571- fuitg ETefet Schundlikerslur veS Lie?eS, avd'ererMS der schlimme? bolkstümüche Musik, die die Vorzüge des Wellie deli'edten Gassen» Mangel'an gesunden Gegenkräften. Diese traurige Sachlage beruht darauf, daß einerseits das Land aus d»n oben dargelegten gründen aufgehört hat, Produzent des Volksliedes zu fein, daß andererseits der städtische Aachwuchs des..Gassenliedes" immer schlechter geworden ist. Aus oben dargelegten Gründen liefert die Stadt heute fast allein das neue Lieomaterial. Trug dazu schon das stets wachsende (Übergewicht der Städte bei, so kommt noch hinzu, daß der Kam- ponist sich mit seinen Schöpfungen naturgemäß an die Stadt wendet, da er hier einmal alle Gelegenheit zur Mitteilung hat, ferner die dichte Bevölkerung ihm die größte Verbreitung der- spricht. Theater, Konzert- und Singhallen aller Art, hunderterlei pon Gelegenheiten zum Musizieren bis hinein in die Tanzsäle und Winkelkneipen sind in der Stadt. Von hier aus bezieht der Drehorgelspieler seine Rollen, von hier werden alle anderen Mechanischen Musikapparate bedient. Ueber den schmachvollen Tiefstand dieser, unsere Städte und ffSN da aus das ganze Land überflutenden, Schundliteratur herrscht pur eine Meinung. Nicht so, wie über den eigentlichen Gassen- Hauer, ist dieses Bewußtsein durchgedrungen für die meist senti- mentalen.beliebten" Lieder, die das Entzücken unserer klavier- spielenden Bürgertöchter, zumeist auch das Repertoire der männ - lichen Gesangvereinssolisten und das Seitenstück zur sogenannten Salonmufik bilden. Es ist darum eine verdienstvolle Tat des 'Hamburger Seminarmusiklehrers Anton Penkert, wenn er in einer kleinen SchriftDas Gassenlied"(Leipzig , Breitkopf u. Härtel) diese ganze Literatur nach Dichtung und Äusik einer schar- fen Kritik unterzieht, die einer völligen Vernichtung gleichkommt. Auf diese Schrift sei jeder verwiesen, den es nach Material über hjeses Stoffgebiet gelüstet. Aber diese Kritik am Bestehenden kann nur dadurch fruchtbar fperden, daß sie Anlaß wird zur Besserung. Da die Vormachtstellung der in den Städten geübten Unter- haltungSmusik für das ganze Volk erwiesen ist, spitzt sich das Problem in die Frage zu: Wie können wir die städtische Unter- Haltungsmusik heben?, Die Antwort lautet der auf den anderen Kunstgebietcn gleich: Kampf gegen die Schundlitera- tur. Hier ist zu unterscheiden zwischen jenen Kreisen, die nur aus Unverstand der Schundliteratur anheimfallen, und jenen, die aus gemeinen Instinkten diese Gattung von Kunst aufsuchen. Bei der zweiten Gruppe handelt eS sich um eine Frage der gesamten sittlichen Erziehung: das unlautere Verhältnis zur Kunst ist bei Minen eine Folge moralischer Mängel, denen unter diesen Um- ständen mit den Mitteln der Kunst nicht beizukommen ist. Bei der ersten Gruppe sind Geschmacksverbildung und Ge- hankenlosigkeit die schlimmsten Feinde..Gcschmacksoerbildung ist ein allgemeines Großstadtleiden gerade hinsichtlich des Liedes. jFalsche Empfindsamkeit einerseits, Schnoddrigkeit und blasierte Witzelei andererseilS, dazu überall die flache Genutzmoral einer nur den Augenblick erfassenden Weltanschauung sind Zeitkrank- heiten, die nicht nur imGassenliede" zum Ausdruck kommen. Freilich so platt und schamlos wie hier erscheinen sie sonst kaum wieder. Wenn irgendwo, kommt man hier zur Anschauung man- cher Philosophen, daß die Musik geradezu geistig verdummend wirke. Der Unterricht in Schule und Haus kann hier segensreiche Kritik üben. Für den Mufiklehrer im Hause sollte es ein selbst­verständliches Unterrichtsmittel sein, seinem Schüler die ganze Oed« und Wertlosigkeit derbeliebten" Musikfabrikware in musi- kalischer und poetischer