sein sportsmannsmaßigeI Benehmen. Der alte Herr, Hessen   Sohn Jurist   war, sagte, er hätte sich die Sache über Nacht überdacht, und es sei sehr zweifelhaft, ob der Diamant, wenn er wirklich in einem der aufgeschnittenen Tiere gefunden würde, nicht dem ur- sprünglichen Besitzer zurückerstattet werden müsse. Ich weitz noch, daß ich behauptete, das fiele vermutlich unter die Paragraphen des Fundgesetzes was tatsächlich auch das einzig Nichtige war. Nach langem, hitzigem Streit einigten wir unS schließlich dahin, daß es auf jeden Fall eine Dummheit sei, den Vogel an Bord des Schiffes zu schlachten. Daraufhin wurde der alte Herr immer langstieliger m seinen juristischen Auseinandersetzungen und ver- suchte zu beweisen, die ganze Auktion sei eine Lotterie und also ungesetzlich; er lvandte sich sofort an den Kapitän. Aber Potter erklärte, er verkaufe die Tiere einfach als Strauße. Er behaupte ja gar nicht, er wolle Diamanten verkaufen er habe das nie als Köder ausgehäugt. Die drei Vögel, die er versteigere, enthielten eines Wissens und Gewipens keinen Diamanten. Der ecke hoffentlich in dem, den er selber behalte... Trotz alledem stiegen die Preise am nächsten Tag noch hoch genug. Die Chancen standen heute immerhin vier zu fünf gegen gestern, das gab natürlich eine Hausse. Die verfluchten Viecher erzielten einen Durchschnittspreis von zweihundertsieben- undzwanzig Pfund. Aber komisch: der Bengale kriegte auch nicht einen. Wahrhaftig nicht einen! Er verführte viel zu viel Spektakel. Wenn's ans Bieten ging, schwatzte er von Gesetzes- Paragraphen und Potter schikanierte ihn außerdem ein bißchen. Eins von den Tieren fiel einem schweigsamen jungen Schiffs- offizier zu, ein zweites dem kleinen Juden, das dritte ersteigerten die Maschinisten unter sich. Taraufhin war Potter auf einmal sehr reuevoll, daß er die Tiere überhaupt verkauft hätte, behauptete, er hätte glatt tausend Pfund weggeschmissen und jedenfalls eine Niete gezogen, und überhaupt, er sei immer ein Schafskopf gewesen. Aber als ich ihn aufsuchte, um ihm ein bißchen gut zuzureden und ihm plaufibel zu machen, er hätte doch immerhin eine Chance, er- fuhr ich, daß er feinen Vogel schon einem Diplomaten verkauft hatte irgend so einem Kerl, der während seines Urlaubs in- dische Sitten und soziale Fragen studiert hatte. Das der letzte Strauß war der zu dreihundert Pfund. Na, schön! Also drei von den Biestern schafften sie in Brindisi   an Land obgleich der alte Herr behauptete, es sei gegen alles Zollreglement. Und auch Potter und der Bengale schifften fich mit ihnen aus. Der letztere gebärdete fich wie ein Verrückter, als er seinen Diamanten sozusagen nach allen Himmelsrichtungen hin verschwinden sah. Er schrie bloß immerzu, e r hätte das Eigentumsrecht wahrhaftig dies Eigentumsrecht saß ihm ordentlich auf dem Gehirn! und schrieb den Kerlen, die die Tiere erstanden hatten, seinen Namen und seine Adresse auf, damit fie ihm den Diamanten schicken sollten. Na ja von denen wollte keiner seinen Namen wissen oder seine Adresse... Und noch weniger sich selber ausliesern... Ein schöner Raufhcmdel war das das kann ich Ihnen sagen! Mitten aus dem Perron? Jeder fuhr mit einem anderen Zug ab. Ich fuhr nach Southampton  ; und dort sah ich das letzte von den verdammten Biestern. Es war das Tier, das die Maschinisten erstanden hatten. Es stand dicht cm der Landungsbrücke in einer Art Korb... Na, wahrhastig, dürrer und knochiger konnte kein Diamant gefaßt fein... wenn ein Diamant drin gefaßt war? Wie die Geschichte ausging? Na ja... Eben so! Immerhin... etwas Hab' ich doch noch erlebt, waS vielleicht eine Art Streiflicht darauf wirft. Ungefähr acht Tage, nachdem wir gelandet waren, machte