trinken, schlafen usw. Der Wirt muß aber immer noch einen Ein«wand auskrame», um dann glänzend.widerlegt" zu werden:W.:... aber wenn i ch nun niedrig, arm, verachtet bin, garkeine Vorzüge habe, wie komme i ch denn dazu? Warum trifft dennakkurat mich daS Los?Fr.: Eine kuriose Frage— leben nicht tausend Menschen.durch ihre eigene Schuld, durch Müßiggang, Verschwendungund andere Lllderlichkcit. oder weil sie in ihrer Jugenduichts gelernt haben— in Verachtung und Armut?Im übrigen ist eS natürlich GotteS Wille so, denn der muß es»am besten wissen":Werden wir nun von armen niedrigen Aeltern gebohren so ge»hört es gewiß in seinen Plan.W.: Und der ist gut, nur daß er unser einem nicht allezeitgefällt?Fr.: Weil wir zu blöde sind, ihn zu über-Lehen. Und welchen arm und niedrig gebohrnenkeuschen ist es überdies verbothen, sich in dieHöhe zu schwingen?Damit wären wir denn glücklich schon nicht mehr bei der Moraldes Reichsverbandes, sondern geradezu bei der Logik Eugen Richtersangelangt.Eine originelle Rechtfertigung des höfischen Prunksliefert der.Fremde" im weiteren Verlauf des Gesprächs, eine Be-gründung, die sich bei der nächsten Erhöhung der Zivilliste empfehlendürfte:Fr.:... Die Menschen, zumahl die gemeinen ld. h. einfachen)Menschen sind nun einmal so. was bei ihnen nicht in die Augenfällt, das gilt in ihren Augen auch wenig.W.: Da haben Sie wohl recht.Fr.: Würden nun unsre Fürsten und Obrigkeiten so leben, daßdie? wenig oder gar nicht in die Augen fiel, so würden sie beimgemeinen Manne auch wenig oder gar nichts gelten, und dann wärees aus mit einem Lande, denn da gelten wie gesagt die Gesetzeauch nichts, und wie es da gehen würde, weis Er schon. Wie gingeS denn unserm Erlöser bei seinen Zeitgenofien? Wurde er nichtdeswegen verachtet, weil er von niedriger Herkunft war und keinePracht machte? HieS es nicht: ach l was will der Zimmermann?Sohn? Glaubt Er aber nicht, daß wenn er mit S Pferden gefahrenWäre usw. daß er dann im Lande mehr gegolten hätte?Worauf der Wirt, statt darauf hinzuweisen, daß der Zimmer-mannSsohn doch gerade von dem.gemeinen Mann" nicht verachtetwurde, sondern von den Befitzenden und Herrschenden, nur er-widert:DaS könnte wohl sein.Fr.: Ja ganz gewiß, denn die gemeinen Menschen denken ein»mal nicht anders, und daher ist'S recht gut, daß unsre Fürsten usw.diele Pracht machen.Nachdem unser Kandidat dem hingerichteten König, der natürlichdie.besten Absichten" hatte, eine rührende Verteidigungsrede hathalten lassen, die zugleich eine vernichtende Anklage der„Mörder"bildet, folgen fünfzig Seiten lang die wüstesten Mordgeschichten, umdie ganze Scheußlichkeit der Revolutton zu enthüllen. Zum Schlußgelangte dann noch ein Lied zum Bortrag, das den ironischenKefram hat:Eine schöne Freiheit IEine feine Gleichheit!Ei der tausend Ihr Leute kDieses antirevolutionäre Lied hat fünfzehn Strophen, die imVersmaß des bekannten Weberliedes aus den lssver Jahren, aberin anderem Sttophenbau gehalten find. Die beiden letzten lauten:Dmm deutscher Bau'r und BürgersmannRäch diesen schön'n GeschichtenHör meinen guten Rath noch an,Und thue deine Pflichten.Gehorche deiner Obrigkeit!Und leb in Ruh und Einigkeit!Laß Freiheit den Franzosen lJene schöne Freiheit.Jene seine Gleichheit,Hört, und folgt mir, Ihr Leute!O nehmt Euch doch ein Beispiel dranUnd laßt es Euch belehren,Daß eS niemals fei wohlgethan,Wenn Völker sich empören.Denn dies bringt erst recht große Roth,Verfolgung, Angst und schwerm TodUnd nach dem Tode— Oualen.Sucht wahre Freiheit lSucht wahre Gleichheit!Als Christen an Weisheit und Tugend lZuletzt schildert der Fremde dem Wirte noch die HinrichtungdeS Königs von Frankreich und die traurigen Folgen einer Verfassung, so daß der vollkommen bekehrte Wirt ausruft:.... wenn ich itzt ein Fürst wär» so würde ich mich selberhüten, meine Unterthanen zusammenzurufen, zumahl die gemeinen,vi» ich gewiß wüßte, daß fie vernünftig dächten, und als Christenmit fich umgehen ließen."_verantw. Redakteur: Richard Barth, Berlin.