»Sie würde sich schon nützlich machen, wohin sie Such käme," prahlte Sjur. Sein Gesicht war rotfleckig von dem starken warmen Getränk. Seine Augen begannen zu schwimmen. Und die Stimme war belegt. Er lallte noch eine Weile von seiner Tochter: Sie wäre die einzige, die er hätte! Ja! Er hätte nicht mehr Kinder! Nein! Er hätte nicht mehr Kinder! Und gut wäre sie. Ja, wie die Sonne! Und Fehler hätte sie keine. Er blinzelte zu Steinar hinüber. Er kenne doch wohl seine Tochter, sollte er meinen. Sie gliche ihrer Mutter. Nein Fehler hätte sie keine. Wer sie bekäme, würde nicht betrogen. Nein! Er lachte, und seine Miene wurde herzlich mild »Ach nein. Du hättest ihre Mutter sehen sollen." Dann sank er in sich zusammen und wurde für eine Weile schwer und stille. Raffte sich aber wieder aus. Und prahlte nun mit kurzen Faustschlägen auf den Tisch. Das wolle er sagen und dafür könne er einstehen: Auf ihrem ganzen Körper wäre kein Fleck von der Größe einer Hand, der nicht war, wie er sein sollte. Plötzlich durchlief ihn ein Beben. Und die Sprache ver- sagte ihln. Er knickte völlig zusammen und blieb liegen, den Kopf auf den Armen, die aus dem Tisch ausgestreckt waren. Hie und da kam ein abgebrochener Laut aus seiner Kehle wie von einem Hunde, der im Schlaf kläfft. Steinar rief Lars und bezahlte. Dann steckte er die Brannt- weinslasche ein, nahm Sjur unter den Arm und brachte ihn wieder auf die Beine. Und sie schwankten in die Kälte hinaus, alle vier. Sie gingen zu Steinars Bude, wo Sjur auf dem Bett umsank und einschlief. Ormhild setzte sich auf einen Haufen Felle. Und Orm setzte sich dicht neben sie. Er war jetzt mutig und derb in seinen Worten. Er faßte sie um den Leib und drückte sie an sich. Du sollst mein Mädel werden," sagte er. Und er faßte sie um den Kopf und küßte sie. Seine Augen waren glänzend und starr, als stünden sie auf Stielen. Und es brannte ein brauner Fleck auf jeder seiner gelb- grauen Wangen. Steinar blickte einmal zu ihnen hinüber und fletschte freund- lich die Zähne. Tann nahm er ein paar Wolfsfelle unter den Arm und ging hinaus. Lrm beugte sein Gesicht dicht zu dem deS Mädchens herab. Sie saß ganz ruhig, wie jemand, der keine Furcht empfindet. Und sie bebte in junger Keckheit., Das war ein Spiel! Ja! das war ein Spiel! Aber als sie seinem starren leuchtenden Blick begegnete, zitterte sie plötzlich, als wäre sie nackt in die Kälte hinaus- gekommen. Ach nein!" sagte sie. Ach nein!" sagte sie immer wieder, während er sie fester und fesier an sich zog. Und sie konnte ihren Blick nicht von dem seinen abwenden. Sie wiederholte nur immer wieder hilflos, bis es wie ein schluchzendes Stöhnen klang: Äch nein! Ach ach ach nein!" Ihr Körper gab nach, gab immer wieder, willig und biegsam wie eine Weide, dem leisesten Druck seines Armes nach. Und die ganze Zeit schluchzte sie stöhnend: Ach nein! Ach ach ach nein!" Und ihre Augen lagen hilflos gefangen in seinem starren unveränderlichen Blick. Nach kurzer Zeit lagen sie nebeneinander aus den Fellen und atmeten tief. Er blickte zu Sjur hinüber, der zusammengekrochen dort im Bett lag und schnarchte. Das Mädchen blickte zum Dach empor mit verschleierten und stillen Augen. Sie schluchzte noch ein paarmal auf, wie ein Kind, das sich nach dem Weinen beruhigt. Bald darauf schliefen sie, schwer vom Branntwein, den fix genossen, satt von Liebkosungen und schläfrig von der Wärme des HerdeS, auf dem ein gewaltiger Gluthügel Hitze in den Raum hinausstrahlte. Sie schliefen noch, als Steinar zurückkam. Er sah ihre glühenden Gesichter und das zerdrückte Kleid des Mädchens. Und er nickte vor sich hin und war zufrieden. Sie erwachten, als er einige große Holzscheite unter dem Bett hervorzog und sie in die Glut warf. Sie blieben eine Weile liegen und starrten mit verwunderten Augen umher, als suchten sie in Gedanken nach etwas, das sie vergessen hätten, etwas Wunderbares, auf das sie sich nicht recht besinnen konnten. Sie sollten einen Schluck Branntweini zu sich nehmen, sagte Steinar und reichte Orm die Flasche. Er trank und gab sie dem Mädchen. Sie schloß die Augen» während sie einen Schluck Branntwein durch die Kehle brenne» ließ. Sie saß jetzt aufgerichtet. Und ein Schludern durchzuckte ihre Schultern nach dem starken Getränk. Steinar nahm aus dem Vorratshaufen mehrere Bündel Wild und Felle. Er bat sie, soviel zu nehmen, wie sie tragen könnten und mibe zukommen. Sie gingen zu einer Bude, wo«in Auskäufer von Wild und Fellen seinen Stand hatte. .