Hinsicht aufzuzeigen. So Auge in Auge ioder auch noch in ganz engem Kreise halte ich das Vorführen von Beispiel und Gegenbeispiel für ein sehr gutes Erziehungsmittel, während ich eS vor der größeren Oeffentlichkeit oder gar bloß ge- druckt(ohne den lebendigen� charakterisierenden, ja parodierenden Bortrag) für wertlos, wenn nicht gar für schädlich halte. Hier könnte die Presse eine sehr dankenswerte Arbeit leisten, wenn sie den ihr sonst so reichlich zu Gebote stehenden Spott und Hohn über diese Mustkgattung ausschütten wollte. Es würde sicher helfen, wenn in kluger Weise unserenGebildeten" öfters an Beispielen klar gemacht würde, welchen Blödsinn sie fingen und spielen, welche Unflätigkeiten sie in ihrekünstlerische" Unterhaltung mischen. Die Presse hätte dazu eine vorzügliche Ge- legenheit bei der Besprechung der Operetten- und Possenneuheiten. Aber da stehen wir vor der auffallenden Tatsache, daß kein noch |o großes Kunstwollen, kein noch so ernstes Kunstarbeiten sich einer lo freundlichen und ausgiebigen Behandlung zu erfreuen hat wie diese schmutzige und' elend gemachte Kunstindustrie. Die Presse führt sich dabei aus wie ein unreifer Lebejüngling, der mit Kulissen- erfahrungen sich ,n besonderen Glanz setzen zu können glaubt. Unreif, mit einer Art lüsternen Augenzwinkerns und schmatzenden Kippen wird über dieses ganze Getriebe berichtet. Die Operetten- Kars aber, die in der Regel so geringwertige Künstler sind, daß sie keine einzige ernste Kunstaufgabe erfüllen könnten und lediglich einer gewissen Dicke der Gehirnrinde es verdanken, daß sie bei den hundertmaligen Wiederholungen ihrer Rollen nicht verblöden, werden in der Presse in einer Weise ausgezeichnet, wie kein anderer Künstler. Da kann man sich freilich nicht wundern, wenn auch das Publikum hier vor wirklichen Kunstoffenbarungen zu stehen jglaubt. Aber mich hier ivird nicht die Kritik die bedeutsame Aenderung ßerbeiführea, sondern das Schaffe». Mir brauchen eine neue, echt liedeS leichte Sangbarkeit und ohrenfällige Rhythmik in wirklich künstlerischem Geiste bietet. Dann wird die echte Kunst die heute herrschende Talmiware verdrängen, und unser Volj Jpirjf wieder ein echtes Volkslied besitzen.. Wie der JVcrv arbeitet. von D r.«. L i p s ch Ä tz. Jedermann kennt den Vergieß, den man zwischen dem Nerven« shstem und einer Telephon- oder Telegraphenanlage anstellt. Diese» Vergleich hat viel für sich: er erleichtert unS außerordentlich di« richtige Würdigung der Bedeutung des Nervensystems für das Zu» sammenleben der Zellen und Organe des Körpers. Gehirn und Rückenmark sind dieZentrale", wohin alle Leitungen von den ver« schiedensten Stellen des Körpers münden. Die Nerven find di« Leitungsdrähte". Durch die Zwischenschaltung des zentralen Nerven» systems(Gehirn und Rückenmark) wird genau wie beim Telephon erreicht, daß ich z. v. vom Auge einmal eine Verbindung etwa zu den Händen, das andere Mal zu den Beinen habe, wobei hierzu genügt, daß das Auge(Ohr, Haut, Zunge, Nasenschleimhaut) bloß durch einen Nervenreiz mit der Zentrale verbunden ist und bloß ein Nervenweg zu jede» Muskelgruppe führt. Genau so wie beim Telephon, wo die Zen» trale von Müller je nach Belieben einmal Lehmann, das ander« Mal Schulze oder Meyer verbindet; von Müller aber geht zur Zentrale bloß e i n Draht, und ebenso von Lehmann, Schulze und Meyer. Dieser Vergleich der Nerven mit Telephondrähten mußte um so berechtigter erscheinen, wenn man sich auf die Entdeckung des großen Berliner Physiologen Du-Bois Neymond stützte, daß im Nerven elektrische Vorgänge sich abspielen. Die sorgfältigen Studien Du-BoiS ReymondS und einer großen Reihe anderer berühmter