.Anterhaltungsvlatt des vorwärts Nr. 127. Mittwoch, den K. Juli. 1911 tZiaqdrua ynvoten.I L3z Pette der Gröberer. Lehrjahre. kssoman von M. Andersen N e x 3. seines Abends, als die Sache gerade am allerschlimmsken stand, nahmen sie Pelle mit nach Hause. Sie wohnten nach Osten zu an der großen Lehmgrube, wo der Abfall der Stadt hinausgefahren wurde. Die Frau war damit beschäftigt, Abendbrot im Ofen zu Wärmen, in der Ofenecke saß eine runzelige Großmutter und strickte. Es war sehr ärmlich. Ich glaube wahrhaft, daß es Vater wär'," sagte die Frau fröstelnd.Hat einer von Euch was von ihm gehört?" Die Jungen erzählten, was sie so gehört hatten: Einer hatte ihn hier, ein anderer dort gesehen.Die Leute halten uns ja so gern unterrichtet," sagte Jens bitter. Nu is' es der vierte Abend, daß ich vergebens Essen für ihn aufwärme," fuhr die Mutter fort.Er pflegt doch sonst mal zu Hause vorzusprechen, wenn sie auch noch so schlimm hinter ihm her sind, aber er kann ja noch kommen." Sie versuchte aufmunternd zu lächeln, schlug aber plötzlich die Schürze vor die Augen und brach in Tränen aus. Jens ging mit schwerem Kopf umher und wußte nicht, was er tun sollte: Mörlen   faßte die Mutter um den müden Rücken und sprach ihr ruhig zu.So, so. es is' ja nicht schlimmer, als es so oft gewesen ist," er strich ihr über die vorstehenden Schulter- blätter. Nein, aber ich hatte mich ja so dazu gefreut, daß es liberstanden wär. Ein ganzes Jahr beinah hat er sich nicht gerührt, sondern sein Essen stumm gegessen, wenn er von der Arbeit kam, und ist ins Bett gekrochen. All die Zeit hat er nichts entzweigeschlagen, hat geschlafen und geschlafen: ich habe schließlich geglaubt, er wäre schwachsinnig geworden und Hab' mich für ihn gefreut, da hat er doch Frieden vor den schreck- lichen Gedanken, ich glaubt' ja, er hätt' sich beruhigt nach all seinen Niederlagen und wollt' das Leben so nehmen, wie es käm', so wie es die andern von seinen Kaineraden tun. Und nun steht er wieder auf in all seinem Trotz, und das Ganze sängt wieder von vorne an!" Sie weinte trübselig. Die Alte saß da und ließ ihren knappen Blick von dem einen zum andern wandern: sie glich einem klugen Raub- Vogel, der in einen Käfig gesetzt ist. Dann fing ihre Stimme an zu gleiten� leidenschaftslos und ohne Tonfall: Du bist'n großes Schaf, nu hast Du all den vierten Slbend für den Rumtreiber Eierkuchen gemacht: immer wieder bist Du da mit Küssen und Streicheln. Ich wollt' doch meinem Mann den Schlaf nicht versüßen, wenn er sich so schändlich gegen Frau und Familie versündigen tät: hungrig und mit trockenem Mund könnt' er sich meinetwegen hinlegen und wieder aufstehn, dann lernt er am Ende noch Mores. Aber da is' kein Muck nich' in Dir, das is' die Sache: Du nimmst all seine Großspurigkeit für bare Münze." Wenn ich ihm auch noch Steine in den Weg legen- wollt', stier sollt' denn woll gut gegen ihn sein, wenn sein armer Kopf das Verlangen hat, mal weich zu liegen? Großmutter sollt man wissen, wie nötig er einen Menschen braucht, der an ihm glaubt. Und was anders Hab' ich ihm nicht zu schenken." Ja, ja. geh' Du man auf Arbeit und marach Dich zu Ende, so daß da was für den großen 5ierl is', was er run- genieren kann, wenn der Geist über ihn kommt. Aber nu sollst Du hingehen und Dich zu Bett legen, ich will woll auf Peter warten und ihm Essen geben, wenn er kommt: Du mußt ja halbtot sein vor Müdigkeit, Du armes Wurm." Ein altes Sprichwort sagt:Mannes Mutter is' des Teufels Unterfutter  ", aber auf Euch paßt da? nicht, Groß- mutter," sagte die Mutter der Jungen sanft.Immer nehmt Ihr meine Partei, obwohl das gar nich' nötig tut. Aber nu sollt Ihr zu Bett gehen! Es ist weit über Eure Schlafenszelt und für Peter will ich schon sorgen. Es ist so leicht mit ihm fertig zu werden, wenn er bloß weiß, daß einer es gu't mit ihm meint."