--Was schreibt sie?" Kiedercholte der Lchrer, erhielt keine Antwort und fragte nicht mehr; er wuhte ja bereits aus Er- fahrung, wenn der Mensch etwas verschweigen will, dann gibt es keine Macht auf Erden, die ihm sein Geheimnis entreißt. Als das Frühjahr kam, schlug Pavel in einer Reihe von mondhellen Nächten die Ziegel zu seinem Bau. Mehr als einmal fand er, am Abend aus der Fabrik heimkehrend, seine Arbeit zerstört. Kleine Füße waren über die noch weichen Ziegel gelaufen und hatten sie unbrauchbar gemacht. Pavel lauerte den Uebeltätern auf, erwischte sie und führte sie dem Pfarrer vor. Es wurde ihnen eine Erinahnung zuteil, die jedoch ohne Wirkung blieb, der Unfug wiederholte sich. Da beschloß Pavel, selbst Gerechtigkeit zu üben. Mit einem Knüttel bewaffnet, wollte er hinter einem breitstämmigen Nußbaum Posten fassen und die vom Dorfe heranrückenden Feinde dort erwarten, zerbläuen und verjagen. Zu seinem größten Erstaunen fand er jedoch das Hüteramt, das er an- treten wollte, bereits versehen und zwar durch Virgil. Dieser hatte gleichfalls einen Stock in der Hand. Bin da." sagte er,Hab ihrer schon einige weggetrieben." Was willst Du, Spitzbub?" fuhr Pavel ihn an.Fort, schlechter Kerl, mit Dir bin ich fertig!" er erhob den Knüttel. Virgil hatte den seinen auf den Boden gestemmt, beide Hände darauf gelegt und sich zusammengekrümmt. Zitternd und demütig sprach er: Pavlicek, schlag mich nicht, laß mich hier stehen, ich stehe hier und geb acht auf Deine Ziegel." Du, ja just. Tu wirst acht geben, Tul... Dich kenn ich. Geh zum Teufel." Sprich nicht von ihm!" wimmerte der Alte beschwörend, und seine Knie schlotterten,sprich um Gottes willen von dem nicht. Ich bin alt, Pavlicek, ich werde bald sterben. Du sollst zu mir nicht sagen: Geh zum Teufel." Alles eins, ob ich's sag oder nicht, alles eins, ob Tu gehst oder nicht, wenn Tu nicht von selber gehst, holt er Dich." Virgil fing an zu weinen:Meine Alte wird auch bald sterben und fürcht't sich. Sie möcht Dich noch sehen, bevor sie stirbt. Sie war's auch, die mir gesagt hat, geh hin und gib acht auf seine Ziegel." Pavel betrachtete ihn still und aufmerksam. Wie er aus- sah, wie merkwürdig! ganz eingeschrumpft und mager, vor Kälte zitternd in seinen dünnen Kleidern und dabei das Ge- sicht fenerfarbig wie ein Lämpchen aus rotem Glas, in dem ein brennender Docht schwimmt. Das Oel, von dem dieses jämmerliche Dasein sich nährte, war der Branntwein: der einzige Trost, der es erquickte, ein gedankenloses Lippengebet. Armer Spitzbub, dachte Pavel, die Zeiten sind vorbei, in denen Du mich mißhandelt hast, jetzt kriechst Tu vor mir. So bleib," sprach er zögernd und immer noch voll Mißtrauen, ich werd ja sehen, was für einen Wächter ich an Dir Hab." Als er wiederkam, fand er alles in Ordnung: Virgil hielt wirklich treue Wacht, verlangte dafür nicht Lob noch Lohn und fragte nur immer:Wirst nicht zur Alten kommen?" .(Lortsetzung folgt.)