808 Deutschland   sehr unsicher ist. Man hofft aber, dag eS vielleicht doch gelinaen wird� eine frühreifende Sorte herauszufinden, die eine so turzM Vegetationsdauer besäße, dag sie auch nördlich von den Alpen mir Vorteil kultiviert wert en könnte. Aber auch jenseits des Atlantischen Ozeans  , in verschiedenen Gebieten Amerikas   bürgert sich der Anbau der Sojabohne ein. So schließt sich der Ring um die Erde und die Ostafiatin zählt nun mit zu den welterobernden Kultur pflanzen._ Künftlcrbnefe» Kunstwerke zeugen für sich selber und bedürfen, solange ste ilebendig sind, weder des Kommentars noch der Erklärung. Aber thinter den Kunstwerken steht schließlich der Mensch, der sie ge- (schassen hat. Und wenn wir in sein Leben und Schaffen, sein Wenken und Empfinden Einblicke gewinnen, wird auch seine Kunst uns näher kommen. Das Aprilheft der besten deutschen  Kunstzeitschrift(Kunst und Künstler", Verlag von Bruno ICassirer) bringt eine Fülle von Künstlerbriefen des 19. Jahr- Kunderts. Zwei davon setzen wir im Auszuge hierher, weil sie (höchst charakteristisch sind für die Welt zweier Künstler, die beide sin ihrer Weise dem Proletariat etwas zu bieten haben. Beide jstammen bezeichnenderweise von Franzosen  , die ja im 19. Jahr- (hundert in der Kunst überhaupt und vor allem in der sozialen tKunst die Führung gehabt haben. I. F. Millet(1814 bis 1874), der Entdecker und Künder der großen einfachen Natur, der Epiker der menschlichen Arbeit «in der Natur, offenbart sein ganzes Wesen in einem Brief an leinen Freund. Er erklärt, daß er weder für nackte Frauen noch «mythologische Motive, die Hauptgegenstände der damaligen Kunst, fJnteresse bat, sondern Flachs hechelnde Frauen, Feldarbeiter und jHolzleser bevorzugt. Dann fährt er fort: Kurz und gut jene Dinge sagen meinem Temperament «wehr zu, denn ich muh Dir gestehen, selbst auf die Gefahr bin, ffür einen Sozialisten gehalten zu werden, daß es die menschliche Seite ist, die mich am meisten in der Kunst ergreift, und wenn iich könnte wie ich wollte, so würde ich nur malen oder wenigstens zu malen versuchen, was das Resultat eines durch den Anblick der Matur einpfangenen Eindrucks ist in der Landschaft oder im Figür- lichen. Die fröhliche Seite des Lebens zeigt sich uns nie ich weiß nicht, wo sie ist, habe sie nie gesehen! Das Heiterste, das iich kenne, ist die Ruhe oder das Schweigen, wie man es so köstlich iin den Wäldern oder auf den Feldern genießt, ob sie bearbeitet werden oder nicht. Du wirst mir zugeben, daß ich immer der- «selbe Träumer bin und daß meine Träume schwermütig wenn auch köstlich sind. Du sitzt unter Bäumen und bist erfüllt von aller Ruhe, allem Wohlbehagen, das man nur genießen kann, da siehst Du auf einmal aus einem kleinen Seitenpfad ein« ärmliche Figur heraustreten und ein Bündel Holz aus dem Rücken: das Un­erwartete und Auffallende dieser Erscheinung führt uns auf ein­mal den traurigsten menschlichen Zustand vor die Seele: Arbeit bis zur Erschöpfung. Das gibt immer einen Eindruck analog ldem, den Lafontaine in seiner Fabel vom Holzhauer gibt.Welche Freude hat er gekostet, seit er auf der Welt ist? Gibt's einen ßlermeren in der runden Maschine?" Auf den bearbeiteten Aeckern, aber auch manchmal auf dem Land, wenn es kaum bearbeitet wird, sieht man grabende, hackende Menschen. Ab und zu reckt einer seine Glieder, wie man so sagt, -und trocknet sich mit dem Rücken seiner Hand den Schweiß von der Stirn: Im Schweiße Deines Angesichts sollst Du Dein Brot essen." Ist das die heitere, beglückende Arbeit, an