Heußerliche der Dinge, als auf den inneren foliden Wert gegeben wird, spielt die technische Nachahmung nun allenthalben ihre vor herrschende Rolle.

Besonders stark hat sich die Imitation in der gegenwärtigen Bautunst eingebürgert. Während die Architekten, soweit sie es fich nicht bequem machen und einfach die alten Meister topieren und sich troßdem als Schöpfer" feiern lassen, seit langem nach neuen Aus­drucksmöglichkeiten iuchen, ohne bisher einen bestimmten festen Boden unter den Füßen erlangt zu haben, haben die in der Baustoffchemie tätigen Techniker große Erfolge aufzuweifen. Sie haben es ver­standen, Mittel und Wege zu finden, mittelst deren es gelingt, nicht nur die in der Baukunst verwandten natürlichen Gesteine auf das täuschendste nachzuahmen und auch eine gewiffe Solidität des Surrogats zu erreichen, sondern ihre Erfindungen werden heute in folch umfangreichem Maße angewendet, daß sie der Jndustrie der natürlichen Steine eine heftige, fehr gefährliche Konkurrenz machen. Besonders die Elbsandsteinindustrie in der Sächsischen Schweiz , deren Produkte einst hochberühmt waren und in ganz Deutschland Ver­wendung fanden, wurde dadurch besonders benachteiligt und erliegt zurzeit dem chronischen Verfall, der sich einmal in der gegen früber beispiellos geringen Jahresproduktion und auch in einer diesen Sommer stattgehabten zweimonatigen Aussperrung der Steinmetzen und Steinbrecher dokumentierte.

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In der Nachahmung der Formen spielt das Rabigverfahren felt langem eine bedeutende Rolle, die auch bereits in den Provinz städten heimisch zu werden beginnt. Mittels des Drahtgewebes läßt sich an jeder Balkendecke ein beliebiges gotifches Gewölbe an bringen. Der verpuzte Draht mit seinen Malereien scheint manchem von der Sachkenntnis nicht befangenen Zecher in einem modernen Weintunnel als eine gotische Herrlichkeit. Herr Bacchus tann mit femem prallen Geficht von der Dede herunterichauen, Frau Venus kann ihre Formen entschleiern und auch Freund Faun und Satyr fönnen wie zu der Griechen Zeiten mit vielsagenden Blicken auf des braven Bechers fittfame Ehehälfte hinabäugeln, trogdem ist es kein echtes Gewölbe, sondern imitiert.