ich Besorgungen in Regent Street. Und wen sah ich da? Arm in Arm... in rosigster Laune? Den Bengalen und Potter! Immerhin... eine nachdenkliche Sache... Na ja! Ich Hab' mirs ja auch überlegt. Aber wissen Sie vcht war der Diamant... ganz zweifellos. Und Padischah war wirklich einer der bekanntesten Hindu?. Ich habe selber seinen Namen so und so oft in den Zeitungen gelesen. Aber freilich... ob der Vogel den Diamanten wirklich verschluckt hat... das ist wieder eine andere Frage... ja ja ganz recht!" Spiclbagcns Husgcwablte Romane. Unter den älteren deutschen   Prosaepikern großen Stils sind es besonder? zwei, die auch für die Arbeiterschaft viel bedeuten Den einen: Robert S ch w e i ch e l, der zudem der sozialdemokratischen Partei seit ihrer eigentlichen Gründung sNürnberger Kongreß 186S> angehört hatte, deckt seit Frühjahr ISO? die Erde. Der andere, Friedrich Spielhagen  , wellt, fast 82 Jahre alt, noch unter den Lebenden. Beide Dichter haben auf dem Gebiet des großzügigen historischen Romans ihre bedeutsamsten schöpferischen Leistungen voll- bracht. Während aber SchweichelS größte Romane wie:.Um die Freiheit".Falkner von St. Vigil  ".Der Axtschivinger" Epochen revolutionärer VolkSaufstände lBaucrnkricg; Tiroler FreiheitSkamvs; Polnische Revolution 1863) gleichsam als flammende Höhcnfcuer vor dem Leser aufleuchten und von vorn- herein die Sonderstellung bezeichnen, die der Autor zur notleidenden, bedrückten Masse stets bis zu seinem Tode behauptet hat, erkor Spielhagen sich die Aufgabe, die Enlwickelungskänipfe deS deutschen  Volkes seiner Zeit in zahlreichen sozialpolitischen Romanen ein- zufangen, wieder m anderen das Leben der bürgerlichen und aristokratischen Gesellschaft zu schildern ober psychologisch« Cbaraktergemälde einzelner Persönlichkeiten im Kampfe um stch selbst und mit der Unweit als Sieger oder Besiegte zu schaffen. Schweichel bewegt sich nur einmal auf rcichsdeutschem Boden, und zwar mit seinem vorzüglichen Gesellichastsroman »Sein oder Nichtsein"; während seine übrigen Romane, Novellen und Erzählungen die schweizerisch-tiroler Alpenländer oder auch, was speziell die Novelle.Camilla" angeht, Italien   zur Heimat haben. In zahlreichen kleineren Erzählungen hat er dann besonders die deutsche Arbeiterbewegung zu seiner Domäne erwählt. Er- schwerend für ihn war, daß er zwei Jahrzehnte seines Lebens an politische Verbannung und journalistische Scheinexiftenz verlor; weshalb er erst sehr spät, als angehender Fünfziger, zu eigentlicber Stetigkeit und Entfaltung seiner ichöpferischen Kräfte gelangte. Für Spielhagen lagen die Verhältniffe ungleich günstiger. Die Volks- bewegung von 1848/49 fiel in sein erstes Semester als Student. Sie konnte ihm nichts anhaben, weil er politisch unbescholten war. Ihm konnte also weder die Aussicht auf eine staatliche Beamten- karriere vernichtet, noch das Recht der Freizügigkeit im Vaterlands verwehrt werden wie Schweichel. Und obgleich auch er in seinen Entwickelungsjahren viel zwischen Entbehrung und journalistischem Broterwerb umhergeioorfen wurde er blieb doch immer in Deutschland  ; ja fast ausnahnislos zwischen Oder und Weser   in allpreußischen Provinzen. Er hatte immer den Kern der nieder- deutschen   Volksstämme vor Augen; daher kam es denn, daß fich seine Sehkraft an heimatlichen Verhältnissen und Zuständen schärfen konnte, bevor er zu ihrem Schilderer herangereist war. Hier wurzelte Spielhagen; und hier war es ihm vergönnt, sein Bestes zu geben. Worin aber beide sich berühren, das ist ihr mannhafter unbestechlicher Charakter, den sie gerade als Schrift« steller innner und in jeder widrigen Lage behauptet haben; deS- gleichen ihr verwandtes Streben, durch ihr Schrifttum