! (NaSdruck derlolen.) Oer 8ckut2patron. Ein Scherzo von S. Bruno Ganzke. (Schluß.) Langsam tappten sie weiter. Als sie die Tür öffneten, schoß Mummo durcb den Spalt, er mochte wohl schon eine Weile aus der Schwelle gehockt haben. Irgendwo hatte er ein Stück Brot gefunden, das hielt er fest in den Zähnen. Er schnupperte, fand die Spur seines Herrn und schoß auf ihn los. Tie drei alten Weiber hätten beinahe aufgeschrien, als sie den Hund sahen, und flogen fast die Stufen hinab ins Dorf. Mummo bohrte seine Schnauze unter die herabhängende Hand Nutos, doch sein Herr regte sich nicht, und. so streckte sich der Pudel neben die Bank. Ein Traumbild ging durch Nutos Schlaf und störte seine Ruhe. Er erwachte, reckte sich»ick» gähnte. Er stand auf. Nun fuhr auch Mummo in die Höhe. Er schnappte nach dem Brot, das ihm im Schlaf entfallen war. Nuto wunderte sich, wie der Hund in die Kirche gekommen war.Tu hier?" Jetzt sah er, daß die alten Weiber verschwunden waren.Die haben Dich eingelassen." Nuto ging zur Tür, öffnete sie, um durchzuschlüpfen, schloß sie aber wieder. Bor der Kirche standen Menschen in Scharen. Wollen sie mich aus Bentivcgno schlagen wie aus Rapallo  ? Wa'.ten sie, bis ich aus der Kirche bin?" Kr trat zum.Seitenpförtlein und drückte es zaghaft auf. Als sei Bentibegno wieder zum Leben erwacht: überall Menschen, auf- geregt, laut schwatzend oder in stummer Bewegung. Sie quollen aus den Gassen hervor, schoben und drängten einander. Wo sie nur alle herkommen?" Was hilft's, ich muß doch unte« sie. Soll ich Schläge bekommen, dann kriege ich sie." Nuto stieg die Stufen hinab und drückte sich an der Mauev entlang, Mummo mit dem Brot im Maul ihm zur Seite.Alle sehen mich so an. Was ist mit mir?" Kaum, daß er fünf Schritte getan hatte, hallte wie aus einemt Mund das Geschrei:Heiliger Rochus  , hilf uns gegen die Pestl'' Die Menschen sanken in die Knie, hoben die Hände und senkten die Köpfe. Nuto schritt schneller.Heiliger Rochus  , bleib bei uns!" Nuto hätte sich fast nach dem Heiligen gewandt. War denw der heilige Rochus in Bentivcgno? Unter ihrem Guardian Fra Stefano kamen die Franziskaner  singend und schwenkten die Banner und Kreuze.Ein Bittgottes-, dienst ist's," dachte Nuto und wich den frommen Sängern in ein Seitengäßlein aus. Der Guardian schwenkte jedoch ab hinter ihm her, und an die Brüder des heiligen Franziskus schloß sich Mann« Weib, Kind in langem Zug. Nuto vergaß Knieschaden und Schmerzen, biß die Zähne auf« einander und schritt hastig aus.Was laufen sie nur hinter mir her?" Er suchte einen Durchschlupf. Seine Augen irrten umher« Da lag ein Häuschen, halb verfallen, ein schmutziger Hof, über der» ging's in ein anderes Gäßchen. Nuto verschwand unter dem Tor- weg.Wär' ich erst aus Bentivcgno I" sagte er in der anderen Gasse. Hier tauchten die Dominikaner   auf, ihr Prior Fra Bartolomeo  an der Spitze. Singend und betend kamen sie daher. Als sie Nutos ansichtig wurden, sangen sie, daß es schallte:Heiliger Rochus  , schütz uns vor der Pest. Bleib bei uns!" Nuto drückte sich an ihnen vorbei, doch ehe er am Ende des Zuges war, wandte sich der Prior und nun zogen die Dominikaner  mit ihren Fahnen und Kreuzen hinter Nuto so eilig her, daß ihre schwarzen Kutten sich bauschten