Ja, sie hält sich gut bis zuletzt; sie is aus gutem Holz gewesen. Die Leute hier um uns rum reden so viel über uns, weil wir keinen Doktor für sie holen. Was meinst Du, soll'n wir uns die Ausgabe machen?" Ihr fehlt woll nichts weiter, als daß sie nich mehr leben kann," nieinte Lasse sinnend. Na, und sie selbst will gar nichts davon wissen. Wenn er sie noch'ne Weile am Leben erhalten könnt', ja, denn!" Ja, es sind knappe Zeiten," sagte Lasse und ging herum und besah die Kinder. Sie schliefen alle, die Stube war schwer von ihren Atemzügen.Die Schar hat sich gut verkleinert!" Ja, nu fliegt da ja bald jedes Jahr eins aus'm Nest!" sagte Kalle,und nu kriegen wir woll keine mehr. Es is'ne tlnglücksznhl, bei der wir stehen gelieben sind, eine abscheuliche Zahl. Aber Marie is taub auf dem Ohr geworden, und allein vermag ich ja nichts." Bei Kalle blitzte der Schelm wieder aus den Augenwinkeln heraus. Wir können uns ganz gut mit denen behelfen, die wir gekriegt haben." sagte Marie.Wenn wir Annas mitzählen, find es vierzehn." Ja, zähl Du man die von den andern ruhig mit um so leichter kommst Tu davon ab," neckte Kalle. Lasse stand da und betrachtete Annas Kind, das mit Kalles dreizehntem zusammenlag.Sie gedeiht besser als die Tante!" sagte er.Man sollt wirklich nicht glauben, daß sie gleich alt sind! Sie is genau so rot, wie die andere blaß ." .(Fortsetzuna folgt.)) CTactStii« DetBoKn.J jVIein Dache und meine Dackel. Von Hermann Löns . Im April wurde in meiner Wohnung von unbekannter Seite «ine Kiste abgegeben, die einen kleinen Dachs enthielt. In seinem Begleitschreiben teilte der unbekannte Absender mit, der Dachs sei für meine Hunde bestimmt. Daraus wurde nun selbstverständlich nichts. Erstens einmal des Jagdgesetzes wegen, zweitens, weil es eine Schinderei ge- Wesen wäre, die Hunde an dem wehrlosen Tierchen zu arbeiten, und drittens war es auch viel zu niedlich dazu. Meine drei Hunde, nämlich Bob, ein kleiner, weißer, scharfer Terrierbastard, ferner Patzel,«in schwarzer, rotgezeichneter, stichelhaariger Teckel, In- Haber erster Preise, und sein elf Monate alter, roter, glatter Bruder Battermann, waren allerdings anderer Ansicht. Jaulend, winselnd, bellend und pfeifend tanzten sie um mich herum und baten:Laßt uns doch den Stiuker, wir möchten ihn bloß ein ganz klein bißchen langziehen!" Da das Dächschen nicht fressen und saufen wollte, so wurde ein Gummisauger geholt, eine Bierflasche mit lauwarmer Milch ge- füllt, und nachdem er einige Male durch gellendes Keckern sein Mißbehagen über den Gummigeruch ausgedrückt hatte, lutschte er kräftig und anhaltend, während auf der Erde den drei Hunden die Mvrdlust nur so aus den Augen leuchtete. Vormittags hatte ich ihn bekommen, nachmittags lief er schon hinter mir her, wenn ich die Pulle hatte. In drei Tagen war er ganz an mich gewöhnt und hörte sofort mit Keckern auf, sowie er meine Stimme vernahm. Dann setzte er sich auf meinen rechten Schuh und lutschte ruhig und besonnen an meinem linken herum, wenn er nicht plötzlich zu- sammenzuckte und mit Zähnen und Brauten ein furchtbares Ge- metzel unter seinen Jnquilinen anrichtete. Er saß nämlich lebendig voll von langen, dicken Flöhen und noch dickeren Holz- böcken, so voll, daß sein Bauch ganz wund war. Eine gehörige Schmierkur befreite ihn aber für immer von dieser Plage. Als Schlafraum wurde ihm eine mit alten Decken vollge- stopfte Kiste im Keller angewiesen, in der er so lange