die Pfoten gegen Sen Boden, wühlten ihn auf— da warf sich AdamKalinka mit wildem Wehgcschrei über seinen Freund.„Brüderchen.... Alter.... Galgenstrick"— alle dieSchmeichelnamen schrie er, aber als gellende Schmcrzensrufe kamendie Kosewortc heraus: Er stutzte und hob den Kopf des Hundes.Ter schien ihn nicht mehr zu kennen, denn er fletschte die Zähne, alswollte er beißen. Ein Zucken und Zittern ging durch den warmenKörper, dann streckten die Vorderbeine sich wie im Krämpfe aus.Brüderchen war tot.Er nahm ihn über die Schulter und schritt stolpernd mit ihmder Chaussee zu. Blutstropfen rannen an ihm herunter. Erfühlte, wie der Körper starr, kalt, hart wurde. Er stöhnte und gingweiter.Die Last drückte ihn. Aber er trug sie, unbekümmert um die neu-gierigen Blicke, die ihm folgten, durch drei Dörfer bis in sein Heimat-lich Nest.lSchluß folgt.)Ein let2tes Klort zms' Schrift-„frage".Von Ernst Link.Die Pctitionskommission des Reichstages hat dem Reichskanzlereine Petition zur Berücksichtigung überwiesen, die für die Altschrist(Antiqua, Lateinschrift) die Zulassung im amtlichen Verkehr und inden Volksschulen den Unterricht in Altschrift vor der Beschäftigungmit der Bruchschrift(Fraktur, deutschen Sckirift) fordert. Darob istin„nationale" Kreise ein großer Entrüstungssturm gefahren. Die„Deutsche Tageszeitung" sieht ein bisher„ungebrockienes Pfeilerwerkunserer völkischen Eigenkulwr" gefährdet, die„Tägliche Rundschau"entrüstet sich über diese„Vergewaltigung des deutschen Volkes",der„Allgemeine deutsche Schristverein und ein sofort nach dem Be-schluß der PetitionSkonnnission gebildeter„Ausschuß zur Abwehrdes Latcinschriftzwangcs" überschwemmen die Presse mit Phrasen-reichen Aufrufen.Verwunderlich an dem ganzen Geschrei ist nur, daß nicht dergeringste ernsthafte Versuch gemacht wird, die bisherigen Wissenschaft-lichen Ergebnisse der Frage heranzuziehen. Männer der Wissenschaftscheuen sich nicht, ihre Namen unter Aufrufe zu setzen, die diekindischsten Einwände gegen die Altschrift enthalten und gänzlicheAhnungslosigkeit über die Grundsragen her Physiologie und Psycho-logie deS Lesens verraten. Im Noveinber vorigen JahreS habenwir hier darauf hingewiesen, daß Experimente dle Echriflsroge be-reits zugunsten der Antiqua gelöst haben.*)Die Hauptfrage bei der Entscheidung für diese oder jene Druck-und Schreibart wird naturgemäß diese sein: welche von beiden istlesbarer?Die Lesbarkeit einer Schriftgattung kann sowohl an ein-zclnen Buchstaben als an Worten und Sätzen geprüft werden. BeiUntersuchungen nach beiden Richtungen ergab sich vollkommene Uebcr-legenheit der Antiqua. Doch ist auf die Versuche mit Buchstabenund Worten weniger Gewicht zu legen, wie wir weiter unten sehenwerden. Größere Lesbarkeit von Sätzen wird sich in größererSchnelligkeit beim Lesen und erheblicherer Deutlichkeit des Gelesenenzeigen. Bei gleicher Schriftgröße erkannteit Erwachsene die Antiquanoch in einer Entfernung von 143 Zentimetern, Fraktur erst in einerEntfernung von 115 Zentimetern. Zun, geläufigen Lesen einesTextes durfte Antiqua 115 Zentimeter, Fraktur bei gleicherDruckgröße nur 119 Zentimeter vom Auge entfernt sein.Die zuerst erkannte Schrift, Antiqua, muß also lesbarer fein.Der bekannte Pädagoge M e ß in c r fand auf Grund ausgedehnterUntersuchungen an Schülern und Erwachsenen, daß Altschrist imallgemeineit rascher gelesen wird als Fraktur und daß auch bei fort-geschrittenster