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primitio zu kennzeichnen; glaubt man wirklich, daß ein Insulaner| Exzentrit. Er macht einen Strich, und darin refelt und dunstet die eine Hand zeichnen kann, wie die, die durch das Haar der sigenden Animalität des Freudenhauses; man würde die geputzten, spiz Frau taftet; glaubt man wirklich, daß es Barbarei sei, aus taum zähnigen Raubtiere auch sehen, würde ihr dekadentes Barfüm wahre förperhaften Farben, aus berdunstetem Blau, berwaschenem Braun nehmen, auch wenn diese Linie keine Körper umschriebe, sondern und gebleichtem Weiß die Harmonie eines Teppichs au weben. Man reines Ornament bliebe. Und dann, mit welcher blinden Sicherheit hüte sich, später einmal den Hochmut von heute bereuen zu müssen. modelliert Pascin die Mädchenleiber, die Arme, die Knie, substanzlos Diese französischen   Expressionisten haben das, was so manchem und doch voller Fleischlichkeit. Man schaue sich zum Vergleich das deutschen Akademiker fehlt: eine Tare. Nicht alle, aber viele von an, was Linde Walther   aus ähnlichen Motiven anrichtet: mit ihnen find Wegsteine in ein neues Reich. Abwarten, lieben Leute; großem Aufwand, mit Effekten und Dekorationen eine unfinnliche abwarten lieber Corinth  . Erdenschwere.

Es hängen bier einige Bilder von Daumier  ; deren eines Dieser Gegensatz von Stoff und Form wird noch fühlbarer, heißt Die Last". Ein unvergeßliches Bild. Eine Art von wenn wir in dieser Ausstellung Trübners Perseus und Andro Entfinnlichung mit der Tendenz, das eigentlich Lebendige, meda" mit Hodlers Heiliger Stunde" bergleichen. Wir wissen, die Spannungsverhältnisse der Materie, den Zug der Muskeln daß Trübner ein prachtvoller Meister der starken Farbe ist, ein und das Motorische in der Bewegung, greifbar und Birtuos in Grün, ein Modelleur aller steigenden Säfte im Pflanzen ewig zu machen. Eine Frau, ein proletarisches Weib, rennt, förper. Er hat Pferde hingestellt, strogend von Leben, er hat stürzt in Haft vorwärts, nur vorwärts, um der Last zu entgehen, menschliches Fleisch blutvoll und federnd gemalt. Auch seine Andro die fie in einem Korbe schleppt, die auf ihre Hüften drückt. Zur meda ist ein Stück guter Malerei; sie wird aber leblos und tech Linken stapft das Kind in einem monotonen Schwanken von links nisches Gebild, wenn man dagegen Hodler sieht. Mag es ein Zufall nach rechts, ein blindes, blödes, automatisches Mitlaufen. Das sein, so bleibt es doch Symptom: Trübners Andromeda horcht auf Geficht der Frau ist nur ein Gefled, ein Aufbrennen in fahlem den Retter, auch Hodlers Frauen horchen, hören etwas heraufsteigen, Weiß, ein schmerzhaftes Bucken. Die Last ist das Zentrum des den Retter, das Leben. Wir wiffen uns völlig frei von der Senti Bildes. Eine graue, aus dem Ungewissen tauchende Mauer drückt mentalität literarischer oder philosophischer Gelüfte. Doch gerade nach vorn; hart stoßen Felsen in die Höhe, fressen die Luft, in der weil wir so absolut nach dem Optischen   verlangen, enttäuscht uns ganz hinten, stählern, blau verbrennend, der Sturm gewoittert. Trübners Schilderei. Wir sehen nur einen Aft, und das würde uns Dieser Daumier ist der leidenschaftliche Ausdruck einer ungeheuren genügen; wir sehen aber leider, daß wir noch mehr sehen sollten, Energiekonzentration; was daran fichtbar wird, ist Gefäß für ein irgend etwas Gefühliges, Historisches, Dramatisches. Und das ver bis zur Brutalität fich steigerndes Temperament. Man denkt an stimmt. Stehen wir vor dem Hodler, kann uns derartiges nicht ges Rubens  ; man sieht den blämischen Herkules wieder erstanden, aber schehen. Mit unmittelbarer Gewalt umfangen uns die Rhythmen als einen anderen; nicht mehr als einen föniglichen Fresser, noch und tragen uns ohne Literatur, ohne Deutung in ein Reich, das er als eine Majeftät des Harems; man sieht ihn jetzt psychologisch füllt ist von Klängen. Jezt hören nicht nur die Frauen wir selber hören, sehen und hören differenziert, foziologisch angespannt, tiefer in das Menschliche ge- dort auf dem Bild, drungen, dem ewigen Drama, nicht mehr der höfifchen Maskerade aus dem unendlichen Raum etwas heraufsteigen, das Leben, Gewiß, es liege fich mancherlei über verwandt. Auf einem anderen Bilde ziehen Flüchtlinge durch eine feinen Bulsschlag. felsige Landschaft; ein einiger turbulenter Rhythmus, ein Kampf Sodlers Technit, fein System des Parallelismus, der Reduzierung zuckender Linien und fallender Schatten scheint die Fläche zu sprengen, auf fomplementäre Farben sagen; doch das alles ist nicht das Ent wurde zu einem ständigen, nie verlöschenden Bewegungsornament. In scheidende. Entscheidend ist, daß wir durch Hodler das Erlebnis des der braunen Architektur des Bildes leuchten wie Edelsteine ein dunkel- Sehens erfahren, ein Erlebnis, bei dem das Auge, das Gesicht( das blauer Rod, ein Hellblaues Hemd, ein roter Mantel, einige physische, das psychische, wie man will) den Menschen völlig und be. fleischerne Flede. Abermals dentt man an Rubens  , denkt an die dingungslos in die Gewalt bekommt. ganze Linie von Goya zu Delacroig und Géricault  , und sieht nun unwiderruflich, daß der Rubens   von heute, daß Louis Corinth   nicht unwiderruflich nicht die Fortsetzung des großen Peter Paul   ist. Er ist nur der Versuch einer neuen Auflage. Ein oft geglückter, oft ein virtuoser Versuch; aber eben immer: eine Wiederholung, feine Entwickelung. Die Entwickelung stedt in Daumier  . Von Daumier  aber führt ein deutlicher Weg zu den, aus dem Geist der Gegenwart, nicht in Manier Gewaltsamen, zu denen, die den jungen Tag zulimic, dem harmlos süßen Kruse und dem diesmal völlig gleich als ein Chaos und eine Harmonie empfinden, ihn in Unruhe ruhig gestalten, ihn analysierend zur schönen Monumentalität steigern. Von Daumier   führt ein Weg zu Ferdinand Hodler   und all denen, die als Maler oder Bildhauer das Entscheidende nicht im Objekt, sondern in den Manifestationen, die an solchem Dbjekt geschehen, zu erfennen vermögen.