In welchem Umfange die Imitation in der Baukunft dominiert, ist schon eingangs erwähnt worden. Erst gelegentlich der mit vielem Pompe vollzogenen Einweihung des Poiener Kaiserschlosses hat ein Berliner Kritiker von Ruf öffentlich bedauert, daß auch dort, troz der aufgewandten ungeheueren Mittel, der Bruch" in Form von Kunststein( natürlich an weniger fichtbarer Stelle) und Rabiggewölben stark benutzt worden wäre. Und das, obwohl hier mächtige, massive Mauern vorhanden wären, die feste Backsteingewölbe tragen fönnten. Er sowohl wie alle, die über den Erfaz der natürlichen Stoffe durch Surrogate schimpfen, tun unrecht. Bei solchen wichtigen Vor­об gängen fann nicht darauf Rücksicht genommen werden, durch Entstehen einer neuen Industrie eine alte nieder­Sandstein war von jeher ein beliebtes Baumaterial. Bei fonfurriert wird, ehe noch ihre zahlreich vorhandenen Rohstoffquellen besseren Privathäusern und öffentlichen Bauten führte man, wenn völlig aufgebraucht sind, sondern hier entscheidet der freie Wett auch nicht die ganze Fassade- wofür allerdings die staatlichen bewerb. Die Baugelder, d. h. ihre Verzinsung wird immer teurer, Bauführer einst start schwärmten- so doch oft die Sockelmauern, die Löhne für Unternehmer und Arbeiter müssen naturgemäß steigen, die Hauptecken, die Türen- und Fenstereinfassungen usw. gern aus Sand- und so sucht man eben mit billigeren und minderwertigen Stoffen stein aus. Zur Zeit des romaniichen und gotischen Stiles und auch neuer im Gewerbe auszukommen. Eines muß ferner noch betont werden: dings, als man dieie Stile imitierte, wurden die Pilaster und das Maßwerk mit feinem oft sehr verschlungenen Geäst aus Sandstein gerade die Arbeit des Steinbrechers und Steinmegen ist eine die gemeißelt. Heute gibt es bereits eine Anzahl Kunstsandsteinwerke, gefunden Glieder und Lungen so schwer bedrohende, daß man sie, wenn man die einschlägige Statistik zur Hand nimmt, zu allen in denen man diese Bauteile künstlich herstellt. Staubkalt Teufeln wünscht. Die Jmitation hat also ihre Berechtigung. Unsere und Portlandzement wird vermengt, die Masse mit Wasser Techniker sind fluge Leute und schonen das natürliche Gestein, damit bermischt und dann in Formen Formen festgestampft. Schließlich nicht, wie es wegen der Indianer oder der Wolfstrachten geschieht, wird die Masse getrocknet und zum Schluß mit einer verdünnten sich Vereine bilden müssen, die etwa die fünstliche Erhaltung ein Waffergaslösung gehärtet und der Sandstein ist fertig. Die großen Kosten der Bruchförderung werden bei diesem Verfahren auch nicht zelner natürlicher Baustoffe ins Auge zu fassen hätten. annähernd erreicht. Für Ornamentierungen an den Fassaden, zu Pfeilerauffäßen und ähnlichen Gelegenheiten aber verwendet man den Zementguß. Diefer besitzt zwar weniger Aehnlichkeit mit dem echten Sandstein, genügt aber auch so und ist dauerhaft und billig. Diese Verfahren haben ganze Industrien ins Leben gerufen, die sich immer mehr entwickeln, während sie die Sandsteinindustrie, deren Aktienkurse und Dividenden immer niedriger werden, völlig an­die Wand drücken. Gewaltige Sandsteinmassen der verschiedensten Art find noch in Deutschland vorhanden, aber infolge der zu nehmenden Beliebtheit der imitierten Gesteine verlieren sie ihren

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einst bedeutenden Wert.

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Kleines Feuilleton.

Kunst.

