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mit Scheidewasser und Metallen legte den ersten Grund zu seiner die franke Fürstin heift, hat er nun gewonnenes Spiel. Er wird späteren Beschäftigung mit Metallurgie und Chemie. Wichtiger Leibarzt, erhält ein mächtiges Jahrgeld, das graue Kloster als Labo wurde es, daß sein Vater ihn einem Professor Huber als Famulus ratorium und Futter für vier Pferde. Der Fuchs saß im Hübner Dienste leisten ließ. Da lernte er Kräuter sammeln, Arzneien be- stall und begann sein Schwelgen in der Dummheit und Ungeschick reiten und erwarb sich so doch gleichsam unter wissenschaftlicher An- lichkeit der Zeitgenossen in großem Zuge. leitung die grundlegenden Kenntnisse der Heilkunde, die später so sehr die Verwunderung der Gelehrten erregte, da Thurneyffer schlau genug war, fich als Autodidakt auszugeben.
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Bei diesem Professor Huber wurde er aber auch als Vorleser gebraucht und mag so eine Unmasse von Gelehrsamkeitsbrocken verschludt haben aus mangelnder Borichule unverdaut oder halbberdaut. Sie kamen später auch in gleichem Zustande wieder in seinen gelehrten Werken zutage. Unter diesen vorzulesenden Autoren war auch Paracelsus , der große Reformator der Medizin, der diese von der Verirrung der scheußlichen Hegentränflein zur Natur zurüdführte, dessen angebliches Suchen nach dem„ Stein der Weisen " nichts als ein Suchen nach den Naturgesezen, dem Sinn des Seins wurde. Sein dem einfachen Sinn dunkel und verworren erscheinender Stil, ging auf den Vorleser über, aber was dort durch die Schwere und Kompliziertheit der Gedankengänge notwendig war, wurde bei Thurneyfier ein herrliches Mittel, feine Blößen zu bedecken.
Welchen Eindruck, welcher Sporn mußte es ihm werden, wenn er aus Paracelius' Schriften den Satz vorlas:„ Wer die Welt erforschen will, muß die Kenntnisse nicht aus den Büchern schöpfen, sondern die Blätter der Natur mit den Füßen betreten; denn nur das Wandern verschafft Erfahrung und Erkenntnis".
Er folgte alsbald dem Rat und hat in seinem Leben ganz beispiellose Reisen gemacht, die ganz allein mit der Fülle der Erlebnisse und Erfahrungen ausreichen, um zu erklären, warum er den Seßhaften so sehr an Geist, Wissen und Lebhaftigkeit über Tegen wurde, warum er überall eine dämonische Macht durch diesen reichen Geist auf Schwächere ausübte und so diese Erfolge errang.
Zunächst fam er nach Frankreich und England, er läßt sich als Schüße anwerben, arbeitet danach als Bergmann in vielen Berg werken. Nachdem er nach Basel als Goldschmied zurückgekehrt ist, heiratet er eine reiche Witwe, ohne ihr Geld vom Vormund er halten zu können. In den entstehenden Nöten wird er von Wucherern ungeheuerlich geichunden, und bringt sich in solche Not, daß er um die Blutaussauger Ios zu werden Bleischmucksachen, mit Gold überzogen, als güldene verseßt. Ihr Geschrei treibt ihn mit Schimpf aus seiner Heimatstadt und einem Glück entgegen, das er zu Hause nicht finden konnte.
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Bald ist er mit einem Goldschmiedstöchterlein in Tirol als Bergwerksunternehmer. Schon zieht seine besondere Geschicklichkeit Gelehrte und Fürsten an, welch lettere aus seinen Fähigkeiten Vorteil erhoffen und ihn auf Reisen schicken.
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Er arbeitete als Arzt und öffnete Leichen, um den Siz der Krankheiten zu ergründen. Als erster fertigte er jene anatomischen Zeichnungen, die durch Abbeben von übereinanderliegenden Teilen die natürliche Lage der Körperteile zur zeigen gestatten.