...... Die Alte tat, als höre sie es nicht, und strickte weiter Den Jungen fiel ein, daß sie etwas in der Tasche hatten, es war eine Tüte mit Kaffeebohnen, ein wenig Kandis ung ein paar Wecken. Ihr verklackert all Eure teuren Schillinge für mich,� sagte die Mutter vorwurfsvoll und setzte Kaffeewasser auf, während ihr Gesicht voll Dankbarkeit strahlte. Sie haben wohl noch keine Braut, an die sie sie vei� schwenden können," sagte die Alte trockem Großmutter ist hellte Wend so verstimmt," sagte Marten. jEr hatte der alten Frau die Brille abgenommen und sah ihr lächelnd in die grauen Augen. Verstinimt ja, das bin ich! Aber die Zeit, die geht hin, will ich Dir sagen: und hier sitzt ein Mensch am Grabes- rand und wartet, daß ihre eigene Nachkommenschaft vorwärts- kommen und'ne große Tat ausrichten soll', aber es geschieht bloß nie was! Die Kräfte werden vergeudet und laufen wie Bachwasser in das Meer, und die Jahre werden vertrödelt oder sind das Lügen, was ich sag'? Alle woll'n Herren sein, keiner will den Sack tragen-: und dann sall'n sie um und reiten übereinander weg, um so ein Körnchen höher zu kommen. Und flott soll es im Haus sein, aber Armut und Schweinerei is' da in jedem Winkel. Ich denk' mir, der liebe Gott hat bald genug von dem Ganzen! Nich' eine Stunde geht hin, wo ich nich' den Tag verfluch', als ich mich aus dem Bauernland fortlocken ließ: da wuchs doch das täg- liche Brot auch für den armen Mann auf'm Feld, wenn er es bloß so nehmen wollt wie es fiel. Aber hier muß er mit'm Schilling in'er Faust antreten, wenn er bloß'nen grünen Wisch für die Suppe haben will. Hast Du Geld, kannst Du's kriegen, hast Du keins, dann laß es liegen! Ja, so is es. Aber in die Stadt mußt man ja, um Teil zu haben an Peters Glück! Es versprach ja großartig zu werden, und ich dumme, alte Frau Hab immer das Verlangen gehabt, mein eigen Blut an der Spitze zu sehen. Und nu sitz ich hier als Bettelprinzeß l Großartig is es geworden, denn ich bin die Mutter von dem größten Rumtreiber in der ganzen Stadt!" So sollte Großmutter nicht reden," sagte die Mutter der Jungen. Ja, ja. aber müde bin ich von dem allen, und ich kann doch nich dran denken zu sterben! Wie kann ich woll hin- zehn und mich niederlegen, denn wer sollt denn wohl Peter die Stange halten die Kraft!" sagte sie höhnisch. Großmutter kann ruhig hingehen und sich niederlegen; ich werd am besten mit Peter fertig, wenn ich allein mit ihm bin," sagte die Frau, aber die Alte rührte sich nicht. Kannü Du sie nicht dazu kriegen, daß sie geht, Morien," flüsterte die Mutter.Du bist der Einzige, auf den sie hört." Marten redete der Alten so lange zu, bis er sie fortgelockt' hatte: er mußte versprechen mitzugehen und das Deckbett um ihre Füße einzustopfen. So haben wir sie denn glücklich beiseite geschafft," sagte die Mutter erleichtert.Ich bin immer so bange, daß Vater mal vergessen könnte, was er tut, wenn es so mit ihm bestellt is, und sie denkt nich dran, nachzugeben, das is hart gegen hart. Aber nu mein ich, sollt ihr dahin gehen, wo die andern jungen Leute sind und nich hier sitzen und den Kopf hängen lassen." Wir bleiben und sehen, ob Vater kommt," erklärte Marten. Aber was fällt Euch ein, Vater könnt ihr ja immer guten Tag sagen. Geht nu, hört Ihr, Vater mag mich am liebsten allein antreffen, wenn er so kommt und vergnügt is. Denn nimmt er mich vielleicht in seine Arme und schwingt mich rum, stark wie er is, so daß ich schwindlig werd wie ein junges Mädchen. Hu, hei! Dirn, hier ist die Kraft! sagt er und lacht laut wie in seiner sausenden Jugend. Ja, eS kommt woll vor, wenn er gerade genug in' Kopf hat, daß er wieder so stark und munter wird wie damals, als er in seiner Macht und Größe war. Ich freue mich darüber, wie arm­selig es auch ausfällt: aber es ist nichts für Euch, Ihr sollt lieber gehen." Sie sah sie flehentlich an und zuckte zusammen, als jemand an die Tür faßte. Draußen herrschte ein böses Wetter. Es war nur die Jüngste, die von ihrem Platz nach Hause kam. Sie mochte wohl zehn bis elf Jahre alt sein und war klein von Wuchs, dabei sah sie aber doch älter aus; ihre Stimme war hart und knarrend, der kleine Körper schien grob