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Das eben ist die Scheidelinie zwischen denen, die bewußt Jm pressionismus machen wollen, und denen, die es versuchen, ein optisches Erlebnis, das zum Herrn des Daseins wurde, in optischer Eine Scheidetand, haaresbreit und Reinheit zu verkündigen. schwankend, aber eben doch eine Trennung. Sie zeigt sich nicht minder im Reiche der Bildhauer. Das läßt sich in der Ausstellung leicht nachprüfen. Man vergleiche( um von dem recht schwächlichen verfehlten Strauß zu schweigen) die Ente von August Gaul   mit den Arbeiten von Barlach  , Kolbe, Haller, Schmidt oder Engelmann, Gauls, Wasservogel ist ein Stüd plastischer Vollkommenheit. Böl bung setzt sich an Wölbung, alle Einzelheiten schließen sich zur festen Form. Man beachte den angebogenen Kopf, die mafsige Einheit von Schnabel   und Hals, die Modellierung des Rückens, den gerundeten Von den Malern diefer heraufsteigenden, neuen Generation und in einer Feder aufgebogenen, zu den Flügeln Anschluß findenden treffen wir einige hier beisammen. Schwanz. Man beachte, wie der Körper auf den Beinen lastet und Hans Meid   gehört bon ihnen getragen wird. Eine Klassische Blaftit, ein Höhe schon zu ihnen. Vielleicht lebt in ihm aber doch noch zu stark die Erinnerung an die realistische Bühne, an die Szenerie punkt dieser Art. Darum gerade der rechte Maßstab für die anderen. mit der Tendenz eines Jufionseffektes. Er will leibhaftig den Vor- Von Gauls" Ente" tommend, beschaue man Barlachs Liegenden Mann" oder die Sorgende Frau". Wahrlich, es ist nicht das gang zeigen, da Delila den Simson schor. Das Historische über- Mann" oder die Sorgende Frau". Wahrlich, es ist nicht das wiegt den Rhythmus, das einzelne Geschehnis die Formung aus Genre, was den Menschendarsteller von dem Tierplastiker scheidet. Linien und Maffen, das Materielle die Musik. In seinem zweiten Im Gegenteil, beinahe tönnte man in Bersuchung tommen zu sagen, Bilde, einer Straßenszene. tommt meid all diesen Problemen des daß Barlach   gerade darum anders empfunden wird als Gaul, weit er, der Darsteller des Menschen, das Tier gestaltet, das Geschlecht Expreffionismus weit näher. Seiner aphoristischen, im Strich zer fasernden Technik gelingt es, die sterbende Seele eines abzu- derer, die Erde fressen und mit zerbrochenen Flügeln im Moor er stiden. Und wiederum, es ist nicht das Sentimentale, nicht das brechenden Hauses, die Tragikomit bröckelnder Mauern, das Schatten- Thema, was uns ergreift, es ist das Wunder, das aus dem Baum spiel vorüberflüchtender Droschken, die Atmosphäre der Auflösung taleidoskopisch festzuhalten. Kurt Euch geht dem Expreffionismus ftamm mit einer Art von pantheistischer Urgewalt das plastische viel bewußter zu Leibe; er mußt Afte, um daraus für die große Erlebnis herausschält. Es ist das Wumber, daß das tote Material Fläche seines Bildes senkrechte und horizontale Konstruktionsballen gezwungen wird, einen Ausdruck höchster Menschlichkeit nicht sich zu gewinnen. Indessen, die Absicht überwiegt das Können; noch aufdrücken zu lassen, nein: frei zu geben und aus sich aus spürt man zu start das Thema und kann sich zu wenig an der Lösung auströmen. freuen.

