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Der Fall muß überlegt werden. Da sind sie; der Mondschein ihm dauernd schwerlich mehr zu sagen, als was er nicht schon macht sie tenntlich. Aber rund herum spreizt sich dürres Gezweig. wußte; denn seine Anschauung griff weit darüber hinaus Goldhals überlegt; heranschleichen geht nicht, denn einige sind schon Reich beglüdender Weltgedanken. Abhold des Marktes Hezze" zog erwacht; er hört, wie sie sich schütteln, und einer hat sich eben über er sich in sich selbst zurück, um aller Dinge Lauf zu beobachten und stellt. Da bleibt nichts weiter übrig, als fest darauf zugehen; also seinen dichterischen Eingebungen an folgen. den Rücken trumm, die Schultern hoch, ein Sah, das Dürrholz bricht, noch einer, Rindenschuppen prasseln, und jetzt der letzte Sprung, und da poltern die Täuber ab und Goldhals fizt da, starrt ihnen mit den grünschimmernden Sehern nach und hört ihrer Fittiche flingenden Schlag verhallen. Der halbe Mond aber grinst Spöttisch auf ihn herab.
Goldhals rutscht in einer Schraubenlinie den Stamm hinab. Wütend ist er nicht mehr, aber gefnidt. Er schleicht zum Kleestüd, aber die Mäuse sind seit dem Märzregen felten geworden. Er fucht die Raine entlang, aber Ammer und Lerche haben dort nicht gebaut. Ueberall riecht es nach Has und Huhn, aber antreffen tut er nichts. So würgt er mißmutig einen Maitäfer nach dem anderen herab und hofft, daß ihm der Morgen besseres bringe. Schon flötet die erste Drossel im Berg, schon steigt die erste Lerche. Der Kauz hört auf zu rufen, die unten stellen ihr Läuten ein, und immer noch sucht Goldhals im taufeuchten Felde, die Wafferfurchen entlangschleichend, die Koppelwege hinauf- und hinabhuschend; aber kein Hummelnest findet er, teinen bewohnten Hamsterbau, fein Hühnergelege, fein Junghäschen. Und wenn ihm der Magen auch schief hängt, es wird Zeit, an den Heimweg zu denken. Der Tag ist keines Marders Freund," das hat die Mutter ihn gelehrt.
Dreihundert Schritte vor dem Walde stutt er und richtet sich auf: Der graue Pfahl dort vor ihm bewegte sich doch? Und daneben, die zwei braunen Dinger, erst recht! Und jetzt trägt der Wind ihm die bösen Witterungen zu, die die Mutter ihn meiden hieß, die Witterung von Mensch und Hund.
Mit einem Riefenfah ist er im naffen Klee . Höchste Zeit, denn da hört er es zischen, flüstern:" Hu faß!" und hinter ihm her feucht es. Schnell in den Brombeerbusch, wo er am didsten ist. Aber die Hunde achten der Dornen nicht. Heraus und in den Wasserdurchlaß! Aber auch dahinein folgen ihm die Ledel. Und über der Erde poltert es. Schnell aus dem anderen Ende heraus, aber das geht nicht, ein schwarzes, nach Hund riechendes Ding stedt darin.
Da fährt Goldhals herum und will den Hund überrollen! Der aber faßt zu, jault auf, denn scharfe Fänge griffen um seine Lefzen, aber jetzt fühlt Goldhals fich vom andern Tedel am goldenen Halafled gepadt und heraus geht die Balgerei aus dem Durchlaß; draußen greift der erste Deckel ihn am Hinterteil, und so wird Goldhals langgezerrt; awei auf einen, das ist auch zuviel, und nun weiß er, daß es aus ist mit Freijagd in Berg und Busch und Minnefahrt über Stod und Stein. Noch einmal, che sein Bewußtsein erlischt, fällt der Mutter Warnung ihm ein:" Der Tag ist keines Marders Freund, die Nacht ist gut und lieb."
Zum 70. Geburtstage Ernft Ziels.
Ihr Truzigen und ihr Freien, Stets focht ich in euren Reihen;
Denn Stolz und Freimut der Seelen,
Ich leb in diesen Zweien.