Uebung ein völliger Ausgleich nicht stattfindet. DerUnterschied kann nach ihm nur darauf zurückgeführt werden, daß dieErkennungszeiten für Antiqua kürzer sind als für Fraktur.Für das Schreiben von Spitzschrift(Bruchschrift, Fraktur) istebenfalls ein größerer Zeit- und Kraftaufwand nötig als für Alt-schrift. Die Buchstaben deS lateinischen Alphabets umfassen ins-gesamt 8(5,6 Proz. weniger Schreiblänge als die des deutschenAlphabets. Die Ermüdung beim Schreiben und Lesen vonFraktur wird demnach größer sein als bei Antiqua. Damoderne Menschen viel lesen, ist der Arbeitsuntcrschied,der bei beiden Schriftarten geleistet wird, nicht zu unterschätzen.Führende Augenärzte fordern daher mit Recht die alleinige Be-Nutzung der Antiqua. Die Frakturfreunde„beweisen" allerdingsdurch den Hinweis darauf, daß sich„unter den inehr Lateinschristlesenden Schülern der Gymnasien mehr Kurzsichtige befinden alsunter denen der Volksschulen" das Gegenteil. Daß der„Allgem.Dtsch. Schristverein" noch nicht weiß, daß von Gymnasiasten über-Haupt mehr gelesen wird als von Volksschülern und daher die*) Wir nennen den Gegnern: Erteil in den WundischenPhilosophischen Studien, Bd. II u. IH(1885 u. 86); O. M e ß m e r,Zur Psychologie deS Lesens, 190-1; Javal, Die Physiologie desLesens und Schreibens(deutsch von Haaß; 1907); S ch w e n d l e r,Die wichtigsten Ergebnisse der experinient. Untersuchungen über dasLesen. 1909.häufigere Ueberanstrengung der Augen herrührt, kennzeichnet sein«Gewissenhaftigkeit bei der Behandlung unseres Themas vollkommen.Für die Borzüge der Antiqua vermag die Psychologie deSLesens auch die Gründe anzugeben.„Buchstabentypen find um soleichter zu lesen, je einfacher sie gestaltet find, je weniger Ver«zierungen fie zeigen." Antiquabuchstaben lassen sich gut voneinander unterscheiden, weil ihre Formen scharf voneinander ge»schieden sind und fie doch der augenverwirrenden Schnörkel derFraktur entbehren. Was für die Elemente gilt, trifft auch für dieZusammensetzungen, die Worte, zu. Die Psychologie lehrt, daß ge-übte Leser bei Wörtern und Sätzen nicht lautieren und buchstabieren,sondern daß die G.esamtform des Wortes entscheidend ist. Das Augehaftet beini Lesen in dem oberen Teil der Zeilenmitte*)— dahersind die häufigeren Unterlängen der Fraktur ein Nachteil I— underkennt nur die Gesamizüge. Je klarer das Gesamtbild, das beider Antiqua nur aus dicken Strichen und Kreisteilen zusammen-gesetzt ist, um so günstiger stellt es sich für das Lesen. Die einzelnenVerzierungen der Fraktur find nicht nur unnötig, sie störenauch beim Lesen. Sie haben nur bei ganz großerSchrift in naher Entfernung einen Sinn, weil dort das Auge diewenigen Striche der Antiqua nicht zusammen fassen kann. Deshalbist der Kopf englischer und französischer Zeitungen oft in Frakturgesetzt.Nun wird bis zur Ermüdung wiederholt, daß die Antiqua nichtzwischen Hasso(Masse) und Masse(Maße), Korporals-tube undKorporal-stube, Hau-Saufgaben und Haus-aufgaben, Himmel-sauenund Himmels-anen**) unterscheiden könne. Der ganze Mangel beruhtdarin, daß man in der Antiqua seltener s(s) und f(l) unterscheidet. Beivielen Typen ist diese Trennung der beiden Laute bereits eingeführtworden. Fühlbar hat sich der angebliche Mangel für daS zusammen-hängende Lesen nicht gemacht. Denn für das Gesamtbild einesWortes ist nicht nur die optische Gesamtform entscheidend; auch derSinn des Gelesenen wirkt infolge„assimilativer"(ergänzender) Vor-gänge