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Das Schreiben und Herausgeben von Büchern und Kalendern war die Reklame der Zeit und das beste Mittel, als gelehrt und gefchidt in Ruf zu kommen. Thurneysser begründete daher sofort einen Großbetrieb für diesen Zweck. Da ihn die fremden Druckereien oft im Stich ließen, schuf er sich eine eigene, die er ein Beweis außerordentlicher geistiger und organisatorischer Fähigkeiten- in fürzester Zeit zur überhaupt ersten Deutschlands machte. In Kürze fügte er selbst eine eigene Schriftgießerei hinzu, hielt sich die besten Zeichner und konnte nicht nur seine weitere Reklameschriftstellerei in gelehrtem Gewande in prachtvollster Form herausgeben, sondern druckte gegen gutes Geld auch zahlreiche Werke der Kollegen. Die in seinen Büchern bewiesenen verblüffenden Kenntnisse fremder und erotischer Sprachen sollten aus seinen Briefen später eine banale Aufklärung finden: seine gelehrten Freunde, die er in allen Teilen Europas fich erwarb, waren stets hilfsbereite Helfer, deren Kenntnisse so als die seinen erschienen.
Der glänzende Anfang drängte ihn weiter zu mehr Gold und Macht. Er wurde zum geschäftlichen Berater und Bankier, zu nächst der Kurfürstin und dann des Hofstaates, endlich des gesamten märkischen Adels. Rücksichtslos trieb er seine Forderungen ein, ohne Mitleid bewucherte er seine Gönner und brachte schließlich auf diese Art selbst Silberschäße zweifelhafter Herkunft an sich. Er erfekte damit auf das glücklichste die eben vom Kurfürften vertriebenen Juden und übertraf sie an Gewinnsucht und Hartherzigkeit wie Pfiffigkeit bei weitem.
Einen größeren Treffer aber zog er danach mit der Ber fündigung einer als neu ausgegebenen Entdeckung von ihm: aus dem menschlichen Abgangwaffer behauptete er die sicherste Nachricht über die inneren Zustände des Körpers geben zu können. Das Korn wahrscheinlichkeit dieser Lehre, aufgebauscht zum untrüglichen Alleinheilmittel, brachte ihm durchschlagenden Erfolg. In Mengen tamen die Wassergefäße an, denen je 10 Taler und noch 50-60 Taler für die Medizinen beiliegen mußten. Ohne Geld gab es bei ihm feine Antwort; ein Dutzend Schreiber hatten zu tun, um täglich den Großbetrieb der Heilforrespondenz in Ordnung zu halten. Da er, wie alle feine gelehrten und ungelehrten Nachfolger auf dem Gebiete der Heilsreklame, es stets verstand, sich den Rücken durch unklaren Stil zu decken, so stieg fein Ruf von Tag zu Tag, so daß er ganz Mitteleuropa fich tributpflichtig machte. Auch aus den Medizinen zog er den ganzen Nutzen selbst, indem er sie in eigenem Betriebe herstellen ließ.
Er kam so durch Nord- und Westeuropa , Spanien , Portugal , Danach vergrößerte er abermals seinen Betrieb und trat als Aegypten , Syrien , Palästina, Griechenland , Italien , Ungarn Astrologe auf, der den Leuten die Nativität stellte und aus den überall nicht nur sich über den Stand der Naturwissenschaften unter- Sternen die Zukunft vorausfab. Das erste bestand darin, daß er riantend, sondern Seltenheiten, Steine, Pflanzen, Rezepte und feftitellte, welche Stellung die Gestirne bei der Geburt des Fragenden Geheimmittel, Bücher sammelnd. hatten, woraus Schlüsse auf Glück oder Unglüd gezogen wurden, nach Belieben ausgedehnt auf die täglichen Erlebnisse. Jedem der Wandelſterne wurden besondere Eigenschaften und Beeinflussungen nachgefagt, 3. B. Merkur: falt, feucht und ehrenbegierlichst. Aus den Gegeneinanderstellungen dieser Planeten nun etwas zu ent nehmen, war nie schwer. Bekam er schon dafür Gold, so verstand er die Quelle ergiebiger zu machen. Mußte er aus der Nativität" leider fünftiges Unheil voraussagen, so gab es ein Mittel dagegen: ein Amulett oder Ringe mit bestimmten Zeichen. Die fonnte man von ihm auch gleich faufen.
Als erste Frucht seiner Reisen und der dabei gesammelten Gelehrsamkeit erscheint sein Buch„ Archidoya" in Knittelversen, Lauf, Wirkung und Einfluß der Planeten auf den menschlichen Organismus schildernd. Es ist nicht ersichtlich, daß Thurneysser, indem er damit die allgemein herrschende Ansicht vom Einfluß der Gestirne über nahm und in seiner Art vortrug, gegen seine Ueberzeugung handelte, zumal für eine reiche, ins Ungemessene schweifende Phantasie diese Hereinziehung des Kosmos in das Schicksal des Einzelmenschen stets etwas Berlockendes haben muß.
