Nnterhaltungsblatt des Horwärts Nr. 161. Dienstag den 22. August. 1911 (S!a<hdr»a dervolen.Z 57] pelle der Gröberer. Lehrjahre. Nomon von M. Andersen Nexö. <Schlutz.1 Die Hod�cit möchte ich gern mitmachen," sagte Lasse eifrig, während sie weiter schlenderten.. Cs ist doch inter­essant, zu> sehen, wenn einer aus der Fannlie es zu etwas bringt." Pelle faßte das ein wenig als Vorwurf auf, sagte aber nichts. Wollen wir uns den neuen Hafen einmal ansehen?" fragte er. Nein, jetzt geht die Sonne unter, und jetzt will ich nach Hause und zu Bett. Ich bin alt. Tu aber, geh Du nur. Ich will schon nach Hause zurückfinden." iPelle schlenderte hinab, bog dann aber ab und ging noch Norden zu. Er wollte hin und Marie Nilsen Adieu sagen. Er schuldete ihr ein freundliches Wort für all ihre Güte. Sie sollte ihn auch ausnahmsweise einmal ein wenig ordentlich in Kleidern sehen. Sie war gerade vc.r der Arbeit gekommen und war im Begriff, ihr Abendbrot zurccht zu machen. Nein, Pelle, bist Du das!" rief sie erfreut aus,und so fein wie Du bist. Du siehst ja aus wie ein Prinz!" Pelle wußte dableiben und mit ihr essen. Ich bin eigentlich nur gekommen, um Dir für oll Deine Freundlichkeit zu danken und um Dir Lebewohl zu sagen. Morgen reise ich nach Kopenhagen  ." Sie svh ihn ernst an.Dann freust Du Dich wall!" Pelle mußte erzählen, was er erlebt hatte, seit sie sich zu- letzt gesehen hatten. Er saß da und sah sich dankbar um in der armlichen, reinen Stube, wo das Bett so keusch an der Wand stand, mit einer schneeweißen Decke zugedeckt. Diesen 5l>uft nach Seife und Reinlichkeit und ihren frischen, schlichten Eum vergaß er wohl niemals. Sie hatte ihn mitten in all seinem Eleud aufgenommen und ihr weißes Bett nicht zu gut gehalten, während sie den Dreck von ihm abschruppte. Wenn er in die Hauptstadt kam, wollte er sich photogratchieren lassen »md ihr sein Bild schicken. Und wie lebst Du denn jetzt?" fragte er weich. Gerade so wie damals, als Du mich zuletzt gesehen hast. Nur ein wenig einsamer," antwortete sie ernsthaft. Und dann mußte er gehen.Leb wohl und laß es Dir so recht gut gehen!" sagte er und schüttelte ihr die Hand. Vielen Dank für alles Gute!" Sie stand nur da und sah ihn stumm an mit einem«n- sicheren Lächeln.Ach nein, ich bin ja doch auch nur ein Mensch!" brach es plötzlich aus ihr hervor, und sie schlang heftig die Arme um ihn. Und dann brach der große Tag an! Pelle erwachte mit der Sonn« und hatte die grüne Kijte schon gepackt, che die anderen aufstanden, und dann ging er unchcr und wußte nicht, was er mit sich anfangen sollte, vor lauter Unruhe und Spannung. Er antwortete in den Nebel hinein, die Augen schauten in lichte Träume. Am Vormittage trugen er und Lasse die Kiste nach dem Dampfer, um am Abend freie Hand zu haben. Bon dort gingen sie zur Kirche, um Alfreds Trauung beizuwohnen. Pelle wäre gern weggeblieben: er hatte genug mit sich selbst zu tun, und hatte keine Teilnahme für Alfreds Tun und Treiben, aber Lasse drang ihn ihn ein. Die Sonne stand hoch am Himmel und glühte in die schiefen Gassen hinab, daß das Fachwerk Teer schwitzte und die Rinnsteine stanken: vom Hafen her hörten sie den Trommel- jchlägcr Heringe ausrufen und eine Auktion ankündigen. Die Leute strömten zur Kirche in atemloser Unterhaltung ßiber dieses Mückskind Alfred, der es soweit gebracht hatte. Die Kirche war voll von Menschen. Sie war festlich ge- schmückt, und oben lim die Orgel herum standen acht weiße Jungfrauen, die singe,: sollten:Es ist so lieblich, zusammen zu sein." Laste hatte nie etwas Sehnliches von Trauung er- lebt.Ich bin ganz stolz." sagte er. Er ist ein Windbeutel!" antwortete Pelle.Er nimmt sie bloß der Ehre wegen." Und dann trat das Brautpaar vor den Altar.Es ist doch gewaltig, wie sich Alfred den Kopf ernyeschmiert hat," flüsterte Lasse.Er sieht ja aus, wie cini