(Fortsetzung folgt.Z (Nachdruck derdolru.z Die RobinforntircL Von M. May. Robinson wieviel Kindermärchen und Kinderträume hängen nicht an dem Wort! Die Wälder des tiefsten Südens leuchten vor unfern Augen, das Murmeln der rauschenden Wellen bricht sich am einsamen Strand. Stille umfängt uns mit allen Schauern brünstiger Sehnsucht, und eine Welt von Abenteuern tut sich vov uns auf. O Jugendglück, so leicht sich hinwegzuträumen aus de» rauhen Wirklichkeit, sich zaubcrschnell hinwegzuversetzen in jene seligen Gefilde, in denen die Helden unserer Kindheit ihre Taten verrichteten. Wie viele aber wissen, daß allen jenen Robinsonerzählungen ein Wahres zugrunde liegt? Und wie viele haben gehört, daß Robinsons Insel wirklich vorhanden ist? Daß sie auch heute wieder bewohnt ist von Menschen, die draußen in der weiten Einsamkeit des Meeres den Frieden und das Glück suchen, das sie in der hastenden Welt nicht gefunden? Auf denn ich will euch führen in das Land eurer Träume euch sagen, wie es in Wahrheit dort aussieht. Von Valparaiso geht unsere kühne Fahrt, und klein ist daS Schiffchen, das uns trägt:Juan Fernandez", ein flinker Segler, der den Namen nach den Inseln führt, zu denen er uns bringen soll.*) Durchschnittlich 14 Tage dauert die Fahrt, Gesang und Gstarreklimpern verschönen sie. Finden sich doch auch aus unserem Schifflein ein paar Gesellen, die drüben ihr Heil versuchen wolle» und meinen, dort das Glück zu finden, das sie bisher stets floh. Langsam versinken die Schneehäupter der Kordilleren hinter uns. Blauer Himmel und weites blauendes Meer. Tag um Tag nur Seeschwalben, die unsere Einsamkeit beleben. Dann endlich am westlichen Horizont ein dunkler Punit, der Gipfel des Aunque, des höchsten Berges von Mas 4 ticrra. Und jetzt regt sich auch das träumende Meer. Rosenrote Melonenquallen treiben i» Scharen vorbei. Lange Ketten glasklarer Polypen und eine Füll« entzückender Salpen bieten unseren Blicken ein prächtiges Schau» spiel immer wechselnder Farben und Gestalten. Noch eine Nacht. Ein Strahlen und Glänzen leuchtet in silberner Klarheit z» uns herauf. Das Meer scheint aus flüssigem Silber zu bestehen, in dem das Licht des Vollmonds seltsam irisiert. Meeres­leuchten, so herrlich und schön, wie ich selten nur sah. Dann aber stieg der Sonncirball purpurn über den Horizont, eine leichte Bris« schwellte unsere Segel, und wir glitten sanft in die Cumberlanld- bai, jene Bucht, in die sich das Tal hinabsenkt, durch das einst Robinson immer hinaufstieg, um nach dem erlösenden Schiff z» spähen. Dreihundert Meter hock? erheben sich die Steilküsten der Insel jäh und schroff aus dem Meere. Sie lassen nur ab und zu i» schmalen Buchten Raum für Landungsplätze und verraten so deut» lich den vulkanischen Ursprung. Noch höher aber streben die Berg» gipset im Innern. Der Dunque, der Ambos ragt 983 m über den Meeresspiegel hinaus in die klare Luft. Auf einem Massiv von grünem Andesit liegen schichtweise, die Reihenfolg« der Eruptionen noch verratend, zahllose Decken von Aschen unl» Sauden, die sich preßten und dadurch erhärteten. Darüber aber basaltische Lava als Abschluß, und diese bildet auch die Gebirg« der Insel! Nun aber die PflanzeiUvelt! So reich, so glühend und färben» froh, wie sie uns die schweifende Phantasie nur malen kann. Palmen, Baumfarne, immergrüne Laubbäume, Bambus, Kräuter und Blumen in tausend und abertausend Gestalten. Woher kommen sie auf die öde Insel? Meeresströmungen, Vögel und Winde bildeten die gütigen Feen, die mit vollen Händen ihre» Reichtum über das neu erstandene Eiland streuten. Die Küste» Chiles und zwar der südliche Teil, in dem Tausende von Deutsche » eine Heimat fanden, waren die unerschöpflichen Vorratskammern der Natur. Aber auch das Feuerland, Polynesien, selbst Australien und Neuseeland mußten von ihrem Reichtum hergeben, unser Neuland zu schmücken. So bietet die Insel ein reiches Studium *) Die kleine Inselgruppe Juan Fernandez im Stillen Ozean , zwischen 33 und 34" südl. Br., zur chilenischen Proving Valpara- «so gehörig, besteht aus drei zusammen 185 qüm großen Eilanden. Die nachfolgende Schilderung bezieht sich auf die östliche, 92 qlcm große Hauptinsel, Mas 4 tierra, die 580 pkm von oer chilenischen 5küste entfernt ist. Die beiden anderen Eilande heißen Santa Clara und Mas 4 fuera,