Auterhaltungsblatt des Donvärts Nr. 14. Freitag den 20. Januar 1911 (Nachdruck VerVoten.) 14] pcllc der Srobcrcn Roman von Martin Andersen Nexö . Die Knaben zögerten und steckten eine Hand in das Loch Ijinein ja, warm war es da unten. Sogar so warm, daß Pelle meinte, er müsse die Hand zurückziehen undAu, zum Deubel auch!" sagen. Sie überlegten eine Weile und fingen dann von neuem an, unten in dem Loch zu scharren, so vor- sichtig, als gelte es das Leben. Aber nach einer Weile kamen da unten im Gang Strohhalme zum Vorschein und die innere Hitze der Erde war mit einem Schlage vergessen. Schleunigst hatten sie das Nest abgedeckt, und die neu- geborenen rosenroten Jungen wurden auf das Gras gelegt sie glichen halb ausgebrüteten jungen Vögeln. Sie sind gräßlich," sagte Pelle, der nicht so recht Mut hatte, sie anzufassen, sich aber schämte, es einzugestehen. Sie sind viel ekliger anzurühren als ne Kröte ich glaub' wirklich, sie sind giftig." Rud lag da und klemmte sie zwischen den Fingern. Giftig bist Du verrückt; sie haben ja keine Zähne! Und Knochen haben sie auch nich, man könnt sie gewiß essen." Pfui Deubel!" Pelle spie aus. Ich will gleich in eine reinbcißen. Hast Du auch den Mut? Rud näherte eine junge Maus seinem Munde. Ob ich den Mut Hab' ja, woll Hab' ich den Mut aber" Pelle zögerte. Ne, Du magst es nich, Du bist'ne Bangbüchs. Pelle wollte dies Schimpfwort nicht auf sich sitzen lassen; er ergriff schnell eine junge Maus und führte sie genau so nahe an die Lippen, wie Rud die seine hielt.Da kannst Du selbst sehen!" rief er gekränkt aus. Rud schwatzte mit vielen Gebärden: Du bist bange, weil Du ein Schwede bist. Aber wenn man bange is, soll man bloß die Augen zumachen so, und den Mund weit aufreißen. Dann tut man so, als wenn man die junge Maus gerade in den Rachen reingleiten läßt, und dann" Rud riß den Mund weit auf und hielt die Hand ganz oben vor den Mund; Pelle war ganz unter seiner Macht und ahmte seine Bewegungen nach.Und dann" auf ein­mal bekam Pelle einen Stoß, so daß ihm die junge Maus in den Hals hineinflog. Er kotzte und spie; die Hände tasteten in das Gras hinein und bekamen einen Stein zu fassen; aber als Rud wieder auf die Beine kam und ihn werfen wollte, war Rud schon weit oben auf dem Felde.Nu muß ich nach Haus!" rief er ganz unschuldig,ich soll Mutter bei was helfen." Pelle liebte die Einsamkeit nicht, und die Aussicht auf eine Blockade stimmte ihn gleich versöhnlich. Er schmiß den Stein weg, um seinen ernsten Willen zu einem Vergleich zu zeigen, und mußte hoch und heilig schwören, daß er nichts nachtragen wolle. Dann kam Rud endlich, kichernd, zurück. Ich wollte Dir was Amüsantes mit der Maus zeigen," sagte er ablenkend,aber Du hieltest sie ja wie ein Klotz." Er wagte sich nicht dicht an Pelle heran, sondern stand da und verfolgte seine Bewegungen mit den Augen. Pelle kannte die kleine Notlüge, wenn die Gefahr, Prügel zu bekommen, im Anzüge war. aber die Liige als Angriff war ihm noch fremd. Wenn Rud, jetzt, wo das Ganze ver- gesicn war, sagte, daß er ihm etwas Amüsantes zeigen wollte, so mußte es wohl wahr fein. Aber warum war er denn so mißtrauisch? Wie schon so oft versuchte Pelle, sein kleines Gehirn um mögliche Hintergedanken bei dem Kameraden herumzubringen, vermochte es jedoch nicht. Du kannst doch ebenso gut ganz hier herankommen," sagte er vierschrötig.Denn wenn ich man wollte, könnte ich Dich beauem einholen." Rud kam.Nu woll'n wir große Mäuse fangen!" sagte er.Das is viel amüsanter." Sie leerten Pelles Milchflasche und suchten sich ein Mauseloch aus, das nur ztvei Ausgänge zu haben schien den einen oben auf der Wiese, den anderen unten in der Mitte des Bachabhanges. Hier unten steckten sie den Flaschen- hals hinein, das Loch oben auf der Wiese ward zu einem Trichter erweitert, und sie