Pelle gab ihm die Hand.Adieu Vater und vielen Tank für alles Gute!" sagte er weich. »Ja, ja; ja, ja!" sagte Lasse und wiegte den Kopf; mehr konnte er nicht herausbringen. jEr gab ihm das Geleits bis über die kleinen Häuser hinaus, dort blieb er stehen. Pelle ging weiter an den Erd- wällen entlang, seinen Sack auf �em Nacken! der Land­straße zu. Ein paar Mal wandte er sich um und nickte; Lasse stand zusammengesunken da und starrte, die Hand über den Augen so alt hatte er noch niemals ausgesehen. Draußen auf den Aeckern pflügten sie die Saat unter Man war weit voraus in Steugaarden in diesem Jahr. Kongs- trup und seine Frau wanderten Arm in Arm an einem Graben entlang, jeden Augenblick blieben sie stehen, und sie zeigte sie sprachen Wohl über die Bestellung. Sie lehnte sich an ihn, wenn sie gingen sie hatte jetzt so recht Ruhe in ihrer Liebe gefunden! Jetzt wandte sich Lasse um und ging zurück so verlassen, wie er aussah! Pelle überkam ein heftiges Verlangen, den Sack hinzuwerfen und zurückzulaufen, um ihm ein gutes Wort zu sagen: es kam wie eine Mahnung und wehte wieder weg in der frischen Morgenbrise. Seine Beine trugen ihn weiter, die gerade Straße entlang, hinaus, hinaus I Oben auf dem jHügelkamm ging der Verwalter und maß einen Acker aus. Erik ging dicht hinter ihm drein und äffte ihn mit törichten iGeberden nach. Oben auf der gleichen Höhe mit dem Klippenrande stieß Pelle auf die große Landstraße. Hier, das wußte er, würde Stengaarden mit seinen Ländereien seinem Blick entschwinden, und er setzte den Sack nieder. Da standen die Dünen nach dem Meere zu, so daß jeder Baumwipfel sichtbar war: da war die Fichte, in der die Goldammer immer nistete, der Bach schäumte Milchweiß dahin nach dem starken Tauschlag, und die Wiese war im Begriff zu grünen. Aber der Steinhause war ver- schwnnden, gute Menschen hatten ihn heimlich entfernt, als Niels Köller ertrunken war, und das Mädchen aus dem Zucht- haus heimkehrte. Und der Hof lag hell da im Morgenlicht mit seinem hohen, Weißen Wohnhaus, den großen Scheunen und allen den kleinen jGebäuden. Jeder Fleck da unten leuchtete ihm so vertraulich entgegen; was er schlimmes hatte ertragen müssen, das meldete jsich nicht oder trug auch mit dazu bei, es traulich zu ge- ftalten. Pelles Kindheit war glücklich gewesen trotz allem; ein tränengemischtes Lied an das Leben war sie gewesen, das Weinen geht auf Tönen, ebenso wie die Freude, aus der Ent­fernung vernommen gestaltet es sich alles zu Gesang. Und wie Pelle hinabstarrte auf die Welt seiner Kindheit, da waren es nur gute Erinnerungen, die zu ihm hinaufflimmerten durch hie helle Lust. Alles andere war nicht, war niemals gewesen. Er hatte genug Böses, Unschönes gesehen, war aber über alles hinweggekommen: nichts hatte ihm anhaften können. Mit der Gier des Kindes hatte er alles verbraucht, um daran zu wachsen und zu erstarken. Und nun stand er da, gesund und kräftig ausgestattet mit den Propheten, den Richtern, den Aposteln, den Geboten und hundertundzwanAig geistlichen Liedern! und bot der Welt eine offene, schweißbedeckte Er- vbererstirn. Vor ihm lag das Land, nach Süden zu weich abfallend, 'eingefriedigt von dem Meer. Tief da unten hoben sich zwei hohe, schwarze Schornsteine von der Meeresfläche ab, und noch weiter nach Süden zu lag ja die Stadt! Von dort aus liefen die Wege des Meeres nach Schweden   und nach Kopenhagen  ! Dies hier war die Welt die große, weite Welt selber! Pelle überkam ein Heißhunger bei dem Anblick der großen Erde, und das Erste, was er tat, war, daß er sich auf den Hügelkamm niedersetzte, von wo aus er eine Aussicht hinter jsich ui?d vor sich hatte, und all das Butterbrot verzehrte, das ihm Karna für den ganzen Tag mitgegeben hatte. Tann hatte Ker Magen doch Ruhe davor! Er stand wohlgemut auf, nahm deir Sack auf den Nacken vnd wanderte abwärts, um die Welt zu erobern, während er 'MZ vollem Halse eip Lied in den hellen Tag hineinschmetterte: Ein Fremdling muß ich wandern Im engellischcn Land; Bei afrikanschen Negern' Ich auch Gesellschaft fand! Und dann gibt's hier auf Erden Auch Portugiesen fein! Und alle Art Nationen 4. Jtater dem Himmel tun feinl" RSittttf* Biibnc und Zithm. Ein theatergeschichtlicher Rückblick. Von Dr. Friedrich Spree». Bühne und Zirlus, diese beiden einander in vieler Hinsicht so entgegengesetzten Begriffe, sind in letzter Zeit in eine überraschende Beziehung mit einander gebracht worden: Mar Reinhardt stieg mit seinen begeistert aufgenommenen Oedipus-Aufführungen in die Arena herab, und schon spricht man davon, auch andere Theaterwerke, so Richard HI.", dem Zirkus zu erobern. Wer sich für diese Neuerung auf ein griechisches Vorbild berufen wollte, dürfte doch nur geringe Berührungspunkte zwischen dem antiken Amphitheater und dem heutigen Zirkus finden. Bor allem