blieb, wie es ihm paßte. War das aber nicht der Fall, dann keckerte er gellend und anhaltend und kratzte wie verrückt an der Kellertür. Sein Keckern war so durchdringend, daß eines Nachts das ganze Haus davon wach wurde, so daß ich aufstehen und ihm eine Flasche machen mußte. Schwach war er übrigens auch nicht. Da er nachts immer im Keller herumtobte, wurde er abinds warm eingepackt und mit einem Eisengitter zugedeckt, auf das zwei dicke Steine ge- legt wurden. Er murkste aber gegen Morgen so lange in seinem Bett herum, bis er Steine und Gitter herunter hatte. Aber rein- lich war er. Seine Bedürfnisanstalt hatte er in einer bestimmten Kellerecke, vor der ein Stein lag, und es war höchst lustig anzu- sehen, wie er sich mit viel Mühe rückwärts über den Stein schob. Seme Sprache bestand außer dem gellenden Gekecker, das er ertönen ließ, wenn er Hunger hatte oder sich langweilte, in einem lauten Schnauben, wenn man ihm plötzlich zu nahe kam, wobei er seine Haare sträubte, sich aufblähte und sich nach Möglichkeit den Rücken zu decken suchte, in einem behäbigen Schmalen, wenn er die Flasche bekam, und in einem ärgerlichen Schnarchen, wenn ihm irgend »twas nicht paßte. ES dauerke eine ganze Weile, bis ich die Hünie an ihn tijU wohnte. Bob, der schon sehr verständige Terrier, ignorierte ihn, nachdem ich ihm erklärt hatte, daß Dächschen tabu sei. Patzel sah ihn mit weißsunkelnden Augen an, war aber zu gut erzogen, unr sich an ihm zu vergreifen. Battermann, der Jüngling, aber raste auf ihn los, sowie er ihn erblickte, und es gab jedesmal ein großes Theater. Als er aber einsah, daß der Dachs sich unseres Ähutzes erfreute, da fing er an zu mucken. Er guckte uns nur noch von> der Seite an und machte ein Gesicht, als wenn er sagen wollte z Wenn Ihr mit solchem Stinker verkehrt, dann brech' ich alle» studentischen Verkehr mit Euch ab." Nach vierzehn Tagen hatteni die Hunde sich an Dächschen gewöhnt, und ich konnte sie schon, aller» dings nur, wenn ich aufpaßte, mit ihm zusammenlassen. Der Dachs war auch gehörig gewachsen, denn er lutschte täglich einen bis anderthalb Liter Milch aus und wußte sich seiner Haub brav zu wehren. Nach drei Wochen brauchte ich keine Angst mehv zu haben. Die Hunde taten dem Dachs nichts und waren froh, wenn er sie in Ruhe ließ. Er hatte nämlich die niederträchtige Gewohnheit, sie fortwährend in die Hintcrläufe zu beißen, und da sie ihm nichts tun durften, so kniffen sie, peinlich berührt, vor ihm aus, wenn er sich sehen ließ, oder retteten sich auf die Stühle und Bänke. Am traurigsten ging es dem Terrier, dessen schwarzweißs Kopffarbe mußte den Dachs wohl an seine Mama erinnern, den» sowie Bob auf der Bildfläche erschien, sauste Dächschen hinter ihnr her und versuchte zu saugen, eine Zumutung, die Bob stets nit großer Entrüstung und Verlegenheit erfüllte. Mit der Zeit gewöhnten sich die Hunde so an den kleine» Grimbart , daß sie mit ihm spielten, wobei oft Szenen entstanden« daß alle Zuschauer Tränen lachen mußten. Am lustigsten sah eS aus, wenn die Dackel ihn die Treppe hinuntertrudelten und den Terrier Schleuderball mit ihm spielte, indem er ihm mit der Nass unter den Leib fuhr und ihn die Treppe hinaufbugsierte. Batter» mann dagegen tat nichts lieber, als den Dachs in den Nacken zi» packen und viertelstundenlang herumzuschleppen. Gar zu ger» hätte er ihn gewürgt, aber der Dachs ließ sich nie an die Kehle fassen, immer schob er den Nacken vor