Sicher aber ist, daß er hier, wie in allen seinen„ gelehrten" Büchern nicht wie Paracelsus von reinem selbstlosen Erkenntnistrieb geleitet war, sondernfvon Ehrsucht nach Ruhm, Macht und den Schäzen dieser Welt fich treiben ließ. Mit seiner ganzen Energie drängte es ihn den Ungelehrten, ben Handwerker zu den Gelehrten zu zählen, die damals besonders geehrt und bergoldet wurden.
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Das erste Buch hatte zur Folge, daß ihn ein Bischof zum Leibarzt machte, er schrieb ein zweites, daß in Frankfurt a. D. zum Druck gegeben wurde und die Brunnen und Wäffer behandelte. Er selbst fiedelte nach der Dderstadt über. In diesem Buche entwickelte er wieder seine Fülle von Wissen, das wie Mosait zusammengejezt, blendend und mit rätselhaften Inschriften geziert war, und in den Dunst seiner reichen Phantasie und Fabeltunft gehüllt erschien. Hier darf ihm nicht mehr guter Glaube zugebilligt werden.
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In seinem Kalender gab er die Schicksale des Jahres im voraus an. Das war nicht so gefährlich, als man denten sollte. Entweder gab er Prophezeiungen, die nicht gut unerfüllt bleiben konnten, wie am Rhein Feuer"," Krankheit am Hof". Sonst aber setzte er einige Anfangsbuchstaben hin, die er im nächsten Jahre, erklärte". Ein Beispiel zeige, welcher Betrug von ihm wissentlich geübt wurde. Zum 12. X. ftehen zwei Buchstaben:„ B. L. hart angegriffen". Wie deutete er das nach Ablauf des Jahres? Des Bayerfürsten Leben hart angegriffen", was nämlich der Fall gewesen war, in anderen Falle hätte es auch etwas anderes bedeuten müssen. Wollten Leute, die das Geld dazu hatten, im voraus schon wissen, was wirklich geschehen würde, so gab er dunkele vieldeutige Antworten, die nach dem Grade seiner Weltkenntnis und Klugheit trotzdem nicht ohne vernünftigen Grund sein konnten.
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Dazu fabrizierte er weiter Schönheitsmittel und Pillen und Tinkturen, mit denen er sich auch die Eitelkeit des Adels dienstbar machte und ihm das Geld aus den Taschen zog, das mit der sonstigen Gaufelfunft nicht berausgekommen war.
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Mit seinem reichen Geist machte er in der Kleinen Stadt An positiven Leistungen hatte er dies aufzuweisen, daß er große Frankfurt Aufsehen. Der Kurfürst von Brandenburg , der zur Huldi Summen umsetzte mit der Druckerei und den Zeichnern der Mark gung hinkam, erfährt sofort von dem neuen Buche und will Druck- einen starken Impuls gab, daß er dank seinem hellen Blick und bogen fehen. Thurneyffer läßt pfiffigerweise die vorlegen, die die tatsächlichem Ertennen in die Apotheke statt der verrückten Latwerge Gewässer der Mark behandeln. Wie wird dem Leser, als er liest, und Tränklein oft widerlichster Art die fräftigen Mineralmittel, die was alles in feinem Sandhaufen der Mark an Werten steckt. Heilkraft der Pflanzen einführte. Seine Sammlungen, sein botanischer Bei Küstrin : Alaun, Salpeter, Rubine, Granaten. Bei Lüben: Gold Garten blieben Zeugen eires angeborenen Wissenstriebes, der ohne und Rubine, bei Bernau : Saphire und so fort; überall hat dieser die Geldgier ihm bleibenden Ruhm gesichert hätte. Die Ursache des fluge Forscher Kupfer, Blei, Granaten und Edelsteine gemutet; der schnellen Sturzes aus diesem prächtigen Zustand? Die wachsende Spreesand ist ihm goldhaltig, aber vorsichtigerweise hält er die Aus- Erkenntnis, daß man ihm nach den 13 Jahren der Gaufelei Hinter beutung für unrentabel wie er sich überhaupt nie mit dem ge- die Pfiffe fam und nicht nur das Volt, sondern die Gelehrten ihn zu fährlichen Spiel der Alchymisten abgab, da er, auf die Probe gestellt, entlarven begannen, von Kanzeln und Lehrstühlen sein Treiben bei
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