auf die Erkennung des Gesehenen ein. Das Lesen als solchesist, ganz abgesehen vom Verstehen, eine geistige Tätigkeit, die ihrer»seits das bloß optische Erkennen beeinflußt. Es ist z. B. bekannt,daß je nach der„Einstellung" dieselben Striche in einem Vexierbildwillkürlich bald als Blumenbeet bald als Mädchenkopf„gesehen*werden können. In dem Antiqua-Satz rvir gehören zur großenMasse wird also nicht nur Masse(Masse) durch daS Verständniserschlossen, sondern das Wort als solches ohne Zögern richtiggelesen. Von dieser Erkenntnis aus bleibt der Einwand un-verständlich, der dem Antiquaiatz als Erschwerung anrechnet, daß man■war(in: er war) von war(— Krieg, engl.), sage(in: sage Du esl)von sage(= weise, engl.) nicht unterscheiden könne. Als ob eng»tische und deutsche Worte jemals bunt durcheinandergewürfelt da-ständen.Auch die Antiqua-Gegner. die nur von einer Ungeklärtheit derSchristzüge reden, befinden sich demnach im Irrtum. Solange dieVersuche anerkannter Physiologen und Psychologen nicht durch andereebenso einwandfreie Experimente*—) widerlegt sind, müssen sich dieFraklurfreunde den Vorwurf gefallen lassen, daß fie in Unkenntnisreden oder absichtlich Wahrheilen totschweigen. Wir fordern sie auf,endlich zu den wissenschastlichen Resultate» Stellung zu nehmen undsich nicht hinter Aussprüche eines Bismarck— Goethe dagegen bevorzugte in seinem Alter die Antiqua I Was sollen aber Namen?—zu verstecken, da Laienurteile gerade in psychologischen Fragen sehroft den Tatsachen nicht entsprechen.Sobald die Ueberlegenheit der Antiqua festgestellt ist, lassen sichdie anderen Einwände gegen sie leicht in solche gegen die Frakturkehren. Man hat von der Fraktur als einem normalen Bildungs»mittel für die Schule gesprochen. Da aber in den Bolls-schulen allein 350 Schulstunden während der Schulzeitdurch Fortfall des Schönschreibeunterrichts in Bruchschriftgewonnen werden, läßt sich für diese Zeit ein viel besserer Ersatzschaffen. Weil die Altschrift leichter erlernbar ist, muß sie zuerst ge-lehrt werden, denn pädagogische Grundsätze erfordern ein Aussteigenvom Leichten zum Schwierigeren. Druckschrift und Schreibschrift derAntiqua entsprechen einander viel niehr als in Fraktur. Das Rindverwechselt ihre Formen weniger. Andererseits sind die Buchstabendes lateinischen Alphabets untereinander viel verschiedenartiger alsdie der Spitzschrist, in der z. B. das geschriebene e(e) und n(n)von den Kindern nicht deutlich genug auseinandergehalten werden.Wozu soll sich überhaupt die Schule mit acht Alphabeten(großenund kleinen, geschriebenen und gedruckten Buchstaben der beidenSchristgatlunge») herumschlagen, wenn vier dem Rest vollkommenüberlegen sind und auch zur Verständigung, wie wir sehen werden,ausreichen?*> Diese Tatsache ist seit 1898(Erdmann-Dodge,Psycholog. Untersuchungen über das Lesen auf experiment. Grund»läge) bekannt. Bei der Behandlung naturwissenschaftlicher Fragenhütet man sich, Werke des letzten Jahres zu ignorieren. Die Psycho-logie kämpft dagegen vergeblich Jahrzehnte um Beachtung ihrer Ergebnisse.—) Schrecklichere Verwirrungen durch Antiqua vermag der„Allge-meine Deutsche Schriftverein" nicht aufzutreiben.*—) Prof. Dr. Jaensch hat einen Preis von 1060 M. für die Be»arbeitung der Schristfrage auf Grund physiologischer Versuche aus»gesetzt. Die Einsendungen können gar nicht anders als BestäliguntzWder bisherigen Experimente ausfallen.