abgeleckter Kolbskopf.. Aber sie ist hübsch. Es wundert mich nur, daß sie ihr keinen Myrtenkranz aufgesetzt haben. Da ist doch wohl nichts passiert?" Sie hat ja das Kind," antwortete Pelle flüsternd.Sonsl hätte er sie ja nie im Leben gekriegt." Ach so! Ja, es ist aber doch fix von ihm, sich solche feins Frau zu kapern." Jetzt sangen die Jungfrauen, eS klang gerade so, als wären es Engel vom Himmel, die den Bund besiegeln sollten« Wir müsten uns so hinstellen, daß wir gratulieren können," sagte Lasse und wollte sich in den Gang hinüber- drängen, aber Pelle hielt ihn zurück. Ich fürchte, er kennt uns heute nicht, aber sieh nur, 8a ist der Oheim Kalle." Kalle stand eingeklemmt in dem hintersten Stichs, er mußte dort bleiben, bis alle hinausgegangen waren.Ja, ich wollte ja auch gern an diesem großen Tag teilnehmen," sagte er:ich wollte Mutter eigentlich auch gern mitnehmen, aber sie meinte, ihr Kleid wäre nicht anständig genug." Kalle hatte einen neuen grauen Beidrrwandanzug an, er war noch kleiner und krummer mit den Jahren geworden. Warum hast Du hier ganz unten in der Ecke gestanden,- wo Du doch nichts sehen kannst? Als Vater des Bräutigams hättest Du Deinen Platz doch auf der ersten Bank haben müssen?" sagte Laste. Da Hab' icki   auch gesessen. Hast Du mich nicht neben Kaufmann Lau sitzen sehen? Wir haben ja aus demselben Gesangbuch gesungen. Hier hin ich nur im Gedränge herein- geraten. Ich sollte nun ja auch mit zum Hochzeitsschmaus. Ich bin feierlich eingeladen, aber ich weiß nicht recht." Er sah an sich herunter. Plötzlich machte er eine Bewegung und lachte auf seine eigene, verzweifelte Art und Weife:Ach, was stehe ich hier und erzähle Leuten, die es doch nicht glauben, Lügengeschicksten. Ne, Schweine gehören nu doch mal nich in die Kanzlei. Ich könnt ja einen üblen Geruch verbreiten, wißt Ihr. Leute, wie wir, haben ja nicht gelernt, Parfüm zu schwitzen." Ach so! Er ist zu fein, um seinen eigenen Vater zu kennen. Pfui Deibel! Darm komm Du man mit uns, damit Du nicht hungrig fortzugehen brauchst." Ne, ich bin so überfiittert mit Braten und Wein und Kuchen, daß ich für diesmal nichts mehr runterkriegcn kann. Nu muß ich nach Haus und Mutter von all der Herrlichkeit erzählen. Ich Hab ja drei Meilen zu gehen." Und zu Fuß bist Du hierher gekommen? Sechs Meile«! Das ist zu viel für Derne   Jahre!" Ich hatt' auch eigentlich darauf gerechnet, baß ich di« Nacht hierbleiben würde, ich dacht' mir ja nicht----* Na. d» hat'ne Eule gesessen! Höher können Kinder doch wall nicht komme«, als daß sie ihren eigenen Vater nicht mehr kennen. Anua is nun auch auf dem besten Wege, fen» zu werde«. Soll mich wundern, ob sie mich noch lange kennt. Ja, ja. Kalle Carsten ist aus feiner Familie. Na. dann adjo!'' Müde setzte er sich in Trab, um heimzukehren. Ganz jammervoll sah er aus in seiner Enttäuschung.«So elend hat er nie im Leben ausgesehen!" sagte Lasse und starrte ihm nach.Und es gehört doch was dazu, ehe Bruder Kall  « daS Gewehr in den Graben wirft." Gegen Abend gingen sie durch die Stadt, hinunter an da» Dampstchiff. Pelle machte lange Schritte, eine eigene feier- liche Stimmung ließ ihn schweigen. Lasse trippelte vornüber gebeugt an seiner Seile. Etwas Klägliches war über ihn ge- kommen.Nun vergißt Du wohl nicht auch Deinen alten kommen. Nun vergißt Du wohl auch Deinen alten Vater?" sagte er wieder und wieder. Das hat wohl keine Not." entgegnete Sort. Pelle hört« nichts davon, seine Sinne waren auf der Wanderung be» griffe«.., Der Herdrauch senkte sich blau in die enge Gaste hmab. Die Alten saßen draußen auf den Treppen und be- sprachen die Tagesneuigkciten: die Abendsonne siel auf runde Brillen, so daß die runzeligen Gesichter mit großen Feuer- äugen vor sich hinstarrtea. Tiefer Abendfriede lag auf der Straße, Aber driimeg in der, finstecn Gassen puiielte e§, mit