welche uns manche Leute so gern glauben machen wollen? Rur   darin aber finde «ich das wahre Menschentum, die große Poesie. Ich höre auf, um Dich nicht schließlich doch zu langweilen. Verzeih nur! Ich bin Kanz allein, ohne jemand, mit dem ich über meine Gefühle reden Sonnte; so habe ich mich gehen lassen, ohne daß ich es merkte. Ich werde auch nicht wieder davon anfangen." Der andere Brief ist von Gustav Courbet  (1819 bis 1877), dem starken und temperamentvollen Vorkämpfer des Realismus, izz kunstwürdige Stoffe in den Dingen und Menschen deS Alltags _ z. B. einem Steinklopfer oder einer gewöhnlichen Beerdigung _ findet. Courbet  , nicht nur als Künstler, sondern auch als Mensch Revolutionär, leidenschaftlicher Feind des verfaulten Kaisertums und der herrschenden Gesellschaft, späteres Mitglied der Kommune, war von einem neuen Minister der schönen Künste gum Ritter der Ehrenlegion   ernannt worden. Der Minister hatte damit einen Richtungswechsel in der Kunstpolitik andeuten wollen. Aber Courbet   lehnt mit schönen, stolzen Worten vom 23. Juni ab. Er schreibt: Dieses Verfahren ehrt Sie. Herr Minister, aber gestatten Sie «mir. Ihnen zu sagen, daß weder mein Standpunkt noch meine Eni» Lchlilsse dadurch geändert werden konnten. Meine bürgerlichen Ansichten sträuben sich dagegen, daß ich «eine Auszeichnung annehme, die durchaus auf monarchischem Mrinzip fußt... Diesen Orden der Ehrenlegion, den Sie in meiner Abwesen­heit für mich erwirkt haben, muß ich nach meinen Grundsätzen ohne weitere» ablehnen. Zu keiner Zeit, in keinem Fall, aus keinem Grunde hätte ich ihn angenommen. Roch Keniger Nürde ich ei h«ke kuck, kvo her Verrat sich von allen Seiten mehK und das menschliche Gewisser» sich über so viel eigennützige Gesinnungslosigkeit betrüben muß. Ehre besteht weder in einem Titel noch in einem Orden, sondern in Taten und ihren Beweggründen. Und zum größten Teil in der Achtung vor uns selbst und den eigenen Ideen. Ich ehre mich da- durch, daß ich den Grundsätzen meines ganzen Lebens treu bleibe� wenn ich sie aufgäbe, wurde ich die Ehre aufgeben um des äußeren Scheines willen. Mein künstlerisches Gewissen sträubt sich nicht weniger dagegen, eine Belohnung anzunehmen, die mir von der Hand der Regierung aufgedrängt wird. Der Staat ist in Kunstfragen nicht kompetent, wenn er sich anmaßt, zu belohnen, so begeht er einen Eingriff in das öffentliche Urteil. Seine Einmischung wirkt durchaus de- moralisierend und verhängnisvoll für den Künstler, den sie Über seinen eigenen Wert täuscht, verhängnisvoll für die Kunst, die sie in offizielle Wohlanständigkeit einzwängt und die sie zu un- fruchtbarster Mittelmäßigkeit verdammt. Das Weiseste für ihr» wäre, sich davon zurückzuhalten. An dem Tage, wo er uns freiläßt, wird er seine Pflicht gegen uns erfüllt haben. Gestatten Sie also, Herr Minister, daß ich die Ehre ablehne, die Sie glauben, mir erwiesen zu haben. Ich bin fünfzig Jahre alt und bin immer mein eigener Herr gewesen; lassen Sie mich mein Leben als ein Freier beschließen; wenn ich tot bin, soll man von mir sagen: er hat keiner Schule, keiner Kirche, keiner Richtung, keiner Akademie, besonders keinem System angehört, nur dem! der Freiheit."