war die althellenische Bühne in ihrer Raumgestaltung und ganzen Anlage völlig verschieden von den kolossalen Baulichkeiten, rn denen die heutigen Zirkusvorstellungen stattfinden. Das für den Schauspieler so lockende Gefühl desMitten-drin-seinS". indem er das Publikum von allen Seiten um fich weiß, wurde viel eher von der Shakespeare  -Bühne verwirklicht, bei der die Vorder- bühne weit in den Zuschauerraum hiueinreichte und von dem Auditorium umrahmt war. Den Griechen aber war der von den Römern geschaffene ZirkuS ein Greuel, und eS ist bezeichnend, daß die griechischen Städte in Italien  , Neapel   und Tarent  , auch während der Hochblüte der zirzenfischen Schauspiele lein solch kolossales Amphi- theater errichteten, daß die Hellenen überhaupt von dem maßlosen theatralischen Schaugepränge der Kaiserzeit sich fernhielten. Denn erst in dieser klassischen Epoche des Zirkus, da die Wettrennen und Gladiatorenkämpfe fich zu leidenschaftlich begehrten Hauptfesten des Volkes entwickelten, da der ZirkuS der Schauplatz der politischen Gegensätze und des Ringens um die Staatsgewalt wurde, näherte fich auch die Bühne in ihren Darbietungen dem äußeren Schein und der seelenlosen Virwofität. Ausstattungsstücke von ungeheurem Pomp und mit blendenden Dekorationen, ganze Truppenzüge, zu Fuß. zu Roß, mit weißen Elefanten, die über die Bühne gingen, sättigten die Neugier. Die stumme, aber dafür in Gesten und Situationen desto deutlichere Pantomime trat an die Stelle des gesprochenen Dramas. In dieser Versallszeit der antiken Kultur waren wirklich Bühne und Zirkus fast zu einem einzigen Begriff verschmolzen, während man heute fich der Unterschiede lowohl bewußt ist. daß das WortZirkus Hülsen", das Hans von Bülow   einmal im Unwillen geprägt hat, nicht gerade als Schmeichelei für die Berliner   königlichen Theater aufgefaßt wurde. Doch wollen wir nicht dieser Union von Bühne und Zirkus, wie sie fich am Ende der antiken Theatergeschichte darbietet, unsere Auf- merksanrkeit zuwenden, sondern auf die Anfänge unserer modernen Theaterentwickelung zurückblicken, wo Bühne und Zirkus im modernen Sinne noch gar nicht bestanden, aber die Keime für beide eng ver- schwistert aufwuchsen, wo Schauspieler und Zirkusleute noch m der großen Schar der Fahrenden, der Vagabunden und Budenmenschen aufgingen und fich erst ganz allmählich von einander trennten. Die ersten Fahrenden, denen wir nach der Völkerwanderung überall, auch in Deutschland  , begegnen, sind rönüsche GauNer, Joculatores oder Jongleure, die Pantomimen aufführten, derbe Schwänke und Posten rezitierten, Akrobaten- und Jongleur-Kunst- stücke zum besten gaben oder dresfierte Tiere, Hunde, Affen. Schlangen usw. sehen ließen. Diese Possenreißer, die mit ihren losen Sitten und frechen Späßen an die Stelle der altgermanischen Barden traten, sind die Vorfahren unserer Schauspieler wie unserer ZirkuSIeute. Schon zur Zeit Karls des Großen waren sie so beliebt, an Höfen und im Volke so zahlreich, daß die Geistlichen gegen sie predigten und z. B. Alcuin in einem Briefe von 791 entrüstet äußert:Wer Histrionen, Mimen und Tänzer in sein HauS aufnimmt, weiß gar nicht, welch eine Menge unreiner Geister diesen folgt." Ob nun dieseVagabunden" alsLodderer" mit dem Lotterholz, das sie beim Wahrsagen und Taschenspielen brauchten, durch die Lande zogen oder alsMimen" allerlei Szenen und Spiele darstellten, das war gleich: sie gehörten alle zu dem damals so umfangreichen Kreise derun- ehrlichen Leute". Mit dem eigentlichen Theater und Drama aber hatten die fahrenden Komödianten während des Mittelalters und noch nach der Reformation nichts zu tun; denn die Mysterien und Moralitäten wurden von Geistlichen und Bürgern gedichtet und auf- geführt, zu denen dann im. Jahrhundert in immer stärkerem Maße die Handwerker traten. Erst gegen Ende des 16. und zu Anfang des 17. Jahrhunderts finden fich die einzelnen Gaukler, Springer und Tänzer gelegentlich zu Truppen zusammen, die auch Schauspiele vorführten, und daS Auftreten der englischen Komödianten, die einen Abglanz der höher entwickelten Theaterkultur Englands nach Deutsch  - lauö brachten, läßt dann einen richtigen SHauspielerstand sich bilden, der aber noch mehr als ein Jahrhundert in engster Beziehung mit dem fahrenden Volk blieb und seine Entstehung aus dem Kreise der Schaubudenleute nicht verleugnete. Als im Jahre 1585 der berühmte Clown der Shakespearischen Truppe Kemp zum erstenmal mit einer Bande englischer Schauspieler den Kontinent betrat, brachte er nicht gerade die besten Elemente mit sich. Er selbst war ein Meister jener Improvisationen, gegen die sich der Dichter desHamlet  " so scharf wendete, nicht nur in den Künsten des Wortes, sondern auch in denen der Gymnastik und des Tanzes erfahren. Die lustige Persoty die den Mittelpunkt