So durfte Ernst Biel mit Recht von sich sagen, wenn er die Summe feines Denkens und Dichtens zog. Er gehört in der un absehbaren Schar deutscher Poeten zum auserlesenen Häuflein derer, die allzeit unerschroden für geistigen und fozialen Fortschritt, für Menschenrechte und Boltsfreiheit geftritten. Als entschiedener Sänger demokratischer Jdeale hat er vollen Anspruch auf Beachtung auch in unferen Reihen.
Diesen jedoch nicht ausschließlich und allein. Es kommen gründ liche literarische Studien hinzu, von denen er jahrelang gefesselt wird. Ernst Ziel kennen, heißt seine„ Literarischen Reliefs" lennen, die zwischen 1885-1895 entstanden und in vier Bänden erschienen sind. Dreißig Dichterporträts aus der nachklassischen Periode stehen da energisch herausgemeißelt und fein ziseliert beis sammen; jedes in seiner Art ein Meisterstück sorgsam abwägenden Urteils und höchst geisiboller Darstellung in funkelndem Sprach gewande. Dann noch ein wichtiges Charaktermerkmal. Indem Ziel des öfteren auf vormärzliche und revolutionäre Boeten wie Hartmann, Freiligrath , Meißner, Pfau zurückgreift, bekennt er fid) unumwunden zu der Kämpfermission, die jeder wahrhafte Dichter in feiner Zeit zu er füllen habe. Zwischenhinein besorgte er die Herausgabe sämtlicher Dramen Albert Duits( in drei Bänden bei J. H. W. Diet, Stutts gart 1893, erschienen), sowie später( 1898) der Ausgewählten Gedichte" von Ludwig fan; nicht zu gedenken zahlreicher die Gegenwartsdichtung behandelnder Auffäße.
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Unter all dieser Betätigung hatte seine Muse aber keineswegs gefeiert. Im Gegenteil: fie war allen brennenden Fragen der modernen Menschheit nur noch näher gerückt. Mit geschärftem Auge und friegerisch gerüstet stand sie auf der Tempelschwelle des neuen Jahrhunderts. So begegneten wir Ernst Ziel seit Beginn der neunziger Jahre in M. G. Conrads Zeitschrift Die Gesellschaft". Ueber zarte Gefühlslyrik und philosophische Reflerionspoefie hinwegschreitend, ist er zum Satiriker erstarkt, der alles Verrottete im bürgerlichen Klaffenstaat zu einem Scheiterhaufen aufschichtet, um ihn mit glühenden Pfeilen zu entzünden. Ein entschieden demokratischer Geist schafft da am Werke. In ihm vereinigen fich eben Talent und Charakter. Er ist nicht bloß Dichter; er ist auch ein auf seine Beit geschärfter Denker; daher eine durch und durch moderne Per fönlichkeit.
Lediglich vom literarischen Standpunkt aus gesehen, fällt eine gewiffe Begrenzung auf, in der sich Ernst Ziels Begabung bewegt. Er hat weder um den Lorbeer des Dramatiters noch des Romanschreibers gerungen. In füngeren Jahren versuchte er fich aller dings einige Male auf novellistischem Gebiet; aber es blieb bei un Selbsterlebnis sozusagen, in die Idylle hinüber und verlieh ihm bedeutenden Anfäßen. Ziel rettete später den epischen Kern, das nunmehr die seiner Natur entsprechende Ausgestaltung im verssprach lichen Gewande. Eine seiner prächtigen Strandidyllen„ Zwischen Fels und Klippen" ist beispielsweise der Extraft aus einer gleich Biels Stärke wurzelt eben in der Lyrik; namigen Profanovelle. nur im Gedicht vermochte er sich auszusprechen. Gleichwohl läßt er Produktion vermissen. Nichts anderes jedoch als ein überaus zartes auch auf dieser seiner ureigensten Domäne eine ins Uferlose gehende Keuschheitsempfinden bewog ihn oft genug, sein Inneres vor der Welt zu verschließen. So erklärt es sich denn, warum Ziel während einer fast dreißigjährigen Schaffensperiode mur mit zwei Samme lungen vor die Deffentlichkeit getreten ist.