Physiologen ergaben, daß die elektrischen Vorgänge im Nerven, die einer genauen Messung mittelst feiner Mcßapparate zugänglich sind, bestimmten Gesetzmäßigkeiten folgen. Man kam schließlich auf den Gedanken. daß wir im elektrischen Strom, den man vom tätigen Nerven ab- leiten und messen kann, den eigentlichenNervenstrom" vor uni haben, den das Gehirn als Impuls an die Muskeln sendet. Groß- artige Theorien wurden ausgedacht, um da§ Entstehen der elektrischen Ströme im Nerven und die hier herrschenden Gesetzmäßigkeiten zu erklären; berühmte Forscher schrieben ausgedehnte Abhandlungen und befehdeten einander, indem jeder seine eigene Theorie für die allein richtige ausgab. Und�dem Kurpfuschertum, für dasmag- netilche" undeleklrische" Kräfte,Polarität", dienegativ" und positiv" sein kann, ,md ähnliches Zeug nun einmal das tägliche Brot find, war manch weites Tor geöffnet. Es zeigte sich aber, daß man mit diesen Vorstellungen über die Natur desNervenstromes" gar arg auf dem Holzwege war. So zum Beispiel leitet der Draht den elektrischen Strom mit einer Schnelligkeit von vielen Tausenden von Kilometern in der Sekunde; der Nerv dagegen leitet die Jnwulse, die das Gehirn durch ihn sendet oder die wir durch künstliche Reizung der Nerven durch ihn schicken, mit einer verhältnismäßig nur geringen Schnelligkeit. Dies« LeiwngSgeschwindigkeit" des Nerven kann durch verschiedenartige fein ausgedachte Methoden gemessen werden, von denen nur eine einzige hier genannt sei. Man reizt künstlich(durch einen kurzen elekrrischen Schlag) den Nerven eines Froschschenkels an einer vom zugehörigen Muskel nicht weit entfernten Stelle des Nerven und läßt durch eine am MuSkel befestigte Schreibspitze den Moment, wo der Muskel aus den Reiz hin zuckt, auf einer vor der Schreibspitze mit einer bekannten Schnelligkeit vorbeigesührten Tafel(wozu eine geeignete Apparatur dient) verzeichnen. Dann wird der Nerv an einer weiter von, Muskel entfernten Stelle gereizt und wieder der Moment, wo der MuSkel zuckt, verzeichnet. ES zeigt sich, daß daS zweite Mal eine Verzögerung eingetreten ist: zwischen dem Moment, wo wir den Nerven gereizt haben, und dem Momente, wo der Muskel zuckt, ist das zweite Rtol ein größerer Zeitraum verstrichen eS hat eben länger gedauert, bis der Impuls de« künstlichen Reizes den Nerv durchlaufen ist, weil die Nervenstrecke hier größer war. Aus dieser Verzögerung. auS diesem Zeitraum und der Länge der Nervenstrecke, die zwischen beiden Reizstellen liegt, läßt sich dann in einfachster Weise berechnen, mit welcher Ge- schwindigkeit der Nerv Impulse leitet. Der Froschnerv nun hat ein« Leitungsgeschwindigkeit von ca. 26 Meter in der Sekunde. Das ist nun etwas ganz anderes, als die gewaltige Leitungsgeschwindigkeit de« Drahtes für den elektrischen Strom I Gute Schnellzüge, die 90 und mehr Kilometer�in der Stunde jagen, haben dieselbe Schnelligkeit, wi« die Leitungsgeschwindigkeit des Froschnerven. Und der Nerv mancher Schneckenarten leitet gar mit einer Geschwindigkeit von bloß einigen Zentimetern in der Sekunde. Schon mit dieser Taffache allein war eigentlich der Stab gebrochen über die Vorstellung, daß derNerven- ström" ein elektrischer Strom sei, der im Nerven ähnlich wie in einen leblosen Draht geleitet werde. Zudem kam. noch die Er- kenntnis, daß mc>i schwache elektrische Ströme von meßbarer Stärk« nicht nur vom Nerven, sondern von jedweder Form lebendiger Substanz ableiten kann, so von den Muskeln und den Drüsen. Für unsere moderner elektrochemischen Vorstellungen hat diese Taffache gar keine Schw'irigkeiten: wir wissen, daß man unter be- fti»imtek B dingungen von jedem chemffchen System