerte nicht in Grund und Boden die Pflege in der Ville Evrard. Freilich. hier war alles fortschrittlicher, persönlicher, weiter. Nicht so schematisch. Doktor LaforSt drückte allem den Stempel seiner Persönlichkeit auf. Die beiden Aerzte gingen nach dem gleichen Ziele. Und Philipp gab rückhaltlos aus seinen Er- sahrungen. „Ich bewundere Sie," sagte Doktor LaforSt,„Sie können sich unterordnen. Das kann ich nicht. Ich ertrage es nicht, beherrscht zu werden. Ich muß herrschen." Sie kamen im Laufe der Zeit öfter darauf zu sprechen. Und eines Tages sagte Philipp:„Ich bin nicht ganz sicher, ich glaube, ich könnte es nun auch nicht mehr. Auch für mich ist diese Zeit vorbei— es hat alles seine Zeit in uns— ich mutz nun auch herrschen und kann nicht länger mehr der Be- herrschte sein." Doktor LaforTt klopfte ihm auf die Schulte?'. „Ehrlich gesagt, so gefa' en Sie mir bessert So liebe ich Sie mehr, respektiere Sie mehr. Ich verachte die Unter« ordnung." Von nun an arbeiteten sie richtig nebeneinander. Philipp erhielt die Abteilung der Unheilbaren zugewiesen und war angestrengt tätig. Doktor LaforSt schrieb an seinem dritten Bande„Jrrenpflege", Philipp arbeitete mit. So wurde das Buch nicht nur Theorie, es wuchs aus der Er« fahrung und eigentlichen Praxis heraus. „Ich bin nun doch nicht Egoist"— meinte Doktor Laforöt—„Sie setzen Ihren Namen neben den meinigen aus den Titel � oder ich bin doch Egoist, wenn Sie wollen!" Er lächelte. Sein beweglicher Geist legte sich in nichts auf eine Seite der Betrachtung fest. Und Philipp schrieb Ken Teil: die Pflege der Unheilbaren. (Fortsetzung folgt.H 14] Die famiUe Krage. Von Johann Skjoldborg. Autorisierte Ucbersetzung von Laura Heldk Dann war es eines Sonntags, kurz nach dem Mittagessen. Anders holte tief Atem und versuchte seiner Stimme eine möglichst weiche Klangfarbe zu geben: „Ich möchte Dir nun eins sagen, Jürgen— und Du bist ja doch der Jüngste von uns beiden." Er machte eine kleine Pause und spuckte aus.„Du packst Deine Sachen nicht richtig an." „Was soll das heißen?" „Ja, Du hast zu viel von dem einen und zu wenig von dem anderen I" „Anders, ich glaube beinahe, Dir geht es ebenso," warf Jürgen lächelnd dazwischen. Aber Anders überhörte seine Worte und fuhr fort:„Und es wäre doch besser, daß wir den Strang hier im Hause gemeinsam zögen..... Auf die Weise könnte dann auch etwas daraus werden l" „Ich glaube auch, daß es das könnte," sagte Jürgen ernst. „Ja, da siehst Du. Wir haben fürwahr ein nettes Haus, aber es verträgt nicht viele Extravaganzen. Und jammerschade wäre es doch, wenn dies schöne kleine Heim in die Luft fliegen sollte." Die Stimme des Alten zitterte leicht. „Nun will ich Dir auch was sagen, Anders! Wenn Du mit« halten wolltest und mir helfen wolltest, meine Pläne durchzuführen, dann solltest Du mal sehen, welch siegreiche Schlacht wir hier in den Dünen schlagen würden!" „Deine Pläne durchführen!" Anders lächelte bitter undf schüttelte ein wenig den Kopf. Ein gereizter Ausdruck trat in Jürgens Augen.„Wenn Du es auch nicht sehen kannst, so ist und bleibt es»doch das Große!" sagte er scharf.„Und es wird sich auch schon noch zeigen, daß es das Stärkste ist!" „So, also Du stehst immer noch auf demselben Standpunkt!" seufzte der Alte wie zu sich selber. Er blickte auf und sagte ener» gisch:„Das ist ein gewagtes Spiel. Jürgen! Und Du hast Gegen- wind!" „Ich glaubte nicht, daß Du vor Gegenwind Furcht hättest. Anders!" In den Augen des Alten blitzte es auf, als schlüge man Funken aus Stahl.„Nein, aber ich mag kein Hansnarr sein." Dann war es, als nähme er sich gewaltsam zusammen und sein Blick war fast bittend, als er hinzufügte:„Halt ein, Jürgen, dann kannst Du noch ein ganzer Mann werden!" Jürgen zuckte die Schultern und antwortete fest:„Nein, weder Du noch irgend ein anderer vermag mich davon abzubringen!" Da erhob sich Anders heftig:„Ja, bin ich zu weit unten, dann bist Du"— wie er fluchen konnte—„zu hoch oben, Du eingebildeter Springinsfeld!" Nun stand auch Jürgen auf. Er schlug mit der Faust auf den Tisch und sagte:„Unser Verhältnis ist im Grunde sonnenklar. Anders Krage!" Die beiden Männer standen einander mit geballten Fäusten und funkelnden Augen gegenüber und schrien so laut, als ob Feuer im Hause sei. Kjesten raufte sich ganz verstört das Haar und wehklagte:.Ach« du lieber Himmel, Kinder seid doch ruhig, seid doch nur ruhig!" „Weg da, Kjesten!— Nein, jetzt laß die beiden da nur machen, was sie wollen. Ich verlange mein Recht und mein Maß und mein Gewicht, das will ich, hol mich der Teufel, haben!" Anders schlug mit der Faust auf den Tisch, daß der Bierkrug zu tanzen begann. „Das sollst Du haben. Dann wird es wohl endlich Frieden im Hause geben, denk ich!" „Dann kannst Du sehen, wo Du bleibst mit Deinem Genossen« schaftsgewäsch und Deinen Redensarten!" „Und dann will ich Dir nur sagen, daß Du Dein Lebenlang ein Tyrann � gewesen bist. Anders Krage! Dein Weib hast Du ge- knechtet und auch ich sollte kuschen..... ,Du bist ein Spring
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27 (20.10.1910) 205
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