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Aus ihnen gab er dann eine sorgsam gefiebte Auslese unter dem Titel: Ausgewählte Gedichte"( Stuttgart 1901). So geräuschlos, so ohne alle Prätenfion dies Buch damals ges gangen tam, so nachhaltig ist die Wirkung, die von seinem Inhalt ausströmt. Edler Wein in fristallener Schale fredenzt! Der scheinbar engen Umgrenzung nach außen hin entspricht eine in das eigene Wesen hinabtauchende Konzentration aller geistigen und fünstlerischen Kräfte, eine lichtvolle Tiefe und Weite ein bielstimmiges Orchester boll reinsten Formenadels und strophischen Klanges. Biel verfügt über eine verblüffende Technit der Verssprache. Deutsche, italienische, griechische, selbst arabische Rhythmen beherrscht er mit souveräner Meisterschaft.
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Das naive Element fangbarer Liebmäßigkeit ist feiner Be gabung weniger gegeben. Berüdende Sinnlichkeit, erotische Lyrik So beweglich, immer fampfgerüstet sein inneres Leben, so ruhig und gleichsam aller Stürme bar, ist die Surve seines äußeren Bebens Gemütswärme, welche schönheitgesättigte Stimmung durchzittert die Lebensagen fich seltener und dann nur schüchtern hervor. Aber welche verlaufen. Als Sohn eines Senators zu Rost od am 5. Mai 1841 Lieder vom Strande " ich fezze hinzu: vom Ostseegestade! Es geboren, widmete sich Biel dem Studium der Geschichte und Literatur. Schwingt da noch ein gewiffes Eitas hinein, das ich heimatBerlin trat er jung, fröhlich, wissensdurstig und mit viel schönen" ha uch nennen möchte. Eins der musikalischsten, mit einem die Gedichten im Ranzen, alsbald in persönlichen Verkehr mit den elegische Stimmung festhaltenden Sehrreim hebt an: Tunnelianern". Die offizielle Bezeichnung Tunnel" führte nämlich der durch Morih Saphir gegründete Literarische Sonntagsberein", der nunmehr in den bescheidenen Räumen des„ Café Belvedere" feine ergößlichen Sigungen abhielt. Durch ihr Tritisches Fegefeuer sind eine Reihe von Dichtungen nachmals berühmter Autoren gegangen, bevor sie draußen in der großen Welt die Köpfe beschäftigten und die Herzen gefangen nahmen. Und hier empfing denn auch der junge Lyriter seine Weihe.
Es dunkelt der Abend am Meer; Grau fommen die Nebel gezogen. Was lange schon wandert nicht mehr, Kommt wandernd daher-
Am Meere, am Meer
Erwacht mit den brandenden Mogen, Was lange schon wandert nicht mehr.
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Später ging Biel nach Leipzig , wo er elf Jahre hindurch in redaktioneller Tätigkeit verbrachte. Seit 1883 ist er in Cannstatt bei Noch charakteristischer für Ziels ausgeprägten Natur- und Schön Stuttgart anfäffig. Dieser Aufenthalt blieb natürlich nicht ohne heitsinn scheinen mir die unter der Rubrik Südlandsklänge" zu wohltuende Einflüsse auf sein Schaffen. Materiell unabhängig, fammengefaßten„ Dreiflang aus der Schweiz ", speziell die Lieder modite feinem Naturell, das laut eigenem Geständnis fein Talent, von der Riviera". Wo Ziel Episches gibt, wie in den„ Idyllen", zu befehlen und feins, fich befehlen zu lassen" verspürte, die un- strömt er all seine Freude am stillen Menschenglüd hinein. Sicheren gebundene Freiheit baß behagen. In politischer Beziehung bekannte Griff, Inappe springende Dramatik befunden die Bilder und Ges er fich zur„ Süddeutschen Bollspartei", die um jene Zeit allerdings stalten, die Balladen und Romanzen". Mit Borliebe gießt Ziel noch als Trägerin ehrlichen demokratischen Bewußtseins gelten konnte. feine Hymnenstoffe in das Gefäß freier Rhythmen und Kanzonen. Aber dieser in seiner Entwidelung stagnierende Parteigeist vermochte Ihm eignet überhaupt die große Linie, das im Purpurmantel
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