für Hunianität, Freiheit und Gefittung zu wirken. Leicht war es keinem, sich durch- zusetzen; obwohl doch Spielhagen das bessere Los gezogen hatte, insofern nämlich, als er nicht, wie Schweichel die Brücken zur großen bürgerlichen Gesellschaft abbrach, sondern mit beiden Füßen in ihr stehen blieb, weswegen alle seine Erfolge stets von ihrer Gunst getragen wurden. Da er diese Gesellschaft in allen ihren politischen Wandlungsprozefien schilderte, war es doch ganz natür- lich, daß er selbst von ihren Mängeln nicht frei bleiben konnte. Nichts zeigte das deutlicher, als der Zusammenstoß des D i ch t e r S Spielhagen mit den.Jüngstdeutschen" zu Anfang der neunziger Jahre. Sie, die fich zum äußersten Flügel der Linken geschlagen hatten, soziale Ideen verfochten, demzufolge auch das Prinzip des .konsequenten" Naturalismus, nachher des künstlerischeren Realismus in Kunst und Dichtung forderten, dokumentierten durch ihre leiden- schaftlichen Angriffe, obwohl mehr instinktiv als von klarer Er« kenntnis geleitet, daß Spielhagen im Grunde genommen nur sehr wenig vor den gleichfalls gut bürgerlich gebliebenen Vertretern des Epigonentums voraus halte. Trotzdem war Spiethagens Schaffens- lust noch ftisch genug, um die von dem Schrifttum der Modernen hinübergenommenen Anregungen nach Möglichkeit zu verwerten und so fich ihren Prinzipien zu nähern. Hiervon legen denn auch die meisten seiner späteren Romane Zeugnis ab. Sie behandeln mit wenig Ausnahmen geistige und Persönlichkeitsprobleme. Allerdings tragen auch sie alle Eigenheiten ihres Autors an fich, sie leiden �ic- meist an tragischen Ausklängen und an einer gewissen Einseitigkeit sowohl ihrer technischen Anlage als Betrachtungsweise. DaS hindert indes nicht, Spielbagen schon wegen der großen Horizonte, die er in seinen Erzählungswerken ausrollt, als den bedeutendsten Romanzier unter seinen noch lebenden Altersgenoffen zu bezeichnen. DaS Interesse an ihm ist eher intensiver geworden und in die Breite gegangen, als es abgenommen hätte. Vor zwei Jahren ließ der Verlag L. Staackmann-Leipzig die erste fünfbändige Serie ausgewählter Spielhagenscher Romane als .Volksausgabe" vom Stapel. Nicht bloß,datz die gewaltige Auslage wie Staackmann mitteilen konnte in verhältnis­mäßig sehr kurzer Zeil vergriffen war", sondern es mußte auch dem Verlangen nach einer Fortsetzung der.Ausgewählten Werke" statt- gegeben werden. So liegt denn jetzt der.Volksausgabe" zweite Serie vor. Sie umschließt, wieder in fünf Bänden, diesmal nicht weniger als zehn Romane, mithin drei mehr wie die erste Serie. Trotzdem ist der Preis: 20 M. ohne, 22 M. mit fester Kassette für die ge- bundenen Bände wieder gleich geblieben. Druck, Ausstattung, Ein« band find durchaus gediegen. Vielleicht dürfte diese zioeite Serie einer noch weil lebhaftere» Nachfrage begegnen; enthält sie doch zwei Romane, die zu Spielhagens allerberühmtesten Schöpfungen gehören:.In Reih und Glied" und.Hammer und Amboß  ". Der erstere ist für unS, abgesehen von der hier geschilderten Periode des Riesenkampses zwischen Arbeit und Kapital, auch in- sofern sehr bemerkenswert, als Spielhagen für den Haupthelden Leo Gutmann Ferdinand Lassalle   zum Vorbild genommen hat. Freilich werden wir diesen kaum wiedererkennen. Und Dr. Hans Henning, des Dichters Biographie urteilt in diesem Licht und Schatten objektiv verteilenden Werke(Friedrich Svielhagen", gleichfalls bei Staackmann 1919 erschienen� sehr zutreffend:Das Genialische dieses modernen Gracchus(Laffalle) tritt in Leo Gulmann sehr hinter dem geistteichen Fansaron und jungdeutschen Salonhelden zurück, der die Lösung der tozialen Frage mehr durch Reden und Leitartikel durchfiihren zu können glaubt, als