Das Porträt einer ägyptischen Königin. Die Schäße, die die ägyptische Abteilung der Berliner Museen enthält, schlummern zum nicht geringen Teil im Verborgenen, weil der Raummangel ihre Aufstellung unmöglich macht. Ein solches, seit Noch raffinierter ist man in der Nachahmung des echten Marmors. langem dem Museum gehöriges, aber noch gar nicht bekannt ge­Hier gibt es eine ganze Reihe Verfahren, auf Grund deren man wordenes Meisterwerf altägyptischer Plastik ist jetzt in einer Sonders das spröde Gestein aus derbem oder flüssigem Brei kopiert. Die ausstellung zu sehen, die in einer Reihe herrlicher Werte die Porträts echte Ware wird heute nur noch zu ganz fostspieligen Bauten ver- funst des Pharaonenlandes veranschaulicht. Es handelt sich um wandt. Natürlich wird nicht ein ganzes Schloß mehr aus Marmel- einen Porträttopf, der den oberen Teil einer Sphingstatue darstellt. stein" errichtet, das gibt es nur noch im Märchen, aber zur Ver- Das Material, das aus rotem Granit vom Nilkatarakt besteht, ist zierung der Wandflächen, Aufgänge. Altanen, zur Herstellung von fait durchweg poliert und weist noch Reste der Bemalung auf. Tierkörpern usw. dient der Marmorstein hin und wieder doch noch, Obwohl der Kopf einen langen Kinnbart trägt, so zeigt er doch wo die Geldfrage nur eine nebensächliche Rolle spielt. Will man unverkennbar weibliche Züge. Es ist ein feines und zugleich fraft­geringeren Mitteln mit Marmor prunken, dann dekoriet volles Gesicht, dessen gebeimnisvoller Ausdrud etwas unheimlich man die Fassadenflächen und Innenräume mit Platten, die Lauerndes und leise Spöttisches hat, jedenfalls den Eindruck von aus Marmorabfällen, vermischt mit Portland oder faltigen einer bedeutenden Individualität wiedergibt. Das Porträt stellt die Bindemitteln hergestellt sind. Die Masse wird gemahlen, vermengt, Königin Hatschepsut Chnemtamun aus dem Anfang des neuen zu Brei gerührt, getrocknet und geschliffen und präsentiert sich an Reiches dar, wie Professor Schäfer in einem diesem interessanten der Wand als echter Marmor. Sicher sind ja auch hier noch echte Stopf gewidmeten Auffaz der amtlichen Berichte aus den föniglichen Marmorstückchen dabei, wenn auch in Atome oder fleine Brocken Stunstsammlungen mitteilt. Sie war die Erbauerin des Felsen aufgelöst. Dieies aber ist bei den anderen Verfahren, bei denen tempels von der el- Bahri in Theben , an dessen Fuß das Werk man die ebenso täuschende Imitation einfach aus Gips herstellt, gefunden wurde. Wie wenige Gestalten der ägyptischen Geschichte nicht mehr der Fall. Hier bewirft bloß der Bildhauer die Fläche hat diese Frau, die man die ägyptische Semiramis" genannt hat, mit Gips einige Zentimeter start, schleift und poliert nachher die die Phantasie der Künstler beschäftigt. Sie war eine der wenigen Masse, reibt sie zum Schluß mit Del und Tripel ein, poliert wirklichen Negentinnen auf dem Pharaonenthrone. War doch wieder und erreicht io in nicht langer Zeit eine Imitation, dem Aegypter der Begriff eines weiblichen Herrschers so die der Nichteingeweihte vom echten Stein gar nicht unter- undenkbar, daß er in seiner Sprache fein einfaches Wort für scheidet. Bei diesem Verfahren wird der echte Stein, was Königin hat. Hatshepsut ist daher mit männlichen Abzeichen äußeres Aussehen betrifft, noch übertroffen. Denn die verbaßten rostfarbenen Adern des echten Marmors, die bei der Politur zwar einigermaßen beseitigt werden, sind hier natürlich nicht vor handen. Dagegen ist es dem Bildhauer leicht möglich, die natür lichten und phantasievollsten Aderungen und Linierungen in die Fläche hineinzuschmuggeln. Wie in einer Glasscheibe fann man sich dann spiegeln und dabei über den Erfindungsgeist des Technikers und die Geschicklichkeit der Arbeiter staunen. Millionen von Quadrat metern wären jahraus, jahrein auf diese Weise hergestellt.

Auch auf den Granit trifft das Gesagte zum großen Teile zu. Granitfäulen find hente eine Seltenheit, an deren Stelle ist das Eisen getreten, das mit Drahtgewebe umkleidet und dann mittels Bugmörtel, Bement oder Gips gefüllt wird. Granitfliesen und Sockelbauten find gleichfalls im Schwinden begriffen. Dafür hat man aber den Zementstein. Sogar die kostbaren Steine wie Borphyr und Malachit abmt man nadi.

Bevantw. Redakteur: Richard Barth , Berlin

verieben, dem Kinnbart und dem männlichen Rotbraun der Haut, das sich von dem Gelb der weiblichen Statuen deutlich unterscheidet. welche Rolle die Tochter Thutmosis I . in den Thronwirren nach seinem Tode spielte, ist noch nicht genau festgestellt. Jedenfalls muß die Macht ihrer Persönlichkeit groß gewesen sein, denn so lange fie lebte, hat ihr Stiefbruder und Gemahl, Thutmofis III., zu eigenen großen Taten feine Gelegenheit gehabt. Seine Gemahlin wußte fich die dominierende Stellung zu erhalten, die auch heute noch aus dem von ihr erbauten großen Granitobelisken von Karnat und dem Terraffentempel von Dêr el- Babri spricht. Ihr Ruhm lebt fort in den langen Reihen lebensvoller Bilder, in denen die Königin ihre vielbesprochene große Expedition nach dem Weihrauchlande im Süden des Noten Meeres schildert. Etwas von dem Zauber und der macht vollen Judividualität dieser großen Frau leuchtet auch aus den Zügen dieser Berliner Statue, die das beste der wenigen beglaubigten Porträts der Herrscherin ist.

Drud u. Verlag: BorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin SW.