— Druck u. Verlag:Bekanntlich haben fich auch die Geistesgrößen de? klassischenDeutschlands mit Abscheu von der Revolution abgewandt, als sieerkennen mußten, daß die Kämpfer der nach jahrtausendelanger Unter«drückung und Mißhandlung endlich siegreichen Klafien auch keineEngel waren und daS, was sie von ihren Unterdrückern gelernthatten, nun selber betätigten. Und eS ist danach wohl begreiflich,daß kleinere und gemeinere Geister, wie eben unser Kandidat, erstrecht nicht nur in der Revolution selbst den Inbegriff alles Bösensahen, sondern auch jene Ideale für gefährliche und wahnwitzigeTrugbilder erklärten, die bis kurz vorher auch in Deutschland be-geistert gefeiert worden waren. DaS„Frey- und Gleichheitsbüchlein"deS Kandidaten Steinbeck ist nur eine der zahlreichen Schriften, diein demselben Sinne verfaßt waren. So der Göttinger.RevolutionS«almanach", der von 1793 bis 1802 jährlich erschien, oder ein BüchleinauS dem Jahre 1793, daS den Titel trägt:.Greuel der Verwüstungoder Blicke in die französische Revolutton... Allen biederenDeutschen zum Unterricht, allen angesteckten Deutschen zum Schrecken."UnS mutet an dem.Frey- und Gleichheitsbüchlein' zweierleiganz modern an: die plötzliche Angst um die Jugend und die skrupel»lose Art der Beweisführung, die in dem FreiheitS- und GleichheitS-streben weiter nichts als ein verbrecherisches Privatvergnügen einigerTage- und Taschendiebe erblickt oder vielmehr zu erblicken vorgibt.Wenn diese Takttk vor 120 Jahren erfolgreich angewandt wurde, sobeweist das außerdem, waS wir ohnehin schon wissen, daß sie heuteveraltet ist. Die Gegner werden daS bald genug zu ihrem Schadenerfahren. B. F.Kleines f emlleton«M«fir.Wie das moderne Klavier entstand. Es stehtheute fest, daß der Jnstrumcntenmacher Bartolomeo Cristofori(1355—1731) der erste Erfinder des neuzeitlichen Hammcrklaviersgewesen ist. Vielleicht unabhängig von ihm kamen, so berichtetDr. Karl Storck im„Türmer", der Pariser Klavierbauer Mariusund der Deutsche Christoph Gottlieb Schröter(1699— 1782) aufden gleichen Gedanken. Doch trotzdem sie später als der Italienermit ihrer Erfindung hervortraten, sind ihre Mechaniken viel un-zulänglicher als die seinige, die bereits alles wesentliche unsererheutigen Hammcrmcchanik aufwies. Christoforis Klavier hattestatt der früheren, die Saite mit einem Federkiel anreißendenDocke eine Reihe von Hämmerchen, die von unten gegen die Saitenschlagen, Christofori nannte sein Instrument Grsvccembalo colpiano e forte; schon auS dem Namen geht hervor, daß er denHaupworteil feiner Erfindung in der Möglichkeit sah, durch dieKraft des Anschlages die Stärke deS Tones zu besttmmen. Seitherwurde das Instrument kurzweg als Pianoforte oder Fortepianobezeichnet. Aber die umwälzende Entdeckung des Italieners fandnur wenig Beachtung. Erst der Deutsche Gottfried Silbermann(1683— 1753), dieser genialste unter den berühmten Trägern diesesin der Geschichte des Orgel- und Klavierbaues bekannten NamenS,führte das Hammerklavier ein, nachdem er seine Technik vcrbeffcrthatte. Silbcrmanns Mechanik war eine Praktische Vervollkommnung der Christoforis. Sie erhielt später den Namen„EnglischeMechanik", weil sie in England ihre endgültige technische Aus-bildung fand. Die sogenannte„Deutsche Mechanik" rührt vonJohann Andreas Stein(1728—1792) her, der seit 1755 in AugSburgein glänzendes Geschäft betrieb. Er hat über 769 Instrumentegebaut. Steins Tochter Nanette(1769— 1833), lange Zeit dertreue Hausgeist Beethovens, heiratete den Stuttgarter JohannAndreas Streicher, einen Jugendfreund Schillers auf der Karls-schule. DaS Ehepaar verlegte das ererbte Steinsche Geschäft nachWien, wo es bis auf den heuttgen Tag besteht. Streicher lösteetwa gleichzeitig(1811) mit dem Londoner Robert Wornum daSlanggesuchte Problem deS Hammerschlages von oben, der für dasaufrcchtstehende Pianino maßgebend wurde. Vervollkommnetwurde diese Mechanik endgültig in Paris, aber durch einenDeutschen Heinrich Pape(1789— 1875). Ueberhaupt sind die be-rühmten Pariser Pianofortefabriken Gründungen Deutscher.Pape erfand auch die Befilzung der Hämmer und das kreuzsaitigeKlavier. Tamiel Pleyel(1788— 1855) und Sebastian Frard(1752— 1831) stammten aus Deutschland. Der letztere war alsEhrhard(1788) aus Straßburg nach Berlin gekommen. �Auch dieenglische Pianoforteindustrie geht auf Deutschland zurück. DaSberühmteste Haus Broadwood u. Sons ist 1732 durch den SchweizerBurghard Tschudi begründet worden. Ebenso ist die bedeutendsteFabrik Amerikas, Stcinway u. SonS, von dem Deutschen HeinrichSteinweg(1791— 1871) aus Wolfshagen im Harz begründet. Erhatte erst die noch heute in Braunschweig unter der Firma Gro»trian Helferich SteinwegS Rachf. bestehende Fabrik gegründet undwanderte 1856 mit vier Söhnen nach Amerika aus. Konnte an»fangS in Deutschland selbst die Klavierindustrie nicht recht empor-kommen, so änderte sich das seit der Mitte des 19. Jahrhundertsvollkommen, und heute beherrscht die deutsche Klavierindustrieneben der amerikanischen den Weltmarkt. Uebrigens ist die Artdes Baues im Grunde überall gleich; nur kleine Konkurrenz»eigentümlichkeiten unterscheiden die verschiedenen Fabrikate.vorwärtsBuchdruckerei u.Verlagsanftalt Paul SingeräCo., Berlin LW.