Wie wohltuend folche Uebereinstimmung von Aufgabe und Er füllung wirkt, zeigen hingegen die Bilder von Theo v. Brode busen. Er architektonifiert die Landschaft; ihn reizt es, die Lauf­rinnen, die Furchen einer Ebene bloß zu legen, wie ein Anatom zum Verstehen der Körperlogit die Muskelstränge aufdeckt. Ihn reizt die Landungsbrüde, bie gleich einem Rückgrat weit ins Meer hinausstößt, oder die andere, die eiserne, die sich von Ufer wie Ufer spannt ein Brustkorb. Brockhusen au steht die Landschaft mit den Augen, die am Ingenieurwerk systematisch die Kräfteparallelogramme, das Gegeneinander von Zug und Druck, erkennen lernten. Ganz anders und doch wiederum blcher Art, dem Expreffionismus, zu eigen ist Julius Pascin  . Er ist ein Ingenieur der Psychologie. Jede seiner Linien erfüllt die Funktion einer psychologischen Konstruktion; er schildert nicht, er läßt durch die Struktur, durch das Erzittern, durch den müden Zug und das schrille Zerkreischen seiner Linien die Gefühle erwachen, ohne daß er irgendwie an das Wort oder den Gedanken sich wendet. Solche unmittelbare Wirkung bedeutet den Reiz der Bascinfchen

Aus der Gefchichte der feuer­

bestattung.

Die Verhandlungen über die Feuerbestattung im preußischen Abgeordnetenhause rüden die Bedeutung, die man dieser Fraga heute beimißt, in ein helles Licht. Wenn wir nun nach dem histo rischen Alter dieser Bestattungsform fragen, so wird man der Leichenverbrennung eine ebenso chrwürdige Vergangenheit zu billigen müssen wie dem Begraben. In prähistorischen Beiten und bei primitiven Völkern treten beide Begräbnisarten nebeneinander auf. Als die älteste Methode der Berbrennung darf wohl die gelten, daß man die Hütte des Toten, in der sich sein Leichnam befand, in Brand steckte. Mit dem hygienischen Standpunkt, von dem aus heute sie Feuerbestattung so eifrig empfohlen wird, hatten die ursprünglichen Ideen, die zur Leichenverbrennung führten, natürlich nichts zu tun. Immerhin mögen Gründe einer noch ganz