und steckte die Nase weg, und wenn es ihm der Dackel einmal zu toll machte, dann schlug er umi sich, daß es nur so brummte. Den Ma, über verlebte ich im Harz, wo Battermann Gelegen» heit hatte, einen Bock zu arbeiten und einen alten Fuchs zu zausen, aber auch die Staupe durchmachen mußte und seinen liebe» Bruder Patzel durch einen unglücklichen Zufall verlor. AIS ich» zurückkam, ivar der Dachs beinahe stärker als der Teckel und ei» ganz unverschämter Brite geworden, der sich vor nichts mehr forcht. Nun war es höchst lustig anzusehen, wie Battermann sich zu ihm stellte. Er hatte den Dachs zuerst nicht mehr in der Erinnerung und fuhr ihm sofort an die Schwarte. Als der sich aber gehörig wehrte und wir dem Hunde bedeuteten, daß er ihm nichts tu» dürfe, ignorierte er ihn vollständig und ging mir sogar aus dem Wege, wenn er witterte, daß ich mich mit dem Dachs beschäftigt! hatte. Er war eifersüchtig und beleidigt. Eines Nachmittags nun lag ich auf dem Faulbett und las, Da der Dachs mich fortwährend störte, stieß ich ihn zurück und sah, dabei, wie Battcrmanns Augen leuchteten. Ich lud ihn ein, bei mtr Platz zu nehmen, eine Gunst, die ich ihm noch nie gewährt hatte. Von diesem Augenblicke an änderte der Teckel sein Be- nehmen gegen den Dachs; er hatte eingesehen, daß er doch der beste war. und spielte von nun an immer mit Dächschen. Ihr Haupt- spiel war Schliefen. Dächschen schliefte unter das Faulbett, und Battermann versuchte hinterher zu schliefen. Dächschen schlug tapfer um sich, Battermann lag fest vor und verbellte standhaft, bis ihm die Sache zu langweilig wurde und er ihn beim Nacke» herauszog, worauf dann die wilde Jagd unter allen Stuhl- und Tischbeinen her weiterging. Bis dahin hatte Dächschen noch keine Miene gemacht, zu fresse» oder allein zu saufen, sondern interessierte sich nur für die Flasche. Eines schönen Tages biß er sich an der Hand eines Bekannten, der ihn neckte, den letzten Milchzahn aus. Eine halbe Stunde später stürzte er sich wie rasend auf die Hundeschüssel und fraß den baß erstaunten Hunden ihren schön geschmälzten, mit Fleischstückchen interessant gemachten Reis vor der Nase fort. Von der Zeit an interessierte er sich auch lebhaft für den Garten, murkste in allen Ecken herum, stach unter heftigem Schnauben und Prusten unter den Efeueinfassungen und im Komposthaufen und verzehrte schmatzend die fetten Regenwürmer und Salatschnecken, die er zu Tage förderte, obgleich er tags vorher noch gehacktes Fleisch, das ich ihm in den Rachen gestopft hatte, mit einer Gebärde tiefsten Ekels im hohen Bogen ausgespien hatte. Jetzt aber schlang er alles hinab, was ihm vorkam; am liebsten nahm er Weißbrot mit Milch, aber auch kalte Kartoffeln, Fleisch, Brot, Gemüse, rohe Mohrrüben und Obst verschmähte er nicht, und die Herren Hunde mußten sich mittags beeilen, wenn sie überhaupt etwas kriege» wollten. Je älter und stärker Dächschen wurde, um so unverschämter wurde er. War er bei mir im Zimmer, so erlaubte er es nicht, daß ich ruhig am Schreibtisch saß. Immer wollte er, baß man sich mit ihm beschäftigte, und tat ich ihm nicht den Willen, so biß er mich empfindlich in die Knöchel. War er gar im Keller eingesperrt. so keckerte er über das ganze Haus und rappelte derartig an der Kellertür. daß es nicht zum Aushalten war. Vor den Hunde» hatte er schon längst keine Angst mehr. Er jagte sie im Haus und Garten herum und brachte Battermann durch sein ewiges Zwicke»