und ihre Kapuzen auf und ab flogen. Ter Prior keuchte, aber er ließ sich's nicht verdrießen. Er hatte ja den Franziskanern den Rang abgelaufen; denn erst jetzt quollen aus dem engen Torweg die braunen Bettelbrüder hervor, den dürren Guardian an der Spitze und hinter ihnen ganz Benti, vegno. Ich entgehe ihnen nicht, ich kann's anstellen, wie ich's will« Und Durst Hab ich, trinken muß ich!" sagte Nuto entschlossen. Die Locanda zeigte sich am Ende der Gaffe. Nuto stieg eilig die zerbrochenen Steinstufen empor, trat durch die Tür und warf sich auf eine Bank.Asti will ich haben, da!" Er warf dem Wirt zwei Quattrini zu. Der aber, statt den Wein zu bringen, sank in die Knie:Heiliger Rochus  , mach mich sicher gegen die Pest!" Nuto fuhr auf, wandte sich und schrie, als er niemanden sahz Bist Du irre? Asti will ich." Der Wirt blieb auf den Knieen liegen:Mein Weib ist hin, mein Kind ist hin. Laß Du mich leben, heiliger Rochus  !" Nuto stand schon wieder an der Tür, er wollte hinaus, da sah er alle Gassen dunkel von Köpfen. Da hatten sich die Dominikaner  postiert, dort die Franziskaner  , und kaum hatten sie ihn erblickt, da scholl das Rufen, Beten und Singen über die Stadt wie hallende Lieder durch einen Dom:Heiliger Rochus  , schütz uns vor der Pest« bleibe bei uns!" Nuto wich in die Stube zurück. Er sah den Wirt an:Wer bin ich?" Ter heilige Rochus!" war die demütige Antwort. Bring mir Asti!" befahl Nuto. Nachdenklich trank er den Wein, Mummo kaute an seinem Brot. Ter Wirt stand ehrfurchts- voll an seinem Schenktisch. Wer bin ich?" fragte Nuto noch einmal. Der heilige Rochus! Fra Bartolomeo   hak auch gesagt, Du würdest kommen, und die alte Safira hat Dich in der Kirche gleich erkannt am Knieschaden und am Hund." Ich bin nicht der heilige Rochps!" erklärte Nuto- Der Wirt lächelte verschmitzt:Du willst meinen Glauben er- proben. Du bist doch der heilige Rochus  ." Werden die anderen anders sein als er?" fragte sich Nuto. Alle werden sie denken, ich will sie erproben. So mag's denn seinen Weg gehen." Nu» öffnete die Tür sich sacht, als zögerten die Hände, sie auf- zutun, und einer nach dem anderen schob sich herein, Mann, Weib, Kind, und an der Bank, auf der Nuto saß, machten sie ihre Knie- beuge und sagten:Schütz uns vor der Pest, heiliger Rochus  !" Nuto nickte ihnen zu und schlug das Kreuz; und sie legten Quattrini auf den Tisch, zwei, drei, vier:Nimm's für die Armen, heiliger Rochus!" Ter Wirt holte eine große irdene Schale, die die Münzen fassen sollte. Nun regnete es Quattrini in ihren Boden, wie wenn große Regentropfen auf das Dach kollerten. Nuto konnte kein Kreuz mehr schlagen, der Arm fiel ihm schon wie gelähmt herab. Er konnte nicht mehr nicken, ihm flimmerte es vor den Augen, und noch war nicht der letzte zu sehen, da sagte er:Kommet morgen!" Und sie drückten sich aus der Stube voller Ehrfurcht und Andacht. Nuto sah auf die Quattrini:Einträglich ist's, ein Heiliger zt> sein, aber es strengt doch an!" Ter Wirt brachte eine Rcissuppe mit Erbsen:Alles, was ich! habe, ist für Dich, heiliger Rochus  ." Ter Reissuppe folgte ge,