wechselten damit ab, die Flasche zu beobachten und mit ihren Mützen Wasser oben in das Loch hineinzutragen. Es währte nicht lange, bis eine Maus in die Flasche hineinschlüpfte, und sie steckten den Kork fest darauf. Was sollten sie nun daniit anfangen? Pelle machte den Vorschlag, sie zu zähmen und zu dressieren, so daß sie ihre kleinen Feldgerätschaften ziehen könne, aber Rud setzte wie gewöhnlich seinen Willen durch sie sollte segeln! Dort, wo der Bach eine Biegung machte und sein Bett zu einem ganzen Kessel ausgehöhlt hatte, machten sie eine schräge Bahn und ließen die Flasche, mit dem Hals voran, ins Wasser rutschen, wie ein Schiff, das vom Stapel läuft. Sie konnten sie in ihrem Bogen unter dem Wasser verfolgen, bis sie mit einem schrägen Stoß auftauchte und dastand und sich auf dem Wasser wiegte wie eine Boje, den Hals nach oben. Die Maus machte die drolligsten Sprünge nach dem Kork zu, um hcrauszugelangen; die Jungen hüpften vor Wonne im Grase. Sie weiß recht gut, welchen Weg sie rcingekommcn is das weiß sie recht gut!" Sie ahmten ihre mißglückten Sprünge nach, warfen sich auf den Bauch und wanden sich ausgelassen im Grase. Aber allmählich ward das lang- weilig. Woll'n wir den Pfropfen abnehmen?" schlug Rud bor. Ja ach ja!" Pelle watete flugs nach der Flotte hinaus und wollte der Maus ihre Freiheit schenken. So wart' doch. Du Rindvieh!" Rud riß ihm die Flasche aus der Hand. Er hielt die Mündung zu, während er sie mitten ins Wasser hinaussetzte.Nu wird's aber Spaß geben," rief er und eilte ans Ufer. Es währte eine Weile, bis die Maus entdeckte, daß die Bahn frei war, da fing sie an zu springen. Es mißlang, und die Flasche geriet in eine schaukelnde Bewegung, so daß der zweite Sprung schräge ausfiel und gegen die Seitenwand abprallte. Aber dann folgte eine Reihe von Sprüngen blitz- schnell aufeinander, ein ganzes Bombardement; und plötzlich flog sie hoch oben aus dem Flaschenhals heraus und köpf- über ins Wasser. Das war ein Sprung, der sich gewaschen hatt!" rief Pelle und sprang oben im Gras kerzengerade in die Höhe, die Arme fest an den Seiten,sie könnt' gerade ihren Körper durchkncifcn, nur gerade so eben. Du!" Er sprang nochmals und machte sich dünn. Die Maus schwamm an Land, aber da war Rud und setzte sie mit dem Fuß wieder mitten hinein.Sie schwimmt gut," sagte er und lachte. Da steuerte sie nach dem anderen Ufer hinüber. Paß auf, Sören!" schrie Rud, und Pelle sprang hinzu und stieß sie mit einem kräftigen Stoß vom Ufer ab. Sie schwamm unschlüssig hin und her, mitten im Loch, sah die beiden tanzenden Gestalten, sobald sie sich einem Ufer näherte und kehrte wieder und wieder um, bis in die Unendlichkeit, Sie lag tiefer und tiefer der Pelz wurde naß und zog sie nach unten; schließlich schwamm sie ganz unter Wasser. Plötz- lich spreizte sie sich mit einem Ruck aus und sank zu Boden, alle vier Glieder ausgestreckt wie offene Arme. Pelle hatte in einem Nu das unschlüssige, hilflose Wesen aufgefangen es vielleicht wiedererkannt. Bei dem Zappeln des Tieres brach er in Tränen aus ein kleiner Schrei und laut brüllend lief er über die Wiese hinauf, auf die Tannenpflanzung zu. Nach einer Weile kehrte er zurück.Ich glaubte, verdammt und verflucht, Amor wäre weggerannt," sagte er einmal iiber das anders und vermied es geflissentlich. Rud in die Augen zu sehen. Schweigend watete er hinaus und fischte mit dem Fuß die tote Maus heraus. Sie hatten sie auf einen Stein in die Sonne gelegt, damit sie wieder aufleben sollte. Als das nicht gelang, ent- sann sich Pelle einer Geschichte von einigen Leuten, die daheim in einem See ertrunken waren, und die wieder zu sich kamen, als man mit Kanonen über ihnen schoß. Sie schlugen die hohlen Hände über der Maus zusammen, und als auch das zu nichts führte, beschlossen sie, sie zu begraben.