-_ Kleines f euilletom Kulturgeschichtliches. Geschichte und Verbreitung der Schminke. Wenn man alles als Schminke bezeichnen will, was aus das Gesicht oder andere Körperteile aufgetragen wird, um der Haut einen gewissen Glanz oder eine bestunnite Farbe zu geben, so ist diese Sitte sehr alt und auch außerordentlich weit verbreitet. Sie ist auch nicht etwa auf die sogenannten Kulturvöller beschränlt, sondern findet sich auch bei sehr vielen Naturvölkern oder solchen, die der Europäer in seinem Hochmut gewöhnlich alsWilde" bezeichnet. Wie alt der Gebrauch von Schminke eigentlich ist, läßt sich schwer feststellen, denn wahrscheinlich reicht er in die vorgeschichtliche Zeit zurück. In manchen Staaten, wo sich Reste des Urmenschen erhalten haben. sind auch kleine Stückchen farbiger Erde gefunden worden, die darauf schließen lassen, daß auch schon jene uralten Vorfahren deS heutigen Menschen solche Naturfarben als Verschönerungsmittel gebrauchten. Im alten Griechenland und Rom   gar wurden ganze Schminkkästen von einer Viclseitigieit der Ausstattung für da» Toilettenzimmer von Damen der großen Welt hergestellt, daß ihnen vielleicht an Raffinement auch jetzt nur wenig an die Seite gestellt werden kann. Daraus läßt sich schon vermuten, daß die Sitte des Schminkens damals bereits eine lange EntwickelnngSgeschichte hinter sich hatte, und in der Tat haben uns schon die ältesten Schriftsteller manches davon berichtet. Papa Herodot   betont den Gebrauch der Schminke bei den Aethiopiern, die allerdings den besonderen Zweck damit verbanden, sich durch Be- malung und Belleisterung des Körpers beim Auszug in einen Kampf für ihre Feinde auch äußerlich furchtbar zu machen. Und überhaupt ist eS fast als eine Ausnahme zu bezeichnen, wenn ein Volk auf diese sonder- bare Art der Verzierung gar nicht verfallen ist. Der Name der Picten, den die Römer der von ihnen angetroffenen Urbevölkerung von Schottland   beilegten, soll geradezu von der Bemalung ihres Körper? hergeleitet sein, ebenso der Name der gallischen Völterschaft der Piclaven. Auch die alten Germanen, die doch sonst ein Naturvolk im besten Sinne waren, hatten keine Abneigung gegen ein Schminken des Körpers mit verschiedenen Farben, wie TacituZ bezeugt. Wenn man die Bibel für diesen Gegenstand als Geschichtsquelle benutzt, so finden sich darin schier unzählige Angaben, namentlich im Alten Testament  . Unter den alten Juden muß das Schminken sogar in ganz besonderem Ansehen gestanden haben, denn sonst könnte Hiob nicht darauf verfallen sein, einer seiner Töchter einen Namen zu geben, der in der Uebersetzung ungefähr mit Schminttopf wiederzugeben wäre. Diese Deutung gibt wenigstens Dr. Laverune im.KoSmoS' unter der Behauptung, daß im Hebräischen   die Be- Zeichnung für Antimon auch für Schminke gebraucht wurde. Daß die Töchter Zions unter anderem auch ihre Nägel färbten, ist durch viele Bibelstellen belegt. Das bekannteste Beispiel für die Verwendung der Schminke in einer übertriebenen und augenscheinlich abfällig beurteilten Weise ist das der Königin Jiebel, die sich mit be» sonderer Sorgsalt schminkt, che sie sich dem König Jehu   zeigt. Das Zaubernnitel tat in diesem Falle nicht seine Wirkung, denn der junge König ließ sie unmittelbar danach aus dem Fenster stürzen. Im Mittelalter scheint daS Schminken ein wenig abgekommen zu sein, denn sonst hätte sich vielleicht Kolumbus weniger darüber ge- wundert, daß die Bewohner des neuentdecklen Erdteils ihr Gesicht und zum Teil auch ihren übrigen Körper bemalten. Erst in der Neuzeit kam eS dann wieder zu einem großen Aufschwung und zu einem wahren SchminlluxuS, der sich beispielsweise darin ausdrückt. daß die Kaiserin Josephine   in einem Jahre für fast 3000 M.Rot* verbrauchte. Verantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin. Druck u. Verlag: PorwärtsBuchdrgcherei».Verlagsanstalt.Hagftsinger�Cy-t�erlinLV)«!«